1919-1932 Demokratie unter Druck, ich auch

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Gast

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Guten Morgen, könnte mir jemand folgende Frage in Stichpunkten beantworten
Warum geriet die Demokratie ( ich glaube 1919-1932 ) unter Druck?
Ich war leider die ganze letzte Woche krank und habe irgendwie keinen blassen Schimmer. Vielen Dank schon mal
Mimi
 
Wenigstens Deinen Humor hast Du bewahrt.
Ich sag nur ein paar Stichworte, schlau machen musst Du Dich aber selber:
Kapp-Putsch, Hitler-Putsch, Inflation, Weltwirtschaftskrise, Straßenkämpfe (SA, Roter Frontkämpferbund, weniger extrem: Stahlhelm und eigentlich demokratisch: Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold).
Andere Probleme lagen in der Verfassung der WR:
Notverortnungen, Präsidialkabinette....

Die Liste kann gerne noch vervollständigt werden.
 
Guten Morgen,
wir haben dieses Thema gerade in der Schule beendet:
  • nach der Kaiserzeit besaßen die Generäle, welche im Weltkrig befehligt hatten, noch immer Macht und sie benutzen sie, um die nationalistische (rechte) Strömung zu unterstützen
  • viele der Linken konnten die Verfassung, welche von den einzelnen Partein 1919 ausgearbeitet wurde, nicht mitragen, weil sie sich ausgschlossen fühlten
  • es gibt jetzt paramilitärische Gruppen, wie den Stahlhelm. Um dieser Gefahr zu begnen, bilden auch die anderen politischen Parteien solche Gruppen (Rot Frontkämpferbund). Sogar die sich an der Regierung befindlichen SPD.
  • es gab 1929 eine große Wirtschaftskrise in deren Folge die USA ihre Kredite aus Deutschland abzieht und der deutschen Regierung ging dadurch das Geld aus, mit welchem sie eigentlich die Reparationen gegenüber Frankreich und England bezahlen wollten
  • es wurden immer wieder wichtige Politiker ausgeschaltet (getötet). An diesen Morden waren die Linken, wie auch die Rechten beteiligt
  • Die Dolchstoßlegende besagte, dass die Deutschen im 1. Weltkrieg noch länger hätte gekämpfen können, allerdings wurde die deutsche Armee von der Heimat hinterrüks erdolcht (ihnen wurde die Unterstützug verweigert). Diese Legende (erfunden von Hindenburg) wurde später ein Teil der Existenzberechtigung für einige extreme Gruppierungen
Mir fehlen gerade meine Unterlagen, deswegen kann es sein, dass mir einige Fehler unterlaufen sind oder das ist etwas ergessen habe. Ich bitte daher um die Durchsicht dieser Antworten von mehreren Mitgliedern, auf dass wir hier Gästen nichts falsches vermitteln. :friends:

PS: Dieser Link ist ganz interessant: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/5/54/Gruende_fuer_scheitern_weimarer_republik.png
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Um zu dem, was Taiger erklärt hat, noch weiter auszuholen:

Die Jahre nach dem 1. Weltkrieg waren eine politisch wie wirtschaftlich instabile Phase.
Zwar gab es ab 1919 die Verfassung, allerdings bot diese Verfassung zuviele Schlupflöcher (siehe z.B. Els Präsidialkabinette). Zusammenfassend kann man sagen, dass das Haus Demokratie auf wackeligen Beinen stand.

Zum Zweiten war die politische Differenz zwischen den sogenannten "Rechten" und "Linken" damals extrem groß und in keiner Weise vergleichbar mit heute.
Heute unterstützen (fast) alle Parteien die Demokratie und zwar in ihrer jetzigen Form, während es damals eine riesige Bandbreite an unterschiedlichen Gesellschafts- und Politikvorstellungen gab. Das eine Extrem für die Abschaffung der Demokratie und Einsetzen des Kaisers (oder einer Person mit gleichen Befugnissen) oder das andere Extrem für die Rätebildung wie in der Sowjetunion.
Dieser offene Unterschied führte, wie Taiger11 es schon ausführte, zur Bildung von Kampfverbänden, die jeweils mit einer politisch extremen Ansicht einer Partei oder Vereinigung anhingen.

Dieses politische Durcheinander war gleichzeitig der Teufelskreis, aus dem man nicht heraus konnte. Die Leute wollten nach dem Krieg endlich wieder geordnete Zustände und nicht ständige Wechsel im Leben und in der Politik. Sobald sich diese Leute aber wieder einer politischen Idee anhingen um endlich, wie sie hofften, Ruhe zu haben, wurde das Extrem wie vorhin beschrieben immer größer.

Dazu kam die wirtschaftliche Unsicherheit, die bei einer Familie einen sofortigen Wechsel in der Lebensqualität hervorrufen konnte, d.h. mit einem Schlag ruinieren oder unendlich reich machen (siehe 1923). Später dann das Unglücksjahr 1929.

So kam es selten einmal zu stabilen Regierungen oder großen, führenden Persönlichkeiten. Außnahme bildete da z.B. Gustav Stresemann (DVP), der in seiner Amtszeit (erst als Kanzler, später als Außenminister) unerklärlicherweise eine gewisse Ruhe in die Politik gebracht hat (so sagt man es ihm nach). Deshalb werden die Jahre 1923-1929 als "Ära Stresemann" bezeichnet.

Eine höchst instabile Zeit, als Folge des Krieges (der politischen Vorstellungen der Nachkriegspolitiker) und z.T. als Folge der Wirtschaftskrisen- oder, besser gesagt, Unsicherheiten.

Zur Dolchstoßlegende sei noch hinzugefügt, dass später die Schuld nicht dem Volk hinter der Front, sondern von den rechten Vereinigungen speziell den Juden gegeben wurde.
 
Ich denke, das Wirtschafts-Bürgertum wurde so geleitet, dass es keinen einheitlichen Widerstand mehr leisten konnte/wollte.
 
Ich denke, das Wirtschafts-Bürgertum wurde so geleitet, dass es keinen einheitlichen Widerstand mehr leisten konnte/wollte.

Dann bitte ich um Definition von Wirtschafts-Bürgertum und deren Widerstand?!

Außerdem würde ich danach gern wissen wollen, wer es geleitet hat und was das für ein Widerstand war.
 
Guten Morgen, könnte mir jemand folgende Frage in Stichpunkten beantworten
Warum geriet die Demokratie ( ich glaube 1919-1932 ) unter Druck?
Ich war leider die ganze letzte Woche krank und habe irgendwie keinen blassen Schimmer. Vielen Dank schon mal
Mimi

Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Demokratie ohne eine genügende Zahl von Demokraten unter Druck geraten muss. Das ist der Hauptgrund, Präsidialkabinette, Arbeitslosigkeit u.v.m. sind nur Nebenaspekte.
 
Dann bitte ich um Definition von Wirtschafts-Bürgertum und deren Widerstand?!

Außerdem würde ich danach gern wissen wollen, wer es geleitet hat und was das für ein Widerstand war.

Teilweise wurde ich per Bewertung aufgeklärt. Wirtschaftsbürgertum sei der Mittelstand. Achso...:(
 
Dann bitte ich um Definition von Wirtschafts-Bürgertum und deren Widerstand?! Außerdem würde ich danach gern wissen wollen, wer es geleitet hat und was das für ein Widerstand war.

Wirtschaftsbürgertum und Bürgertum waren zwischen 1800 und 1933 praktisch Synonyme.

«Selbstbewusste Bürger sind keine Bürger von Staates Gnaden»
Ralf Dahrendorf über die vergangenen Werte des Bürgertums,
wo man sieht, was gemeint ist:

Der Erste Weltkrieg war das Ende desjenigen Bürgertums, das die demokratische und die industrielle Revolution getragen hat. Die Wirrungen, die danach entstanden sind, waren dafür verantwortlich, dass es kein selbstbewusstes Bürgertum im klassischen Sinn mehr gibt.
So ist die Schweiz ist weitgehend vom Ersten Weltkrieg verschont geblieben. Eine vergleichbare Situation findet man auch in Schweden.

Analogie zu 1929 ff?
Ich verbinde mit Bürgertum durchaus Stabilität. Wir leben seit einigen Jahrzehnten in einer Zeit enormer wirtschaftlicher und sozialer Erneuerung. In dieser Zeit hat eine gewisse Zahl Menschen einen starken wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Und wie immer, wenn solches geschieht, gibt es eine ähnlich grosse Zahl, die durchs Sieb fällt. Das ist wie in der Frühindustrialisierung. Und in solchen Phasen spielen bürgerliche Werte kaum eine Rolle.

Die Mehrheit ist ungeheuer verunsichert. Die Mehrheit weiss nicht genau, welchen Werten sie folgen soll. Sie ist entweder geneigt, einem oft gedankenlosen Relativismus zu huldigen, oder aber sie sucht nach neuen Leitsternen (Anm.: Führern), die man im weitesten Sinne als fundamentalistisch bezeichnen kann.

aus:
http://www.nzz.ch/2005/10/08/zf/articleD6CYH.html
 
Klaus P. stellte einen Link zur Vfg., aus dem ich folgendes entnahm, was dazu sehr gut passt (auch zu den Dahrendorf-Aussagen):

Weimarer Zeit:

"Das heterogene mittelständisch-bürgerliche Milieu umfaßte das Handwerk, den Kleinhandel, das Beamtentum und die Angestellten. Charakteristisch für die Mittelschichten war das breite Spektrum der von ihnen bevorzugten Parteien, obwohl sie traditionell den Kern des politischen Liberalismus bildeten. Arbeitslosigkeit und Massenverelendung kennzeichneten in der Wirtschaftskrise die Alltagssituation breiter Bevölkerungsschichten. Resignation und Verzweifelung waren Begleiterscheinungen der Krise, in der Tausende ihr als nutzlos empfundenes Leben freiwillig beendeten.

Andere erkannten in Adolf Hitler "die letzte Hoffnung" auf Arbeit und Auskommen. Unter den Bedingungen der Angst und Hoffnungslosigkeit von Millionen Menschen entfaltete die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ab 1930 eine Propaganda bisher unbekannten Ausmaßes, deren Erfolg ihr den Weg zur Machtübernahme 1933 ebnete."
 
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