Armut und Ungleichheit in Athen

Maya-Cecilia

Neues Mitglied
Hallöchen liebe Historiker :)

ich muss das erste Mal eine Hausarbeit in Geschichte schreiben. Es soll um die Armut und Ungleichheit in Athen gehen und nun müsste ich eine Fragestellung aufstellen. Wichtig ist es, dass ich mich hierbei auf eine Quelle stütze und dazu dann Sekundärliteratur heraussuche.
Mich persönlich interessiert die attische Demokratie sehr und hatte mir gedacht, dass man diese vielleicht als grobes Thema nimmt und den Unterschied der Frauen und Männer in dieser Demokratie? oder vielleicht in wie fern die soziale Stellung Auswirkung auf Rechte hat?

Hat vielleicht jemand Vorschläge oder auch schonmal eine Hausarbeit in diesem Themenbereich schreiben müssen?

Ich danke euch schon einmal über mögliche Ideen!

LG
 
Ich glaube nicht, dass ein Geschlechterthema hier wirklich tragend wäre. Du kannst untersuchen, wen es überhaupt gab (Bürger, Metoiken, Sklaven) und wie die Beteiligung am Staatswesen zu verschiedenen Zeiten organisiert war - vor und nach Solon, vor und nach Kleisthenes, vor und nach Perikles. Wer nahm wann, wie am Geschehen teil, mit welchen Rechten? Und dann auch mal Recht und Realität vergleichen. Wer konnte tatsächlich auf der Pnyx erscheinen? Abgesehen davon, ob er das Recht dazu gehabt hätte...
 
Falls das Thema nicht auf die gr. Demokratie eingegrenzt ist, würde ich die Krise der Schuldknechtschaft verarmter Bauern gegenüber den Stadt- und Landadligen behandeln, die in Solons Reformen und endlich in der Tyrannis mündeten. Die dauerte ca. 50 Jahre, dann kam es unter Kleisthenes ab 510 vChr zu einer Demokratisierung und Neuordnung des Staatswesens. Die Zeitspanne dieser sozialen Unwälzungen: ca. 620 vChr. (Drakon herrschte), dann versuchte Solon einen Ausgleich dieser Verhältnisse durch eine Landreform (Seisachtheia), es kam zur Tyrannis von Peisistratos und Söhne, die 510 vChr endete. In dieser Zeit waren wohl die sozialen Spannungen am heftigsten.
Hier im Forum, aber auch in der wikipedia, wirst du wohl fündig. Noch besser ist: Chr. Meier, Athen, das dürfte in jeder Bibliothek vorliegen.

(Die Ungleichheit Frau / Mann ist eine geschlechterspezifische Ungleichheit und keine soziale, unter sozialer Ungleichheit versteht man die Unterschiede der gesellschaftlichen Klassen, also etwa Bauer, Bürger, Adlige.)
 
Als antike "Quelle" zum Thema Armut und Ungleichheit fällt mir Aristophanes' Komödie "Plutos" ein, in der es um Armut und Reichtum, Ungleichheit und den Preis des Aufstiegs geht, aber das ist eine Komödie mit Allegorien und keine Abhandlung zum Thema, insofern dürfte sie sich als Aufhänger für eine Hausarbeit eher wenig eignen.
 
Als antike "Quelle" zum Thema Armut und Ungleichheit fällt mir Aristophanes' Komödie "Plutos" ein, in der es um Armut und Reichtum, Ungleichheit und den Preis des Aufstiegs geht, aber das ist eine Komödie mit Allegorien und keine Abhandlung zum Thema, insofern dürfte sie sich als Aufhänger für eine Hausarbeit eher wenig eignen.
Was eine Quelle ist, ist von der Fragestellung abhängig. Auch eine Komödie kann eine Quelle sein, zur Quellenkritik gehört auch, die Textgattung mit den Stärken und Schwächen bzgl. der Aussagekraft in Anbetracht der Fragestellung zu verbalisieren. Insofern besteht kein Grund, Quelle in Anführungszeichen zu setzen.
 
Tatsächlich würde ich Komödien aufgrund ihrer Inhalte und Charaktere sogar als sehr wichtige Quelle in Bezug auf die unteren Schichten und auch soziale Gruppen im Allgemeinen sehen, mit entsprechender Quellenkritik natürlich. Schon einfach, weil sie Dinge und Menschen zeigen, die andere Textgattungen und notwendigerweise auch der archäologische Befund größtenteils ignorieren.
 
Da Komödien allerdings Preise gewinnen und das Publikum erheitern sollten, stellt sich schon die Frage, wie realitätsnah die Darstellungen sind. (Man würde die "Nackte Kanone"-Filme auch nicht als Quelle für den Polizeialltag in den USA nutzen.) Eine Komödie ist kein Sozialdrama.
 
Du hast absolut Recht. Dafür braucht es eine umfassende Quellenkritik.
Es ist eine problematische Situation, weil wir ja meist überhaupt nur von der Elite und der oberen Mittelschicht tatsächlich schriftliche und materielle Zeugnisse haben. Umso wichtiger sind die überlieferten Schriften, die sich teilweise auf die unteren Schichten beziehen, auch wenn sie das Problem der Perspektive und bei Komödien des Unterhaltungszwecks haben. Aber man kann auch kaum etwas anderes tun, als vorsichtig damit zu arbeiten und es mit Materialfunden und anderen Schriftquellen zu vergleichen.
Thukydides, als anderes Beispiel, ist für weite Teile des Peloponnesischen Krieges (fast) die einzige Quelle - man muss sehr kritisch arbeiten, vorsichtig sein mit Schlüssen und darf ihm nicht blind vertrauen, aber trotzdem brauchen wir ihn als Quelle für diese Zeit ganz unbedingt. Noch viel mehr gilt das für Herodot und die Perserkriege, aber da haben wir wenigstens sehr viel mehr archäologisches Material.

Armut und Ungleichheit ist einfach ein Thema, das kaum archäologische Spuren hinterlässt und in keinen eigenen Schriften (soweit erhalten) behandelt wird. Wir können nur in den Details anderer Schriften Informationen herausziehen, vergleichen und beurteilen. Das Komödien uns einfache erzählen, wie es war, behaupte ich gar nicht, das gilt ja überhaupt für keine Textgattung.
 
Armut und Ungleichheit ist einfach ein Thema, das kaum archäologische Spuren hinterlässt und in keinen eigenen Schriften (soweit erhalten) behandelt wird.
Naja, man kann aus unterschiedlicher Grabausstattung oder Wohnhausgrößen doch auch Rückschlüsse auf den Wohlstand der Bewohner bzw. Bestatteten ziehen. Die Frage ist nur wieviel Gräber oder Häuser der ärmeren Bevölkerung noch gefunden werden können. Im Zweifel dürften sich die Spuren der reicheren Bevölkerung besser erhalten haben, so dass diese bei den Funden und Befunden eher überrepräsentiert sind. Ein armes Grab wird schneller überbaut oder anders genutzt als z.B. ein Mausoleum. Ein Holzkamm verrottet, wohingegen der Bronzekamm heute noch auffindbar sein kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja genau, aber das haben wir leider auch viel zu selten. Wo haben wir etwa wirklich Häuser der Ärmeren, vor allem repräsentativ gegenüber den Reicheren? Pompeji, Herculaneum, Ostia, das war es im Wesentlichen (gerade das macht diese Städte so bedeutend, unter anderem). Und unversehrte, nicht ausgeraubte Gräber sind auch gar nicht so häufig. Mal ganz abgesehen davon, dass wir die Ärmsten, im Boden verscharrten, meist nur durch Zufall finden.
Ich stimme dir zu, es ist eher eine Überrepräsentation der Reicheren als ein völliges Fehlen von Spuren der Ärmeren. Aber das macht es eben so schwierig Aussagen zu treffen, denn das eine ist ein Bild der ärmeren Schichten, das hier und da vereinzelt in Einblicken möglich ist. Das andere, rund um das Thema der Ungleichheit, ist aber eine Frage des Verhältnisses beider Seiten, und dazu können wir einfach kaum Aussagen treffen.
Das führt natürlich weiter zu einem Grundsatzthema, denn die Archäologie schafft immer nur Einblicke, wir können grundsätzlich davon ausgehen, dass uns etwas fehlt, und zwar mehr, als wir glauben.
 
Die Frage, inwieweit sich die Athener selber des Zusammenhangs zwischen Armut und Ungleichheit bewusst waren, und dies als Problem begriffen, ist ziemlich spannend. Die politische Gleichheit (Isonomie) unter den Bürgern war im 5. & 4. Jh. ein Ziel der Politik (bzw zumindest der politischen Richtung, die die Reformen des 5. Jh. durchsetzte). Da wär die Öffnung der Ämter für die unteren Zensusklassen, der Ausweitung der Auslosung gegenüber der Wahl, die Bezahlung öffentlicher Ämter, und bestimmt hab ich noch was vergessen.

Das sind allerdings alles erstmal nur Maßnahmen, die den Armen die Möglichkeit geben, sich am politischen Prozess zu beteiligen (bzw stärker zu beteiligen als nur über die Teilnahme an der Volksversammlung). Wurde die ökonomische Ungleichheit selber als Problem begriffen? Ein Sozialstaat war Athen sicher nicht. Allerdings wurde mit den (ua von begeisterten Verbündeten bezahlten) Bauprogrammen, der Flottenpolitik, bezahlten Ämtern und Theaterbesuchen Einkunftsmöglichkeiten geschaffen, von denen va die Unterschicht profitiert haben dürfte, während Reiche durch Liturgien für Schiffe, Feste etc belastet wurden. Ich befürchte, für Details und damit eine genaue Betrachtung fehlen uns schlicht die Quellen, aber mE liegt auf der Hand, das ua mit diesen Instrumenten (Sozial-) Politik gemacht wurde.

Was es mWn nicht gab, ist die Vorstellung der ökonomischen Gleichheit der Bürger als Ideal; wär wohl auch zu utopisch gewesen. In Sparta, wo die Verhältnisse natürlich ganz anders gelagert waren und die Vollbürgerschaft ohnehin mehr oder minder reichen Personen vorbehalten war, gab es das hingegen durchaus (wenn auch wohl eben nur als Ideal oder Legende, weniger in der Praxis).
 
(Man würde die "Nackte Kanone"-Filme auch nicht als Quelle für den Polizeialltag in den USA nutzen.) Eine Komödie ist kein Sozialdrama.
Nachdem ein Schauspieler als Präsident die UdSSR zum Abschuss freigeben wollte vor laufenden Mikrofonen und ein Clown es als vorletzter Präsident ins Amt geschafft hat und trotz haarsträubenden Aktionen und Aussagen beinahe erneut ins Oval Office gewählt wurde - bin ich mir da nicht mehr ganz so sicher. Aber entschuldigt den OT.
 
Die Belastung der Reichen in Athen war ganz enorm: wir haben Aufstellungen über die Abgaben, die einzelne wohlhabende athenische Familien in einem bestimmten Zeitraum geleistet haben. So hat ein athenischer Bürger in den Jahren 410-402 nicht weniger als 52000 Goldmark (64000 Drachmen) für den Staat ausgegeben. Es waren dies meistens schwere Kriegsjahre. So begreift man, daß von den 52000 ℳ der größte Teil, 30000 ℳ, auf Abgaben für [45] die Flotte entfällt. Dazu kommen 5000 ℳ direkte Vermögenssteuer, aber auch 3000 ℳ für kirchliche Zwecke und 14000 ℳ Beiträge zu Theater-, Musikaufführungen und Sportfesten. Dabei muß man bedenken, daß bei der damaligen großen Kaufkraft des Geldes 52000 ℳ einer heutigen halben Million Goldmark entsprechen. Man sieht, der Kapitalist war wie eine Kuh, die von der Allgemeinheit gründlichst gemolken wurde. Da lag es nah, dafür zu sorgen, daß diese Kuh auch recht kräftiges Futter erhielt.
https://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/20Jh/Rosenberg/ros_dk10.html
 
Die Belastung der Reichen in Athen war ganz enorm: wir haben Aufstellungen über die Abgaben, die einzelne wohlhabende athenische Familien in einem bestimmten Zeitraum geleistet haben. So hat ein athenischer Bürger in den Jahren 410-402 nicht weniger als 52000 Goldmark (64000 Drachmen) für den Staat ausgegeben. Es waren dies meistens schwere Kriegsjahre. So begreift man, daß von den 52000 ℳ der größte Teil, 30000 ℳ, auf Abgaben für [45] die Flotte entfällt. Dazu kommen 5000 ℳ direkte Vermögenssteuer, aber auch 3000 ℳ für kirchliche Zwecke und 14000 ℳ Beiträge zu Theater-, Musikaufführungen und Sportfesten. Dabei muß man bedenken, daß bei der damaligen großen Kaufkraft des Geldes 52000 ℳ einer heutigen halben Million Goldmark entsprechen. Man sieht, der Kapitalist war wie eine Kuh, die von der Allgemeinheit gründlichst gemolken wurde. Da lag es nah, dafür zu sorgen, daß diese Kuh auch recht kräftiges Futter erhielt.
https://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/20Jh/Rosenberg/ros_dk10.html
Das ist wohl eher interessant, wenn man marxistische Geistesgeschichte untersucht, weniger für eine sinnvolle Betrachtung attischer Verhältnisse.
 
Das ist wohl eher interessant, wenn man marxistische Geistesgeschichte untersucht, weniger für eine sinnvolle Betrachtung attischer Verhältnisse.
Wo genau siehst du da irgendwelche sinnvollen Bezugspunkte zum Marxismus?
Der Marxist hätte bereits an der Stelle aufgehört zu lesen und abgewunken, an der jemand etwas von "Kapitalisten" in der Antike postuliert hätte.
 
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