Anfänge der Sklaverei - Quellen gesucht

Frechdachs_

Neues Mitglied
hallo, ich informiere mich gerade ein bisschen über die anfänge der sklaverei im 15. Jhd, als die portugiesen begannen schwarzafrikaner und berber zuerst nach europa und dann im 16. Jhd schließlich auch in die amerikanischen kolonien zu deportieren.
mir stehen dazu das buch "Roll, Jordan, Roll. The World the Slaves Made" und die üblichen internet-quellen zur verfügung.
ich wollte euch fragen, ob ihr noch gute quellen für mich kennt, wenn möglich aus dem internet, da das buch auf englisch geschrieben ist und ich in nächster zeit keine zeit für ein zweites buch von ähnlichem umfang haben werde.
 
Hi,

diese Fragestellung wird wohl nicht mehr aktuell sein, aber für jene, die sich für die Geschichte und die Motive der Sklaverei interessieren, hier zwei Buchtipps:

The Making of New World Slavery. From the Baroque to the Modern, 1492-1800, Robin Blackburn

oder ein Überblickswerk (von den frühesten Formen zu den aktuellen Abhängigkeitsverhältnissen, die der Sklaverei ähneln) in deutscher Sprache:

Die Geschichte der Sklaverei: Christian Delacampagne.
 
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Die Geschichte der Sklaverei sollte nicht ohne die Barbaresken und Ottomanen betrachtet werden, die gerade in Afrika als späteren "Sklavenpool" bereits sehr effiziente Markststrukturen für den später so extremen europäischen Sklavenhandel geschaffen haben. Zur Unterscheidung: Ottomanen meint jetzt ganz allgemein Ottomanisches Reich, Barbaresken sind die nordafrikanischen Piraten-Stadtstaaten im Mittelmeer. Sie gehörten nominell auch zum Ottomanischen Reich, waren aber gerade in ihrer Blütezeit ziemlich unabhängig.

Klassischerweise werden die Barbaresken mit Sklavenhandel assoziiert, und zwar werden sie speziell mit der Versklavung weißer Europäer in Verbindung gebracht (Paul Baepler hat einen guten Artikel zum "Barbary Captivity Narrative" geschrieben und auch eine Primärquellensammlung namens "White Slaves, Black Masters" rausgebracht).

Die Ottomanen allgemeiner waren aber auch sehr stark im subsaharischen Afrika unterwegs und haben da Sklaven geraubt, gekauft usw, vor allem im Sudan. Scheinbar ist zu diesem Thema gerade letztes Jahr ein Buch rausgekommen, das ich nicht gelesen habe und für das ich daher nicht sprechen kann, aber hier sind zumindest ein paar kurze Notizen dazu.
 
Die Ottomanen allgemeiner waren aber auch sehr stark im subsaharischen Afrika unterwegs und haben da Sklaven geraubt, gekauft usw, vor allem im Sudan. Scheinbar ist zu diesem Thema gerade letztes Jahr ein Buch rausgekommen, das ich nicht gelesen habe und für das ich daher nicht sprechen kann, aber hier sind zumindest ein paar kurze Notizen dazu.


Direkt engagiert haben sich die Osmanen dort m.W. nach nicht, sondern die alten arabischen Handelsrouten waren nach wie vor intakt und belieferten fleissig mit neuer Ware. Deswegen war es auch gar nicht nötig.

Und wie du bereits vorher gesagt hast, waren die Barbaresken ebenfalls zuverlässige Partner. Die Osmanen mussten meistens nur mehr kaufen, und nicht selber auf die Jagd gehen.

Besonders benötigt wurden Arbeitskräfte im Gebiet der heutigen Südtürkei, wo Baumwollplantagen existierten (z.B. Cukurova - Region nahe der Stadt Adana). Nennenswerte afrotürkische Gemeinden gibt es auch in der Westtürkei, wobei ich allerdings nicht weiss, ob diese später dorthin migrierten oder aber verschleppt wurden, um in den riesigen Olivenhainen der Westküste zu arbeiten. Letzteres sehe ich als unwahrscheinlich, da die Region von griechischer bäuerlicher Bevölkerung bewohnt war und sich diese - aufgrund des sozialen Standes - Sklaven wohl weniger geleistet haben können.
 
Die Geschichte der Sklaverei sollte nicht ohne die Barbaresken und Ottomanen betrachtet werden, die gerade in Afrika als späteren "Sklavenpool" bereits sehr effiziente Markststrukturen für den später so extremen europäischen Sklavenhandel geschaffen haben.
Ich habe bis jetzt keinen Hinweis darauf gefunden, dass die Europäer für den Atlantik-Handel auf solche Machtstrukturen zurückgriffen.

Von Sansibar aus wurde afrikanische Sklaven über den Indischen Ozean nach Arabien, die Türkei usw. verschleppt.
Die Berber bezogen ihre Sklaven über den Landweg der Sahara aus dem Inneren Afrikas.
Die Portugiesen und die andere europäischen Sklavenhändler erwarben ihre Sklaven an der westafrikanischen Küste. Auf dieses Gebiet hatte weder das Osmanische Reich noch die Berber-Staaten Nordafrikas Zugriff, keine Machtstrukturen und keinen Einfluss.
Die Portugiesen und die anderen europäischen Nationen kauften ihre Sklaven jedoch nicht in Sansibar, Timbuktu, im Sudan oder gar im Kaukasus.
Es gab praktisch keine Überschneidung ziwschen abend- und morgenländischen Sklavenhandel.

Die Ursprünge der neuzeitlichen Sklaverei liegen meines Erachtens klar in der Reconquista der iberischen Halbinsel, nämlih in der Verschleppung von Versklavung von Juden und Muslimen ebendort im Süden Europas.
Der Überschneidungspunkt findet sich in der frühen portugiesischen Besitzung São Tomé vor der westafrikanischen Küste. Zuerst verschleppten die Portugiesen jüdischen Kinder sowie Sträflinge und andere unerwünschte Bevölkerung aus Portugal auf die ferne Insel, kurze Zeit importierten sie auch Sklaven vom afrikanischen Festland als Arbeitskräfte für den Zuckerrohranbau.
Nach der Entdeckung Amerikas stieg die Insel zum Zentrum des portugiesischen Sklavenhandels aus, ohne Zutun der Berber und Araber.
 
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Direkt engagiert haben sich die Osmanen dort m.W. nach nicht, sondern die alten arabischen Handelsrouten waren nach wie vor intakt und belieferten fleissig mit neuer Ware. Deswegen war es auch gar nicht nötig.

Gut, dann präzisiere ich mich. Es ging mir tatsächlich eher darum, dass die Ottomanen Zentrum eines Systems waren, dass bis in den Sudan hinein Verästelungen hatte (oder, wie ich es oben formuliere: effiziente Marktstrukturen, nicht Eroberungs-Strukturen).

Die Europäer haben ja später auch nicht unbedingt bis tief nach Afrika hinein Sklavenrouten gehabt, sondern haben durch Nachfrage dafür gesorgt, dass diese Sklavenrouten (mit allen Implikationen von Raub usw) entstanden und sich zu festen Institutionen etablierten - oder dass sich, wie du richtig herausstellst, alte Handelsrouten entsprechend beleben oder umorientieren.

Betreffs der Ursprungsfrage fällt mir übrigens noch ein, dass es gar keine dumme Idee wäre, den absoluten Klassiker zum Thema zu lesen, nämlich The Suppression of the African Slave Trade von W.E.B. du Bois, den es geilerweise hier vollständig im Internet gibt.
 
Ich habe bis jetzt keinen Hinweis darauf gefunden, dass die Europäer für den Atlantik-Handel auf solche Machtstrukturen zurückgriffen.

Nein, da hast du wohl recht. Man könnte maximal spekulieren, dass in den extremsten Verästelungen entsprechender Handelsstrukturen mal von irgendeinem Zulieferer was wiederbelebt wurde. In dem duBois-Text, den ich oben verlinkt habe (ich scheine da gerade parallel zu dir geantwortet zu haben, so dass ich deine Antwort noch gar nicht gesehen hatte) wird erwähnt, dass der europäische Zuliefererstrom da wohl extrem weit ging, so dass es theoretisch wohl möglich wäre. Allerdings habe ich dazu keine belastbaren Quellen, und ich denke auch nicht, dass das strukturell eine besonders große Rolle spielen würde.

Ich fand es nur wichtig für den Kontext so einer Frage, sich zumindest bewusst zu machen, dass der Sklavenhandel in Afrika eine Geschichte hat, die vor den Europäern bereits stattfindet. Die Europäer waren sich ja durchaus bewusst, was die Ottomanen da gemacht haben; immerhin waren die O. für eine ganze Weile das Zentrum der Welt. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass es weniger handelsroutenmäßig als philosophisch einige Einflüsse auf Europa gab.

So einfach mal :w00t1: umständlich ums Eck gedacht.
 
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