Adelsgeschlecht von Schöning

Karolina

Neues Mitglied
Hallo liebe Gemeinde,
ich habe einen interessanten Abschnitt aus dem Buch "Geschichtliche Nachrichten von dem Geschlechte von Schöning und dessen Gütern" (Hans von Schöning, Berlin 1830) gefunden, der sich auf das Gebiet in Pommern bezieht, wo ich wohne. Leider kann ich nicht alles verstehen, weil die deutschen Konstruktionen kompliziert sind. Könnte mir jemand von euch helfen und sagen, ob meine Interpretation richtig ist? Ich wäre dankbar. Oben der Abschnitt und unten Passagen, die unklar sind.

Der Abschnitt:
"Muscherin
Ein altes Schöningsches Lehn, das 1490 durch Heirath an die Familie kam; einige Stücke so die Mörner darin besassen, sind jure feudi novi acquirirt und wurden dem Oberstlieutenant Hans Heinrich 1713 verliehen. Seit 1808 mit einem Antheil Lübtow, Eigenthum des Geheimen Regierungs-Raths und Landraths August von Schöning. Die ehemals hier befindlichen vier Bauern und ein Kossäthe sind auf den Grund des Geseztes vom 9. Januar 1810 eingezogen und dagegen ist das zu Muscherin gehörig gewesene Gutsantheil in Lübtow veräussert, nachher von dem damaligen Besitzer General-Lieutenant von Schöning, erworben und von diesem bei der Regulirung seinen Gütern Lübtow A und B zu gleichen Theilen zugelegt worden."
Liebe Grüße

Unklar für mich:
1. einige Stücke so die Mörner darin besassen, sind jure feudi novi acquirirt und wurden dem Oberstlieutenant Hans Heinrich 1713 verliehen.

Meine Interpretation: Einige Stücke Muscherins, die die Familie Mörner dort besaß, wurden dem neuen Lehensrecht gemäß erhalten und wurden....

2. Die ehemals hier befindlichen vier Bauern und ein Kossäthe sind auf den Grund des Geseztes vom 9. Januar 1810 eingezogen und dagegen ist das zu Muscherin gehörig gewesene Gutsantheil in Lübtow veräussert, nachher von dem damaligen Besitzer General-Lieutenant von Schöning, erworben und von diesem bei der Regulirung seinen Gütern Lübtow A und B zu gleichen Theilen zugelegt worden.

Meine Interpretation: Vier Bauern und ein Kossäthe (ein Bauer ohne Acker? oder ein Dorfbewohner mit einer Kate?), die hier früher gewohnt haben, sind aufgrund des Gesetzes vom 9. Januar 1810 hier eingezogen und dafür (ein Deal?) das Gutsanteil in Lübtow, das zu Muscherin gehörte, wurde verkauft (oder diese Bauern haben es bekommen?), dann von dem damaligen Besitzer General-Lieutenant von Schöning, erworben und von ihm bei der Regulierung (geht es hier um die preußischen Agrarreformen von 1807 bis 1816? Bauernbefreiung 1810?) seinen Gütern Lübtow A und B zu gleichen Teilen hinzugefügt.
 
Der Begriff 'Kossäthe' entspricht in Mecklenburg, Brandenburg, Pommern, Preußen dem Kötter. Bei ihrer genauen Stellung gab es regionale Unterschiede. Ein Kötter hatte zusätzlich zum Haus ("Kotten") zumindest einen Garten, oft aber auch eine kleine Weide und etwas Ackerland. Ob sie in der Allmende irgendeine Berechtigung hatten, ist regional unterschiedlich. Hier in Ostwestfalen durften sie z.B. ein Schwein auf der Schweinehude mästen lassen. Dafür mussten sie aber (wohl etwas überproportional) zur Bezahlung des Hirten beitragen. Wie das in Hinterpommern war, kann ich nicht sagen. Für ihre Handdienste bekamen sie -ebenfalls unterschiedlich- noch weitere Leistungen, z.B. Kost an den Arbeitstagen.

'Eingezogen' heißt, dass der Grundherr die Höfe nicht ausgegeben hatte. Sei es, dass die Familie des damit belehnten Bauern ausgestorben war oder ihm der Hof wegen einer Verfehlung abgenommen wurde. Hier wäre gut zu wissen, um welches Gesetz es geht. Zu 1810 fällt mir die preußische Gesindeordnung ein. Die umfasste nun zwar Kossäthen, aber keine richtigen Bauern. Wurde ein Hof eingezogen, gab es natürlich keine Gegenleistung. Aber es kam vor, dass ein Bauer bereit war, seinen Hof gegen einen eingezogenen Hof zu tauschen. Zusammen mit Kriegszeiten und Bauernbefreiung, ist es also nicht so verwunderlich, dass an einem Ort 5 eingezogene Höfe an einem Ort zusammenkamen. Eigentlich mussten eingezogene Höfe in einer bestimmten Frist neu ausgegeben werden, aber es kann sein, dass es da gemäß des erwähnten Gesetzes einen Haken gab, der erlaubte den Gutshof selbst dadurch zu vergrößern oder zumindest Land von den Höfen auf das Gut zu übertragen.

(Auch zuvor gab es da natürlich einige Möglichkeiten. Teilweise kam es Grundherren auch nur auf die Hofflächen oder Berechtigungen in der Allmende an. Ich kenne einen Fall, in dem ein Gutsherr Hilfen für den Aufbau im Krieg niedergebrannter Höfe gab, wenn diese an anderer Stelle neu errichtet wurden und die alte Hofstellen, die unmittelbar neben seinem Gutshof lagen an das Gut fielen. Wegen des Lehnsrecht wurde das dann mit Begriffen wie 'Einziehen', 'neu ausgeben' geregelt. Um so etwas zu erkennen, muss man sich mit der Ortsgeschichte auskennen. Hier dürfte es aber kein Tausch gewesen sein, wenn es nicht geschönt ist. Denn dann hätten die Bauern ja ihr Land letztlich veräußern müssen. Da dürften nur die Verträge oder Grundbücher der Zeit helfen, es endgültig zu klären.)

Ohne Kenntnis örtlicher Besonderheiten bleibt: Das 'dagegen' bezieht sich wohl eher auf den Gegensatz von Erwerbung und Veräußerung, auch wenn es natürlich nicht eindeutig formuliert ist. Denn das regelmäßige und häufigere ist eben auch das wahrscheinlichere.
 
Zurück
Oben