Aktualität des Mittelalters

Auf einer rationalen Ebene ist das Mittelalter interessant, weil viele heutige Strukturen dort ihre Herkunft haben. Das Buch "Warum Europa?: Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs" von M. Mitterauer ist hier recht interessant. Es ist außerdem für mich militärgeschichtlich bedeutsam wegen der zahlreich stattfindenden Änderungen bei Waffen, Rüstungen, Kampfweisen sowie der Verschiedenheit der Protagonisten.

Emotional spricht viele das Mittelalter an, weil ein Merkmal des Menschen die Realitätsflucht ist und ein Weg, ihr zu frönen, sich geistig in eine fremde Umgebung zu begeben. Das Mittelalter ist in vielem fremdartig und bietet zudem eine hilflose Schablone, sich alles mögliche dazu und darum zu erdichten, wie El Quijote es treffend beschrieben hat. In unserer reichen, sicheren, zentralgeheizten Überflußgesellschaft ohne wahre Existenzprobleme ist der Grund, das Mittelalter als Fokus zu nehmen, nicht mehr Deutschtümelei, sondern die wohlige Verheißung einer kuriosen, wilderen und brutaleren und/oder vermeintlich einfacheren und überschaubareren Vergangenheit ohne böse Chemie im Brötchen. Ich habe z.B. durchaus irgendwie positiv besetzte Gefühle, wenn ich an Burgen, Fachwerkhäuser, Ritter o.ä. denke, auch wenn ich weiß, daß das romantisierender Unsinn ist.
 
Zurück
Oben