Antibolschewistenfonds der deutschen Unternehmerschaft

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HI ich wollte wissen was damit finanziert worden ist. Und bis wann hatte der Fond bestand? Gab es ähnliches in anderen Ländern?
-Und gibt es soetwas heute noch ? -(vorsicht aktueller Bezug)

LG
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Der Wiki-Artikel ist etwas knapp gehalten.

Stadtler (Zentrum, Sekretär der Windhorstbünde) kam aus Moskau als militanter "Antibolschewist" nach Berlin. Dort agierte er nach eigenen Worten als "Aufklärer" über die "Gefahren für das Abendland".

Bei dem Treffen am 10.1.1919 waren die von Wiki genannten Teilnehmer anwesend. Der Fonds wurde im Anschluß an den Vortrag gebildet, es entfielen (nach den Quellen):

- 10 Mio. auf die Großbanken
- 10 Mio. auf die Rheinisch-Westfälische Industrie
- 5 Mio. auf die Berliner Industrie

Die Verwaltung lag in den Händen von Geheimrat Kempner und des Direktors der russischen Abteilung in der Fa. Hugo Stinnes, Karl Fehrmann.
Franz Kempner ? Wikipedia (vermutlich Franz Kempner)

Zweckbestimmung der Gelder (im Wiki-Artikel ist unüberprüft die Selbstdarstellung Stadtlers abgedruckt):
Aufrechterhaltung der Ordnung, Überwachung der "bolschewistischen Propaganda", Unterstützung der Freiwilligenverbände im Osten.

Die Summe von 500 Mio. wird nur von Stadtler genannt, durch die weiteren Quellen aber nicht bestätigt.

Außerdem gab es einige Tage danach einen zweiten Vortrag in Düsseldorf, an dem neben Stinnes und Vögler auch August Thyssen, Emil Kirdorf, Paul Reusch, Fritz Springorum und weitere Industrielle anwesend waren. Stinnes und Fehrmann bemühten sich etwa zwei Monate um die Unterstützung bis zum März 1919, als Stadtler Pläne von sich gab zur "Errichtung eines nationalen deutschen Sozialismus", inkl. Sozialisierung und Errichtung von Wirtschaftsgemeinschaften (da lag den Industriellen wohl etwas nahe an der Enteignung).

(Peter Wulf, Hugo Stinnes - Wirtschaft und Politik 1918-1924, Kieler Historische Studien 28).
 
Antibolschewistenfonds und heute

HI ich wollte wissen was damit finanziert worden ist.

Stadtler war damals ein maßgeblicher Agitator in Sachen Antibolschewismus, anforderster Front und auch mit bestem Unternehmer und Regierungskontakten - er muß es also wissen. Sein Buch basiert ganz offenbar auf Tagebüchern und Briefen die er an seine Frau damals schrieb und ist zeitlich und inhaltlich super genau. Was damit finanziert wurde beschreibt er so: Zitat:

"Die „historische" Summe ward auch am gleichen Tage bewilligt. Das Umlageverfahren festgelegt. Die Gelder wurden auf dem Wege einer freiwilligen Selbstbesteuerung durch die Industrie-, Handels- und Bankorganisationen auf die gesamten deutschen Unternehmungen umgelegt ....

Der sogenannte „Antibolschewistenfonds" floß nun durch alle möglichen Kanäle in die Anfang Januar 1919 einsetzende gewaltige antibolschewistische Bewegung: „Generalsekretariat zum Studium und zur Bekämpfung des Bolschewismus", „Antibolschewistische Liga", „Vereinigung zur Bekämpfung des Bolschewismus", „Bürgerratsbewegung", „Werbebüros für die Freikorps", „Selbstschutzorganisationen", „Studentenarbeitsstellen". Bis in die Kassen der aktiven Truppen, ja bis in die Kassen der sozialdemokratischen Partei hinein! ...

Es kann jedenfalls kein Zweifel darüber bestehen, daß die Gründung jenes Fonds mit die entscheidende antibolschewistische Tat jener wild bewegten Revolutionszeit gewesen ist."

Aus:
Eduard Stadtler: Als Antibolschewist 1918/19 (Lebenserinnerungen Bd.3), Düsseldorf 1935, S.178 ff."


Aus anderen Quellen ist bekannt dass z.B. Hauptmann Waldemar Pabst, der Mörder von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht bereits vorher schon ein paar Zehntausend RM von einem Stinnes -Mann (Minoux) bekommen haben sollen. Große Teile der Soldaten waren ja Revolutionäre zu der Zeit, aber es war in der Nachkriegsarmut - wo ja Hunger herrschte - ein Leichtes mit wenig Geld politisch und moralisch "geeignete" Soldaten zusammenzukaufen und unter dem Schutz der SPD-regerung morden zu lassen. Stadtler beschreibt auch wie er bei (Blut-) NOSKE und Pabst war, um beide vom Gewalteinsatz zu überzeugen. Wenige Tage nach seinem vom Deutsche Bank-Chef organisierten Vortrag "Bolschewismus als Weltgefahr" von den 50 TOP-Unternehmensvertretern die den Antibolschewistenfonds dort beschlossen.

Der Hugenberg-Medienkonzern wurde ja bereits 1918 mit 30 Mio.RM durch Ruhrindustrielle gegründet um nationalistische Propaganda voranzubringen. Die anfangs noch breite NAtionalsimus-Propagierung war später die Propagandamaschine von Hitler. Chef war der ehemalige KRUPP-direktor Hugenberg, ebensfalls DNVB- Deutsch-Nationale-"Volks"-Partei- Abgeordneter wie Stadtler. Er wurde auch Minister in der Hitlerregierung. Also es gab auf der einen Seite die Verbreitung der "Dolchstoßlegende", von Horrorstories und Mordaufrufe gegenüber Revolutionären und Sozialisten, also Propaganda und zweitens die Finanzierung der Militärmaschine mit Teilen der Armee und den "Freikorps" genannten privaten-Mörderbanden mit denen Sie die Räterepubliken wie den revolutionären Freistaat Bayern und in gut 50 der größten Städte in Deutschland auf brutalste Weise auslöschten. Erst als sie in München eine ganze Gruppe katholischer Jungmänner umgebracht hatten, die sie als Links verdächtigt haben, hat man sie zurückgehalten.


Und bis wann hatte der Fond bestand?
Sorry - ist mir unbekannt. Ich vermute aber dass die anfänglichen großen Summen kleiner wurden, als man die Lage wieder im Griff hatte. Hitler hat vermutlich über Röhm, mit als maßgeblicher Akteur der Zerschlagung der bayerischen Räterepublik, der schon Ende 1919 Zugriff auf Armee-Gelder hatte Geld bekommen, denn Hitler hat die erste Geschäftsstelle der DAP angemietet (mit welchem Geld?) . Beide traten bei in diese vom bayerischen Arbeitgeberpräsidenten initierte Partei ein, die schon im Frühjahr 1920 in NS-DAP umbenannt wurde. Nationalismus und Sozialismus war damals populär, außerdem konnte man nur so den Sozialisten Leute abzwacken. Und selbst Hugo Stinnes der maßgebliche Unternehmerkopf sah, dass man mit der DNVP nicht weiterkommt, sonder angeblich "echte" Arbeiterparteien braucht um den Staat zu kontrollieren. Er wollte einen "Sozialismus mit seinen Arbeitern" machen - was natürlich nicht Verstaatlichung, Demokratie sondern Anti-Sozialismus bedeutete. Andere Unternehmer mochten aber das Wort Sozialismus auch bei der NSDAP nicht. Erst als Hitler auf dem Düsseldorfer Unternehmertreff versprach die Sozialisten und Gewerkschaften zu zerschlagen floß wieder Geld.

Quelle hat den folgenden Text leider wieder gelöscht oder verschoben:
www.geschichtswerkstatt-duesseldorf.de/spenden_text.htm

Industrie-Club - Mit Rüstungsprogramm und Spenden an die Macht:
(Düsseldorf) Innenstadt, Steigenberger Parkhotel, Elberfelder Strasse 9:

Hier im "Industrie-Club" gewann Hitler am 26.01.1932 die Wirtschaftsführer des Reiches mit seiner Rede.
Er versprach, ihre Profite zu steigern, indem er die Arbeiterbewegung zerschlagen und wieder aufrüsten werde.

Die einflußreichen Zuhörer klatschten, jubelten und spendeten anschließend Geld. Der drohende finanzielle Ruin der NSDAP war abgewendet.
Die Industriekapitäne schlugen Hitler trotz seiner immensen Wahlstimmenverluste dem Reichspräsidenten von Hindenburg zum Regierungschef vor.
Der ehemalige kaiserliche Feldmarschall entsprach der Bitte Friedrich Flicks und 140 namhafter Industrieller am 30.01.1933.

Dann natürlich noch: Die Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft, eine jährliche Spende der deutschen Betriebe an die NSDAP in Höhe von 5 Promille der Lohn- und Gehaltssumme des vorangegangenen Jahres ab 1933.

Mehr hier: Außenpolitikforum - Diskussionen rund ums Weltgeschehen - Internationale Politik & Deutsche Politik

Gab es ähnliches in anderen Ländern?

Na klar - die erfolgreiche russische Revolution 1917 strahlte auf ganz Europa bzw. die Welt aus. In Italien und Spanien haben sie auch Faschisten eiinsetzen müssen um gegenzusteuern. Die spanische Republik wurde sogar mit Hitlers Hilfe (Legion Kondor) zugunsten des faschistischen Diktators General Franco herbeigebombt. und die spanischen Revolutionäre wurden von sog. internationalen Brigaden, also Europäern aus allen möglichen Ländern unterstützt.


***MOD: tagespolitschen Bezug gemäß Forenregeln gelöscht ***
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Stadtler war damals ein maßgeblicher Agitator in Sachen Antibolschewismus, anforderster Front und auch mit bestem Unternehmer und Regierungskontakten - er muß es also wissen. Sein Buch basiert ganz offenbar auf Tagebüchern und Briefen die er an seine Frau damals schrieb und ist zeitlich und inhaltlich super genau. Was damit finanziert wurde beschreibt er so:

Notwendig ist hier eine Quellenkritik.

Stadtlers Memoiren sind bekannt. Es ist ist nun die Frage, was davon zutreffend ist.

Da weitere zeitgenössische Quellen existieren, anhand derer die "Version" von Stadtler überprüfbar ist, kommt jedenfalls die zitierte Untersuchung zu dem Schluß, dass die von Stadtler genannten Beträge 20-fach übertrieben sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
1971-73 wurde von Deutsches Industrieinstitut im Auftrag der Landesvereinigung der industriellen Arbeitgeberverbände Nordrhein-Westfalens e.V. die Schriftenreihe Die neue Linke herausgegeben. Mit Titeln wie Linksradikale Gruppen: Wer ist wer? oder Wie sie vorgehen: Die Strategie sollte in ca. 20 Heften zu acht Seiten Ideologie, Methodik und Taktik linksorientierter Gruppen dargestellt werden um Hilfe in Diskussionen zu bekommen.
 

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