Alexander der Große - Eine psychologische Betrachtung

V

Violett-Feeli

Gast
Einen wundervollen guten Morgen wünsche ich zunächst,
Ich bin eine eifrige Geschichtsstudentin im zweiten Semester und hoffe, dass es ist Ordnung ist, hier einfach so ganz dreist eine Frage in die Runde zu stellen :)
Ich plane eine ziemlich spannende, wenn auch "riskante", Hausarbeit zu Alexander dem Großen, worin ich Parallelen zwischen seinen Charakterzügen aus den Quellen (die selbstverständlich einer strengen Quellenkritik unterzogen werden!) und den heutigen DSM-IV Kriterien für Borderline-Persönlichkeitsstörungen vergleichen möchte (und ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass ich nicht psychologisieren oder nachträglich diagnostizieren möchte!). Nun saß ich einen halben Tag im Recherche-Zentrum meiner Uni und hab mir die Finger wund gesucht nach Büchern oder Aufsätzen, die diesen Aspekt (Alexander den Großen mal psychologisch anzuleuchten) in ihren Werken miteinbeziehen - leider vergebens...
Nun meine Frage: kennt irgendjemand einen Forscher mit diesem Schwerpunkt, oder jmd. der diesen Aspekt angerissen hätte? Hat jmd. mal irgendetwas bezüglich Alexanders Charakterzügen gelesen?
Für Antworten wäre ich unglaublich dankbar!

Mit freundlichen Grüßen - Violett
 
Ein Ansatzpunkt: Es gibt von Eugen Drewermann eine tiefenpsychologische Deutung nach Darstellung von Plutarch ("Lebensbeschreibungen") als Beispiel für den "Nimrod-Komplex", einem "Ensemble aus ödipaler Kastrationsangst (=Vaterkonkurrenz & Mutterliebe), verdrängter Homosexualität, überkompensiertem Minderwertigkeitsgefühl & männlichem Protest" (Paderborn: Schöningh, 1978, S.488) in Strukturen des Bösen II: Die jahwistische Urgeschichte in psychoanalytischer Sicht, Kp. IX - Exkurs 1
 
Erstmal vielen Dank für deine Post :) Werde gleich mal sehen, wo ich die Bücher herbeziehen kann :)
Zum Thema Persönlichkeitsstörungen:
Bei einer genauen diagnostischen Untersuchung werden bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung meist "Schwerpunkte" genannt, wie bspw. histrionisch oder aber auch narzistisch. Im Grunde hast du sicherlich recht, dass eine "reine" narzistische Persönlichkeitsstörung besser (wenn nicht sogar ziemlich sicher....) zu Alexander dem Großen passen würde - die Borderline-These sollte im Grunde ja wirklich gewagt sein, in dem Sinne, dass sie provozieren soll. Nach meinen Vorrecherchen (habe am Dienstag ein Gesrpäch mit meinem Dozenten und BETE, dass er sein Ok zu dem Thema gibt...) würden anhand den Sekundärquellen (=Arian, Plutarch etc.) zunächst einmal ohnehin nur 3 DSM-IV Kriterien für Borderline zutreffen - 2, 3 andere wären Interpretationssache - und um als Borderline-Persönlichkeit zu gelten müssten mindestens 5 Kriterien erfüllt werden. Aber ich werde diesen narzistischen Aspekt sicher noch irgendwie reinbauen (Danke an dieser Stelle für den Hinweis :) Hätte diesen Punkt sonst vielleicht übersehen... Da sieht man mal wieder, dass zwei Köpfe immer schlauer sind als einer :) )
 
Ich denke ja doch jedesmal darüber nach, daher schreibe ich doch noch kurz ein paar generelle Überlegungen bzw. auch Fragen:
Du schreibst oben, daß du nicht psychologisieren noch diagnostizieren willst; die Frage bez. einer Diagnostik allerdings, warum willst du einen Vergleich einer historischen Persönlichkeit mit einem postmodernen Krankheitsbild überhaupt anstellen?
Psychologisierung mag gewisse Probleme beinhalten und auch anfechtbar sein, aber kann sich immerhin auf eine (wenn auch nicht genuin geschichts-) wissenschaftliche Tradition - wie umstritten auch immer - berufen. Mit dem Begriff "Charakter" ließe sich vielleicht sogar auch an historistische Ansätze anknüpfen.

Daher wäre mein Ratschlag dahingehend, die Sache eher von der Psychoanalyse als Hilfwissenschaft, und zwar namentlich über den Begriff der "Charakterneurose" und "Narzißmus" anzugehen. Von der Psychoanalyse her läßt sich überhaupt besser argumentieren, daß die borderline & narzißtische Störung quasi wesensverwandt sind.
Vom Standpunkt der deskriptiven Diagnostik läßt sich die Narzißmusproblematik, die meiner Intuition gemäß im Falle Alexander des Großen eher vorliegen dürfte, eigentlich faßt gar nicht konsistent berücksichtigen, außer über den Begriff der "Komorbidität" - nur hat der positivistische Ansatz zur Krankheitsbeschreibung eigentlich kein Erklärungmodell - während es eben von der Psychoanalyse her (wie gesagt, wie umstritten auch immer) immerhin konsistente Erklärungsmodelle gibt!

Ansonsten würde mich natürlich interessieren, weil ich von Alex. eben nicht so viel weiß: welches deiner zwei Manual-Kriterien wären es, die du nach kurzer Quellensichtung identifziert hast?
 
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