Archäologische Schulen

Witege

Aktives Mitglied
In diesem Semester nahm ich an einem Seminar über die verschiedenen Artikel im Reallexikon der Germanischen Altertumskunde teil, wo wir immer wieder über die verschiedenen archäologischen Schulen sprachen.

Da hier doch einige Frühgeschichtliche Archäologie oder ähnliches studieren, wollte ich mal fragen, ob die unterschiedlichen Forschungsansätze auch an anderen Unis besprochen wurden und was die Meinung von euch dazu ist.


In Deutschland gibt es zwei große Schulen, die sich v. a. über das Thema der Ethno-Archäologie streiten:

Die Werner-Schule vertritt die typische alte kontinentale Archäologie, d.h. die Meinung, dass man durch archäologische Quellen auf ethnische Verbreitungen schließen kann, aus welchem Grund ihr vorgeworfen wird, dass sie die Quellen zu vereinfacht betrachtet, um schöne Karten zeichnen zu können.

Die Jahnkuhn-Schule bestreitet dies jedoch und geht viel vorsichtiger und kritischer mit den Quellen um. Man denkt, dass archäologische Quellen nur Modeströmungen aufzeigen können und man keine Rückschlüsse auf die ethnische Verbreitung schließen kann und entspricht somit der "new archeology" wie sie schon lange im anglo-amerikanischen Raum üblich war. Dieser Schule wird dadurch vorgeworfen, dass sie zu theoretisch sei.
 
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Theorie wurde in Marburg eher nicht gelehrt.
Ich habe mir das ganze selbst angelesen (Bernbeck "Theorien der Archäologie" als Einstieg).Wenn du dich für Theorien in der Archäologie begeisterst das Einstiegswerk, ansonsten die Tübinger Taschenbücher der Archäologie (Hrsg. Eggert). Außerdem gibt es von Michael Shanks ein komplettes Buch online über das Thema. Bei Bedarf kann ich dir gerne mal den Link raussuchen.
Ich bin mir auch relativ sicher, das an den wenigsten Archäologischen Seminaren Theorie in der Archäologie ein Thema war und ist. Außnahmen ist Tübingen (durch Eggert), Köln (Zimmermann), Kiel (Ducke).
Das läßt sich meiner Meinung dadurch erklären, das die Lehrenden vor allem die Profs noch ganze im Sinne "Werner-Schule" ausgebildet wurden.
 
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Das läßt sich meiner Meinung dadurch erklären, das die Lehrenden vor allem die Profs noch ganze im Sinne "Werner-Schule" ausgebildet wurden.
Da hast du wohl Recht. Zumindest versuchen noch viele Autoren im RGA eine ethnische Deutung der archäologischen Kulturen zu geben.


Hat sonst keiner etwas von dieser Diskussion mitbekommen? Es muss ja nicht Thema des Unterrichts gewesen sein. Es kann ja sein, dass sich ein Prof mal darüber geäußert hat.
 
Jup das ist leider immer noch so mit der ethnischen Deutung.
Ich denke an die harten Diskussionen mit unserem Frühgeschichtsprof. über die Thesen von Sebastian Brather zur ethnischen Deutung.
Das Thema ethnische Deutung zieht sich auch teilweise durch die Bereiche der Vorgeschichte im Forum.
Trotz zahlreicher Hinweise meinerseits zur der Problematik des Themas und zahlreichen Hinweisen auf neuere Literatur, sind einige Menschen nicht von der Meinung abzubringen, das ethnische Deutung in der Vorgeschichte (also vor allem in den schriftlosen Zeiten) möglich ist.

Ich fühle mich wie der gute Don Quijote mit seinen Windmühlen:weinen:
 
@Der Geist: Ich fühle mich wie der gute Don Quijote mit seinen Windmühlen

Tröste dich, solche Fälle sind Legion, wo man mit alterstarrsinnigen Profs kurz vor ihrer Emeritierung in Meinungsverschiedenheiten gerät. Nicht nur in deinem Fachgebiet. Sei da einfach diplomatisch.
 
Ich denke an die harten Diskussionen mit unserem Frühgeschichtsprof. über die Thesen von Sebastian Brather zur ethnischen Deutung.
Ja, das wurde auch angesprochen, dass manch Werner-Schüler nicht sehr viel von Brathers Theorien denkt, der dieses Seminar leitete.

Das Thema ethnische Deutung zieht sich auch teilweise durch die Bereiche der Vorgeschichte im Forum.
Trotz zahlreicher Hinweise meinerseits zur der Problematik des Themas und zahlreichen Hinweisen auf neuere Literatur, sind einige Menschen nicht von der Meinung abzubringen, das ethnische Deutung in der Vorgeschichte (also vor allem in den schriftlosen Zeiten) möglich ist.
Das liegt eben daran, dass der Großteil der Literatur, auch die neuere, kein Problem damit hat.
 
Trotz zahlreicher Hinweise meinerseits zur der Problematik des Themas und zahlreichen Hinweisen auf neuere Literatur, sind einige Menschen nicht von der Meinung abzubringen, das ethnische Deutung in der Vorgeschichte (also vor allem in den schriftlosen Zeiten) möglich ist.

Trotz zahlreicher "Hinweise" deinerseits gibt es genug Wissenschaftler, die sehr begründet anderer Meinung sind und eine behutsame ethnische Deutung der Vorgeschichte versuchen. Vor allem dort, wo der Grenzsaum zwischen historisch bezeugten Völkern und ihren lediglich archäologisch bezeugten Vorgängern ziemlich offensichtlich ist.

Im übrigen solltest du nicht fortwährend Herrn Sebastian Brather wie eine Hostie vor dir hertragen! Deine nibelungentreue studentische Anhänglichkeit ehrt dich zwar, doch solltest du auch andere Meinungen in Erwägung ziehen, wie sich das für einen objektiven Historiker ziemt.
 
Trotz zahlreicher "Hinweise" deinerseits gibt es genug Wissenschaftler, die sehr begründet anderer Meinung sind und eine behutsame ethnische Deutung der Vorgeschichte versuchen. Vor allem dort, wo der Grenzsaum zwischen historisch bezeugten Völkern und ihren lediglich archäologisch bezeugten Vorgängern ziemlich offensichtlich ist.

Aber da fängt es doch schon an. Warum muß überhaupt ein Archäologe eine ethnische Deutung vornehmen? Reicht es nicht jemanden etwas einer Kultur zuzuordnen? Oft ist es doch wirklich nur ein übertriebenes Maß endlich "die Wahrheit" zu finden, wenn man sich an irgendwelchen wagen historische Nachrichten oder einer sehr theoretischen Ursprache aufhängt.

Ich bin selbst nicht hundertprozentig überzeugt, dass eine ethnische Deutung immer schief gehen muß, aber oft ist es einfach logischer die Indizien, die normalerweise aufgeführt werden, als Modeströmungen oder andere kulturelle Verbindungen zu erklären.

Trotzdem würde mich mal ein Beispiel interessieren, wo eine ethnischen Deutung einer archäologischen Kultur eindeutig funktioniert. Es muß ja nicht so eine komplexe Theorie wie die indogermanische Urheimat sein.
 
@Witege: Trotzdem würde mich mal ein Beispiel interessieren, wo eine ethnischen Deutung einer archäologischen Kultur eindeutig funktioniert. Es muß ja nicht so eine komplexe Theorie wie die indogermanische Urheimat sein.
Jastorf-Kultur = Germanen
La Tene = Kelten

Mal so spontan gesagt.
 
Jastorf-Kultur = Germanen
La Tene = Kelten

Und wie definierst du dann Kelten und Germanen? Über Sprache, Kultur oder Ethnie? Oder sogar nur als das was sie in der Geschichtsschreibung bezeichnet wurden?

Waren die Skandinavier dann keine Germanen? Oder die Iren keine Kelten? Und bedeutet es, dass alle Menschen, die der La-Tene Kultur angehörten automatisch Kelten waren, oder könnten nicht auch ein paar Germanen die Kulturgüter übernommen haben?
 
@Witege: Waren die Skandinavier dann keine Germanen? Oder die Iren keine Kelten? Und bedeutet es, dass alle Menschen, die der La-Tene Kultur angehörten automatisch Kelten waren, oder könnten nicht auch ein paar Germanen die Kulturgüter übernommen haben?
Sicherlich kann man nicht erwarten, dass ALLE Germanen und ALLE Kelten dieser jeweiligen Kultur angehörten. Irland und Skandinavien liegen relativ isoliert, da ist es nicht verwunderlich, dass sich lokale Besonderheiten herausbildeten - die man als eigenständige Kulturen (Definition???) ansehen KANN. Ich habe jedenfalls auch schon Darstellungen gesehen, die Südskandinavien mit zu Jastorf und Irland mit zu La-Tene zählen.

Natürlich hat man einzelne Kulturgüter vom Nachbarn übernommen. Aber ein La-Tene-Schwert in einem Jastorf-Grab macht den Träger nicht gleich zum Kelten. Es wurde getauscht, kopiert und auch schon mal geplündert.

Wer heute in seinem Wohnzimmer einen Buddha hat und Räucherstäbchen abbrennt, ist deswegen trotzdem kein Tibeter.
 
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Aber da fängt es doch schon an. Warum muß überhaupt ein Archäologe eine ethnische Deutung vornehmen? Reicht es nicht jemanden etwas einer Kultur zuzuordnen?

Nein, das reicht nicht!

Unbestritten hat es Völker wie Kelten, Germanen oder Griechen gegeben. Ich hoffe, das wirst du nicht bestreiten. Wenn man also den Weg dieser Völker zurückverfolgt, kommen Historiker und Archäologen irgendwann zu dem spannenden Prozess, wo sich die Ethnogenese des Volks abgespielt hat. Und da ist es für die Forschung keineswegs ungehörig, wenn sie diese Zusammenhänge analysiert und wissen will, wann die Ethnogenese abgeschlossen war und man vom Volk XY sprechen kann.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Latène-Zeit, die unbestritten von allen Forschern mit den Kelten in Verbindung gebracht wird. Jeder Archäologe wird also von "Kelten" sprechen, wenn er sich z.B. mit den Erbauern der Heuneburg in BaWü befasst.

Aber was ist mit der davorliegenden Hallstattzeit? Da gehen die Meinungen schon auseinander. Vielfach spricht man von "Kelten" bereits ab 800 v. Chr. (Hallstatt C). Immerhin siedelten sie unbestritten bereits um 650 v. Chr. (Hallstatt D) in einem Raum, der von Ostfrankreich bis Süddeutschland reichte. Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass sie dort auch schon in Hallstatt C um 800 v. Chr. saßen.

Viele Forscher sehen das so, andere lehnen hingegen die Identifikation bereits von Hallstatt C mit den Kelten ab:

Die von antiken Autoren als "Keltoi, celtae, galli und galati bezeichneten Stammesgruppen der antiken keltischen Stämme werden dabei zumeist mit der so genannten Hallstattkultur- und La-Tène-Kultur in Zusammenhang gebracht. Spätestens seit der Bronzezeit sind diese Gruppen in einem breiten Streifen nördlich der Alpen ansässig. Einige Autoren verwenden den Keltenbegriff jedoch lediglich für die sog. „klassische keltische Epoche“. Diese wird mit der späten Hallstattkultur (HaD, ca. 650-475 v. Chr.) und mit der La-Tène-Kultur (ca. 475-50 v. Chr.) gleichgesetzt.
Ich finde, dass man bei derart eindeutiger Sachlage bereits ab 800 v. Chr. von "Kelten" sprechen kann. Anders sieht das freilich bei der vorangehenden Urnenfelderkultur aus. Hier halte ich es für verfehlt, für den ostfranzösisch-süddeutschen Raum bereits von "Kelten" zu sprechen, obwohl selbst das zuweilen geschieht. Manche sprechen dabei von "Proto-Kelten", die es ja gegeben haben mag - doch grenzt deren Verortung zur Urnenfelderzeit an Kaffeesatzleserei.

Man kann also - in vernünftigen Grenzen - ein Volk postulieren, soweit die Archäologie und Analogieschlüsse das erlauben. Zu irgendeinem Zeitpunkt ist das freilich nicht mehr tragfähig, wobei dieser Punkt - diese Grauzone - stets strittig sein wird.
 
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die man als eigenständige Kulturen (Definition???)
Ich meine die archäologisch fassbare Kultur.

Natürlich hat man einzelne Kulturgüter vom Nachbarn übernommen. Aber ein La-Tene-Schwert in einem Jastorf-Grab macht den Träger nicht gleich zum Kelten. Es wurde getauscht, kopiert und auch schon mal geplündert.
Also hier wurde dann nur getauscht? Aber bei der Germanisierung spielten die Germanen dann die größte ethnische Rolle? Immerhin spricht man z.B. in Jütland von einer keltischen Eisenzeit, in der die keltischen Funde so zahlreich wurden, dass man schon von einer Latenisierung sprechen kann. Trotzdem lebten hier eindeutig die Vorfahren von Germanen. Kann es also nicht sein, dass die Grenzen zwischen den durch Geschichtsschreiber überlieferten Völker nur zu dem jemaligen Zeitpunkt wirklich fassbar waren und alle Schlüsse auf die Zeiten davor nur reine Spekulation ist?



Unbestritten hat es Völker wie Kelten, Germanen oder Griechen gegeben. Ich hoffe, das wirst du nicht bestreiten.
Natürlich nicht, wer sich als Germane sah war ein Germane, und auch wer eine germanische Sprache sprach oder von römischen Geschichtsschreiber als Germane bezeichnet wurde. Aber nur durch archäologische Funde lässt sich nicht behaupten, ob jemand Germane oder nicht war.


Wenn man also den Weg dieser Völker zurückverfolgt, kommen Historiker und Archäologen irgendwann zu dem spannenden Prozess, wo sich die Ethnogenese des Volks abgespielt hat. Und da ist es für die Forschung keineswegs ungehörig, wenn sie diese Zusammenhänge analysiert und wissen will, wann die Ethnogenese abgeschlossen war und man vom Volk XY sprechen kann.
Natürlich nicht, aber sollte man dann nicht alles genauer hinterfragen, bevor voreilige Schlüsse zieht?

Ein gutes Beispiel dafür ist die Latène-Zeit, die unbestritten von allen Forschern mit den Kelten in Verbindung gebracht wird. Jeder Archäologe wird also von "Kelten" sprechen, wenn er sich z.B. mit den Erbauern der Heuneburg in BaWü befasst.
Klar, es ist ja durch die Geschichtsschreibung belegt, dass hier Kelten gelebt haben. Die Heuneburg selbst wird ja meist mit dem Pyrene Herodots gleichgesetzt.

Aber was ist mit der davorliegenden Hallstattzeit? Da gehen die Meinungen schon auseinander....
Man kann also - in vernünftigen Grenzen - ein Volk postulieren, soweit die Archäologie und Analogieschlüsse das erlauben. Zu irgendeinem Zeitpunkt ist das freilich nicht mehr tragfähig, wobei dieser Punkt - diese Grauzone - stets strittig sein wird.
Da kann ich dir natürlich zustimmen. Wenn man anhand der durchgehenden Siedlungsspuren und Gräberfelder eindeutig sehen kann, dass eine dauerhafte Besiedlung an einem Ort bestanden hat, muß man annehmen, dass hier die Vorfahren lebten. Trotzdem kann man keine Aussage über deren Sprache und deren eigenes Empfinden (sahen sie sich als Kelten? wohl eher nicht) treffen.

Da ist eben das Problem. Man kann nicht sagen, dass alle Menschen mit keltischer Sprache und alle Menschen die von den Griechen und Römern als Kelten bezeichnet wurden und alle Menschen der La-Tene-Kultur und der Westhallstattkultur zum gleichen Volk gehörten.
 
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Da ist eben das Problem. Man kann nicht sagen, dass alle Menschen mit keltischer Sprache und alle Menschen die von den Griechen und Römern als Kelten bezeichnet wurden und alle Menschen der La-Tene-Kultur und der Westhallstattkultur zum gleichen Volk gehörten.

Das ist nun aber sehr spitzfindig, Witege!

Wenn ich in der La-Tène-Zeit Kelten postuliere und die Gräber und Sachkultur eindeutig als "keltisch" definiert werden, dann waren das auch Kelten. Dass darunter vielleicht ein Illyrer war, der sich nicht als Kelte fühlte, steht auf einem ganz anderen Blatt. :D

Natürlich nicht, wer sich als Germane sah war ein Germane, und auch wer eine germanische Sprache sprach oder von römischen Geschichtsschreiber als Germane bezeichnet wurde. Aber nur durch archäologische Funde lässt sich nicht behaupten, ob jemand Germane oder nicht war.

Um Christi Geburt gibt es keinerlei schriftliche Quellen über die Germanen und sie selbst haben auch nichts über ihr Dasein verfasst. Willst aber abstreiten, dass zwischen Rhein und Elbe germanische Stämme saßen, was in der Forschung völlig unbestriten ist?
 
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Das ist nun aber sehr spitzfindig, Witege!

Wenn ich in der La-Tène-Zeit Kelten postuliere und die Gräber und Sachkultur eindeutig als "keltisch" definiert werden, dann waren das auch Kelten. Dass darunter vielleicht ein Illyrer war, der sich nicht als Kelte fühlte, steht auf einem ganz anderen Blatt. :D

Naja stimmt. Aber denn tausch halt das alle Menschen mit allen Dörfern aus und man kann sie immernoch nicht dem gleichen Volk zuschreiben.
 
Ich muß Witege in einigen Punkten zustimmen. Nehmen wir die La-tene. Im Thread über die Ubier hatten wir gesehen, daß sie u.a. von Cäsar zu den Germanen zählen. Archäologische Funde deuten aber zumindest auf eine starke Beeinflussung durch die keltische La-Tene hin. Oder nehmen wir die Przeworsk-Kultur. Früher wurde diese sogar für slawisch gehalten. Auf diesen Blödsinn hatte ich des öfteren hingewiesen. Von anderer Seite wird und wurde sie als Vandalisch bezeichnet. Dies ist auch nicht richtig, wenn auch nicht unbedingt verkehrt. Die P-kultur entstand innerhalb der Pommerschen Kultur, ethnisch kann man dies nicht zuordnen. Allerdings befinden sich die frühen Zonen in der Nähe keltischer Gebiete. So ist der Einfluß der Kelten auf die frühe P-Kultur nicht bestreitbar. Ethnisch können wir diese frühen Przeworsker aber nicht fassen. Erst mit dem Zuzug germanischer Elemente, im Zusammenhang mit dem Kimbernzug z.B. wird die P-Kultur germanisiert. Wir finden hier viele germanische gentes zu Beginn der Kaiserzeit. Es ist daher möglich die Przeworsk-Kultur ab einem bestimmten Zeitpunkt als germanisch oder überwiegend germanisch anzusprechen. Das bedeutet für uns also, daß man Kulturen, sprachliche Gruppen und politische Einheiten schlecht deckungsgleich bekommt. Es fallen immer Gruppen heraus, immer wieder kommen eigentlich fremde Gruppen hinzu, alles ist im Wechsel, im Wandel. Beziehe ich das wieder auf die Kelten, so kann man nicht sagen, daß alle La-Tene-Gruppen im sprachlichen Sinne keltisch waren, genauso wie nicht alle keltischsprachigen Gruppen Anteil an der La-Tene gehabt haben. Es werden sich u.U. Menschen die wir als Kelten ansehen, als alles andere als diese gefühlt haben und andere denen wir das Keltentum zusprechen würden sich u.U. mit Empörung darüber äußern, wenn sie denn noch könnten. Dennoch bin ich ein Befürworter von Versuchen Kulturen mit Leben zu füllen, daß heißt, man sollte immer versuchen sie mit ethnischen Gruppen in Verbindung zu setzen. Dabei darf man aber nie vergessen, daß bei Generalisierungen oftmals Spezielles verloren geht.
 
Trotz zahlreicher "Hinweise" deinerseits gibt es genug Wissenschaftler, die sehr begründet anderer Meinung sind und eine behutsame ethnische Deutung der Vorgeschichte versuchen. Vor allem dort, wo der Grenzsaum zwischen historisch bezeugten Völkern und ihren lediglich archäologisch bezeugten Vorgängern ziemlich offensichtlich ist.

Im übrigen solltest du nicht fortwährend Herrn Sebastian Brather wie eine Hostie vor dir hertragen! Deine nibelungentreue studentische Anhänglichkeit ehrt dich zwar, doch solltest du auch andere Meinungen in Erwägung ziehen, wie sich das für einen objektiven Historiker ziemt.
Lieber Dieter die Meinungen die teilweise vertritts, sind zumeist ältere Lehr- und Forschungsmeinungen. Die verneinst damit immer wieder das Ansichten, Grundlagen etc. verändern. Wissenschaft ist im Grundsatz ein dynamischer Prozeß.
Zu Brahter kann ich dir sagen, das er als ein Bsp. für eine ganze neuerer Forschergeneration steht. Die Liste lies sich problemlos erweitern.
Ich habe auch nichts gegenüber anderen Meinungen, außer wenn sich die Meinung auf mittlerweile überholten Forschungsstand bezieht.
Dieter deine Unfähigkeit zu erkennen das ich bei einigen Themen vielleicht einen tieferen und breiteren Einblick habe, so etwas bringt nun mal das Studium mit sich, und deine Unfähigkeit deine Meinung nach dem Studium der genannten Quellen vielleicht auch mal zu überdenken ist sehr schade.
Denn viele deiner Beiträge zeigen doch einen guten aber eben nicht mehr akutellen Einblick in die Materie die besprochen wird.
Ich will dich und andere nicht belehren, aber schon den Finger ein wenig heben wenn ich etwas lese, was so nach momentaner Forschungs- und Lehrmeinung nicht mehr stimmt.
PS:
Deine nibelungentreue studentische Anhänglichkeit
Dies zeigt das du mich für einen kleinen Studenten hältst, da werde ich die gründlich entäuschen, mit 32 Lebensjahren, ein Abschluss in Informatik, langjähriger Teilnahme an verschiedenen Grabungen in und außerhalb von Deutschland, mehrjährige Arbeit in einem Forschungsprojekt zur Frühen Eisenzeit in der BRD, sowie den Besuch nicht mehr zählbarer Vorträge etc, sollten dich vielleicht überzeugen einen Erwachsenen Menschen vor dir zu haben.
Außerdem schreibt Brather einfach nur das was meine Meinung zum Thema ist, auch hier gibts eine breite Auswahl an Literatur für dieses Thema.
 
Lieber Dieter die Meinungen die teilweise vertritts, sind zumeist ältere Lehr- und Forschungsmeinungen. Die verneinst damit immer wieder das Ansichten, Grundlagen etc. verändern. Wissenschaft ist im Grundsatz ein dynamischer Prozeß.

Das Herumreiten auf so genannten "älteren Lehrmeinungen" ist ein schwaches Argument. Im Lauf der Jahrzehnte werden vielfach Hypothesen auf Hypothesen gehäuft, ohne dass sich die historische Substanz ver
ändert hätte. Die Meinung des von dir geschätzten Brather ist nur eine unter vielen, ich habe dir bei der Keltendiskussion ein Statement von Prof. Demandt aus dem Jahr 1998 genannt, das aber auch nur eine Meinung unter vielen ist. Auch andere von mir genannte Publikationen waren neueren Datums.

Also hör auf, ständig arrogant auf deinen "aktuellen Forschungsmeinungen" herumzureiten und argumentiere besser selbst in der Sache.
 
Beziehe ich das wieder auf die Kelten, so kann man nicht sagen, daß alle La-Tene-Gruppen im sprachlichen Sinne keltisch waren, genauso wie nicht alle keltischsprachigen Gruppen Anteil an der La-Tene gehabt haben. Es werden sich u.U. Menschen die wir als Kelten ansehen, als alles andere als diese gefühlt haben

Dass vielleicht eine illyrische Familie unter keltischer Herrschaft lebte und daher keine keltische Identität hatte, ist klar. Wenn man aber bei der La-Tène-Kultur von einer keltischen Kultur spricht und sie geografisch z.B. auf Süddeutschland oder Ostfrankreich bezieht, so kann man nur sagen: dort lebten Kelten - auch wenn die eine illyrische Familie durch dieses ethnische Raster fällt.

Es gibt andere Gebiete, die ebenfalls zum Ausstrahlungsgebiet der La-Tène-Kultur zählen, wo aber eine keltische Zuweisung zweifelhaft oder nicht gegeben ist.

Das sind doch alles glasklare Sachen, über die wir hier nicht ausführlich diskutieren müssen!
 
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Ich hatte mich ja gegen Ende der Studienzeit stark mit dem Frühmittelalter in Deutschland beschäftigt. Dort sind die Ethnien ein Kardinalthema, weil die Kenntnis über sie letztendlich auch entscheidend für die Staatenbildung und weitere Entwicklung der deutschen Geschichte ist. Und natürlich wird auch dort heftig über diese Frage diskutiert. Es gibt jene Forscher, die sich in der Tradition der letzten Jahrzehnte sehr stark auf die archäologische Interpretation stützen. Beispiele hier für wären Heiko Steuer und Walter Pohl. Eine der orthodoxesten Arbeiten in diesem Sinne ist sicher "Franken und Alemannen", die Habilitationsschrift von Frank Siegmund. Und eine Gruppe, v.a. Historiker, allen voran Springer und Geuenich, die für die "dunklen" Jahrhunderte mittlerweile interdisziplinäre Theoriemodelle weitgehend bis völlig ablehnen und allein die schriftlichen Quellen gelten lassen wollen. Besonders Springer hat in seinem Buch über die Sachsen in wenigen Worten sehr gekonnt die fundamentalen Schwächen der archäologischen ethnischen Deutung dargelegt.

Dennoch ist mir letztere Sichtweise zu radikal. Es wäre sicher verfehlt, selbst kleinste und in den Quellen erwähnte Völkerschaften aus dem Fundmaterial heraus erklären zu wollen. Aber zweifellos verraten die archäologischen Quellen viel über Lebensweisen und grundsätzliche Unterschiede zwischen Kulturen. Und in eigenen Fällen geht dies ohne Zweifel so weit, dass man Ethnien identifizieren kann. Das Beispiel ist platt, aber der Limes scheidet auch archäologisch betrachtet sehr deutlich zwischen der römischen Ethnie und den germanischen Nachbarn.
Relativ wirksame Aussagen aus dem Fundgut lassen sich z.B. auch über das Voranschreiten der Christianisierung treffen. Also, ich finde, dass - polemisch gesagt - die archäologische Deutung schon mehr hergibt als nur Inventare von Keramik- und Trachtmoden zu bestimmten Zeitpunkten.
 
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