Adel aus reichen Warlords?

rena8

Aktives Mitglied
Es ist eine ziemlich abwegige Fragestellung aber sie treibt mich durch tagespolitische Entwicklungen um.
Für mich hat der europäische Hochadel nur noch geschichtliche Bedeutung. Die Hochglanzberichterstattung über Königshäuser kann ich nicht ernst nehmen. Könnte es trotzdem sein, dass das Entstehen von Adel aus Eliten eine mow zwangsläufige Entwicklungsform menschlicher Gesellschaften ist?
Und wir uns nur zufällig in der westlichen Welt in einer Ausnahmesituation oder Zwischenzeit befinden?

Irgendwann in den instabilen Zeiten nach dem Ende des römischen Reiches scharten irgendwelche Warlords ein paar gut bewaffnete Mitstreiter um sich und nahmen Land samt Bauern und Viehbestand in Besitz. Das ist jetzt verkürzt dargestellt, ich weiß, dass das Abhängigkeitsverhältnis komplizierter war. Die Herrschaft dieser Eliten begründete sich entweder aus militärischer oder aus wirtschaftlicher Überlegenheit. Wobei beides eng verzahnt ist, denn mit Geld und Gold konnten Söldner gekauft werden. Die Römer sollen zum Ende des RR fast 90% des Haushalts für´s Militär ausgegeben haben, wenn ich mich richtig erinnere und die hatten zuletzt auch so eine Art Adelsherrschaft vor den Soldatenkaisern.
Kann man diese Entwicklung weltweit als allgemeingültig bezeichnen?
 
Die Römer sollen zum Ende des RR fast 90% des Haushalts für´s Militär ausgegeben haben, wenn ich mich richtig erinnere und die hatten zuletzt auch so eine Art Adelsherrschaft vor den Soldatenkaisern.
Kann man diese Entwicklung weltweit als allgemeingültig bezeichnen?
hätte das weströmische Imperium 90% seines Haushalts zur Unterhaltung eines gewaltigen, hochgerüsteten und ausgebildeten Heeres aufgewendet, wären Rhein und Donau nicht von barbarischen Horden überschritten worden - da spielt dir irgendwas einen Streich in der Erinnerung. Oder man hätte allein die Vermögen des Senatorenadels mit 10% besteuern können, um ein solches Heer zu unterhalten. Beides ist aber nicht geschehen. (vgl. Demandt, Wolfram u.a.) Es wurden eben nicht die nötigen Mittel zur Grenzsicherung und militär. Ausbildung aufgewendet, sondern stattdessen "billigere Lösungen" wie das anwerben von Foederaten etc. präferiert (ist jetzt auch arg verkürzt dargestellt)

die lokalen Eliten entlang der Grenze - z.B. der Segestes-Clan - wurden, sofern sie politisch prorömisch waren, unterstützt. Mangels schriftlicher Aufzeichnungen wissen wir nur wenig über den ganz frühen germanischen Adel (also von der Varusschlacht bis zur Schlacht bei Straßburg) Dennoch dürfte anzunehmen sein, dass sich der Adel aus den Warlords der Völkerwanderungszeit und deren mächtigsten Vasallen entwickelt hat. Inwiefern es allgemeinmenschlich ist, also in jeder Gesellschaft mehr oder weniger anzutreffen, dass sich aus Familien-Clans in Kokkurrenz untereinander besonders mächtige Warlords entwickeln, kann ich nicht beurteilen.
 
Dass sich Adel in der Regel aus Eliten entwickelt haben wird, ist natürlich anzunehmen. Durch irgendetwas müssen sich die angehenden Adligen schließlich von der Masse ihrer Mitmenschen unterschieden haben. Das müssen aber nicht immer unbedingt Warlords gewesen sein, sondern z. B. auch Großgrundbesitzer. Oder man denke an die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städte, in denen das herrschende Patriziat (wenngleich kein Adel im formellen Sinn) aus den reichen Handelsherren und allenfalls Handwerksmeistern bestand. [Nicht zu vergessen, dass (zumindest in der Spätphase der Monarchie in Österreich, für andere Zeiten und Länder weiß ich das nicht) auch Beamte für ihre Verdienste in den niederen Adel erhoben werden konnten.]

Im frühen Rom dürften die Patrizier eher keinen explizit militärischen Hintergrund gehabt haben, wenngleich die Entstehung der Stände der Patrizier und Plebejer unklar und umstritten ist.

Übrigens haben in Liechtenstein und Monaco die Fürsten noch reale Macht.
 
Es ist eine ziemlich abwegige Fragestellung aber sie treibt mich durch tagespolitische Entwicklungen um.
Für mich hat der europäische Hochadel nur noch geschichtliche Bedeutung. Die Hochglanzberichterstattung über Königshäuser kann ich nicht ernst nehmen. Könnte es trotzdem sein, dass das Entstehen von Adel aus Eliten eine mow zwangsläufige Entwicklungsform menschlicher Gesellschaften ist?
Und wir uns nur zufällig in der westlichen Welt in einer Ausnahmesituation oder Zwischenzeit befinden?

Irgendwann in den instabilen Zeiten nach dem Ende des römischen Reiches scharten irgendwelche Warlords ein paar gut bewaffnete Mitstreiter um sich und nahmen Land samt Bauern und Viehbestand in Besitz. Das ist jetzt verkürzt dargestellt, ich weiß, dass das Abhängigkeitsverhältnis komplizierter war. Die Herrschaft dieser Eliten begründete sich entweder aus militärischer oder aus wirtschaftlicher Überlegenheit. Wobei beides eng verzahnt ist, denn mit Geld und Gold konnten Söldner gekauft werden. Die Römer sollen zum Ende des RR fast 90% des Haushalts für´s Militär ausgegeben haben, wenn ich mich richtig erinnere und die hatten zuletzt auch so eine Art Adelsherrschaft vor den Soldatenkaisern.
Kann man diese Entwicklung weltweit als allgemeingültig bezeichnen?

Vielleicht sollte man differenzieren zwischen dem Hochadel und dem niederen Adel. Letzerer ging aus ursprünglich unfreien Dienstmannen hervor, und eine ähnliche Entwicklung wie bei der europäischen Ritterschaft ist auch für die Samurai kennzeichnend.

Grundsätzlich ist für das Entstehen einer ständisch hierachisierten Elite die Nähe zu politischer Macht und der Besitz bestimmter Qualifikationen auf militärischem, finanziellem und administrativen Gebiet eine Voraussetzung. Dazu kommen bestimmte Privilegien und Rechte und die Einhaltung eines bestimmten Verhaltenskodex sowie die Tendenz, sozialer Abschottung.

In Frankreich differenzierte man im Ancien Regime zwischen der Noblesse d´Epee´ und der Noblesse de Robe. Bis Ende des 17. jhds rekrutierte sich die Noblesse de Robe im Gegensatz zum Geburtsadel aus Bürgerlichen, die ihren neuen Stand durch die Bestzung von Posten im Finanzwesen und Verwaltung errungen hatten. Auch im Russland Peters I. entwickelte sich ein neuer Dienstadel, dessen vertreter oft aus bescheidenen Verhältnissen stammten wie Alexander Menschikow, Andreas Ostermann und Peter Schafirow. Auch die Vertreter alter Bojarengeschlechter, die Scheremetjews, Tolstois und Dolgurukis nahmen (west)europäische Adelstitel an und mussten sich Kenntnisse auf dem Gebiet der Jurisprudenz, Administration und Kameralistik aneignen, wenn sie hohe Staatsämter bekleiden wollten.

Die Fugger, Welser und Medici avancierten von Geldfürsten zu Aristokraten von Geblüt und Vertretern des europäischen Hochadels.
 
...Die Römer sollen zum Ende des RR fast 90% des Haushalts für´s Militär ausgegeben haben, wenn ich mich richtig erinnere und die hatten zuletzt auch so eine Art Adelsherrschaft vor den Soldatenkaisern.
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hätte das weströmische Imperium 90% seines Haushalts zur Unterhaltung eines gewaltigen, hochgerüsteten und ausgebildeten Heeres aufgewendet, wären Rhein und Donau nicht von barbarischen Horden überschritten worden - da spielt dir irgendwas einen Streich in der Erinnerunghätte das weströmische Imperium 90% seines Haushalts zur Unterhaltung eines gewaltigen, hochgerüsteten und ausgebildeten Heeres aufgewendet, wären Rhein und Donau nicht von barbarischen Horden überschritten worden - da spielt dir irgendwas einen Streich in der Erinnerung.
Kennt jemand konkrete Zahlen?
Dass höhere Ausgaben möglich gewesen wären und/oder, dass weitere Ressourcen hätten mobilisiert werden können, sagt ja nichts über den tatsächlichen Anteil der Militär- an den Staatsausgaben.
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Es wurde zwar gern der Satz gebraucht, dass der Krieg der Vater aller Dinge sei und damit auch allen zivilisatorischen Fortschritts und aller gesellschaftlichen Entwicklung. Aber so absolut gilt das nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zuverlässige konkrete Zahlen wird es nicht geben, letztlich sind alle modernen Angaben über den spätrömischen Staatshaushalt und die Ausgabenverteilung doch nur mehr oder weniger fundierte Schätzungen, wobei moderne Historiker schon bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Zustandes vor allem der westlichen Reichshälfte stark voneinander abweichen, von marod bis hin zu blühenden Landschaften.

Aber wir weichen vom Thema ab.
 
hätte das weströmische Imperium 90% seines Haushalts zur Unterhaltung eines gewaltigen, hochgerüsteten und ausgebildeten Heeres aufgewendet, wären Rhein und Donau nicht von barbarischen Horden überschritten worden -.

Der Prozentsatz allein sagt doch noch nichts aus. Ich bin kein Experte für das römische Reich, meine mich jedoch aus dem Geschichtsunterricht zu erinnern, dass im späten Kaiserreich eine Stadtflucht der begüterten Schichten aufs Land einsetzte und die Steuereinnahmen einbrachen.

Wenn gleichzeitig die Verwaltung sich quasi auflöst und Strassen, Brücken, Aquädukte und sonstige öffentliche Bauten nicht mehr unterhalten oder neu errichtet werden, kann es schon sein, dass von dem geringen verbleibenden Einnahmen, der größte Teil dem Wehretat zufloss, dieses jedoch trotzdem zu wenig für ein effektives Heer gewesen sein könnte.
 
Der Prozentsatz allein sagt doch noch nichts aus. Ich bin kein Experte für das römische Reich, meine mich jedoch aus dem Geschichtsunterricht zu erinnern, dass im späten Kaiserreich eine Stadtflucht der begüterten Schichten aufs Land einsetzte und die Steuereinnahmen einbrachen.
Die 90% habe ich ins Spiel gebracht, um zu verdeutlichen, dass ein Warlordadel, der auf Militär setzt, immer teurer wird. Die Zahl wurde in einer Museumsführung zu den Harzhornfunden genannt, kann gut sein, dass ich was mißverstanden habe.

Wenn gleichzeitig die Verwaltung sich quasi auflöst und Strassen, Brücken, Aquädukte und sonstige öffentliche Bauten nicht mehr unterhalten oder neu errichtet werden, kann es schon sein, dass von dem geringen verbleibenden Einnahmen, der größte Teil dem Wehretat zufloss, dieses jedoch trotzdem zu wenig für ein effektives Heer gewesen sein könnte.
Ob diese Beschreibung auf das RR beim Übergang zu den Soldatenkaisern zutraf, sollten die Romkenner besser beurteilen können. Mich hat die Zahl der Soldatenkaiser bei der Ausstellung beeindruckt. Die waren nichts anderes als Warlords, wie wir sie in vielen Weltgegenden noch heute haben.
Vielleicht war auch der hethitische Königsclan und sein Anhang Warlords, jedenfalls habe ich daran und an den Seevölkerthread gedacht, als ich die Ausstellung besuchte.
Kann man sagen, dass der Adel eine vererbte Warlordschaft ist, durch erfolgreiche Propaganda unter den Schutz der Götter gestellt, auch um Militärausgaben zu sparen?
Skorpios Geldadel im späten MA, Raveniks Patrizier und andere Differenzierungen kann ich noch nicht einordnen. Diese Entwicklungen liegen ungefähr in einer Zwischenzeit. Außerdem kann man Militär kaufen oder beeinflussen, wenn man die Mittel hat.
 
Die Eingangsfrage verwirrt mich ein wenig, weil der Begriff "Elite" verschiedene Bedeutungen haben kann. Da ist ist die "Leistungselite" - Leute, die etwas besonders gut können - und "Machtelite" - also Leute, die besonders viel zu sagen haben.

Sicherlich war es in früheren Gesellschaften so, dass die militärische Spezialisten die Macht in einer Region ausübten (Steuern erhoben), was ihnen wiederum das Geld zur Finanzierung ihrer Armeen einbrachte. Das wäre dann der o. g. Warlord.

Oder war es umgekehrt ? Musste derjenige, der politische Macht in Form eines Lehens bekam, selbstverständlich auch eine Armee aufbauen, um dem Lehnsherren als Gegenleistung Waffendienst zu leisten (und um die Steuern einzutreiben) ?

Der Warlord hat nun die Möglichkeit, seine Armee und/oder seine sonstige Macht (z. B. Nahrung) einer übergeordneten Instanz (König) zeitweise zur Verfügung zu stellen und als Gegenleistung
- die Nutznießung über seine Ländereien zu behalten
- von den vielen kleinen Kriegen gegen Nachbarfürsten befreit zu sein
- an der - eben dadurch neu entstehenen - übergeordneten Macht des "Reiches" zu partizipieren.

Natürlich gehört auch dazu, dass ein Fürst sich nicht freiwillig dem übergeordneten Herrscher anschließt, sondern von diesem - mit Hilfe der untergeordneten lokalen Herrscher, sein Fürstentum erobert und den widerborstigen Fürsten durch einen Vertrauten ersetzt.

Kurz, die Sache funktioniert sowohl "Bottom up", also die Warlords schließen sich zusammen, als auch "Top down", also der König setzt lokale Statthalter ein, um die Arbeit an der Basis zu leisten, oder anders ausgedrückt, kann (a) die (militärische u.a.) Leistungselite zur Machtelite werden, oder aber (die vom König eingesetzte) Machelite kann zur Leistungselite werden.

Eigentlich ist das der Mechanismus, nach dem kleiner politische Einheit zu größeren verschmelzen, also die Bildung von Nationen.
 
Ob diese Beschreibung auf das RR beim Übergang zu den Soldatenkaisern zutraf, sollten die Romkenner besser beurteilen können. Mich hat die Zahl der Soldatenkaiser bei der Ausstellung beeindruckt. Die waren nichts anderes als Warlords, wie wir sie in vielen Weltgegenden noch heute haben.
Ich bin skeptisch, inwieweit man die Masse der römischen Soldatenkaiser wirklich als "Warlords" bezeichnen kann - sowohl vom Hintergrund als auch von der Zielsetzung her. (Das hängt natürlich auch von der genauen Definition eines "Warlords" ab.) Auf einige trifft diese Bezeichnung durchaus zu. Aber die meisten waren Männer, die in der zivilen Verwaltung und/oder im Militär Karriere gemacht hatten und irgendwann dann einen mit einem Armeekommando verbundenen Posten erhielten. Diesen nutzten sie, um sich - häufig nach einem errungenen Sieg oder auch unter Ausnutzung der Unzufriedenheit mit dem vorherrschenden Kaiser - selbst zum Kaiser ausrufen zu lassen. Ihr Ziel war es aber in der Regel nicht bloß, sich in einem Gebiet festzusetzen und dort gewaltsam zu herrschen, sondern sie strebten danach, vom Senat formell als legitimer Kaiser anerkannt zu werden, die konkurrierenden Kaiser auszuschalten und so die Herrschaft über das Gesamtreich zu erlangen. Wenn ihnen das gelang, herrschten sie durchaus einigermaßen konstitutionell, bekleideten also den Posten des Pontifex maximus und wiederholt das Konsulat, arbeiteten (zumindest formell, in der Praxis oft zugegebenermaßen eher weniger) mit dem Senat zusammen etc.
In gewisser Weise könnte man die meisten Soldatenkaiser also eher mit Männern wie Franco vergleichen.

Der Prozentsatz allein sagt doch noch nichts aus. Ich bin kein Experte für das römische Reich, meine mich jedoch aus dem Geschichtsunterricht zu erinnern, dass im späten Kaiserreich eine Stadtflucht der begüterten Schichten aufs Land einsetzte und die Steuereinnahmen einbrachen.

Wenn gleichzeitig die Verwaltung sich quasi auflöst und Strassen, Brücken, Aquädukte und sonstige öffentliche Bauten nicht mehr unterhalten oder neu errichtet werden, kann es schon sein, dass von dem geringen verbleibenden Einnahmen, der größte Teil dem Wehretat zufloss, dieses jedoch trotzdem zu wenig für ein effektives Heer gewesen sein könnte.
Ich halte es für zu vereinfachend, einfach davon auszugehen, dass das spätrömische Reich aus finanziellen Gründen kein "effektives" Heer mehr gehabt hätte. Da spielt noch mehr hinein:
- Der Wehrdienst wurde immer unpopulärer. Das hatte durchaus auch mit der zunehmenden Romanisierung des Reiches zu tun: Ehemals von Haus aus kriegerische Völkerschaften wurden zunehmend "zivilisiert" und brachen als Rekrutierungsbasis für Freiwillige weg.
- Die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen: Insbesondere die Großgrundbesitzer hatten überhaupt kein Interesse daran, dass sich ihre Kolonen zum Militär meldeten. Aber auch sonst entstanden zunehmend komplizierte Abhängigkeitsverhältnisse und Verflechtungen, die die Entscheidungsfreiheit des einzelnen über seinen beruflichen Werdegang massiv beeinträchtigten.
- Es konnte durchaus Sinn machen, ausländische Truppen anzuwerben, insbesondere wenn sie Spezialisten auf Gebieten waren, die im römischen Militär traditionell vernachlässigt wurden, die man aber zunehmend brauchte, z. B. berittene Bogenschützen.
Mit mehr Geld allein hätte man also kein effektives nationalrömisches Heer schaffen können. Im Übrigen gab es die ausländischen Verbände natürlich auch nicht gratis, und ihre Sache machten sie meist auch gar nicht schlecht - solange sie die zugesagten Gegenleistungen erhielten. Wenn Geld eine Rolle spielte, dann eher in dem Sinn, dass die Foederaten und Söldner unkontrollierbar wurden, wenn man ihnen den versprochenen Lohn verweigerte. Dazu kam es oft, was aber oft nicht an Geldmangel lag, sondern daran, dass man glaubte, sie prellen zu können, oder die eigentlich zur Verfügung gestellten Mittel veruntreut und unterschlagen wurden.
 
Die 90% habe ich ins Spiel gebracht, um zu verdeutlichen, dass ein Warlordadel, der auf Militär setzt, immer teurer wird. Die Zahl wurde in einer Museumsführung zu den Harzhornfunden genannt, kann gut sein, dass ich was mißverstanden habe.

Ob diese Beschreibung auf das RR beim Übergang zu den Soldatenkaisern zutraf, sollten die Romkenner besser beurteilen können. Mich hat die Zahl der Soldatenkaiser bei der Ausstellung beeindruckt. Die waren nichts anderes als Warlords, wie wir sie in vielen Weltgegenden noch heute haben.


Für einige Soldatenkaiser ist die Bezeichnung Warlord sicher eine zutreffende, dennoch ist der soziale Hintergrund einiger Kaiser differenzierter, oft blieb einem Statthalter oder Heeresgruppenchef gar nichts anderes übrig, als sich zum Kaiser ausrufen zu lassen, wollte er eine koordinierte Verteidigung gegen Barbareneinfälle leiten und nicht von den eigenen Soldaten ermordet werden. Immer wieder aber gelangten auch Leute aus der alten Reichsaristokratie des Senats auf den Thron wie Gordianus I., Clodius Puppienus und Balbinus. Daneben Lokaldynasten wie Odenathus von Palmyra oder Philippus Arabs.
Noch immer blieb der Senat die höchste Körperschaft des Imperiums, die Kaiser legitimieren oder über Usurpatoren die damnatio memoria zu verhängen, doch er hatte keine stabile Hausmacht. Seit der Constitutio Antoniana besaß jeder freie Einwohner des Imperiums das römische Bürgerrecht, aber es war nicht mehr viel wert.
 
- Es konnte durchaus Sinn machen, ausländische Truppen anzuwerben, insbesondere wenn sie Spezialisten auf Gebieten waren, die im römischen Militär traditionell vernachlässigt wurden, die man aber zunehmend brauchte, z. B. berittene Bogenschützen.

Ja, genau, von diesen diversen Spezialistenheerteilen war in der Ausstellung auch die Rede, außer den von dir genannten Bogenschützen, gepanzerte Kataphrakten aus Syrien oder so.
OT Wenn man sich wenig für Militaria interessiert wie ich, stochert man ein bißchen im Nebel und versucht, eine Linie zu finden.
Deshalb ist die Anregung richtig, zuerst zu definieren, was ein Warlord ist, welche Eliten gemeint sind und wie die Zusammenhänge sind.
Mein Hauptansatz waren zuerst die Zwischenzeiten und ob wir uns etwa in einer solchen befinden. Ich gebe aber zu, dass ich meine Hypothese nicht zu Ende gedacht habe, dafür ist schließlich ein Forum da.:winke:
 
Schon der erste Kaiser, der noch gar keiner werden dürfte, sondern nur seinen Namen für die Institution gab, Cäsar war ein Warlord. Und die, die ihn umbrachten, sahen das auch so.
 
Schon der erste Kaiser, der noch gar keiner werden dürfte, sondern nur seinen Namen für die Institution gab, Cäsar war ein Warlord.
Inwiefern? Seine Statthalterschaft in seinen Provinzen war staatlich legitimiert. Dass er auf eigene Faust Gallien eroberte, sprengte zwar den Rahmen des Üblichen, war aber nicht prinzipiell neu. Seit jeher hatten Provinzstatthalter auf eigene Faust Krieg gegen angrenzende Stämme geführt. Das war in Spanien oder Makedonien nicht anders und war grundsätzlich durch ihr imperium, also ihre Amtsgewalt, auch abgedeckt.
Später putschte er sich dann an die Macht, um der Alternative - nach Niederlegung seiner Statthalterschaft seinen innenpolitischen Gegnern hilflos ausgeliefert zu sein - zu entgehen. Dadurch übernahm er die Macht über das Gesamtreich, wobei er sie unter Nutzung traditioneller Ämter und Titel (Konsulat, Dictatur) zu legitimieren suchte.

Und die, die ihn umbrachten, sahen das auch so.
Sie sahen in ihm keinen Warlord, sondern einen Tyrannen, der die Republik zerstörte und nach der Königswürde strebte.
 
In Teutschland wird traditionell zwischen dem Uradel und dem Briefadel unterschieden. Während der Briefadel ursprünglich aus dem nicht adeligen Geschlecht abstammt, dass irgendwann in historischer Zeit geadelt wurde, war der Uradel schon immer adelig bzw. der Brief ist verloren gegangen. Eine Legitimation, wie die Ernennung durch Kaiser, König etc. hat der Uradel angeblich nicht nötig.
Adelige fallen nicht einfach vom Himmel oder werden vom Meer angespült, auch wenn manche Legenden ähnliches behaupten. Irgendwann hat auch der Uradel mal angefangen.
Das ganze lässt meiner Ansicht nach auch auf früheren Epochen übertragen. (Die Grundlage für die spätere Zeit wurde ja hier gelegt.) Wichtig ist die Legitimierung der Macht. Eine solche Legitimierung der Macht kann nur durch die althergebrachte Eliten erfolgen. Dahergelaufene Warlords streben nach Anerkennung und Legitimierung ihrer Macht, das unterscheidet sie grundlegend von Revulutionsführern. Sie schreiben irgendwann Briefe an der fernen Kaiser in Byzanz, den Papst, den Senat ...
Die alten Senatorengeschlechten bildeten in Raum auch so eine Art Uradel. Ihm entstammte auch C. Julius Caesar.

Im übrigen ist so, dass der heutige europäische Hochadel sich keineswegs in Gänze auf Karl, Merowech und Co zurückführen lässt.
Das schwedische Königshaus lässt auf den Franzosen Jean-Baptiste Bernadotte, der während der Französischen Revolution zum General, Marschall und Kriegsminster aufstieg und erst von Napoleon in den Fürstenstand erhoben und späterdings nach Konvetierung zum protestantischen Bekenntnis zum König von Schweden und Norwegen gewählt wurde.
 
In Teutschland wird traditionell zwischen dem Uradel und dem Briefadel unterschieden. Während der Briefadel ursprünglich aus dem nicht adeligen Geschlecht abstammt, dass irgendwann in historischer Zeit geadelt wurde, war der Uradel schon immer adelig bzw. der Brief ist verloren gegangen. Eine Legitimation, wie die Ernennung durch Kaiser, König etc. hat der Uradel angeblich nicht nötig.

Insbesondere der westeuropäische Uradel hat seine Ursprünge in der Feudalordnung des Frankenreichs der Karolinger bzw. seiner unmittelbaren Epigonen, dem westfränkischen Kapetingerreich und dem ostfränkischen Ottonenreich. In diesen Zeiträumen hatten sich die Familien jener Kaste selektiert, die man heute Uradel nennt. Allerdings würde ich die ersten Vertreter dieser Klasse nicht unbedingt als "Warlords" bezeichnen, obwohl die Fähigkeit zu Kriegsführung zweifelsohne eine herausragende Bedeutung in ihrer Zeit spielte. Der Begriff "Schwertadel" wird nicht umsonst für die adligen Vertreter des Früh- und Hochmittelalters gebraucht. Allerdings hatten auch diese durchaus ihre Stellung mittels einer königlichen Sanktionierung legitimieren müssen. Sie waren zuallererst Amtsträger des Königs, indem sie in Amtssprengel wie Grafschaften (Gerichtsbezirke) oder Marken (Grenzwehrbezirke) eingesetzt wurden. Nachdem diese Ämter erblich geworden und zu Lehen genommen werden konnten, hatten ihre Inhaber samt Familien eine soziale wie politische Vorrangstellung erlangt, die sie über die Untertanen ihrer Lehen erhob. Sie wurden nobilisiert, eben adelig. War aber eine Belehnung ausgeblieben, hatte sich der


In Westeuropa hatte es nur sehr wenige Beispiele gegeben, wo sich ein Warlord allein Dank seiner Kriegsfähigkeit einen Rang unter den ersten eines Reiches erkämpfen konnte.

Das einzige Beispiel, dass mir spontan dazu einfällt sind ein paar Normannenführer, die ab dem 9. Jahrhundert im Frankenreich plündernd eingefallen waren und das Land verwüsteten. Sie waren einfach nur Anführer von Kriegshaufen, die im besten Fall nach getaner Arbeit wieder das Land verließen. Oder man nahm sie irgendwan in die Pflicht, indem man sie in die fränkische Sozialordnung integrierte. Man denke nur an Rollo und seine Normannen, der 911 im Vertrag von St-Claire-sur-Epte von König Karl III. den Ort Rouen samt Umland als Lehen zugewiesen bekommen hat. Er wurde als Erster (princeps) seiner Mannen in das fränkische Feudalgefüge sozialisiert und mit ihm seine Männer, die mit Burgherrschaften rund um Rouen ausgestattet wurden und damit am Anfang des franko-normannischen Adels und dem Herzogtum Normandie standen.
 
In Westeuropa hatte es nur sehr wenige Beispiele gegeben, wo sich ein Warlord allein Dank seiner Kriegsfähigkeit einen Rang unter den ersten eines Reiches erkämpfen konnte.
das ist schwierig zu beurteilen, weil jedenfalls für die Frühzeit/Völkerwanderungszeit die genealogischen Quellen der berühmten Warlords wie Chlodwig, Theoderich, Geiserich relativ dünn sind. Sie stammten wohl schon aus teilweise mächtigen Sippen/Clans, aber sie waren später auch erpicht, sich weitaus ältere Stammbäume zu konstruieren (Amaler, Balten usw.) - recht wahrscheinlich ist, dass die erfolgreichen Warlords aus regional mächtigen bzw. kurzfristig (glückhaft, zufällig) mächtig gewordenen Familien stammten und die politische Gunst der Stunde nutzten (das dürfte besonders für Chlodwig gelten)
 
nochmal kurz retour zu den Militärausgaben des spätrömischen Reichs:
Die 90% habe ich ins Spiel gebracht, um zu verdeutlichen, dass ein Warlordadel, der auf Militär setzt, immer teurer wird. Die Zahl wurde in einer Museumsführung zu den Harzhornfunden genannt, kann gut sein, dass ich was mißverstanden habe.
(da ich gerade nicht daheim bin, kann ichs nicht zitieren, deshalb nur aus der Erinnerung) in Herwig Wolframs "das Reich und dieGermanen" gibt es ein berühmtes Kapitel übder die Größe der barbarischen germanischen Heere und die spätrömischen (weströmischen) Militärs; dort wird vorgerechnet, dass eine Armee, die sich Westrom hätte leisten können, die Grenzen hätte schützen können - aber die Mittel dafür wurden nicht nur nicht aufgebracht, sondern gar nicht erst in Erwägung gezogen...
(wenn ich wieder daheim bin, werde ich das zitieren - dauert noch par Tage)
 
In Frankreich unterscheidet man zwischen noblesse d'empire, also die zur Zeit von Napoleon in den Adelstand erhoben wurden und ancienne noblesse, also die vor der Revolution schon adlig waren.
 
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