Ist ein Unabhängigkeitskrieg nach der Definition dann nicht immer eine Revolution?
Durchaus nicht, denn ein Unabhängigkeitskrieg muss ja durchaus nicht mit dem Wunsch nach einer Änderung der sozialen Ordnung einhergehen und dafür liefert die US-Amerikanische Geschichte ja ein schönes Beispiel:
Als 1860 die Südstaaten ihre Unabhängigkeit von der Union erklärten taten sie das nicht um die vorhandene Sozialordnung oder das Regieerungs/Herrschaftssystem, im Besonderen mit Hinblick auf die Sklaverei umzustürzen, sondern um sie zu zementieren und gegen Veränderungen abzusichern.
Die Verfassung, die sich die Konföderierten Staaten gaben entsprach im Großen und Ganzen derjenigen der Verreinigten Staaten mit dem Unterschied der stärkeren gesetzlichen Absicherung der Sklaverei (obwohl die ja auch im Norden auf Bundesebene damals durchaus nicht verboten war).
Da würde mir der revolutionäre Charakter fehlen.
Für mich haftet dem Begriff an, dass es etwas in der Geschichte noch nicht, nicht in der Form oder nur selten gewesenes handeln muss, sonst wird es zu etwas Gewöhnlichen und eher ein üblicher Schritt in einer Evolution.
Das halte ich für unglücklich, weil letztendlich in der Geschichte jedes Ereignis singulär ist, wenn man es präzise betrachtet.
Großbritannien war nun sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes. Im Nachhinein war GB eine fremde Macht, nachdem man sich das Recht zur souveränen Selbstbestimmung erkämpft hatte wäre ein Eingreifen in innere Angelegenheiten seitens GB unrechtmäßig, ich denke der Begriff Revolution macht einen Unterschied ob man in vor oder nach der Unabhängigkeit betrachtet.
Großbritannien war auch vorher eine fremde Macht.
Die Vorstellung die 13 Kolonien wären vor dem Unabhängigkeitskrieg irgendwie Teil Großbritanniens gewesen, ist zwar populär immer wieder anzutreffen, sie ist aber nur bedingt richtig.
Die Gebiete, die die 13 Kolonien bildeten, waren mehr oder weniger alle in irgendeiner Form mit der englischen Krone verbandelt, aber nicht Teil Großbritanniens im engeren Sinne.
Insofern war ein Eingreifen etwa des Londoner Parlaments in die Belange der Kolonien bereits vorher ein Akt, dessen Legalität fraglich erscheinen musste.
Das wird eigentlich im Wahlspruch "no taxation without representation" durchaus deutlich.
Da die Kolonien formal kein Teil Großbritanniens bzw. Englands waren, war es für sich betrachtet durchaus folgerichtig, dass sie auch nicht im Londoner Parlament repräsentiert waren, musste aber zum Problem führen als von britischer Seite her versucht wurde, da Steuern zu erheben.
Denn erst dieser Schritt bedeutete, den Versuch mit der Trennung von Kolonien und Großbtiannien zum Nutzen des letzteren beliebig umzugehen, in der From, dass dies bedeutete die Kolonien inm Hinblick auf die politische Partizipation als Ausland, in steuerlicher Sicht aber als Inland zu behandeln.
Darüber regte man sich in den Kolonien auf.
Nur lautete die Forderung eben nicht einmütig auf "representation" sondern darauf entweder Repräsentation zuzugestehen oder Besteurung zu unterlassen.
Das war abstrakter gesprochen die Forderung an London sich dafür zu entscheiden die Kolonien entweder als Ausland (Bendigung der Versuche der Besteuerung) oder als Teil des Inlands (Repräsentationsrecht) zu definieren und anzuerkennen und dementsprechend die Kolonien entweder in ihrer losen Verbindung zu Großbritannien über die Verklammerung durch den Monarchen als gemeinsames Staatsoberhaupt zu erhalten oder sie als vollwertigen und gleichberechtigten Teil in das Vereinigte Königreich einzubeziehen.
Würdet ihr die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung als Revolution bezeichnen? Welche Aspekte einer Revolution sind eurer Meinung nach erfüllt? Ist es eine bestimmt Art von Revolution?
Ich würde Revolution erstmal mit folgendem einachen Satz definieren:
Eine Revolution ist ein starker qualitativer Umbruch im Gesellschafts- und Sozial- oder Regierungs-/Herrschaftsgefüge, der sich innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums vollzieht und ursächlich aus einem Zusammenbruch der vorherigen Strukturen herleitet.
Dieser Defintion folgend, kann eine Bewegung per se keine Revolution darstellen, sondern höchstens von ihr ausgelöste Ereignisse könnten eine Revolution darstellen.
Den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und die Ereignisse innerhalb und nach diesem, wird man als eine Revolution auffassen können.
Es entstand eine völlig neue Raumordnung, eine neue Verfassung, es wurde in den ehemaligen Kolonien die Instituion der Monarchie abgeschafft etc.
Da passierte einiges, was man durchaus "revolutionär" nennen kann.
Wenn die Frage darauf abzielt, ob man die Unabhängigeitsbewegung als revolutionär betrachten kann, in dem Sinne, dass sie per se revolutionäre Ziele gehabt hätte, wäre ich damit vorsichtig.
Insofern der Versuch Londons durch Besteuerung verstärkt in den Kolonien einzugreifen eine jüngere Erscheinung war, die im Zusammenhang mit den Kosten des Krieges gegen Frankreich stand, könnte man die Teile der Unabhängigkeitsbeewegung, die einfach nur von Großbritannnien unabhängig
bleiben wollten, mit der Monarchie und dem englischen König als Monarchen aber kein Problem hatten, durchaus auch als konservativ bezeichnen, weil es bisher geübte Praxis war, dass es keine oder kaum Besteuerung und kaum reglementierende Versuche aus London gab, so dass man durchaus auch argumentieren könnte, dass das eigentlich ursprünglich Revolutionäre, dass die Situation wie sie vorher war, zu verändern suchte, nicht von den USA, sondern von London ausging.
Dieses Modell wirst du so in der Rezeption eher nicht finden, man könnte aber sicherlich so argumentieren.
Sofern wir von teilen der Unabhängigkeitsbewegung sprechen, die vor allem mit der Institution der Monarchie zunehmend ein Problem hatten, kann man ihr nach meinem dafürhalten durchaus revolutionären Charakter zubilligen, auch hinsichtlich des Ansinnens die Grenzen der bisherigen Kolonien aufzuheben aufzuhebn/aufzuweichen und darauf einen gemeinsamen Staat zu gründen.
So gesehen war bereits die Schaffung des Kontinentalkongresses und anderer gemeinsamer Institutionen wie der "Continental Army" eine revolutionäre Tat, basierend auf revolutionären Ideen.