Anti-Locarno Plakat der DNVP 1928

granü

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Brauche dringend eure Meinung zu diesem Plakat der Deutschnationalen Volkspartei aus der Weimarer Republik!
Dass die DNVP gegen Locarno war (meines Wissens besonders wegen der Gebietsverluste - "Erfüllungspolitik"), ist zwar klar, aber welche Gründe nennt dieses Plakat? Wen oder was stellen die Figur und die Landschaft dar und wo ist der Bezug zu den Locarno-Veträgen?

Die Quellseite sagt dazu "Locarno? Wähl deutschnational! es versucht die DNVP demagogisch das Schreckensgespenst maroccanischer Rassenschändung an die Wand zu malen;", aber auch das hilft mir nicht weiter...

Ich muss das Bild in meine Abitur-Präsentation in Geschichte einarbeiten, aber kann es nicht richtig interpretieren. Brauche dringend Hilfe!

http://www.antiquaimages.de/demos/Politische_Plakate/target53.html
 

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Es wird ganz klar Frankreich angesprochen. Die dargestellte Landschaft ist der Rhein oder die Mosel (breiter Fluß, Hügellandschaften mit Wein und Schlössern/Burgen), Marokko ist französische (und spanische, aber das ist hier unwichtig) Kolonie.
 
El Quijote schrieb:
Die dargestellte Landschaft ist der Rhein oder die Mosel (breiter Fluß, Hügellandschaften mit Wein und Schlössern/Burgen), ...

gleiche Meinung:
Zumindest ein ikonografisch "vergleichbares" Bild habe ich gefunden. (Und da Du einem Plakat nachforscht, kann das kaum die falsche Denkschiene sein.) Eine Darstellung von Loreley, Burg Katz und Rhein. Zu bemerken die weiteren Elemente Dorf mit Kirche im Tal, Frachtschiff und Weinrebenbau im Vordergrund/Hang. Zumindest könnte das die "Chiffre" für deutscher Mittelrhein darstellen?! (noch weitere Bilder: http://www.loreley.de/astudin/)

Herzlicher Gruß, Martin
 

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Die Figur stellt ganz klar einen farbigen Kolonialsoldaten der Franzosen dar.

Die "Angst vor dem schwarzen Mann" war während des 1. Weltkrieges und danach ein beliebtes Propagandamittel. Es gab in Buch und Presse zahlreiche "wahrheitsgetreue Berichte" über den Einsatz von "zähnefletschenden Senegalnegern" und "Menschenfressern", die deutsche Soldaten abschlachteten und verspeisten.

Nachdem Gebiete des Deutschen Reiches nach Kriegsende von Frankreich besetzt waren, wurden - zum Teil absichtlich - Farbige hierfür verwendet. Dies wurde als Schmach angesehen (übrigens auch von den Franzosen - deshalb das Wort "absichtlich"). Berichte von Vergewaltigungen durch sie verbreiteten sich rasch im Reich.

Wer also - selbst 10 Jahre nach Kriegsende - mit der "Negergefahr" drohte, war sich somit der Aufmerksamkeit und Zustimmung der Deutschen sicher. Und nicht nur der rechtsgerichteten...

Der Fluss ist - wie schon bemerkt - der Rhein. Er war die Grenze der frz. Besetzung, bzw. dort lagen die rechtsrheinischen Brückenköpfe der Alliierten. (Hierzu sind, z.B. bei wiki, mehr Details nachzulesen, ich erspare mir deshalb weitere Ausführungen.)

Grüße,

Jacobum
 
Jacobum schrieb:
Die Figur stellt ganz klar einen farbigen Kolonialsoldaten der Franzosen dar.

Die "Angst vor dem schwarzen Mann" war während des 1. Weltkrieges und danach ein beliebtes Propagandamittel. Es gab in Buch und Presse zahlreiche "wahrheitsgetreue Berichte" über den Einsatz von "zähnefletschenden Senegalnegern" und "Menschenfressern", die deutsche Soldaten abschlachteten und verspeisten.

Nachdem Gebiete des Deutschen Reiches nach Kriegsende von Frankreich besetzt waren, wurden - zum Teil absichtlich - Farbige hierfür verwendet. Dies wurde als Schmach angesehen (übrigens auch von den Franzosen - deshalb das Wort "absichtlich"). Berichte von Vergewaltigungen durch sie verbreiteten sich rasch im Reich.

Wer also - selbst 10 Jahre nach Kriegsende - mit der "Negergefahr" drohte, war sich somit der Aufmerksamkeit und Zustimmung der Deutschen sicher. Und nicht nur der rechtsgerichteten...

Ganz richtig. Nachdem es Jahrzehntelang zwischen den Kolonialmächten als undenkbar und unbedingt zu vermeiden galt, daß Weiße auf Weiße vor Schwarzen schießen, entsetzte der Einsatz schwarzer Kolonialsoldaten auf französischer Seite in Europa. Um das ideologische Bild der Überlegenheit der Weißen zu untermauern, war es nicht nur unmöglich Schwarze als Vorgesetzte von Weißen einzusetzen, sondern auch schwarze Soldaten auf Weiße schiessen zu lassen. Dieses "Tabu" brach im ersten Weltkrieg.
Übrigens ein Propagandamittel, das nicht nur Deutsche einsetzten. Es gibt auch dieses Photo eines schwarzen deutschen Soldaten, der gefangen genommen wurde. Bildunterschrift: "Chemin des Dames 1917,französisches Foto eines gefangenene "negre boche". Da es in der deutschen Armee (ausserhalb der Kolonien) nur eine Handvoll schwarzer Soldaten gab, ist umstritten, ob dies ein manipuliertes Foto ist. Der Name des Soldaten war bisher nicht zu ermitteln, obwohl es nur so wenige schwarze, deutsche Soldaten gab.
 

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Arne schrieb:
Ganz richtig. Nachdem es Jahrzehntelang zwischen den Kolonialmächten als undenkbar und unbedingt zu vermeiden galt, daß Weiße auf Weiße vor Schwarzen schießen, entsetzte der Einsatz schwarzer Kolonialsoldaten auf französischer Seite in Europa. Um das ideologische Bild der Überlegenheit der Weißen zu untermauern, war es nicht nur unmöglich Schwarze als Vorgesetzte von Weißen einzusetzen, sondern auch schwarze Soldaten auf Weiße schiessen zu lassen. Dieses "Tabu" brach im ersten Weltkrieg.

Das sind doch Auffassungen, die in Deutschland auch heute noch anzutreffen sind. Ich erinnere nur an den Angriff auf einen Deutschäthioper in Potsdam.:motz:
 
granü schrieb:
....und wo ist der Bezug zu den Locarno-Veträgen?


Im dt. Reich wurden die Locarno-Verträge zunächst von weiten Teilen d. Bevölkerung abgelehnt. Vorallem die nationale Rechte (DNVP, NSDAP ) sah i.d. Vertragswerk eine Fortsetzung des Versailler "Schandvertrages". Sie sprachen erneut von
Verrat an d. Interessen Deutschlands und von "ehrloser Erfüllungspolitik" , da Stresemann endgültig auf Elsaß-Lothringen , indirekt sogar auf die Ostgebiete verzichtet habe.

p.s. Das Ergebnis d. Reichstagswahl v. 20.5.1928 war speziell für die DNVP
ein Debakel ; man verlor 30 Abgeordnete im Reichstag, die NSDAP blieb mit
12 Abgeordneten weiter bedeutungslos.
Als Folge des Debakels der DNVP, die vorallem große Teile der politisierten Bauernschaft rekrutierte, ging man unter Führung A. Hugenbergs wieder auf totalen Oppositions-und Konfrontationskurs gegen Republik und Parlamentarismus.

Ergebnisse der Reichstagswahl vom 20.5.1928 im Unterschied zu 1924 :

http://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl
 
heinz schrieb:
Das sind doch Auffassungen, die in Deutschland auch heute noch anzutreffen sind. Ich erinnere nur an den Angriff auf einen Deutschäthioper in Potsdam.:motz:


... und weil das Thema "Deutsche und Schwarze" anscheinend Stoff für mehrere Überlegungen gibt, möchte ich es von diesem Thema abkoppeln und habe deshalb ein eigenes Thema hierzu gestartet.

Grüße,
Jacobum
 
Wow, ist mir ja schon etwas peinlich nicht wenigstens den Rhein erkannt zu haben... :rotwerd:
Aber vorallem hunderttausendmillionen Dank! Ihr habt mir wirklich super geholfen!!!
mfG, granü
 
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