Alexander der Große

In der Politik ist nicht die Moral Maxime des Handelns, und es gibt kaum eine Person der Weltgeschichte, die sich nicht die Hände schmutzig gemacht hat.

In der älteren Historiographie ist die Zeit von Philipps aufstieg oft als die eines "persischen Drucks" bezeichnet worden. Ich bin da anderer Meinung, denn die Schwächen des Perserreichs wurden doch immer offensichtlicher, und der Plan, sich auf Kosten des Archäminidenreiches auszudehnen und bereits hellenisierte Gebiete Kleinasiens zu erobern, gingen durchaus schon auf Philipp zurück. Als Präventivschlag würde ich daher Alexanders Feldzug nicht bezeichnen.

Alexander war ein überaus fähiger und charismatischer Kommandeur. Seine Eroberungen haben allerdings sein Reich extrem überdehnt, dass einfach viel zu heterogen war, um sich dauerhaft von einer einzigen Person beherrschen lassen zu können. Das wäre vermutlich auch das Ergebnis gewesen, wenn Alexander länger gelebt hätte. Auf seinen Tod folgten jahrelange Kriege seiner Nachfolger, Oppositionelle ließ er meist kurzerhand beseitigen, und sein letzter Feldzug war im Grunde eine Strafexpedition gegen die eigene Armee, die er durch die gedrosische Wüste schickte.

Alexanders Eroberungszüge lösten allerdings auch eine der bemerkenswertesten Blüten der griechischen Kultur, die Epoche des Hellenismus aus, und seine Gründung Alexandria konnte als multikulturelles Zentrum griechisch- hellenistischen Geistes bald schon mit Athen konkurrieren. Die Eroberungen Alexanders trugen zu einer kosmopolitischen- hellenistischen Kultur bei, die sich deutlich über Poleisgrenzen ausdehnte und damit Voraussetzungen für einen ungeheuren Wissenstransfer schufen.
 
Ich schlage daher vor das Wort gemäß dem Griechischen zu akzentuieren: Póleis.

Btw: das ganze erinnert mich an Herbert Knebels Beitrag zur Klimadebatte: "Die Polen schmelzen!"
 
Ich glaube, dass ihm die Kriege aufgezwungen wurden - sei es zu Beginn seiner Herrschaft, als mehrere Versuche gestartet wurden, das makedonische "Joch" abzuschütteln oder auch danach als der Krieg gegen die Perser ausbrach.

Auch wenn ich den Begriff "Präventivkrieeg" zutiefst verabscheue, hier scheint er mir angebracht, denn auch Dareios kann nicht als Mann des Friedens gehandelt werden, auch er unterlag den Regeln und Zwängen seiner Zeit.

Danach jedoch mag natürlich der Gedanke aufgekommen sein, unbesiegbar zu sein und der Versuch, die damals bekannte Welt zu erobern (man denke an Indien) war dann doch zuviel des "Guten".

Daher nochmals meine sehr persönliche Meinung: Weder Mörder noch Held, ein Mann, ein Herrscher, der seine Zeit repräsentiert.
Alexander unterwarf alles nördlich von Makedonien bis zur Donau. Aus dieser Richtung bestand wohl kaum akute Gefahr.
Ein Präventivkrieg gegen die Perser hätte mir Sicherheit den Schwerpunkt kleinasiatische Küste (wo Griechen siedelten) gehabt, womöglich auch noch das Landesinnere, aber die Levante, Ägypten, Mesopotamien,... ist Übertreibung.
Offiziell ging es ja um Rache, auch das mag nicht soweit ziehen, aber imho doch besser diese Expansion erklären als ein Präventivkrieg.
Wenn man Alexander eine Form von Größenwahn (oder auch nur übersteigertes Selbstbewusstsein) unterstellt, dann war es imho schon vor dem Übergang nach Asien da und entstand nicht erst dort.
Ich glaube nicht, dass ihm der Krieg aufgezwungen wurde. Es eine Entscheidung Alexanders.
 
Zuletzt bearbeitet:
Alexander unterwarf alles nördlich von Makedonien bis zur Donau. Aus dieser Richtung bestand wohl kaum akute Gefahr.

Vom Norden her wurde Makedonien von den Illyrern bedrängt. Schon Philipp II. unternahm Feldzüge in diese Richtung. Dies und die Vernichtung Thebens diente eher zur Aufrechterhaltung der Hegemonie über Europa um dort genügend Ruhe für den Feldzug in Asien zu haben.

Themistokles schrieb:
Ich glaube nicht, dass ihm der Krieg aufgezwungen wurde. Es eine Entscheidung Alexanders.

Genau, Alexander hatte mehrfach Gelegenheit den Krieg zu beenden. Während der Belagerung von Tyros sandte ihm Dareios ein Friedensangebot indem er bereit war auf alles Land westlich des Euphrat zu verzichten, Alexander lehnte ab.

Ob Alexander größenwahnsinnig war wird man heute nur schwer einschätzen können. Vielleicht war er auch nur der erste Europäer der sich bewusst wurde welche Möglichkeiten sich außerhalb der eng gesteckten Grenzen der griechischen Welt der Póleis auftaten, wie Scorpio bereits erwähnte. Denn diese wurden durch ihn und den Diadochen faktisch in die Bedeutungslosigkeit geworfen.
 
Selbst wenn ein Reich in der damaligen Zeit aus einer bestimmten Richtung unbedrängt war, muss das für den damaligen Herrscher - also in unserem Fall Alexander der Große - nicht unbedingt bekannt gewesen sein.

Man sollte wohl nicht vergessen, dass damals nicht einmal annähernd jene Möglichkeiten zur Verfügung stande, die heute als selbstverständlich verausgesetzt werden.

Die Möglichkeit bestand durchaus, dass in Entfernung von zwei, drei Tagesmärschen eine Armee bereit war, die über einen herfallen konnte.

Wusste Alexander also über die Schwäche der Perser?

Ich glaube nicht, er musste sie weiterhin für einen extrem gefährlichen Gegner halten.

Fritz
 
Vom Norden her wurde Makedonien von den Illyrern bedrängt. Schon Philipp II. unternahm Feldzüge in diese Richtung. Dies und die Vernichtung Thebens diente eher zur Aufrechterhaltung der Hegemonie über Europa um dort genügend Ruhe für den Feldzug in Asien zu haben.
Hab es gerade nochmal in einem historischen Atlas nachgeschlagen. Er hatte zwar Gebiete bis zur Donau erobert, aber nur im Deltagebiet und nicht auch die westlichen Teile des Balkans. Große Teile Illyriens kamen anscheind gar nicht unter makedonischer Herrschaft. War also doch nicht so weit ausgeholt wie ich dachte. Danke für den Hinweis
Ob Alexander größenwahnsinnig war wird man heute nur schwer einschätzen können. Vielleicht war er auch nur der erste Europäer der sich bewusst wurde welche Möglichkeiten sich außerhalb der eng gesteckten Grenzen der griechischen Welt der Póleis auftaten, wie Scorpio bereits erwähnte. Denn diese wurden durch ihn und den Diadochen faktisch in die Bedeutungslosigkeit geworfen.
Die Bewegung gegen die einzelnen Poleis zugunsten eines Terretorialstaates begann aber schon sein Vater, wobei ich aber nicht weiß ob er eine Konförderation im Auge hatte oder doch schon einen griechischen Staat, wie es (glaube ich) schon in Alexanders Absicht lag.
Selbst wenn ein Reich in der damaligen Zeit aus einer bestimmten Richtung unbedrängt war, muss das für den damaligen Herrscher - also in unserem Fall Alexander der Große - nicht unbedingt bekannt gewesen sein.
Ebensowenig kann er aber auch sicher sagen ob er bedrängt wurde und im zweifelsfalle wäre kein Krie führen billiger und ungefährlicher.
Dein Beispiel zu den 2 bis 3 Tagesmärschen kann ich gerade nicht in Bezug zu dem Rest setzen. Das erfodert gute Späher und keine Analyse der Nachbarreiche wie es nötig wäre um die Notwendigkeit eines Präventivkrieges abzuschätzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Seine Eroberungen haben allerdings sein Reich extrem überdehnt, dass einfach viel zu heterogen war, um sich dauerhaft von einer einzigen Person beherrschen lassen zu können.
Das ist der einzige Punkt, den ich etwas anders sehe.
Letztlich war das Alexanderreich nicht viel größer und heterogener als das Perserreich, daß ja sehr wohl über lange Zeit von jeweils einer Person beherrscht wurde.
Wenn es umgekehrt einem der Großkönige gelungen wäre, Makedonien und Griechenland zu erobern, hätte das m. E. nicht dazu geführt, daß das Reich dann unregierbar geworden wäre.

Man darf halt nicht vergessen, daß Alexander relativ jung gestorben ist und über die Eroberungsphase nicht hinausgekommen ist. Und hätte er einen akzeptierten und handlungsfähigen Nachfolger gehabt, wäre wohl auch nach diesem frühen Tod noch eine Konsolidierung möglich gewesen - bei aller Rivalität waren die Generäle anfangs durchaus noch bereit, an der Reichseinheit festzuhalten.

Und als es dann doch zu den Nachfolgekriegen kam, waren das rein innermakedonische Auseinandersetzungen, die Heterogenität der unterworfenen Völker war ziemlich unwichtig, die haben auch nie ernsthaft gegen ihre neuen makedonischen Herren aufbegehrt.

Deswegen halte ich auch bei allem Respekt vor Bleicken seinen Vergleich mit Augustus für unsachlich.
Wäre Augustus wie Alexander mit 33 gestorben, hätte er auch gerade erst seine Eroberungsphase hinter sich gebracht - und da war er noch in weiten Bereichen verhaßt, hatte keine Nachfolgeregelung und das römische Reich wäre wohl gleich weiter in Bürgerkriegen versunken.


Und hätte umgekehrt Alexander noch über 40 Jahre sein Reich regieren können, hätte er vielleicht einen ähnlichen Nachruhm als weiser Friedensherrscher wie Augustus.
 
Was Kleinasien, Ägypten und evtl. Mesopotamien angeht, bin ich bereit, dir beizupflichten. Alexander konnte dort an administrative Leistungen der Archämeniden und ihrer Vorgänger anknüpfen, und Mesopotamien war noch unter den Parthern ein Zentrum griechischer Kultur. Baktrien und das heutige Pakistan dagegen, hat bisher noch kein Eroberer dauerhaft beherrschen können, Alexander ebensowenig, wie die Briten, die Sowjets und Amerikaner.
 
Hallo,
wir haben mal in der Klasse abgestimmt, ob er den Titel "der Große" überhaupt verdient hat. 14 sagten ja, er hat, 15 sagten nein, hat er nicht.
Ich finde ja, er hat. Er war ein Choleriker, er hat viele Menschen umgebracht, er hat seine Soldaten gequält, aber das, was er in seinem kurzen Leben geschafft hat, ist bemerkenswert. Einfach unglaublich.
Er wird "Alexander der Große" bleiben.
Liebe Grüße und ein Lächeln,
Schnuppe :heart:
 
interessante Umfrage, liebe Schnuppe, was haben denn die gesagt, die meinten, er wäre kein "Großer"?

Übrigens, tolle Signatur. :)
 
Hallo,
wir haben mal in der Klasse abgestimmt, ob er den Titel "der Große" überhaupt verdient hat. 14 sagten ja, er hat, 15 sagten nein, hat er nicht.
Ich finde ja, er hat. Er war ein Choleriker, er hat viele Menschen umgebracht, er hat seine Soldaten gequält, aber das, was er in seinem kurzen Leben geschafft hat, ist bemerkenswert. Einfach unglaublich.
Er wird "Alexander der Große" bleiben.
Liebe Grüße und ein Lächeln,
Schnuppe :heart:


Unter den Größen der Geschichte wirst du selten Persönlichkeiten finden, die sonderlich sympathische Zeitgenossen waren, kaum jemand hat sich nicht die Finger schmutzig gemacht, und selbst Marc Aurel konnte sich in seinen Verteidigungskriegen wenig moralische Zimperlichkeiten leisten.

In Deutschland ist man skeptisch mit dem Begriff der historischen Größe, denn das Ganze riecht nach Personenkult.

Zu dem Thema gab es hier im Forum "Absolutismus und Aufklärung" schon einige gute Diskussionen mit vielen klugen Beiträgen. Zum Beispiel "verdient Peter I. den Beinamen der Große", Vergleich Friedrich II. mit Ludwig XIV., "Größter absolutistischer Monarch" etc.

Die Frage ist, ob Skrupellosigkeit und Justizmorde ein Kriterium sind, historischen Größen die Größe abzusprechen. Historische Leistungen sind aber unabhängig von moralischen Wertungen.

Mögliche Kriterien habe ich schon mal in einem anderen Thread genannt:

1. Politische und militärische Erfolge, 2. Hochrangige Gegner und Widerstände die beseitigt wurden, 3. Reformen und historische Nachwirkung, 4. Bauten, Kulturpolitik, Wissenschaft, Administration, 5. Nachfolgepolitik, 6. Wirtschaftspolitik
 
Passend zum Thema mal eine kurze Untersuchung zu Alexander:

From the Mediterranean to Universality?
The Myth of Alexander, Yesterday and Today


von FRANÇOIS DE POLIGNAC

Few myths have had as widespread a diffusion among different civilizations as the legend of Alexander the Great. From its beginning during Alexander’s lifetime, the myth aimed at illustrating special rights to universal sovereignty. For this very reason, it was of longlasting interest to various figures in Mediterranean history who, for political, ideological or religious motives, made claims to world-wide authority. But since Alexander had built his own image not as the hero of a conquering civilization, but as a universal figure mediating between various peoples, his myth could never be appropriated, and remains one of the transcultural bridges our time so dramatically needs.


http://www.tau.ac.il/humanities/cmc/mhr/141mhr01.pdf

Vielleicht helfen auch die darin zitierte Literatur dem einen oder anderen beim Vertiefen.
Ciao und LG.:winke:
 
Ich behaupte Ceasar ist größer als der "große" Alexander!!!
 
Mmmh....Was ist Größe bei einem Menschen . Es kommt doch wohl darauf an , von wem und wann er so genannt wurde.
Heute würde man sagen: Ghandi der Große . Mutter Theresa die Große.

Definiert man Größe nach Anzahl der getöteten Feinde oder der Anzahl geretteter Menschen?

Alexander ein Mörder? Aber natürlich !! Er hat ja seinen Lebensretter Krateros in einen Anfall von Wut getötet .

Ob er größenwahnsinnig war, glaube ich nicht . Er war nur sehr neugierig .
Der Kampf gegen Indien ist für mich nichts weiter als eine bewaffnete Expedition . Die in die Hose ging.

Der Kampf gegen Persien war notwendig . Den Feind im eigenen Land anzugreifen war ein Geniestreich .

Meine Meinung
 
Alexander ein Mörder? Aber natürlich !! Er hat ja seinen Lebensretter Krateros in einen Anfall von Wut getötet .

Das wäre eher Totschlag, im Suff. Alexander hatte seine Tat anschließend bereut.

Henricus Grotus schrieb:
Der Kampf gegen Indien ist für mich nichts weiter als eine bewaffnete Expedition . Die in die Hose ging.

Die Schlacht am Hydaspes wurde gewonnen, Poros unterwarf sich. Von einem Kampf gegen Indien kann man eigentlich gar nicht sprechen den Alexander hatte keine Ahnung was sich noch so hinter dem Dschungel des Indus verbarg. Alexander kehrte letztlich nach Babylon zurück weil sein Heer keine Lust mehr hatte weiter zu marschieren.
 
Ist er ein Morder, oder ein Held.
Fragen solcher Art sind deshalb schwer oder gar nicht zu beantworten, weil sie keine Tatsachen betreffen, sondern Bewertungen. Ich möchte mich da ein bisschen @jetfh anschließen.

"Mörder" klingt zwar nach einem sachlichen Begriff, weil heutzutage im Strafrecht definiert. Das aber hängt von der jeweiligen Kultur ab. Im archaischen Griechenland z.B. gab es den Begriff des Mordes überhaupt gar nicht: wenn jemand einen anderen umbrachte, war es vollkommen gleichgültig, ob das vorsätzlich geschah oder nicht. So eine Tat war in keinerlei Hinsicht anrüchig und nur die Familie (eigentlich: der oikos, d.h. die unmittelbaren Verwandten), später in Athen auch die Phratrie, hatte das Recht auf Sühne. Eine moralische Verurteilung eines Mörders gab es jedoch nicht, es war vielmehr der Ermordete, der dem Mörder Angst einflößte, weil er sogar als Leiche die Erinnyen für seine Zwecke einspannen konnte. Wie wenig ein Mord außerhalb der betroffenen Familien galt, zeigt das Beispiel des Sehers Theoklymenos in der Odyssee, der den Telemachos wegen eines Mordes um Asyl bittet und es erhält (Od.15, 271ff).

Genauso ist der Held ein wertgeladener Begriff, sogar noch stärker. Ursprünglich war der Heros nichts anderes als ein adliger Kämpfer meist (halb)göttlicher Herkunft, der auch vor Mord nicht zurückschreckt. Z.B. Herakles, der den Iphitos hinterrücks vom Fels herabschleudert. Oder in der Odyssee wird Dolon von den Helden Odysseus und Diomedes ermordet, nachdem sie ihm das Leben zugesichert haben. Ähnlich die Söhne des Aiakos, Peleus (Vater des Achill) und Telamon, die ihren Halbbruder Phokos aus Neid umbringen: alles verehrte Helden, die eben auch Mörder waren.

Ein Gríeche des -4.Jh., der noch an die "alten Werte" glaubte - und Alexander war glühender Homerverehrer -, hätte eine solche Frage also gar nicht verstanden.
 
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