Abteilung Abwehr in Italien?

Wieger

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Wir hatten letzte Woche einen Zeitzeugen in der Schule, der über sein Leben berichtet, kurz gesagt ist er Jahrgang 1914. Nach dem Abitur gleich Offizier geworden und hat von 39-43 als Fallschirmspringer in Russland gekämpft. Noch im Jahre 1943 wurde zu Canaris' Truppen versetzt in die Abteilung Abwehr nach Italien, wo er als Lagerkommandant für ein "Auffanglager für Spione" (also Fallschirmspringer mit Spionageauftrag, die dann von diesem Ort zu den Einsätzen geschickt werden) Später sollte er noch ein Ausbildungslager leiten, was aber kriegsbedingt nicht mehr möglich war. Nach dem Krieg ist er 1948 vom NKWD verhaftet worden und zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt worden, welche er bis 1955 absitzte in Inta (ist mit dem letzten Zug nach Hause gekommen).

Nun zu meinen Fragen, weil der Mann dort sehr unpräzise wurde und ich noch andere Fragen an ihn hatte und somit die Zeit schnell vorbei war. Der Richter hat ihn wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Inwiefern haben die Nürnberger Prozesse Canaris' Geheimdienst bewertet? Ähnlich wie die SS? Inwiefern ist etwas über Kriegsverbrechen in Italien bekannt, speziell in dem Bereich in dem er gearbeitet hat (hab nur was zu Division Brandenburg gefunden, die welche begangen hat). Finden sich Quellen wo etwas steht wie die Nürnberger Prozesse Spionage beurteilt haben? Und warum war es nicht nötig als Offizier (er schaffte es bis zum Hauptmann) nicht in der NSDAP zusein? Danke im Voraus!
 
Inwiefern haben die Nürnberger Prozesse Canaris' Geheimdienst bewertet? Ähnlich wie die SS?

Die Abwehr unterstand dem Oberkommando der Wehrmacht und war damit ein Teil des deutschen Heeres. Die Wehrmacht wurde im Gegensatz zur SS nicht als verbrecherische Organisation verurteilt. Es gab 1947 auch einen OKW-Prozess. Unter den dort angeklagten Generalen war kein einziger Geheimdienstler.

Inwiefern ist etwas über Kriegsverbrechen in Italien bekannt, speziell in dem Bereich in dem er gearbeitet hat (hab nur was zu Division Brandenburg gefunden, die welche begangen hat).

Dazu müsstest du mal den Bereich nennen, indem er gearbeitet hat (d.h., Standort des Lagers). In Italien sind etliche Kriegsverbrechen begangen worden; die größten und bekanntesten Massaker wurden durch Einheiten der Waffen-SS verübt.

Finden sich Quellen wo etwas steht wie die Nürnberger Prozesse Spionage beurteilt haben?

Spionage war meines Wissens kein Gegenstand der Nürnberger Prozesse (und zwar auch nicht in den Nachfolgeprozessen). Die Spionage war ausnahmsweise auch ein Gebiet, wo das Dritte Reich nicht durch besondere Exzesse auffiel (jedenfalls haben deutsche Agenten nichts praktiziert, was es nicht auch bei ihren Gegnern gegeben hätte).

Und warum war es nicht nötig als Offizier (er schaffte es bis zum Hauptmann) nicht in der NSDAP zusein?

Das war nichts ungewöhnliches. In der Weimarer Reichswehr und der Wehrmacht nach 1933 gehörte es geradezu zum Ethos der Offiziere, "unpolitisch" zu sein. Tatsächlich versuchten viele Generale doch, die Politik zu beeinflussen, aber ein Parteibuch zu haben schickte sich lange Zeit nicht für einen Offizier. Dies änderte sich dann zwar schon während der 30er. Dennoch versuchte Hitler erst 1943 gezielt, der Partei eine feste Rolle in der Wehrmacht zuzuweisen (Einführung der "Nationalsozialistischen Führungsoffiziere").

Nach dem Krieg ist er 1948 vom NKWD verhaftet worden und zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt worden, welche er bis 1955 absitzte in Inta (ist mit dem letzten Zug nach Hause gekommen).

Der Knackpunkt liegt doch eher hier. Wenn der NKWD den Mann verhaftet hat, so ist es doch sehr wahrscheinlich, das sich das Kriegsverbrechen während dessen Zeit an der Ostfront ereignet hatte und nicht in Italien. Allerdings ist das alles hochspekulativ.

Nach dem Abitur gleich Offizier geworden und hat von 39-43 als Fallschirmspringer in Russland gekämpft.

Kann ja nur von 1941-1943 gewesen sein.
 
NKWD-Arbeitslager waren nicht so selten, sondern fast die Regel. Der große Teil der deutschen Kriegsgefangenen wurde von ihnen verwaltet, so dass die NKWD-Zuständigkeit nichts Besonderes ist, sondern für Millionen galt:

Volkskommissariat für innere Angelegenheiten - Wikipedia


Da mir ad hoc besondere Kriegsverbrecherprozesse in der SU gegen Fallschirmjäger-Einheiten aus der Zeit 1941-43 nicht bekannt sind, gehen ich mal von der "normalen" Kriegsgefangenschaft mit politischer Umerziehung aus. In der Doku über die deutschen Kriegsgefangenen in der SU gibt es eine Liste der "problematischen" deutschen Einheiten, meistens in Zusammenhang mit Partisaneneinsätzen.

Wenn er zum Bereich Abwehr gehörte, wird er kaum zum Kapitulationszeitpunkt in Italien gesessen haben. Wenn die Verhaftung 1948 erfolgte (und nichts von Auslieferung erwähnt ist, was mit einigem Abstand von der Kapitulation auch nur bei Kriegsverbrechen erfolgt ist), dürfte er sich in der damaligen SBZ aufgehalten haben.

Deutsche Kriegsgefangene in italienischen Händen (gemeint sind Lager, Ausnahme Kriegsverbrecher) gab es mE nicht. Die Kontingente wurden im wesentlichen auf USA, GB und F aufgeteilt, wenn auch einzelne Lage in weiteren europäischen Ländern unter alliierter Führung lagen.
 
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Das Jahr 1948 gibt mir zu denken. War er nicht vielleicht doch ein ganz normaler Kriegsgefangener? 1948 machten die Sowjets aus allen noch nicht entlassenen Kriegs-Gefangenen -Verbrecher. Und 25 Jahre war da eigentlich die Untergrenze.

In Lehmann "Gefangenschaft und Heimkehr" steht etliches über jene Verurteilungen. Das besagt über die Schuld oder nicht Schuld gar nichts.
 
Naja ein Teil der Biografie hab ich weggelassen, weil ich nicht dachte, dass er von Bedeutung ist. Er war 45 in Italien und kam in britische Gefangenschaft aus der er 47 entlassen wurde. Weil seine Familie in WIttstock lebte, ist er mit kurzem Aufenthalt in München dort hingezogen und wurde dann 48 festegenommen. Der Richter begründete seine Verurteilung mit seiner hohen Stellung im OKW, wobei sein Bereich ja der SS unterstand. Ich weiß leider nicht, wo er genau stationiert war (in Italien). Er wurde außerdem als politischer Gefangener geführt in der SU.

Seine Zeit in der SU hat er nur ganz kurz angeschnitten und meinte dass er an der Newa gekämpft hat.
 
Wenn er bei der Abwehr in Italien war, ist natürlich möglich, dass die Russen hofften von ihm etliches über die Italiener zu erfahren, oder auch über die Amis und Briten.

Analog "Fremde Heere Ost" und den Amis.

Die von den Amis und Briten freigelassenen Gefangenen der franz. Zone mussten sich registrieren lassen. Und so mancher kam gleich wieder in franz. Gefangenschaft. Er brauchte nur einen Beruf haben, der den Franzosen interessant schien.
 
Wieger schrieb:
Der Richter begründete seine Verurteilung mit seiner hohen Stellung im OKW, wobei sein Bereich ja der SS unterstand.

Wenn er eine hohe Stellung in der Abwehr bzw. dem OKW hatte, wieso suchst du dann nicht ganz konkret nach dem Namen des Mannes? Als Lagerkommandant wäre er vielleicht doch im Internet bzw. über Literatur, ganz sicher aber über Archivalien auszufindig zu machen (wobei bei letzterem die Frage ist, ob es dir wichtig genug ist).
 
Aus den "blauen" Bänden zu den Kriegsgefangenen ergibt sich folgendes:
Verurteilungen wurden mit Schwerpunkt ab 1948 vorgenommen, ca. 50.000 Fälle sind bekannt. Haftstrafen waren regelmäßig 10-25 Jahre. Verurteilt wurden "Kriegsverbrecher", die einmal über sog. Liste gesperrter Einheiten geführt wurden (von den Fallschirmjägern ist hier nur die 5. FJD dabei, die in Frage kommt), daneben bestimmte Funktionen. Zu letzerem dürfte auch die Abteilung Abwehr beim OKW gehört haben, es betraf auch andere höhere Dienststellen. Die Verurteilten waren idR bei den letzten Freigabe-Schüben ab 1950ff.

Wenn Du da weiterkommen willst, geht das sicher nur über Namen. Ist vielleicht der Name oder die Nummer des Kriegsgefangenen-Lagers oder Arbeitslagers bekannt?

EDIT: ein Lager Inta habe ich nicht gefunden. Es müßte sich um Inza (Wolga-Region) oder Istra (Moskau) handeln.
 
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"Auffanglager für Spione" (also Fallschirmspringer mit Spionageauftrag, die dann von diesem Ort zu den Einsätzen geschickt werden) Voraus!


Hat der 94jährige Zeitzeuge den Begriff "Auffanglager für Spione" benutzt?
Die Erläuterung "Fallschirmspringer mit Spionageauftrag, die dann von diesem Ort zu den Einsätzen geschickt werden"
Ist das Deine Erklärung, oder stammt die ebenfalls vom Zeitzeugen.


Irgendwie stört das mich. Ein "Auffanglager für Spione" darunter verstehe ich zuerstmal das Gegenteil, ein Lager in dem geschnappte Spione noch ausgeholt werden sollen, bevor sie abgemurkst werden.


Womit die 25 Jahre eine andere Wertigkeit bekommen würden.

Aber, warum nicht Amis oder Briten ausgeliefert? Italien war denen ihr Bier.


Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man von Zeitzeugen alles mögliche erfahren kann, wenn´s aber ans "Eingemachte" geht - Schluss aus fertig. nur noch wischi-waschi.

Ich kannte einen recht gut, Einsatzgruppe. Er hat im Prinzip bis zu seinem Lebensende von nichts anderem erzählt. "Aber er - nein, er war Fahrer, bei den ganzen Erschießungen und so - war er nie dabei". Worüber ich meine Zweifel habe.
 
Also mir ist nur sein Hintername bekannt (Klein-mehr nannte er nicht), den ich bereits in meine Suche schon einbezogen hatte.
Die Formulierungen stammen von ihm.
Und das Lager Inta liegt am Polarkreis und zeigte uns sogar den Ort an einer Karte+Lagerbeschreibung. Er erklärte dass auch so, wie ich das oben ausgeführt habe. Ja, den Eindruck hatte ich auch, dass er ziemlich unsicher wurde. Er hatte da irgendwie zweimal etwas von Canaris erwähnt ohne genauen Zusammenhang, auch bei seinem Russland Einsatz kamen nur noch Satzfetzen an.
 
Richtig:

Inta-Abes aus der Lagerwaltung Petschora, Nummer 274, habe ich inzwischen gefunden, längs der Bahnlinie nach Workuta auf halber Strecke.

Die Verwaltung wurde 1950 abgetrennt (früheres Sträflingslager) und verselbständigt (als Nr. 388 mit diversen Unternummern). Die Lager wurden nach der früheren Belegung mit politischen Gefangenen und Kriminellen getrennt, als Kriegsgefangene dazu kamen. 1953 hatten die Inta-Lager eine Belegung von rd. 16.000 Gefangenen, davon noch 133 Deutsche. Betrieben wurden die in der Nähe befindlichen Kohleschächte.

Es gibt ausführliche Berichte und Lagerbeschreibungen in: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion, hier Band V/2
 
Und warum war es nicht nötig als Offizier (er schaffte es bis zum Hauptmann) nicht in der NSDAP zusein?

Es war für aktive Offiziere der Wehrmacht verboten, der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen beizutreten.
Natürlich dienten während des Krieges auch zahlreiche Reserveoffiziere, die der NSDAP angehörten. Hierfür galt:
Altrichter, Friedrich, Generalmajor: Der Reserveoffizier, 14. Auflage, Berlin 1941, Seite 10:
"2. Das Verbot politischer Betätigung. Zu diesem Verbot gehört auch die Anordnung, dass die Zugehörigkeit zur NSDAP, oder einer ihrer Gliederungen oder zu einem der angeschlossenen Verbände für die Dauer des aktiven Wehrdienstes ruht."
Das Verbot wurde gegen Ende des Krieges aufgehoben, ich weiß nicht, ob im Zusammenhang mit der Einführung der nationalsozialistischen Führungsoffiziere (NSFO) im Dezember 1943 oder nach dem 20. Juli 1944. Nach dem 20. Juli 1944 wurde jedenfalls in der Wehrmacht aktive Propaganda für den Parteibeitritt gemacht. Aber selbst die meisten der höchsten Offiziere der Wehrmacht waren keine Parteimitglieder.

Parteimitgliedern, die eine Karriere in den Streitkräften anstrebten, wurde nahegelegt, zur Waffen-SS zu gehen.
 
Noch im Jahre 1943 wurde zu Canaris' Truppen versetzt in die Abteilung Abwehr nach Italien, wo er als Lagerkommandant für ein "Auffanglager für Spione" (also Fallschirmspringer mit Spionageauftrag, die dann von diesem Ort zu den Einsätzen geschickt werden) Später sollte er noch ein Ausbildungslager leiten, was aber kriegsbedingt nicht mehr möglich war.
Wenn er zu „Canaris-Truppen“ versetzt wurde, also zur Abwehr, wird er wohl nichts mit den „Brandenburgern“
(Guter Link: Bundesarchiv - "Die Brandenburger" Kommandotruppe und Frontverband)
zu tun gehabt haben, da die „Brandenburger“ ab 1.4.1943 nicht mehr der Abwehr unterstanden, sondern dem Wehrmachtführungsstab. Zudem war die Fallschirmkompanie der „Brandenburger“ eine geschlossene militärische Einheit, die im Verbund mit Einheiten der Fallschirmtruppe eingesetzt wurde, zB im Herbst 1943 bei der Rückeroberung einiger von den Briten besetzter Inseln des Dodekanes.

Aber die Abwehr hatte in allen Heeresgruppen und Armeen Außenstellen, die bei der Heeresgruppe hießen Abwehrgruppe, die bei den Armeen Abwehrtrupp. Diese unterstanden der jeweiligen Stabsabteilung Ic „Feindlage und Abwehr“.
1944 wurde die militärische Abwehr dann dem Reichsicherheitshauptamt unterstellt.
Abwehrgruppen und Abwehrtrupps blieben davon unberührt und hießen von nun an „Frontaufklärungskommando“ bzw. „Frontaufklärungstrupp“.

Die wohl beste Quelle für das Auffinden deutscher militärischer Verbände in Italien ist:
Recherche

Gibt man dort Abwehr ein, erhält man eine Anzahl von Einheiten, die aber meines Erachtens nicht ganz vollständig ist. Einen Hinweis auf eine Fallschirmspringereinheit findet man nicht.
Gibt man RSHA für Reichssicherheitshauptamt ein, so kommt nur ein Ergebnis, die Außenstelle in Verona.
Außerdem gab es in Italien nach der Besetzung 1943 noch eine Organisation unter dem ebenfalls dem RSHA unterstehenden Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS).
Hinweise auf eine Fallschirmeinheit findet man auch hier nicht. Wa r sie für Spionage- bzw Sabotageeinsätze im feindlichen Hinterland vorgesehen, müsste sie bei den dem RSHA unterstellten Einheiten auftauchen.

Wenn der NKWD den Mann verhaftet hat, so ist es doch sehr wahrscheinlich, das sich das Kriegsverbrechen während dessen Zeit an der Ostfront ereignet hatte und nicht in Italien.
Genau das meine ich auch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke, ein Hauptmann dem die Russen tatsächliche Kriegsverbrechen hätten nachweisen können, der wäre nicht mit 25 Jahren davongekommen.

Die 25 Jahre im Jahre 1948 wurden fast summarisch verteilt, um die Kriegsgefangenen weiter behalten zu können.
 
Die 25 Jahre im Jahre 1948 wurden fast summarisch verteilt, um die Kriegsgefangenen weiter behalten zu können.

Da hast du sicher recht. Ich meinte auch eher, dass er sicher nicht wegen seiner Tätigkeit in Italien von den Sowjets verurteilt worden ist.
Wahrscheinlich hatten sie Unterlagen über ihn aus seinem Einsatz in der Sowjetunion, ob nun Kriegsverbrechen oder nicht.

Die Fallschirmjägerregimenter Nr. 1 und Nr. 3 waren von September 1941 an an der Newa als Infanterieregimenter eingesetzt. Im Frühjahr 1942 wurden sie nach schweren Verlusten nach Deutschland und Frankreich zurückverlegt und kamen im Oktober 1942 in den Raum Smolensk, wo sie erneut schwere Verluste erlitten. Im März 1943 wurde die gesamte 1. Fallschirmjäger-Division als OKW-Reserve nach Südfrankreich verlegt und kämpfte danach nicht mehr an der Ostfront, sondern in Italien und 1945 im Rheinland.

Von Kriegsverbrechen der Fallschirmjäger an der Ostfront habe ich bisher noch nichts gehört.
 
Hallo

Admiral Wilhelm Canaris hatte als Chef der 'Abwehr' ausdrücklich jegliche Folter von gefangenen Spionen verboten - gleich ob sowj., engl, us-amerik. o.a. - auch wenn deren Geheimdienste deutsche Spione oder Agenten (auch zu Tode) folterten! Einzelne Vergehen auf deutscher Seite "wurden von Canaris strikt geahndet".
Dies hatten auch die Ost- und West-Alliierten anerkannt - und somit erfolgten auch keine Anklagen gegen Mitglieder / Agenten der dt. 'Abwehr' (mir ist keine bekannt).

Dies hätte auch seinen (und von General Kurt Beck und anderen Offizieren) schon vor dem Krieg beginnenden Bestrebungen zu Friedensverhandlungen mit der engl. Regierung nach einem Umsturz widersprochen. Er wollte da auch keinen 'Tyrannenmord' - sondern "Hitler und die NS-Führung verhaften und vor Gericht stellen."

Die Engländer lehnten aber jegliche Verhandlungen strikt ab. Erst durch die Kontaktaufnahme über (den international geachteten) Papst Pius XII. stimmte Churchill "erzwungenermaßen" zu - aber mit der Bedingung: "Nur nach Hitlers Tod." Nur deswegen beugte sich Canaris diesem Druck der Tötung Hitlers bei Attentatsversuchen - aber auch da sollten möglichst wenig Unschuldige im Umfeld zu Tode kommen (daher keine geplanten Groß-Explosionen - da wäre es einfacher gewesen).

Leider scheiterten dann die Umsturzversuche durch die vielen Fehler des von Stauffenberg am 20.7.44. So folgten dann die Ermordungen von rund 200, für die Freiheit des deutschen Volkes kämpfenden Widerständler - und einige durch Suizid: "Um bei Folter niemand verraten zu können."

Auch in Italien erfolgten durch die 'Abwehr' keine Folterungen oder gar Morde - im Gegensatz zum US-Militär-Geheimdienst OSS! (Man sieht ja, was dessen Nachfolger CIA auch heute noch macht - sogar auf Anordnung von Präsidenten!)
Aber auch beim engl. Militär-Geheimdienst 'SIS' war deren Chef Stewart Menzies gegen Folter (änderte sich aber beim Nachfolger 'MI6').

MfG
 
Und was soll uns das sagen? Daß Canaris ein "toller Hecht" war und seine "Abwehr" ein "richtig netter Haufen"? Und die Geheimdienste der westlichen Demokratien die eigentlichen Schurken, die die ganzen Sauereien gemacht haben? Bei C. Andrew "Her Majesty`s Secret Service" habe ich - beim oberflächlichen Durchsehen - keine Hinweise auf "Folter" etc. gefunden.

Und diese "interessanten" steilen Thesen natürlich ohne jeglichen Bezug zur Literatur.

Auf die Rolle der Gruppe Oster/Canaris ist schon eingegangen worden.

Ansonsten Hoffmann zur Gesamtdarstellung und der Einordnung von Canaris in den militärischen konservativen Widerstand, Mueller als Darstellung zu Canaris und die kritisch zu lesenden Erinnerungen von Schellenberg.

Hoffmann, Peter (1970): Widerstand, Staatsstreich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler. 2. Auflage: Ullstein.
Mueller, Michael (2008): Canaris. Hitlers Abwehrchef; Biographie. Aufl. Berlin: List
Schellenberg, Walter (2008): Hitlers letzter Geheimdienstchef. Erinnerungen. Beltheim-Schnellbach: Bublies.

Admiral Canaris- die ungeklärte Rolle

Die Gruppe geriet 1943 verstärkt unter Verdacht des RSHA/SD, weswegen man zunächst versuchte, Oster aus der Gefahrenlinie zu ziehen. Die "Abwehr" mit ihrem Chef Canaris war dem RSHA mindestens seit 1943 des Widerstandes verdächtig, sehr wahrscheinlich schon früher (etwa ab Juni 1940, nachdem Göring Forschungsamt Luftwaffe der Verrat der Operationspläne im Westen bekannt wurde). Dazu kam eine massive Konkurrenz des SD zum OKW-Amt Ausland/Abwehr (siehe zB Wildt, Generation des Unbedingten). Das RSHA ermittelte seitdem gegen "Unbekannt". Die Gestapo bekam Mitte 1943 direkte Spuren in Richtung Oster/Canaris. Die "Fehler"/Überläufe Anfang 1944 wurden vom RSHA einfach ausgenutzt, um die Abteilung Abwehr mit rd. 13.000 Mann zu schlucken.

An diesem Widerstand ist retrospektiv nichts "Undurchschaubares" oder unklares der Motivation. Die Gruppe um Oster ist unabhängig von politischen Positionen etc. schlicht davon überzeugt gewesen, dass dieser Krieg nicht gewonnen werden konnte; sie war zudem in Kenntnis von umfangreichen Verbrechen speziell in Rußland, aber auch bereits in Polen 1939/40.
 
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Hallo

Admiral Wilhelm Canaris hatte als Chef der 'Abwehr' ausdrücklich jegliche Folter von gefangenen Spionen verboten - gleich ob sowj., engl, us-amerik. o.a. - auch wenn deren Geheimdienste deutsche Spione oder Agenten (auch zu Tode) folterten! Einzelne Vergehen auf deutscher Seite "wurden von Canaris strikt geahndet".
Dies hatten auch die Ost- und West-Alliierten anerkannt - und somit erfolgten auch keine Anklagen gegen Mitglieder / Agenten der dt. 'Abwehr' (mir ist keine bekannt).
Ob nun etwaige gefasste tatsächliche oder mutmaßliche Agenten anderer Mächte in Deutschland gefoltert wurden, lag doch überhaupt nicht in Canaris Hand.
Die "Abwehr" war ihrer Konzeption nach vor allem ein militärischer Auslandsgeheimdienst und damit mit der Behandlung gefangener Spione überhaupt nicht, oder nur teilweise befasst.
Das lag dann schon eher in den Händen der GeStaPo und des SD, auf die er überhaupt keinen Einfluss hatte.

Dies hätte auch seinen (und von General Kurt Beck und anderen Offizieren) schon vor dem Krieg beginnenden Bestrebungen zu Friedensverhandlungen mit der engl. Regierung nach einem Umsturz widersprochen. Er wollte da auch keinen 'Tyrannenmord' - sondern "Hitler und die NS-Führung verhaften und vor Gericht stellen."


Also meines Wissens nach war ein Herr namens Kurt Beck, kein General, sondern SPD-Chef.
Wenn dann reden wir hier wohl über einen Herrn namens Ludwig Beck oder einen Herrn namens Kurt von Hammerstein-Equord
Aber da wird man sich entscheiden müssen.


Die Engländer lehnten aber jegliche Verhandlungen strikt ab. Erst durch die Kontaktaufnahme über (den international geachteten) Papst Pius XII. stimmte Churchill "erzwungenermaßen" zu - aber mit der Bedingung: "Nur nach Hitlers Tod." Nur deswegen beugte sich Canaris diesem Druck der Tötung Hitlers bei Attentatsversuchen - aber auch da sollten möglichst wenig Unschuldige im Umfeld zu Tode kommen (daher keine geplanten Groß-Explosionen - da wäre es einfacher gewesen).

Das ist Mumpitz.

Es gab verschiedentlich Kontakte geheimdienstlicher Art über die Botschaften im neutralen Ausland. Dafür bedurfte es keines Papstes (welche Achtung sollte der im angelikanischen Großbritannien eigentlich gehabt haben?) Wenn man irgendwas sondieren wollte, konnte man das über den Umweg Stockholm, Bern oder Madrid jederzeit tun.

Darüber hinaus die Briten hatten es relativ zügig geschafft das netz der deutschen Agenten in Großbritannien weitgehend zu enttarnen und für Zwecke der Desinformation umzudrehen:
Double-Cross System

Und das war auch der deutschen Seite ab einem gewissen Punkt mindestens teilweise klar. Die Nachrichtendienste standen auf diese Weise nolens volens in ständigem Kontakt zu einander, der für kriegesbedingte Zwecke vgl. etwa "Operation Mincemeat" und Täuschung oder für Kontaktaufnahmen jederzeit verwendet werden konnte.

Wann Churchill einem wie auch immer geartetem Abkommen mit Deutschland zugestimmt hätte unter der Bedingung Hitlser Kopf präsentiert zu bekommen, wüsste ich an dieser Stelle auch gerne mal, heißt, dass hätte ich gerne bequellt, passt nämlich so überhaupt nicht zu Churchills sonstiger Handlungsweise und nach der umsetzung des Hitler-Stalin-Paktes 3 mal nicht.

Davon ab, stellst du Canaris hier so dar, als wenn der irgendwelche Probleme gehabt hätte "unschuldige" (Wenn man sich als Militär oder Politisches Personal den Nazis für ihre verbrecherischen Ziele zur Verfügung stellte, war man also "unschuldig", weil man nicht "Hitler hieß? Sehr interessante Ansicht.) Personen umzubringen.
Das entspricht so überhaupt nicht seinem Charakter, immerhin der Mann hat eine Vorgeschichte gehabt, zu der enge Verbindungen zu den Putschisten Kapp-Lüttwitz-Ludendorff, zur "Marinebrigade Erhardt", diversen Freikorpsorganisationen und zur "Organisation Consul", gehörten.

Der gewaltsame Umsturzversuch Kapp-Lüttwitz, und die "Fehmemorde" in der Frühphase der Weimarer Republik geschahen mit seiner ausdrücklichen Billigung in Teilen mit seiner Unterstützung.

Und wenn Canaris nicht bereit war, Opfer unter anderen NS-Größen oder unter den hochrangigen Militärs zu akzeptieren, allerdings seinerzeit kein Problem damit hatte, dass man Erzberger und Rathenau umbrachte und versuchte Scheidemann umzubringen, sagt uns das über seinen Charakter so einiges aus.
Nämlich dass es es Canaris in seiner verdrehten Weltsicht nicht darum ging, ob eine Person schuldig oder nicht schuldig war, sondern dass er lediglich keine Militärpersonen oder erzkonservativen rechts-nationalen Elemente umbringen wollte, weil er sich diesen Gruppen zugehörig fühlte.
Damit, dass "Novemberverbrecher" oder Kommunisten und derlei umgebracht wurden, hatte der Mann allerdings nie ein grundsätzliches Problem, daran hat er in Teilen mindestens beihelfend mitgewirkt.


Auch in Italien erfolgten durch die 'Abwehr' keine Folterungen oder gar Morde - im Gegensatz zum US-Militär-Geheimdienst OSS! (Man sieht ja, was dessen Nachfolger CIA auch heute noch macht - sogar auf Anordnung von Präsidenten!)
Aber auch beim engl. Militär-Geheimdienst 'SIS' war deren Chef Stewart Menzies gegen Folter (änderte sich aber beim Nachfolger 'MI6').
Warum hätte die "Abwehr in Italien auch groß foltern oder massakrieren sollen?

Italien war nach der dem Seitenwechsel der Regierung unter Marschall Badoglio und der Besetzung des Nordens und der zentralen Landesteile zum Teil weiterhin offiziell deutscher Verbündeter (Die "Repubblica Sociale Italiana" als Marionettenstaat von Deutschlands Gnaden) und zum Teil direkt deutsch okkupiertes, halb annektiertes Gebiet unter direkter deutscher Militärverwaltung ("Operationszone Alpenvorland" und "Operationszone Adriatisches Küstenland").
Folglich war der von Deutschland kontrollierte Bereich vieles, aber kein feindliches Ausland und damit war die "Abwehr" als militärischer Auslandsnachrichtendienst, hier ohnedies nur in Randbereichen zuständig.
Die Zuständigkeit für Folter und Massaker lag bei SD, Gestapo, SS und durch das Faktum des Partisanenkrieges und die damit verbundene Lösung von anerkannten kriegsrechtlichen Normen zum Teil bei der Wehrmacht, die in diesen Dingen kompetent genug waren, der helfenden Hand der "Abwehr" nicht zu bedürfen.



Will konkret heißen:

Du versuchst Canaris dafür abzufeiern, dass die "Abwehr" verhältnismäßig wenig in Folter und Massaker verstrickt war, obwohl dass ohnehin nicht in ihrer Zuständigkeit als militärischer Auslandsnachrichtendienst lag, dafür, dass er versucht hat hinter Hitlers Rücken mit den Briten zu verhandeln (freilich erst, als es längst zu spät war, weil Deutschland dabei war den Krieg militärich zu verlieren) und stellst ihn als einen Menschen dar, der irgendwelche Skrupel gehabt haben soll "unschuldige" Menschen umzubringen oder dazu beizuhelfen, was seiner Biographie im Hinblick auf die frühen Jahre der Weimarer Republik fundamental widerspricht.

Darf ich mal fragen, aus welchem Grund du das tust und was du damit bezwecken möchtest?
 
@tanepower Ihr Kommentar trieft ja geradezu von Polemik gegen mich!

Ich brauche für mich keine fremden Literaturverweise. Meine Informationen habe ich >direkt< aus erster Quelle, vom engsten Umfeld von Canaris - sowohl die 'Abwehr' betreffend, als auch den 'Offizier-Widerstand'. Da ist vieles noch unbekannt.

Nicht wie Sie - nur angelesen! Wenn Sie schon alles besser zu wissen vorgeben - dann beantworten Sie nur folgende 2 einfache Fragen:

1. Frage: Wer war - nach dem am 5.4.43 verhafteten Dr. Joseph Müller - die "neue Kontaktperson vom 'Offizier-Widerstand' über Pius XII. zur engl. Regierung wegen Friedensverhandlungen nach einem Umsturz"?
[ Diese jeweiligen engl. Zustimmungen waren für die weiteren Anschlags- und Umsturzpläne vom Widerstand zwingend notwendig: "damit nach einem Umsturz eine instabile Lage nicht von den Alliierten ausgenützt wird, und Deutschland ein noch schlimmerer Vertrag aufgezwungen wird, als der von Versailles!" ]

Im Vatikan erfuhr der OSS erst im August 44 von den geheimen Kontakten des 'Offizier-Widerstands' mit der engl. Regierung über Pius XII.! Lt. US-Archiven hatte sich Prof. P. Leiber (inoffizieller Privatsekretär von Pius XII.) "bei Befragungen durch den OSS strikt geweigert, den Namen dieser Kontaktperson zu nennen."
Auch 1946 weigerte sich der SS-General Karl Wolff als Zeuge in einem Kriegsverbrecherprozess diesen Namen zu nennen - "also glaubte man ihm nicht".

2. Frage: Warum also die strikte Weigerung der beiden >sehr gegensätzlichen Personen< Leiber und Wolff diesen Namen zu nennen?
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Diese Person ist, wie so vieles andere, in der Geschichtsschreibung bis heute geheim geblieben - ebenso so deren >sehr umfangreiche, aktive< Tätigkeit in der 'Abwehr' und im 'Offizier-Widerstand'.
Ich >kenne< Person, Namen und Ursachen - zu mir: "Geheim bleibt geheim!"

Die >wissenden< Personen (Canaris, Hansen, Freytag von Loringhoven) auf deutscher Seite wurden nach dem Attentat vom 20.7.44 von der SS ermordet, bzw. begingen Suizid - ausser Karl Wolff und Dr. Müller. Und P. Leiber, Schw. Pascalina, Pius XII., Stewart Menzies schwiegen aus triftigen Gründen - auch nach dem Krieg!
Einem Historiker, Autor und >echtem< Kenner der Materie sandte ich ein paar Kapitel (von 99) - seine Antwort: "Das ist ja hochbrisant!" (ohne abschätzigen Kommentar).

Über den engl. SIS hatte ich ja schrieben, dass diese "auch nicht folterten" (lt. obiger Insider-Quelle: "da Menzies, ebenso wie Canaris Gegner von Folter waren".)
Also was soll auch hier Ihre Polemik mir gegenüber: "Und die Geheimdienste der westlichen Demokratien die eigentlichen Schurken, die die ganzen Sauereien gemacht haben?"
[ Zum OSS und dessen Nachfolger CIA: Deren Folterungen und Morde sind ja mittlerweile hinlänglich bekannt. Und ich habe da >nur diesen 1< Geheimdienst genannt - und nicht "die Geheimdienste der westlichen Demokratien .." (das wären dann ja Dutzende Geheimdienste!) Ich hasse solche Übertreibungen in Gegen-Kommentaren, nur um scheinbar "Recht zu bekommen"!)

Zu weiteren herabsetzenden Gegen-Kommentaren werde ich nicht mehr antworten. Ausnahme: Sie können mir obige 2 Fragen ohne Polemik, >>ernsthaft<< beantworten!
[ Ich weiß, dass diese 2 Fragen "nicht ganz fair" sind, denn Sie können es nicht wissen - da hilft auch kein Suchen in Archiven - das gälte auch für andere Fragen. Die letzten 77 Jahre haben dies schon Kompetentere vergebens versucht. (Man sollte Andere eben nicht so überheblich und abwertend abkanzeln - ansonsten hätte ich gar nicht reagiert!) ]

Ich hatte hier (im Gegensatz zu Facebook) ernstzunehmendere, informativere Antworten erwartet. Sollten weitere solche herabsetzende Antworten kommen, wird dies mein letzter Forums-Beitrag sein (und wenn möglich sperren).
 
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