6. Juni 1944: Pleiten, Pech und Pannen?

Zu den Panzerreserven noch ein kurzes Wort:
Viel entscheidender als die inaktivität der Panzer war das Fehlen von starken Luftwaffenkräften im Westen. 1944 war die Luftüberlegenheit der Alliierten so massiv, dass selbst wenn die Panzer noch am Tag der Invasion in Marsch gesetzt worden wären, sie bei einer Tagesbewegung massivste Verluste durch die Alliierten Schlachtflieger (primär Hawker Hurricane und P-47 Thunderbolt) erlitten hätten.

Du meinst die Hawker Tempest.

Bei nächtlichen Bewegungen und sogar bei Tag mit vorsichtigem Vorrücken bei guter Tarnung, waren die Verluste aber nicht so massiv. Die Briten selber haben in nachträglichen Untersuchungen festgestellt, dass die Wirkung Ihrer Schlachtflieger nicht so bedeutend war wie zuerst angenommen, zumindest gegen gepanzerte Ziele. Vilese von dem was direkt nach dem Angriff als Zerstört gemeldet wurde, war am nächsten Tag nicht mehr da. Und direkt im Frontbereich, hat die Artillerie größeren Schaden angerichtet als die Jabos.
 
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Bei nächtlichen Bewegungen und sogar bei Tag mit vorsichtigem Vorrücken bei guter Tarnung, waren die Verluste aber nicht so massiv. Die Briten selber haben in nachträglichen Untersuchungen festgestellt, dass die Wirkung Ihrer Schlachtflieger nicht so bedeutend war wie zuerst angenommen, zumindest gegen gepanzerte Ziele. ...

Was die Kampfpanzer angeht, so waren diese natürlich nicht ganz so anfällig gegenüber Jabo-Angriffen. Besonders wenn es sich "nur" um Bordwaffenbeschuß handelte.

Doch die Panzer brauchen ja auch eine Versorgung mit Munition und Sprit, sowie Infanterieunterstützung. Versorgungsfahrzeuge und das "Fußvolk" hatten da schon deutlich mehr zu leiden.
 
Du meinst die Hawker Tempest.

Bei nächtlichen Bewegungen und sogar bei Tag mit vorsichtigem Vorrücken bei guter Tarnung, waren die Verluste aber nicht so massiv. Die Briten selber haben in nachträglichen Untersuchungen festgestellt, dass die Wirkung Ihrer Schlachtflieger nicht so bedeutend war wie zuerst angenommen, zumindest gegen gepanzerte Ziele. Vilese von dem was direkt nach dem Angriff als Zerstört gemeldet wurde, war am nächsten Tag nicht mehr da. Und direkt im Frontbereich, hat die Artillerie größeren Schaden angerichtet als die Jabos.

Allerdings bedeutete die Tarnung oder die Nachtbewegung ein gehöriges Problem für die deutsche Panzerwaffe ihre Fahrzeuge rechtzeitig und koordiniert an ihr Ziel zu bringen. Ich hab leider meinen Bücherbestand nicht am Studienort sondenr aus Platzgründen in heimischen Gefilden sonst würde ich die Verluststatistiken suchen gehen. Zumal jeder Luftangriff den Vormarsch aufhält.

Bei der Tempest war ich wohl in Gedanken, man möge mir den Faux pas verzeihen.
 
Was die Kampfpanzer angeht, so waren diese natürlich nicht ganz so anfällig gegenüber Jabo-Angriffen. Besonders wenn es sich "nur" um Bordwaffenbeschuß handelte.

Doch die Panzer brauchen ja auch eine Versorgung mit Munition und Sprit, sowie Infanterieunterstützung. Versorgungsfahrzeuge und das "Fußvolk" hatten da schon deutlich mehr zu leiden.

Beides ganz richtig. Wenn man sich die Panzer-Verlustraten beim Anmarsch in die Normandie und dann folgend durch Tiefflieger anschaut, sind diese unter 10% der Gesamterluste, siehe zB für den P VI:
http://www.geschichtsforum.de/423928-post86.html
Gleiches gilt auch für die schwächeren Modelle, bis hin zum StuG III.

Allerdings verzögerten sich die größeren Verlegungen, bis zum 12.6. passierte da nicht viel. An der Differenz ist der Zeit-Bedarf für die Verlegungsstrecken gut ablesbar.
 
Worauf beziehst Du Dich da? Welche Reserven, welche Literatur?

Je weiter ich diesen Thread verfolge, desto mehr erinnern mich viele Argumente an den alten Titel "Sie kommen - Die Invasion 1944", die unter dem Pseudonym Paul Carell veröffentlicht wurde. Da wird irgendwo etwa erwähnt, dass die Panzer durch das zerbombte Calais aufgehalten worden wurden und einige weitere "Pleiten, Pech & Pannen" mehr. Beim ersten Googeln nach dem genauen Titel wurde ich bei Amazon fündig - mitsamt einer recht bezeichnenden Rezension, einer mir unbekannten Person.

Amazon.de: "dasijo"ss Rezension von Sie kommen!: Die Invasion 1944

Wenn diese Verlinkung nicht OK ist, dann einfach wieder löschen. Gemeint ist die "am besten bewertete 'negative' Rezi" von "dasijo"
Das Buch lässt sich sicher gut lesen, sonst hätte ich es nach so vielen Jahren noch irgendwie in Erinnerung gehabt. Ein Kind der Zeit halt^^ Es gibt wertvollere Bücher über das Thema!



Schön das hier so prompte und kompetente Antworten zu lesen sind. Ty dafür:winke:
 
Je weiter ich diesen Thread verfolge, desto mehr erinnern mich viele Argumente an den alten Titel "Sie kommen - Die Invasion 1944", die unter dem Pseudonym Paul Carell veröffentlicht wurde.

Dieser Sichtweise kann ich mich nicht anschließen, oder ich habe mich nicht verständlich ausgedrückt. Carrel vertritt deutlich andere Positionen, zumindest zu meinen.

Deutlich besser ist die Darstellung bei Ose.

Carrell stellt die operative Verantwortlichkeit von Hitler für das Chaos im Westen nicht angemessen dar.
 
Zuletzt bearbeitet:
DCarrel vertritt deutlich andere Positionen, zumindest zu meinen.

Tejason wollte imho nur darauf hinweisen, dass die Legenden über die "mögliche Abwehr" der Invasion aus der Ecke Carell stammen.

Das ist richtig. Wobei es inzwischen noch einige schlimmere Pamphlete gibt, die Verschwörungstheorien in Bezug auf die Invasion aufbauen. Beispiele: Klapdor, Reynolds, Irving, Saunders, usw.
 
Tejason wollte imho nur darauf hinweisen, dass die Legenden über die "mögliche Abwehr" der Invasion aus der Ecke Carell stammen.

Danke, exakt das wollte ich zum Ausdruck bringen!

Die Verantwortlichkeit für das operative Chaos im Westen von Hitler war ja nicht zuletzt Folge einer von ihm (wohl bewusst) herbeigeführten, völlig unangemessenen Kommandostruktur. Die Ansichten von Rommel und v. Rundstedts waren kaum miteinander zu vereinen und anstatt hier klare Vorgaben zu geben, drängte er sich zusätzlich als Oberkommandeur noch dazwischen, indem er sich die Verfügungsgewalt über die Panzerreserven persönlich vorbehielt! Dabei waren beide Feldmarschälle keine "Hanselns", denen man eine solche Blockade guten Gewissens zumuten konnte.
 
Je weiter ich diesen Thread verfolge, desto mehr erinnern mich viele Argumente an den alten Titel "Sie kommen - Die Invasion 1944", die unter dem Pseudonym Paul Carell veröffentlicht wurde. Da wird irgendwo etwa erwähnt, dass die Panzer durch das zerbombte Calais aufgehalten worden wurden und einige weitere "Pleiten, Pech & Pannen" mehr. Beim ersten Googeln nach dem genauen Titel wurde ich bei Amazon fündig - mitsamt einer recht bezeichnenden Rezension, einer mir unbekannten Person.

Amazon.de: "dasijo"ss Rezension von Sie kommen!: Die Invasion 1944

Wenn diese Verlinkung nicht OK ist, dann einfach wieder löschen. Gemeint ist die "am besten bewertete 'negative' Rezi" von "dasijo"
Das Buch lässt sich sicher gut lesen, sonst hätte ich es nach so vielen Jahren noch irgendwie in Erinnerung gehabt. Ein Kind der Zeit halt^^ Es gibt wertvollere Bücher über das Thema!



Schön das hier so prompte und kompetente Antworten zu lesen sind. Ty dafür:winke:

Also ich habe das bei Ryan noch einmal nachgeschlagen. Er schreibt wirklich, daß die Panzer im zerbombten Caen aufgehalten wurden. Es handelt sich dabei allerdings um die 21. Panzerdivision.
 
Also ich habe das bei Ryan noch einmal nachgeschlagen. Er schreibt wirklich, daß die Panzer im zerbombten Caen aufgehalten wurden. Es handelt sich dabei allerdings um die 21. Panzerdivision.

Die kompetenteste Darstellung aus der Sicht der WM findet sich in Ose, wie häufiger erwähnt.
Entscheidung im Westen 1944 - Dieter Ose - Google Bücher

Eine korrekte Darstellung (nicht meine!) zur Aktion der 21. Panzer Div. ist folgende:

"6./7.Juni 1944 Einsatz der 21.Pz.Div.; ab 10:30 Uhr Gegenangriff zum Meer als vorderster Panzergroßverband an der Invasionsfront auf beiden Ufern des Flusses Orne. Östlich der Orne Pz.Gren.Rgt.125 mit 4./Pz.Rgt.22, Teile Aufkl.Abt.21 und Sturmgeschützabt.200 stieß südlich Ranville auf britische Fallschirmjäger. Westlich der Orne Pz.Gren.Rgt.192 Richtung Lion-sur-Mer. Bereits bei Bénouville stieß man auf brit. und kanadische Fallschirmjäger.

Pz.Gren.Rgt.192 drang bis abends unter Führung von General Marcks (LXXXIV.AK) über Périers bis zum Strand, nördlich Lagrune-sur-Mer und igelte sich dort ein. Pz.Rgt.22 (Kdr. von Oppeln) mit etwa 80 Kampfpanzern trat mittags zum Gegenangriff nordwestlich Caen an.

Die Panzer blieben im feindlichen Pak-Feuer zwischen Périers und Biéville liegen und igelten sich ebenfalls ein. Nach der Zerschlagung der brit.27.Pz.Brigade wurde die Division zur Verteidigung nördlich Caen verlegt wo sie bis zum 9.Juli kämpfte. 9.Juli-6.August 1944 Abwehrschlacht in der Normandie
."

Diese Darstellung präzisiert die Darstellung bei Ryan!

Zur Gliederung der 21.Pz. Div
http://webpages.charter.net/festung_frankreich/late21pz.pdf

Karte zu Caen aus Wiki.
Datei:Battleforcaenmap.png ? Wikipedia

Und zur generelle Einordnung des punktuellen Vorstoßes die Übersichtskarte der Invasionsstände. In diesem Sinne hätte ein potentieller Erfolg bestenfalls die linke Flanke der Invasion bedroht, aber vermutlich nicht mehr.
 

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Pz.Rgt.22 (Kdr. von Oppeln) mit etwa 80 Kampfpanzern trat mittags zum Gegenangriff nordwestlich Caen an.

Die Panzer blieben im feindlichen Pak-Feuer zwischen Périers und Biéville liegen und igelten sich ebenfalls ein.

Dieses Ereignis unter Oppeln-Bronikowski (der übrigens auch das PR der 6. PD führte, dass in der Spitze den Kessel von Stalingrad entsetzen sollte [*]) ist übrigens eines der wenigen, wo es am Invasionstag sozusagen auf Minuten ankam.

Die über 80 PIV des PR 22 sollten auf die Invasionsstrände zurollen, waren aber zu spät freigegeben worden. Nur kurz zuvor wurden von den Engländern und Kanadiern die starken Pak-Fronten auf den Höhenlagen zwischen Périers und Biéville errichtet. Die 21. PD verlor rund ein Viertel der eingesetzten Fahrzeuge und blieb liegen.

EDIT zu [*] da ist mir ein Irrtum unterlaufen, auf den ich aufmerksam bemacht worden bin: eine Verwechselung von Oppeln-Bronikowski, der ein Regiment der 22.PD führte, mit Hünersdorff betr. Stalingrad
 
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Dieses Ereignis unter Oppeln-Bronikowski (der übrigens auch das PR der 6. PD führte, dass in der Spitze den Kessel von Stalingrad entsetzen sollte) ist übrigens eines der wenigen, wo es am Invasionstag sozusagen auf Minuten ankam.

Die über 80 PIV des PR 22 sollten auf die Invasionsstrände zurollen, waren aber zu spät freigegeben worden. Nur kurz zuvor wurden von den Engländern und Kanadiern die starken Pak-Fronten auf den Höhenlagen zwischen Périers und Biéville errichtet. Die 21. PD verlor rund ein Viertel der eingesetzten Fahrzeuge und blieb liegen.

Damit sind wir wieder am Ausgangspunkt dieses Themas. Ist dies eine "Panne"? Ist dies eine "Panne" in einer ganzen Kette von "Pannen"?

Bitte nicht falschverstehen:
Mir geht es hier nicht um irgendwelche Verschwörungstheorien oder ähnliches. Ich glaube (nicht zuletzt durch die fundierten Beiträge in diesem Thread) nicht das der Erfolg dieser allierten Invasion ernsthaft zu verhindern gewesen wäre.

Mich interessieren einfach nur die Ereignisse vor allem in den wohl entscheidenden ersten Stunden dieser Invasion. War die Befehlskette letztlich zu lang oder zu kompliziert? Nicht zuletzt auch, weil Rommel zunächst nicht anwesend war?
 
Zuletzt bearbeitet:
Damit sind wir wieder am Ausgangspunkt dieses Themas. Ist dies eine "Panne"? Ist dies eine "Panne" in einer ganzen Kette von "Pannen"?

Das könnte man als Panne bezeichnen, weil der Einsatz auftragsgebunden schon klar war (und so auch in dem Abschnitt im Mai geübt worden war), dann aber die Freigabe Stunden zu spät erfolgte.

Das ist aber in der Auswirkung gering. Die 80+ Panzer waren kaum in der Lage, den Brückenkopf einzudrücken, und wären anderenfalls eben ein paar Hundert Meter weiter gestoppt worden. Außerdem stießen sie ausschließlich auf den kanadisch-britischen Sektor vor.

Man sieht hier aber schön die Problematik von Ryan (und natürlich mit anderer Blickrichtiung bei Carell). Solche Ereignisse werden dann hochgepusht, und es wird suggeriert, alles hinge "am seidenen Faden". Das war genau so wenig der Fall, wie die "Tiger bei Gela", oder die 16. PD bei Salerno.

Die Invasion ist "rüstungswirtschaftlich" entschieden worden.
 
Das hatte ich übersehen.

Vielen Dank für den Link.

Trotzdem möchte ich dieses Thema aufrechterhalten.

Hier erscheinen mir die deutschen Panzerreserven im Hinterland als sehr bedeutsam.
Oder ist das nur in der Literatur so?
Hätte die Invasion bei rechtzeitigem Einsatz dieser Reserven gestoppt werden können?

Fraglich auch die Positionen der Oberkommandierenden.

Lt. v.Rundstedt wäre eine Landung nicht verhindert werden können. Der Angriff auf die Invasionstruppen sollte im Hinterland stattfinden. Rommel war gänzlich anderer Meinung.

Bleibt auch die Frage zum Ort der Invasion. Wieso hat man sich beim OKW so auf den Pas-de-Calais versteift? Nur weil die Entfernung so gering war? Der gesunde Menschenverstand spricht für diesen Ort. Aber eigentlich mußte man mit der Invasion an anderer Stelle rechnen. Eben weil...

Moin

Wie hättest du heute argumentiert, wenn es genau umgekehrt gekommen wäre: Truppenkonzentration in der Normandie / Landung bei Calais!

Da gäbe es sicher reichlich Kommentare wie: "Wie blöd waren die denn, Calais wäre doch viel wahrscheinlicher gewesen!"

Zusätzlich gab es ja noch die Berichte des spanischen Doppelagenten Joan Pujol García. Der arbeitete für die Briten unter dem Decknamen Garbo und für die Deutschen unter dem Decknamen Arabel. Garbo/Arabel lancierte Nachrichten, dass die Invasion bei Calais käme.
 
Das könnte man als Panne bezeichnen, weil der Einsatz auftragsgebunden schon klar war (und so auch in dem Abschnitt im Mai geübt worden war), dann aber die Freigabe Stunden zu spät erfolgte.
Womit wir wieder einmal bei der "verkorksten" Befehlsstruktur der WM im Westen angekommen sind.
 
Womit wir wieder einmal bei der "verkorksten" Befehlsstruktur der WM im Westen angekommen sind.
Bei allem Hineinregieren von oben, das Problem besteht letztlich in der Zuordnung von Ressourcen. Und da sich die Prioritäten laufend geändert haben und das NS-System von parallelen Verantwortlichkeiten nicht zu einer stringenten Verteilung aufraffen konnte, hatte ein Oberbefehlshaber nie die Chance für eine wirklich gute Planung.

Wenn man sich die verschiedenen systembedingten Schwachpunkte anschaut, dann ist der militärische Erfolg der Anfangsjahre ein großes Wunder und viele Pannen sind kein Pech.

Bezogen auf die Invasion 1944 ist es aber schon zu spät, hier ist auch durch eine rückblickende Betrachtung keine Änderung am Ergebnis mehr möglich - die Kräfteverhältnisse sind einfach zu deutlich.

Solwac
 
Auf der Gegenseite gab es ja auch Pleiten, Pech und Pannen. So ist es für uns heute verwunderlich, dass die Pläne für das weitere Vorgehen nach der Sicherung der Brückenköpfe so wage und so optimistisch gewesen sind.

In der Nachbetrachtung fällt dies nur nicht so ins Auge, weil die Alliierten siegreich waren und ihren Zeitplan durch den Erfolg im Kessel von Falaise und die nachfolgende Jagd durch Frankreich wieder einholen konnten.

Solwac
 
So ist es für uns heute verwunderlich, dass die Pläne für das weitere Vorgehen nach der Sicherung der Brückenköpfe so wage und so optimistisch gewesen sind.

Das ist ein interessanter Hinweis, den ich mit dem Nachschlagen eines Aufsatzes verbunden habe. Mark Milner: Stopping the Panzers - Reassessing the Role of 3rd Canadian Infantry Division in Normandy, 7-10 June 1944, JoMH 2010, S. 491.

Es geht dabei um die Frage, wie die Allierten die Situation der Landung einschätzten, wenn sich Rommels Strategie der strandnahen Positionierung der Panzerdivisionen in Masse hätte realisieren lassen. Die Fragestellung ist vielleicht auf den ersten Blick erstaunlich, gibt es doch keine Verbindung zwischen Rommels Plänen und denen der Allierten.

Die Verbindung ergibt sich durch eine andere Fragestellung: wie schätzten die Alliierten die deutsche Kräftelage im Landungsabschnitt am 6./7. Juni 1944 ein? Dazu gibt es in dem Aufsatz interessante Angaben:

1. Weekly Intelligence Review der alliierten 21st Army Group vom 28. Mai 1944 sieht die deutsche 21. Panzerdivision im Landungsabschnitt der Briten (Code: "Sword"). Die Ausrüstung der 21.PD sei "exceptional" mit 240 (!) P IV, Panther und Tiger-Panzer (!) sowie 40 Sturmgeschützen III. Summe: 260 (doppelt so viel wie tatsächlich vorhanden)

2. 12. SS-Panzerdivision "Hitlerjugend" wird im gleichen Report mit 200 Panzern der Typen IV und Panther angegeben.
-> Reports jeweils gemäß NA/WO 205/532.

Anfang Juni wird die sofortige Konfrontation mit 540 deutschen Panzern prognostiziert, die dem am 6./7. Juni landenden I. Britischen Korps gegenüberstehen würden. Das Eintreffen der "Panzerlehrdivison" wurde zusätzlich mit "D+3", also für den 9. Juni 1944 angegeben. Strandnah rechnete man also im britischen Sektor mit ca. 750 Panzer und Sturmgeschütze spätestens am dritten Tag. Nebenbei: als Konsequenz wurden die PaK-Stärken der britischen Verbände verdoppelt (auf 144 Stück je Division).

Wie man sieht, hielt diese Nachrichtenlage nicht von der Landung ab, sondern man traute sich zu, diese Kräfteballung (äquivalent zu 5 deutschen Panzerdivisionen) vor den Stränden zu stoppen. Zum Vergleich die deutsche Panzerlage im Ist nach Jentz II, S. 177 ff. Stand 31. Mai 1944

Gesamt im Westen (Frankreich/BelgienNiederlande, dabei sind Teile in Südfrankreich gebunden): 759 PIV, 543 Panther, 53 Tiger, Summe: 1355. Davon Normandie-nah:
21. Panzerdivision: 4 PIII, 21 PIVkurz, 96 PIVlang, 10 StuG, Summe 131
12. SS-Panzerdivision; 98 PIVlang, 66 Panther, Summe 164
Panzerlehrdivision: 101 PIVlang, 89 Panther, 3 Tiger, 9 StuG Summe 202

Die britischen Aufklärungsergebnissen entsprachen damit einem Szenario, bei dem die gesamten im Nordwesten verfügbaren deutschen Panzertruppen in kürzester Zeit gegen den britischen Sektor angesetzt werden.

Das entspricht etwa der Planung, die Rommel vorschwebte. Nachzutragen ist, dass die deutschen Totalverluste an Panzern 218 Stück vom 6. bis 8. Juni 1944 vermeldeten, eine enorme Verlustrate für 3 Tage, die selbst die Panzerschlachten bei Kursk in den Schatten stellt (Jentz II, S. 185).
 
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