Abrüstung nach dem Ersten Weltkrieg

silesia

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Offenbar gibt es dazu keine Gesamtdarstellung für die Siegermächte und die Land-, See- und Luftstreitkräfte, speziell Großbritannien, USA, Frankreich, Italien, Japan.

Oder hat jemand hier einen Tipp? Wenn nicht, wären Ergänzungen erwünscht.


P.S. Bezug ist die Ankündigung im Versailler Vertrag, die in der deutschen Debatte eine gewisse Rolle spielte.
 
Gedacht war der Bezug: Siegerstaaten ohne Deutsches Reich, bei dem die Abrüstung im VV vorgeschrieben wurde.
 
Offenbar gibt es dazu keine Gesamtdarstellung für die Siegermächte und die Land-, See- und Luftstreitkräfte, speziell Großbritannien, USA, Frankreich, Italien, Japan.

Oder hat jemand hier einen Tipp? Wenn nicht, wären Ergänzungen erwünscht.

Also für die Seestreitkräfte wäre hier wohl der Washingtoner Vertrag oder Flottenabkommen von 1922 zu benennen. Ziel war es Rüstungsbeschränkung vor allem bei den Großkampfschiffen herbeizuführen, um ein erneutes Wettrüsten, wie es vor dem 1. WK stattfand, zu verhindern.

Abzurüsten waren demnach:

England
Aufgabe der 4 neuen Schlachtkreuzer und der 8 Schlachtschiffe als Anschlussplanung
Abbruch von 11 Schlachtschiffen und 4 Schlachtkreuzern
Abbruch von 12 älteren Linienschiffen

USA
Abbruch der in Bau befindlichen 9 Schlachtschiffe und 6 Schlachtkreuzer
Abbruch von 2 Schlachtschiffen und einiger älterer Linienschiffe

Japan
Aufgabe des laufenden Bauplanes (8 Schlachtschiffe und 2 Schlachtkreuzer)
Abbruch 3 im Bau befindlicher Schlachtschiffe
Abbruch 4 im Bau befindlicher Schlachtkreuzer
Abbruch 8 älterer Linienschiffe

Quelle: Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905-1970 / S. Breyer / 85ff

Gedacht war der Bezug: Siegerstaaten ohne Deutsches Reich, bei dem die Abrüstung im VV vorgeschrieben wurde.

Gab es sowas?
 
Erstmal vielen Dank!

Bzgl. VV meinte ich das 100.000 Mann-Heer und die kleine Reichsmarine.
 
Erstmal vielen Dank!

Bzgl. VV meinte ich das 100.000 Mann-Heer und die kleine Reichsmarine.

Jetzt verstehe ich deinen o.g. Satz.
Du fragst also speziell nach Abrüstungsvorgängen bei den Siegerstaaten nach 1918, weil es hier keine Vertraglichen Regelungen gab, wie diese Deutschland mit dem VV auferlegt waren.

Gab es für die Siegerstaaten eine Notwendigkeit zur Abrüstung beim Heer z.B.? Vielleicht an der Zahl der Soldaten, aber ansonsten waren es doch gerade die neuen Waffen, wie Panzer und Flugzeuge, die hier ein enormes Potential für Forschung und "Umrüstung" freilegten.
Immerhin brachten auch solche Bestrebungen, wie z.B. die Abrüstung zur See nur neue Typen als Kernwaffe der Marine zu Tage. So wurden zwar die Dickschiffe für Jahrzehnte in Ihrer Entwicklung gehemmt durch den WV von 1922, aber die neuen Träger des Seekrieges wurde nun auf die Kreuzer und Flugzeugträger umgelenkt, die letztlich auch die Hauptlast des Seekrieges im 2.WK getragen haben.

Eine richtige Abrüstung sollte den militärischen Rahmen einer Nation insgesamt reduzieren, nicht aber nur einen aufgeblähten Teil einer Waffengattung nicht weiterzuverfolgen, die freien Kosten und Energie nun in andere Teile der Rüstung fließen zu lassen.

Ich denke, die Zeit nach dem 1.WK war für eine Abrüstung lang noch nicht soweit, im Gegenteil, diese gesamte Situation auf dem europäischen Kontinent, verlangte doch immer noch nach einer Hohen Wehrbereitschaft, z.B. um das DR bei der Umsetzung des VV zu überwachen oder auch der Krieg nach 1918 gegen die sowjetische Revolution usw.
 
Das war die Fragestellung. Ich würde aber zunächst ganz neutral den Umfang der Verminderung nach dem Weltkrieg betrachten. In einem zweiten Schritt kann man darauf abstellen, wie das Niveau etwa Mitte/Ende der 1920 im Vergleich zu 1913 stand.

Nur bruchstückhaft ist mir die britische Abrüstung bei der Armee und den Luftstreitkräften bekannt. Ähnliches müsste in Frankreich passiert sein, und in den USA. Die japanischen Zahlen sind mir nicht bekannt.

Vermutlich kann man sich das nur - anders als bei den Marinen wegen des Washingtoner Flottenabkommens - aus vielen Quellen zusammensuchen.
 
Eine richtige Abrüstung sollte den militärischen Rahmen einer Nation insgesamt reduzieren, nicht aber nur einen aufgeblähten Teil einer Waffengattung nicht weiterzuverfolgen, die freien Kosten und Energie nun in andere Teile der Rüstung fließen zu lassen.

Ich denke, die Zeit nach dem 1.WK war für eine Abrüstung lang noch nicht soweit, im Gegenteil, diese gesamte Situation auf dem europäischen Kontinent, verlangte doch immer noch nach einer Hohen Wehrbereitschaft, z.B. um das DR bei der Umsetzung des VV zu überwachen oder auch der Krieg nach 1918 gegen die sowjetische Revolution usw.
den Eindruck habe ich auch: z.B. der Bau der franz. Maginotlinie inklusive Armierung, und das ist nur ein Beispiel von vielen.
 
Nach der Demobilisation haben zumindest die Briten tatsächlich abgerüstet. Nur die Panzertruppe blieb in vollem Umfang bestehen, aber die Kavallerie wurde z.B. halbiert und auch die Infanterie kräftig reduziert. Auch das Territorialheer wurde verkleinert. Kurz danach gingen die sechs irischen Regimenter verloren. Erst in den 30ern wurde wieder aufgerüstet.
 
Nach der Demobilisation haben zumindest die Briten tatsächlich abgerüstet. Nur die Panzertruppe blieb in vollem Umfang bestehen, aber die Kavallerie wurde z.B. halbiert und auch die Infanterie kräftig reduziert. Auch das Territorialheer wurde verkleinert. Kurz danach gingen die sechs irischen Regimenter verloren. Erst in den 30ern wurde wieder aufgerüstet.

Ist eine Demobilisierung gleichzusetzen mit einer Abrüstung?
 
Das würde ich so sehen. Die Abrüstung bezieht sich auf den Stand zum Kriegsende, und oben ist ja nicht nur die Kopfstärke, sondern das verschrottete Material angesprochen.


Aber die Abrüstung bei den Schlachtschiffen war nicht unmittelbar die Folge einer Demobilisierung.
Ich denke, daß eine Abrüstung nach dem Ende des 1.WK nur dann auch als solche bewertbar erscheint, wenn die militärischen Zahlen gemessen an dem Stand vor Sommer 1914 verringert werden, nicht aber die Demobilisierung der im laufe des Krieges immer weiter verstärkten militärischen Aufwendungen an Material und Menschen.
 
Das war ja der oben angestrebte 2. Vergleich, im zweiten Schritt.

Dann wären aber die Verschrottungszahlen der Marinen oben zu korrigieren, außerdem fielen die beabsichtigten Neubauten unter den Tisch (zweifelsohne eine Abrüstungsmassnahme).

Mich interessiert allerdings die materialseitige Abrüstung der Streitkräfte im Vergleich zum Kriegsende 1918, so wie das Deine erste Aufstellung ergeben hat.
 
Mich interessiert allerdings die materialseitige Abrüstung der Streitkräfte im Vergleich zum Kriegsende 1918, so wie das Deine erste Aufstellung ergeben hat.

Richtig, die Abrüstung nach dem WV ist keine Demobilisierung, sondern eine richtige Abrüstung auch im Bezug auf die Zahlen vor 1914. Allerdings ist der Bau von Kriegsschiffen etwas differenzierter zu betrachten, weil von der Planung, Bewilligung über den Bau bis zur Indienstnahme einige Jahre vergehen.

Das bedeutet, dass einige Planungen an Neubauten aus der militärischen Situation des Krieges basieren, aber nicht mehr vor Kriegsende fertiggestellt worden oder werden konnten. Diese werden nach dem WV genauso abgebrochen und garnicht erst begonnen, aber es gab auch eine Abrüstung bei älteren Kriegsschiffen, die schon vor 1914 Indienst kamen ...

Sprich, es ist etwas komplizierter. :grübel:
 
Ist eine Demobilisierung gleichzusetzen mit einer Abrüstung?
Würde ich nicht so sehen. Bei der Demobilisierung wird der Friedensstand wieder erreicht. Die stehenden Truppen haben ihren Teil des Materials, der Rest wird für die Reservisten verwahrt. Würde wieder eine Monilmachung erfolgen, dann wäre wieder die Kriegsstärke erreicht.

Bei einer Abrüstung sollte hingegen wirklich Material abgebaut werden. Man schaue sich z.B. mal die NATO-Armeen heute und zur Zeit des kalten Krieges an.
 
Ich möchte nochmal mit der Abrüstung im Bereich der Marine eingehen und habe mir die Mühe gemacht, die abgerüsteten Schiffe in drei Kategorien eingeteilt, differenziert darzustellen.
Hierbei unterscheide ich nach Schiffen 1.) die vor 1914 in Dienst waren, 2. ) solche die mittels Kriegsfonds gebaut wurden sowie 3.) die Schiffe, die in dieser Kriegsplanung nicht mehr als Bau begonnen wurden.

England:
1a.)Einheitslinienschiffe

Redoutable (ex Revenge) Abbr. 1919
Caesar - Abbr. 1921
Hannibal - Abbr. 1920
Illustrious - Abbr. 1920
Jupiter - Abbr. 1920
Magnificent - Abbr. 1921
Mars - Abbr. 1921
Prince George - Abbr. 1921
Victorious - Abbr. 1922
Albion - Abbr. 1919
Canopus - Abbr. 1920
Glory - Abbr. 1922
Vengeance - Abbr. 1921
Implacable – Abbr. 1921
London - Abbr. 1920
Venerable - Abbr. 1920
Queen - Abbr. 1920
Prince of Wales - Abbr. 1920
Ducan - Abbr. 1920
Exmouth - Abbr. 1920
Africa - Abbr. 1920
Commonwealth – Abbr. 1921
Dominion – Abbr. 1921
Hibernia – Abbr. 1921
Hindustan – Abbr. 1921
Zelandia (ex New Zealand) – Abbr. 1921
Swiftsure - Abbr. 1920
Lord Nelson - Abbr. 1920

1b.)Großkampfschiffe

Dreadnought - Abbr. 1921
Inflexible (SK) - Abbr. 1923
Indomitable (SK) - Abbr. 1923
Bellerophon - Abbr. 1921
Superb - Abbr. 1922
Temeraire - Abbr. 1922
Collingwood - Abbr. 1922
St. Vincent - Abbr. 1922
Neptune - Abbr. 1922
Australia (SK) - a.D. 1924
New Zealand (SK) - Abbr. 1922
Colossus - Abbr. 1922
Hercules - Abbr. 1920
Orion - Abbr. 1923
Conqueror - Abbr. 1923
Monarch - a.D. 1922
Lion (SK) - Abbr. 1923
Princess Royal (SK) - a.D. 1922
Agincourt - Abbr. 1922
Erin - Abbr. 1923

2.)Keine
3.)Keine

Bewerten könnte man nun diese Abrüstung auch als solche, da die RN extrem verkleinert wurde und auch Schiffe, die erst bis 1912/13 in Dienst kamen, schon nach dem Krieg abgebrochen wurden.
Schiffe die im Kriegsbauprogramm gebaut wurden (Renown-Klasse und Hood), bilden über Jahre den Kern der Flotte oder wurden zu Flugzeugträgern umgebaut (Courageous-Klasse).



Im zweiten Teil, werde ich unter den 3. Punkten die US Navy beleuchten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Besten Dank für die Ergänzung.

Ich stelle mal etwas zu den Luftstreitkräften zusammen.:winke:
 
ob da dann auch die Wasserkuppe erwähnt wird?

Das hatte ich nicht vor, ist für die Materialbestände/Rüstungswirtschaftlichen Komplex ebenso irrelevant wie etwa die Verschiffung von 50 D XIII von Stettin nach Lipezk. Das sind keine notwendigen Bedingungen, sondern nur kleinere, überschaubare Zeitersparnisse für die spätere Hochrüstung zur Kriegskapazität 1939.

Außerdem geht es eher darum, dass zuweilen - ähnlich wie in der revisionistischen Reichspropaganda vor 1933 und vorher und anschließend auch als Argument im Nationalsozialismus für die Aufrüstung - die erzwungene deutsche Abrüstung als Fakt verbreitet, die drastische Verminderung der alliierten Bestands- und Rsütungskapazitäten aber vehement bestritten werden. Meistens kommen da einige schwammige "Ersatz-"Argumentationen, zB zur Entwicklung der Luftkriegsdoktrin, oder zur zivilen Luftfahrt, oder zu angeblichen industriellen Kapazitäten. Das war politischer Kampf gegen den Versailler Vertrag.

Aber wir sollten einige Fakten abwarten. Es lohnt, das offen und detailliert zu betrachten. Köbis hat bereits einen klaren Ansatz für die Marine vorgebracht, und wollte das noch für die USA ergänzen.

Ggf. kann man selbstverständlich ein Thema aufmachen, in dem das deutsche Unterlaufen der Abrüstungsvorgaben des Versailler Vertrages problematisiert wird.
 
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