Antisemitismus im Kaiserreich

Rebellution

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Hallo,
es ist mir durchaus bekannt, dass Rassetheorien im Kaiserreich salonfähig waren, aber wie war das mit Antisemitismus, besonders im Großbürgertum?
In den 1890er Jahren holte eine offen antisemitistische Partei bei den Reichtstagswahlen immerhin 2,9%..
 
In den 1890er Jahren holte eine offen antisemitistische Partei bei den Reichtstagswahlen immerhin 2,9%..
Liegt daran, dass die Regierung insbesondere nach Bismarck zu wenig dagegen getan hat.
Mit dem erstarken der SPD nahm aber auch der Antisemitismus ab, wenn man nach den Wahlergebnissen geht.

Man muss aber deutlich sagen, dass dieser Antisemitismus weit von dem was Jahre später geschah entfernt war.
 
Liegt daran, dass die Regierung insbesondere nach Bismarck zu wenig dagegen getan hat.
Mit dem erstarken der SPD nahm aber auch der Antisemitismus ab, wenn man nach den Wahlergebnissen geht.

Man muss aber deutlich sagen, dass dieser Antisemitismus weit von dem was Jahre später geschah entfernt war.

Hmm.. es gibt aber auch deutsche Literatur dieser Zeit, in der mehr oder weniger offen von einem "ausmerzen" der Juden gesprochen wird.
 
Hmm.. es gibt aber auch deutsche Literatur dieser Zeit, in der mehr oder weniger offen von einem "ausmerzen" der Juden gesprochen wird.

Den Begriff Antisemitismus wurde 1879 von Wilhelm Marr geprägt.
Davor gab es diesen Begriff so nicht. Was nicht bedeutet, dass es zuvor keine Judenfeindschaft gab.

Ich empfehle dir folgendes Buch zu lesen:

Werner Bergmann. Geschichte des Antisemitismus. Beck Wissen. und wenn dich das Kaiserreich interessiert die Seiten 40 - 51.

http://books.google.ch/books?id=jkv...#v=onepage&q=Das deutsche Kaiserreich&f=false

Was man aber nicht vergessen darf, nicht nur im Kaiserreich gab es Antisemitismus sondern in ganz Europa. Es empfiehlt sich den gesamten Kontext zu betrachten, denn ab 1873 wurden im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise eine grosse Anzahl von antisemitischen Schriften in den Umlauf gebracht, nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa.

Ich gehe davon aus, dass du solch Literatur meinst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was man aber nicht vergessen darf, nicht nur im Kaiserreich gab es Antisemitismus sondern in ganz Europa. Es empfiehlt sich den gesamten Kontext zu betrachten, denn ab 1873 wurden im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise eine grosse Anzahl von antisemitischen Schriften in den Umlauf gebracht, nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa.

Ich gehe davon aus, dass du solch Literatur meinst.

Ja, solche meinte ich. Um genau zu sein, habe ich momentan eine (mehrtägige) Diskussion mit einem Bekannten, bei der es um ebendiese Frage geht.
Er kann genau so ein Rechthaber sein, wie ich :D
Danke für den Literaturtipp, werde ich mal suchen! :fs:
 
Der Hinweis auf den europäischen Charakter des Antisemitismus ist berechtigt. Es gab die Dreyfus-Affäre in Frankreich und gewalttätige Pogrome in Rußland. In Österreich war die antisemitische Alldeutsche Vereinigung des Georg von Schönerer erfolgreich.

Im Deutschen Reich war der Antisemitismus besonders erfolgreich im akademischen Milieu. Dies mag mit ordinärem Futterneid der nichtjüdischen Akademiker zu tun haben.

Im 19. Jahrhundert vollzog sich in Deutschland (den deutschen Ländern) ein erstaunlicher sozialer Aufstieg des Judentums. Der Schlüssel dazu war die Bildung. Da Juden viele traditionelle Wege des Aufstiegs - Militär, Beamtentum - durch antijüdische Gesetze oder Vorurteile versperrt waren, blieb ihnen vielfach nur der akademische Bereich. Dies traf sich mit der kulturellen Affinität des Judentums zur Bildung; jeder jüdische Junge musste z.B. zur Bar Mitzwa aus der Thora vorlesen, was einen weit über der christlichen Mehrheitsbevölkerung liegenden Alphabetisierungsgrad zur Folge hatte. So waren Juden Pioniere der Modernisierung: Um 1900 lagen sie in allen Indizes vor der nichtjüdischen Mehrheit, d.h. sie waren urbanisierter, gebildeter, der Trend zur Kleinfamilie setzte sich bei ihnen ein, zwei Generationen früher durch, und als Resultat waren sie meist deutlich wohlhabender als ihre christlichen Mitbürger.

Schließlich waren Juden in vielen Fachbereichen der Universitäten gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung geradezu grotesk überrepräsentiert. Es ging der Witz, Doktor sei ein jüdischer Vornahme; vor dem Ersten Weltkrieg waren etwa die Hälfte aller Rechtsanwälte in Berlin Juden und etwa 70% aller Ärtzte in Wien.* Die nichtjüdischen Akademiker waren deshalb besonders Anfällig für Ressentiments und Verschwörungstheorien aller Art.

*Für diese Zahlen habe ich jetzt freihändig grad leider keine Literaturbelege, ich habe meine alten Vorlesungsmitschriften von Dr. Klaus Saul aus den 90er Jahren durchgesehen, den ich in diesen Punkten, wie allen anderen, für absolut seriös halte.
 
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Es gab 1880/81 eine Antisemitenpetition an Bismarck. Sie kam immerhin auf über 200.000 Unterzeichnern. Im preußischen Abgeordnetenhaus haben sich nur die Linksliberalen gegen diese Petition ausgesprochen. Bismarck hat die Diskussion anfangs geduldet, um die Linksliberalen klein zu halten. Aus mir nicht genau bekannten Gründen hat er die Petition schlussendlich ignoriert. Vllt. sah er die politische Stabilität in Gefahr.
 
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