Altona-Altena - Herkunft ohne ätiologische Legende?

El Quijote

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Bei oberflächlichen Recherchen zur Burg Altena in Schüttorf (Südwestniedersachsen) bin ich auf die Namenserklärung gestoßen, dass die Burg der Keimzelle Schüttorfs "nicht all te na lag" (Burg Altena (Schüttorf) ? Wikipedia, darin Verweis auf eine Publikation von 1994 (Funke)).
Über das fragwürdige nicht will ich jetzt gar nicht lange debattieren. Mir scheint schon der ganze Gedanke nicht ganz geheuer, dass hier ein sprechendes niederdeutsches allzu (allto/all te) drin steckt (allzu ist natürlich hochdeutsch). Zudem kommt der Name ja häufiger vor, also müsste man doch eine sinnvollere Lösung für diesen Namen finden.
Leider gibt der Wikipedia-Artikel Altona folgendes an:
Altona ist eine im westfälischen/nordelbischen/niederländischen Raum mehrfach vorkommende Ortsbezeichnung, die laut Paul Derks die Bedeutung All zu nah besitzt. Eine unmittelbar verwandte Form ist Altena.
Verwiesen wird auf ein Buch des Germanisten Derks von 2000. Plausibler wird die Herleitung dadurch aber nicht. Sicher, rein lautlich lässt sie sich rechtfertigen. Aber dass ein Ort, der ja in Varianten namentlich mehrfach vorkommt, immer wieder danach benannt worden sein soll, dass er (nicht) allzu nah gewesen sei, ist doch einigermaßen unglaubwürdig.
Das bekannteste Altona ist sicherlich das hamburgische. Auch der Wikipedia-Artikel hierzu (Hamburg-Altona-Altstadt ? Wikipedia) vertritt diese Behauptung:
Um 1535 wurde Altona als Fischersiedlung in der Grafschaft Holstein-Pinneberg gegründet. Der Legende zufolge soll die Keimzelle und Anlass für den Namen eine Rotbierkneipe des Fischers Joachim von Lohe gewesen sein, um die herum sich Handwerker und Fischer ansiedelten – jedoch nach Ansicht des Hamburger Rates all to nah („allzu nah“) an der Stadtgrenze. Als genaue Stelle wird der Geesthang zwischen dem späteren Nobistor und dem Altonaer Fischmarkt im Bereich der heutigen Straße Pepermölenbek vermutet.
Ob Derks seine Herleitung hierher genommen hat? Alles in allem klingt diese Geschichte doch ganz nach einer ätiologischen/aitiologischen Legende, deren Funktion es ist, eine Volks- oder Pseudoetymologie plausibel zu machen.

Es dürfte ziemlich sicher sein, dass all die Altonas und Altenas, sofern sie nicht sowieso von Siedlern mit Herkunft aus einem älteren Altona/Altena gegründet wurden, etymologisch dieselbe Herkunft haben. Aber welche?!
 
Dann müsste es aber auch Orte geben, die 'Zuweitweg' heißen, z. B. weil ihre Bewohner eigentlich lieber an einem schönen Ort in einiger Entfernung wohnen würden. Aber Dortmund und Gelsenkirchen, in einiger Entfernung von Bochum gelegen, heißen ja auch wie sie eben heißen.

Ein germanisches Pendant zum lateinischen Confluentes, welches es ja auch mehrfach gab, erscheint mir da sehr viel wahrscheinlicher:

Altenau ? Wikipedia


Auch Atteln und Etteln, meines Meinung nach auch Abwandlungen von Altenau, liegen an Einmündungen von Bächen in den Fluss Altenau.

Altenau (Alme) ? Wikipedia

Atteln ? Wikipedia

Etteln ? Wikipedia
 
Kurz ein paar Splitter von mir, die vielleicht weiterhelfen können.

Es gibt die hochdeutsche Variante Allzunah: Allzunah ? Wikipedia

Dann gibt es noch den Ort Alzenau, für dessen Namen es zwei Erklärungen gibt, das hier angesprochene "all zu nah" sowie "Erlenbach".

Udolph erklärt den von LEG XVII erwähnten Ortsnamen Altenau mit "Am alten Bach".
Ortsnamen - Übersicht für den Buchstaben A | NDR.de - NDR 1 Niedersachsen - Programm

Gefunden habe ich noch einen Ort Alzenbach, der von einem Gewässer Altebach durchflossen wird, sowie den Ortsnamen Altenach, der auch mit "alter Bach" erklärt wird.

Ortsnamensendungen auf -a und -ach können vom ahd. -aha = Fließgewässer stammen.
 
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Laut dem ndl. Wiki-Artikel Land van Altena - Wikipedia geht der Name über verschiedene Zwischenstufen auf Huoltena zurück. Das habe wahrscheinlich die Bedeutung "Holz-Wasser". Die Angaben sind also auch nicht sicher.

De naam Altena lijkt van topografische oorsprong te zijn. In een oorkonde uit 966 wordt gesproken over een hoeve in comitatu Testrebatensi super fluvio Huoltena, in het graafschap Teisterbant boven de rivier Huoltena,[1] met als betekenis waarschijnlijk Hout-water.[2] Vanaf 1198 vindt men de vormen Holtena, Outhena, Authena, Houtena, Hautenay, Houtenna, Outhana, Othenay, Althena en Altena. Of en hoe er een verband was met het graafschap Altena in Westfalen is niet duidelijk.[3]

Ob die anderen Orte mit der Bezeichnung Altona/Altena ebenfalls geographischen Bezeichnungen sind, ist damit natürlich nicht gesagt. Interessanterweise liegen sämtliche Orte (bis auf die australischen, kanandischen und amerikanischen A.) im niederdeutschen bzw. niederländischen Sprachraum.

EDIT:

Laut dieser Homepage hat sich der Name Altona/Altena von www.arnold-rump.de/namenforschung_mit_neuem_hintergrund_001.pdf von den Niederlanden her ausgebreitet:


Die schönen Sagen beiseite gelassen, könnten Niederländer sehr wohl ein Interesse gehabt haben, an diesem wichtigen Ort ihre Flagge mit dem
Namen Altena, aus dem später Altona wurde, besitzstandsfördernd zu hissen.
 
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All to nah ist von der Wortbildung her sehr zweifelhaft in der Übersetzung "All zu nah"

Nah ndtsch =nach, to= bei, zu , "von"

Al = alle ,-Personen-, oder al= schon
Gerade im Küstenniederdeutsch der späten Hanse voll daneben mit allzunah

Altenau Altona usw . liegen eigentlich immer an nem Bach oder Fluß, somit wäre Oldenau als Ursprung so verkehrt nicht. Das wäre "alte Aue/(Sumpf)Wiese"
 
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Erst mal danke ich für die diversen Splitter, insbesondere die hochdeutsche Variante von der zu nah gelegenen Glashütte ist kurios.

Was Atteln und Etteln angeht, so würden diese eine Metathese voraussetzen. Mich würden erst mal älteste überlieferte Namensformen von Atteln und Etteln interessieren, bevor ich sie als Variante zu Alto/ena zu akzeptieren bereit wäre.
Man muss ggf.(!) auch akzeptieren, dass -a = aha/aw in dem einen Fall tatsächlich Grundwort des Toponyms ist und in dem anderen nicht.

All to nah ist von der Wortbildung her sehr zweifelhaft in der Übersetzung "All zu nah"

Nah ndtsch =nach, to= bei, zu , "von"

Al = alle ,-Personen-, oder al= schon
Gerade im Küstenniederdeutsch der späten Hanse voll daneben mit allzunah

Wie gesagt, ich halte 'allzunah' als ÜS für Alto/ena für zweifelhaft. Dennoch wundern mich deine Ausführungen ein wenig. Ich zitiere daher mal einen alten Beitrag von mir aus einem anderen Thread:

Die Geschwister mienes Vaters haben diesem ein Buch über die Geschichte ihres Heimatdorf geschenkt. Darin tauchte dann auch ein Lehrer auf, der in den 20er bis 40er Jahren aktiv war. Als mein Vater zur Schule ging lebte der zwar noch, war aber schon pensioniert. Außerdem hatte er im Nachbardorf als Lehrer gewirkt, trotzdem konnte mein Vater einen Spottvers über ihn singen, so berüchtigt war dieser Lehrer:

XX mit dem Besenstiel,
hout de Kinder altöviel
altöviel is ungesund
XX is ne Sweinehund!

Für die Metriker unter uns: Der Name besteht aus zwei Silben.
Auf die Rechtschreibung kommt es hier nicht so an, ich habe nie gelernt niederdeutsch zu schreiben, es ist allein der Versuch, den niederdeutschen Dialekt, mit dem mein Vater als Kind aufgewachsen ist (er lernte Hochdeutsch erst mit der Einschulung, hat aber mit mir leider nie Platt gesprochen), einigermaßen adäquat wiederzugeben.
Also ob es altoviel, alteviel oder altöviel ist, wenn ich es mir recht überlege müsste ich es wohl mit einem Schwa darstellen, altəviel, ist relativ latte. Wichtig ist: Der betreffende Lehrer war ein gemeiner Hund, der die Kinder für kleinste Vergehen brutal verprügelt hat. Nicht die Prügelstrafe an sich wurde in diesem Spottvers kritisiert sondern die Unverhältnismäßigkeit. Altəviel, das war 'allzu viel' oder 'allzu sehr'.

Im Übrigen, das Adelsprädikat zu(m) gibt es auch im Hochdeutschen
 
All to veel , kann auch heißen, in diesem Kontext "alle zu viel", er schlug also nicht viel zu viel, sondern alle zu viel.
Das andere wäre veel to veel. Das kommt aber sehr auf die Region an. Es gibt große Vokabelunterschiede im den Niederdeutschen.
 
jau, gift wat ut de Armenkasse :)

Es könnte passieren, das ihm ein Elternteil am eigenen Körper die Wirkung seines Tuns demonstriert ..
 
Laut dem ndl. Wiki-Artikel Land van Altena - Wikipedia geht der Name über verschiedene Zwischenstufen auf Huoltena zurück. Das habe wahrscheinlich die Bedeutung "Holz-Wasser":

Derks in dem verlinkten Artikel -

Der Bericht von Paul Derks "Der Burgen-, Orts- und Flurname Altena und seine Verwandten" ist online verfügbar:

https://www.uni-due.de/imperia/md/content/elise/ausgabe_1_2000_derks.pdf

- nennt das h "unorganisch" (S. 45) i.e. nicht-etymologisch. Er verweist dabei auf eine Handschrift des Reinicke Voss, in der ein houd für alt vorkommt.
 
das schweizerische Altnau scheint nicht auf dieselbe Herkunft zurückzuführen zu sein, also handelt es sich um eine 'lokale Spezialität' (auch wenn der Begriff lokal hier relativ weit ausgedehnt ist).

Genau wie El Quichote vermute ich auch Volksetymologie, die man nachträglich zu rechtfertigen versucht. Alton (oder auch aldon) könnte die althochdeutsche Form für alten, alte sein (siehe dazu ein althochdeutsches Wörterbuch hier), ev. mit späterer Fortisierung.

Ich habe da noch einen interessanten Beitrag gefunden zum Thema:
http://www.freunde-der-burg-altena.de/images/stories/altena.pdf
 
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