30jähriger Krieg: demographische Entwicklung im Reich

Ikarus

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HI
Ich muss einen Vortrag über die Zivilbevölkerung während des 30jährigen Krieg in Deutschland halten. Ich habe gehört, dass die Bevölkerungszahl durch Einwanderer gestiegen ist.Wie hoch ist sie gestiegen? Ist die hohe Armut eine Folge dessen oder war sie schon vorher so ausgeprägt? Von wo kamen die meisten Einwanderer her? Schon mal Danke im voraus für Antworten.
 
HI
Ich muss einen Vortrag über die Zivilbevölkerung während des 30jährigen Krieg in Deutschland halten. Ich habe gehört, dass die Bevölkerungszahl durch Einwanderer gestiegen ist.Wie hoch ist sie gestiegen? Ist die hohe Armut eine Folge dessen oder war sie schon vorher so ausgeprägt? Von wo kamen die meisten Einwanderer her? Schon mal Danke im voraus für Antworten.
Es wäre schön, wenn Du auch die Überschrift von Deinem Thema präziser gemacht hättest, wie ungefähr "Einwanderung während des 30-jährigen Krieges".

Übrigens habe ich noch nie was davon gehört, dass während des Krieges die Einwohnerzahl innerhalb des Reiches gestiegen wäre. Mir sind höchstens Beispiele von Wanderung innerhalb des Reiches bekannt, so soll Straßburg während des Krieges von Flüchtlingen von der Umgegend überfüllt gewesen sein. Manche Städte wie Hamburg gewannen während des Großen Krieges auch an Einwohnern dazu, während andere Landstriche entvölkert wurden. Hamburg hatte vielleicht den Vorteil, dass der Seehandel zumindest nicht zum Erliegen kam, während der Handel zu Lande natürlich schwer getroffen wurde von den Kriegsauswirkungen.

Die Einwanderung in größerem Umfang fand eher nach dem Krieg statt. So versuchte z.B. der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg Hugenotten und Holländer als Siedler in seinen verlassenen und vom Krieg verwüsteten Landstrichen zu gewinnen und das gelang mit einigem Erfolg. (Siehe holländisches Viertel in Potsdam z.B.)

Vor dem Krieg gab es auch gewisse Wanderbewegungen innerhalb des Heiligen Römischen Reiches, da viele Protestanten in katholischen Gebieten ihr Land aufgrund eines religiösen Drucks verlassen mussten. So erging es den Untertanen des späteren Kaisers Ferdinand II..
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Zivilbevölkerung hat unter dem 30jährigen Krieg grausam gelitten, und wurde (in betroffenen Gebieten) ganz gehörig dezimiert.

Aus einem eher brandenburgischen Blickwinkel (kenn ich mich am besten aus, und war eines der am schlimmsten verheerten Gebiete) kann man sagen, dass bei der Überwindung der Kriegsfolgen die Einwanderung ein wichtige Rolle spielte, um die zerstörten Städte und verlassenen Dörfer wieder aufzubauen.

EDIT: Mist, Brissotin war schneller... ;)
 
Danke, dass ihr mir so präzise Antworten gegeben habt. ( das mit der Überschrift werde ich in Zukunft vberbessern)
 
Rund 100.000 Protestanten sind aus den Gebieten des Habsburgerreiches (vor allem Ober- und Niederösterreich) ins evangelische Franken gekommen, das durch den Dreißigjährigen Krieg sehr hohe Bevölkerungsverluste erlitten hatte. So kam es, dass entvölkerte Gebiete rasch wieder besiedelt werden konnten.

Mehr Infos unter:

GFF Frame


Gruß

Jacobum
 
Ich kann dir für das Oberwesergebiet einiges sagen. In den ersten Kriegsjahren waren um Höxter hessische und braunschweigische Truppen stationiert, die sich aus der Umgebung ernährten. Weihnachten 1621 drangen 4000 Katholische in die Region, wurden aber abgewehrt. 1622 versuchten 300 Mann des Christian von Braunschweig, Bischof von Halberstadt, die Stadt Höxter zu überfallen. Erneut erschienen Hessen und Braunschweiger. 1622 erschien Christian v. Braunschweig mit 12000 Mann. Katholische Gebiete, aber nicht nur, wurden geplündert , verwüstet und nicht selten wurde die weibliche Bevölkerung vergewaltigt.1623 erschien Tilly in der Region und ließ 2000 Spanier in Höxter, die sich im Umland schadlos hielten. In einer Nachbarstadt wurden sogar 8000 Soldaten einquartiert, die von der Bevölkerung bezahlt werden mußten. 1625 waren 16.000 Mann Christians in der Region. Tilly stieß mit vorwiegend Spaniern nach und diese Truppen mordeten und so weiter. Als Folge der Verwüstungen und Auszehrungen folgte im selben Jahr noch die Pest. 1627 zog Tilly erneut durch diese Region, ließ sich aber nur verpflegen. 1631 folgten wieder katholische Truppen und hessische Truppen und österreichische Truppen die plünderten und marodierten. 1632 erschienen Schweden, die wieder plünderten und mordeten. Diese wurden dann von Pappenheim vertrieben. 1634 erschienen 10.000 Kaiserliche, die Höxter und Umgebung eroberten und dann plünderten, mordeten und vergewaltigten. Selbst das katholische Kloster! wurde nicht verschont. In den folgenden Jahren wechselten unterschiedliche Besatzungen einander ab, mit den üblichen Folgen. 1639 wurde z.B. das Vieh geraubt. 1640 konnten braunschweigische Truppen nicht verhindern, daß österreichische Truppen fouragierten bzw. plünderten. Die mehrere Tausend braunschweigisch-lüneburgischen Truppen mußten dann vor 5.000 kaiserlichen kapitulieren, ehe 60.000 Kaiserliche im Wesertal ihr Lager aufschlugen. Auf der rechten Weserseite erschien eine ähnliche Anzahl Schweden etc. Die Lager erstreckten sich jeweils über ca. 20-25 km. Die Soldateska wütete auf beiden Weserseiten. Allerdings kam es nicht zur Schlacht. Allerdings eroberten einige zurückgebliebene Kroaten Holzminden und brannten es nieder. Bis 1646 blieb es weitgehend ruhig. Dann vertrieb der "Schwede" Wrangel die Kaiserlichen aus der Umgebung unter den üblichen Folgen. In meinem Ort waren von 70 bebauten Hofstellen 1622 1650 nur noch 24 Hofstellen bewohnt oder behelsmäßig bewohnt. Somit hatte sich die Bevölkerung auf gut ein Drittel reduziert. Ob alle tot waren ist ungewiß. Es sind auch Abwanderungen möglich. Allerdings auch Zuzüge. Das habe ich noch nicht untersucht.
Soviel im Kurzdurchlauf über die Lebensverhältnisse der Zivilbevölkerung.
 
Betrachtet man die Gesamtheit des Reiches, so hat die Bevölkerung durch den Dreißigjährigen Krieg stark abgenommen. In den diversen Territorien des Reiches prägte sich dies aber sehr unterschiedlich aus, immer in Abhängigkeit davon, ob das betreffende Territorium Durchzugsgebiet war und ob es von der laufenden Phase des Krieges überhaupt betroffen war: Z. B. haben in Sachsen während der ersten Kriegsphase normale Friedensverhältnisse geherrscht, die Steiermark hat während des gesamten Krieges keinen Soldaten gesehen und Böhmen befand sich bis auf wenige ruhige Abschnitte im Dauerkriegszustand.

Der Bevölkerungsrückgang ist zum großen Teil durch den Tod durch Kriegsfolgen zu erklären, einen nicht unerheblichen Teil macht aber auch die kriegsbedingte Migration aus, wobei es zu Bevölkerungsverschiebungen von verheerten in relativ ruhige Teritorein kam. Das sollte aber nicht mit einer Einwanderung aus dem Ausland verwechselt werden, die es meines Wissens nach nicht gegeben hat.
Bedingt durch Migration und vor allem die Kriegswirtschaft war z.B. Hamburg 1648 eine der blühendsten Hafenstädte Europas.

Nach dem Dreissigjährigen Krieg hat es dann durchaus, zumeist mit landesherrlicher Förderung, Einwanderungen gegeben.
 
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