1984: Schlacht von Orgreave

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Am 18. Juni 1984 stehen einander 10.000 Bergarbeiter und 3000 Polizisten gegenüber. Es ist der blutige Höhepunkt des Bergarbeiterstreiks.




Am 1. März 1984 erklärt die konservative britische Premierministerin Maggie Thatcher dem Chef der mächtigen National Union of Mineworkers, Arthur Scargill, den Krieg. Thatcher, die ob ihrer Kompromisslosigkeit "Eiserne Lady" genannt wird, lässt auf einen Schlag 20 unwirtschaftliche Kohle-Bergwerke schließen, 20.000 Minenarbeiter sollen ihre Jobs verlieren. Scargills Gegenschlag lässt nicht lange auf sich warten: Drei Tage später ruft er zum Streik auf, der das Land tief spalten und an den Rand eines Bürgerkriegs bringen sollte.
Der Hintergrund: Nach dem außenpolitischen Erfolg im Falklandkrieg will Thatcher auch innenpolitisch punkten. Die traditionell starken Gewerkschaften sind ihr seit dem Amtsantritt 1979 ein Dorn im Auge. Sie will die Macht des "Feinds im Inneren" ("enemy within") brechen. Die Konservativen betrachten die Gewerkschaften als antidemokratisch. Gewerkschaftsboss Scargill (auch als "Adolf Scargill" verhöhnt), ein bekennender Marxist, eignet sich als Feindbild besonders gut. Und die Konservativen haben eine Rechnung offen: 1974 musste Thatchers Vorgänger Edward Heath nach ausgedehnten Streiks als Premier zurücktreten.
König Arthur gegen Mackie Messer


Thatcher hat daher im September 1983 Ian MacGregor als Chef der Kohlebehörde "National Coal Board" eingesetzt. MacGregor, Spitzname "Mac the Knife", hatte zuvor British Steel modernisiert und dabei mehr als 80.000 Arbeitsplätze abgebaut. Scargill - von seinen Anhängern als "King Arthur" gefeiert - nennt ihn laut "Spiegel" einen "Lügner", dem er nicht einmal dann glauben würde, "wenn er mir die Uhrzeit sagt". MacGregor vergleicht seinen Gegenspieler mit Dr. Jekyll und Mr. Hyde.
Für die Bergarbeiter ist schon allein die Berufung MacGregors eine Provokation. Die Fronten sind verhärtet. Die Position der Gewerkschaft ist aber lange nicht mehr so stark wie zehn Jahre zuvor. Kohle hat als Wirtschaftsfaktor an Bedeutung verloren. Zwar sind 1984 immer noch 80 Prozent der Elektrizität von Kohle abhängig, Erdöl und Atomenergie gewinnen aber zunehmend an Bedeutung.
"Sonne im Gesicht, Blut im Haar"


/ Bild: (c) Liebeskind Am 18. Juni kommt es dann nach mehreren Auseinandersetzungen zwischen Streikenden und der Polizei zu Szenen, die das Land seit dem Generalstreik 1926 nicht mehr erlebt hatte. In Orgreave stehen 10.000 Bergarbeiter zwischen 3000 und 5000 Polizisten gegenüber. Die Streikposten wollen die örtliche Mine blockieren, die Polizisten sollen den Zugang zum Werk frei machen. "Montag 18. Juni 1984", schreibt der britische Autor David Peace in seinem heuer auf Deutsch erschienenen Roman "GB84" über die "Schlacht von Orgreave": "Sonne im Gesicht. Blut im Haar. Kotze auf dem Hemd."
In Orgreave geht es zu wie in einem Bürgerkrieg, wie Peace in eindringlichen Bildern schildert. "So sah Großbritannien 1984 aus - Ein Polizist konnte einem unbewaffneten, barbrüstigen Burschen die Seele aus dem Leib prügeln, vor laufender Kamera, und damit durchkommen. Aber nicht nur das, der ganze Staatsapparat stand ihm bei - Aber ein Bergmann, der seinem Land dreißig Jahre gedient hat, wenn der auf Streikposten gehen und einen anderen davon überzeugen will, seine Arbeit, seine Familie, seine Gemeinschaft und seine ganze Lebensart zu verteidigen, dann buchten sie ihn ein und stellen ihn unter Anklage (...)."
93 Bergarbeiter werden in Orgreave verhaftet. Nach offiziellen Berichten werden 51 Minenarbeiter und 72 Polizisten verletzt. Insgesamt 95 Bergarbeiter werden angeklagt - einige erst 1987 anberaumte Prozesse scheitern aber, letztlich werden alle Anklagepunkte fallen gelassen. Später muss die Polizei von South Yorkshire Kompensationszahlungen in Höhe von 425.000 Pfund an 39 Bergarbeiter zahlen. Dennoch wurden die Prügel-Polizisten nie für ihr Fehlverhalten bestraft.
Eine Falle der Polizei?


Noch heute hegen viele ehemalige Minenarbeiter den Verdacht, dass die Polizei-Operation in Orgreave eine Falle war - bewusst geplant, um die Lage zu eskalieren. Denn bis dahin waren die Streiks großteils friedlich verlaufen. Heute spricht viel dafür, dass der Inlandsgeheimdienst MI5 damals sogar "Agents provocateurs" eingesetzt hat. Bis heute behauptet andererseits die Polizei, dass Polizisten, die beim Niederknüppeln von Minenarbeitern gefilmt wurden, sich nur selbst verteidigten.
Tatsächlich brauchen 1984 viele streikende Bergarbeiter alle ihre Ersparnisse auf. Aber nicht nur das. "Der Spiegel" schreibt: "Sie arbeiten als Fensterputzer und müssen ihre Fernseher und Autos verkaufen. Andere schlachten ihre Hühner und liefern ihre Hunde in den Tierasylen ab, weil ihnen das Geld fürs Futter fehlt. Die meisten Kumpel haben ihre Zeitungsabonnements gekündigt und die Telephone abgemeldet."
Es sind schwierige Zeiten für die Minenarbeiter. Einerseits werden Streikbrecher jahrzehntelang als Verräter stigmatisiert. Andererseits sind die ums politische Überleben kämpfenden Gewerkschaften mehr mit Machtspielen beschäftigt als mit dem Wohl ihrer Mitglieder. Außerdem fehlen den Gewerkschaften schlicht die finanziellen Mittel, um Streikgelder zahlen zu können. Der durchschnittliche Bergarbeiter verschuldet sich während des einjährigen Streiks mit 10.000 Pfund, der durchschnittliche Lohnentfall von 9000 Pfund ist da noch nicht berücksichtigt.
Streiks wirken bis heute nach

Der Streik endet schließlich im März 1985 mit der Niederlage der Gewerkschaft. Ab sofort sind Reformen auch ohne Zustimmung der mächtigen Gewerkschaften möglich. Manche Historiker sehen diese Niederlage sogar als Grundlage für den Aufbau eines neoliberalen Wirtschaftssystems.
Auch für Autor Peace war der ein Jahr dauernde Bergarbeiterstreik das verhängnisvollste Ereignis der britischen Nachkriegsgeschichte: "Die zahlreichen Auswirkungen des Streiks, darunter die Niederlage der Gewerkschaften, sind Geister, die das Land bis zum heutigen Tag heimsuchen und spalten, und zwar in einem Ausmaß, das manchmal nur schwer nachzuvollziehen ist, so tiefgreifend waren die Veränderungen, die der britischen Gesellschaft aufgezwungen wurden."


http://diepresse.com/home/zeitgesch...ar?_vl_backlink=/home/zeitgeschichte/index.do
 
a) copy / paste ... Und nun?

b) Nicht unbedingt die Art von Artikel, auf dessen Basis man eine Diskussion in einem Geschichtsforum führen kann (Vermutungen, Verschwörungstheorien, Andeutungen).

c) Was soll das nun?
 
cpp1030s bisherige Aktivitäten im Forum beschränkten sich darauf, Links zu "Presse"-Artikeln zu setzen. Jetzt kopiert er eben daraus. Was das werden soll, weiß ich auch nicht. Da die "Presse" eine der angesehensten österreichischen Zeitungen ist, glaube ich eigentlich nicht, dass er von ihr für seine Tätigkeit bezahlt wird.
 
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