Arno Breker Ausstellung in Schwerin

Arne

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Die Schweriner wagen eine Ausstellung mit Werken des Künstlers, den viele zu schnell als Nazi-Künstler abtun...

http://www.welt.de/data/2006/07/12/954969.html

Und dazu kann ich eh Beifall klatschen:
WELT: Was bedeutet Ihnen diese Ausstellung?

Conrades: Ich finde, es ist in einer freien Gesellschaft unwürdig, etwas wegzuschließen. Das ist doch völlig irrational. Ich denke, nach dieser Ausstellung ist der Muff und Mief raus aus dem Thema. Für Rechte ist doch immer das Tabu spannend. Doch in der Ausstellung wird man sehr wohl sehen, die Größe und Gefährlichkeit Brekers und seiner Plastiken gibt es nicht. Er hat halt ein paar Figuren mit überbreiten Schultern gemacht. Und wenn man sich die Reliefs am Pergamonaltar ansieht, muß man feststellen, daß sie nicht allzu fern von Breker sind.

Entmystifizierung durch Veröffentlichung! Ich muß mir eine Gebetsmühle mit diesem Knattergeräusch basteln..:grübel: :rofl:
 
Besten Dank für den Tipp, Arne, denn diese Ausstellung wil ich mir im Rahmen eines Tagesausflugs ansehen.

Im übrigen steht Brekers Werk bis heute im Zentrum kontroverser Diskussionen. Im Prinzip geht es dabei nur um eines: darf und kann man Werk und Künstlervita voneinander trennen?
 
Das ungerechte ist, daß man Breker im allgemeinen auf seine Arbeiten für den NS-Staat reduziert. Der ganze Bereich seiner anderen Werke, der Zeit in Frankreich oder seiner Freundschaft zu Ernst Fuchs, Salvator Dali oder Jean Cocteau fällt völlig unter den Tisch.
Wenn dich der Künstler weitergehend interessiert, empfehle ich dir einen Besuch im Schloß Nörvenich, wo das ständige Breker-Museum ist.

http://www.museum-arno-breker.org/
 
Arne schrieb:
Der ganze Bereich seiner anderen Werke, der Zeit in Frankreich oder seiner Freundschaft zu Ernst Fuchs, Salvator Dali oder Jean Cocteau fällt völlig unter den Tisch.
Auch Cocteau und Dali hatten ihre faschistische Phase, insofern gab es da durchaus Geistesverwandtschaft.
Allerdings, und da hast du recht, lässt sich Brekers Schaffen auf nur diese Zeit nicht reduzieren,
 
Arne schrieb:
Entmystifizierung durch Veröffentlichung! Ich muß mir eine Gebetsmühle mit diesem Knattergeräusch basteln..:grübel: :rofl:

..ein schöner Satz ! . :) .da wird die Ausstellung hoffentlich gleich zum Instrument greifen im Gegensatz zur offiziellen Homepage des Breker-Museums. Diese ist im Breker-Portrait ein schönes Beispiel
an unkritisch weihrauch -salbadernden Mystifizierung des Meisters , der in seinem Manifest "Das hohe Lied der Schöpfung " von 1978 (s.o.) u.a. sagt :

" Keine dekadenten Einflüsse haben mich je bewogen, das Menschenbild zu modifizieren, zu verfälschen oder gar zu zerstören. Diese Einstellung ist eine absolut ichbezogene, private Angelegenheit. Sie ist durch nichts eingeschüchtert worden. Sie wird durch nichts eingeschüchtert werden. Ob ich damit gegen den Zeitgeist verstoße, bleibt völlig gleichgültig..usw."

Die dekadenten jenigen, die seiner Meinung nach das (sein ) Menschenbild verfälschen , modifizieren und zerstören, lesen sich wie das who is who des deutschen Expressionismus , der Bauhausideenträger..etc.
Richtig scheint mir allemal Breker eine Ausstellung zu widmen , wie soll ohne Veröffentlichung des Werks sonst eine kritische Auseinandersetzung in breiteren Schichten d. Gesellschaft stattfinden. Zum Wesen dt. Kunstgeschichte trifft m.M. nachwievor die Bemerkung Georg Dehios von 1915 auch hier zu :

" Die deutsche Kunst verstehen heißt: uns selber verstehen, unsere angeborenen Anlagen und was das Schiksal aus ihnen gemacht hat , unser Selbstgeschaffenes und unser Erworbenes , unser Erreichtes und unser Versäumtes , unser Glück und unsere Verluste - alles in allem: die Kunst als etwas mit der Ganzheit des geschichtlichen Lebensprozesses unseres Volkes unlöslich Verbundenes."
 
Und im Radio

Der SWR bringt morgen zum Thema eine Diskussionssendung:

Donnerstag, 20. Juli 2006 um 17.05 Uhr
SWR2 Forum

Was tun mit der Nazi-Kunst?
Die Arno-Breker-Ausstellung in Schwerin


Es diskutieren:
Hermann Junghans, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Schwerin;
Prof. Dr. Hans Mittig, Kunsthistoriker, ehem. Universität der Künste, Berlin;
Dr. Stephan von Wiese, Ausstellungsmacher, Museum Kunst Palast, Düsseldorf;
Moderation: Susanne Kaufmann

Das kommunale Schleswig-Holstein-Haus in Schwerin zeigt 70 Skulpturen aus dem Nachlass Arno Brekers. In der NS-Zeit repräsentierten seine Arbeiten die Ideologie des Regimes. Dass nun Hitlers Lieblingsbildhauer zum ersten Mal seit 1945 eine eigene Werkschau bekommt, hat eine heftige Debatte ausgelöst. Klaus Staeck, Präsident der Berliner Akademie der Künste, wirft der Ausstellung vor, sie betreibe die Rehabilitierung eines "monumentalen Dekorateurs der Barbarei" und hat seine eigene, für 2007 in Schwerin geplante Ausstellung abgesagt. Die Befürworter der Werkschau verweisen dagegen auf die Qualität Brekers früher Arbeiten und auf die vielen Aufträge, die er auch nach 1945 in der Bundesrepublik erhielt; die Ausstellung trage zur geschichtlichen Aufklärung bei. Darf man Brekers Werke zeigen? Sollte man es sogar? Und wenn ja: in welchem Rahmen?
45 min.

http://www.swr.de/swr2/sendungen/swr2-forum/vorschau.html

Die Sendung ist auch als Podcast abrufbar.
 
Die Nähe Brekers zu Hitler ist bekannt und wird auch von keiner Seite geleugnet.

Die gern gestellte Frage ist nun, ob man den künstlerischen Wert der Werke eines Menschen mit dessen persönlichem Leben in Verbindung setzen kann, darf oder muss. Also hier die Frage, ob ein Künstler ein gutes Werk geschaffen hat obwohl oder trotzdem er Hitler nahestand.

Ich gestehe, dass ich bei einem großen Künstler wie Dali oder Rodin Probleme mit der Antwort gehabt hätte. Aber hier geht es "nur" um Breker. Und dessen Werk finde ich - egal wie er zu Hitler stand - einfach nur kitschig, pomphaft und peinlich.


Jacobum
 
Jacobum schrieb:
.....Also hier die Frage, ob ein Künstler ein gutes Werk geschaffen hat obwohl oder trotzdem er Hitler nahestand........


Jacobum

bei der hist. Bewertung von Kunstwerken, zu der auch Theaterstücke und Kompositionen gehören, geht es m.M. nach nicht in erster Linie nach persönlicher Nähe zu deren Auftraggebern, sondern um die Korumpierbarkeit der Künstler aus karrieristisch-ehrgeizigen Gründen .
Werden Kunst und Künstler polit. Funktionalisiert , so gibt es bei jedem Künstler einen Punkt, an dem er sich entscheiden muß inhaltlich unabhängig zu bleiben (künstl. Entscheidung ) oder eben mit den Wölfen zu heulen aus existenzieller Not heraus und -oder aus Gründen der Karriere.
Die Versuchung ,freie Hand zu haben in der Umsetzung von gewaltigen Aufträgen muß groß sein , um nicht nach des Auftaggebers Melodie zu tanzen.
Die handwerl. Meisterschaft von A. Breker ist unumstritten, die heroisch übersteigerte Klassizität seiner Ausführungen im 3. Reich verrät auch m. M. nach eben die klass. Formsprache, auf die sich Breker immer beruft.
 
Arcimboldo schrieb:
Die Versuchung ,freie Hand zu haben in der Umsetzung von gewaltigen Aufträgen muß groß sein , um nicht nach des Auftaggebers Melodie zu tanzen.

Ganz typische Sache! Kleiner Querverweis auf die Architektur aus der Doku "Hauptstadt Germania", wo das auch genau so dargestellt wurde.
Heute hoch geachtete Architekten wie Mies von der Rohe hat sich auch um Bauaufträge von Hitler bemüht, wurden aber zurückgewiesen. Hitler entschied sich für Speers Entwürfe.
Im nachhinein wurden also deren Namen durch Zurückweisung(!) sauber gehalten. Die, die Aufträge bekamen sind heute verfehmt. Gibt es überhaupt welche, die Aufträge aus politischen Gründen ablehnten?

Kann man also Künstler, deren Kunst Diktatoren gefiel, für Verbrechen der Auftraggeber verantwortlich machen? Ich meine nein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Arne schrieb:
1 ) Die, die Aufträge bekamen sind heute verfehmt. Gibt es überhaupt welche, die Aufträge aus politischen Gründen ablehnten?

2)--Kann man also Künstler, deren Kunst Diktatoren gefiel, für Verbrechen der Auftraggeber verantwortlich machen? Ich meine nein.

zu 1 ).---Das kann man denke ich so pauschal nicht sagen, schon gar nicht zu Architekten, auch nicht zu Speer. Die sind nicht verfehmt, sie erfreuen sich heute einer kritischen Würdigung, die inzwischen objektiver möglich wird, da der Faktor Zeit hinzu kommt.

zu 2 ) dito !
 
Arne schrieb:
Heute hoch geachtete Architekten wie Mies von der Rohe hat sich auch um Bauaufträge von Hitler bemüht, wurden aber zurückgewiesen. Hitler entschied sich für Speers Entwürfe.

Das ist jetzt aber starker Tobak. Für die Weltausstellung 1928/29 in Barcelona baute Mies van der Rohe den Deutschen Pavillon. 1934 entwarf er erneut für die Weltausstellung einen Pavillon, dieser wurde jedoch von Hitler abgelehnt.
Da seine Tätigkeit als Architekt von den Nationalsozialisten verstärkt eingeschränkt wurde, emigrierte er 1938 in die Vereinigten Staaten.
 
Mercy schrieb:
Das ist jetzt aber starker Tobak. Für die Weltausstellung 1928/29 in Barcelona baute Mies van der Rohe den Deutschen Pavillon. 1934 entwarf er erneut für die Weltausstellung einen Pavillon, dieser wurde jedoch von Hitler abgelehnt.
Da seine Tätigkeit als Architekt von den Nationalsozialisten verstärkt eingeschränkt wurde, emigrierte er 1938 in die Vereinigten Staaten.

Wie wurde seine Tätigkeit eingeschränkt? Das Bauhaus wurde lt.Wiki 1933 aufgelöst. Dort war er Leiter der Kunstschule. Wie es in der Doku dargestellt wurde, kam er ab 1933 mit seinen Entwürfen bei Auftragsvergaben nicht mehr an. Aus anderen Gründen, als "nichtgefallen" ? Jude war er meines Wissens nicht.
 
Jacobum schrieb:
Die Nähe Brekers zu Hitler ist bekannt und wird auch von keiner Seite geleugnet.

Die gern gestellte Frage ist nun, ob man den künstlerischen Wert der Werke eines Menschen mit dessen persönlichem Leben in Verbindung setzen kann, darf oder muss. Also hier die Frage, ob ein Künstler ein gutes Werk geschaffen hat obwohl oder trotzdem er Hitler nahestand.
Ach Du liebe Zeit - guck doch mal in die Vergangenheit (Geschichtsforum!). In aller Regel bewarben sich Künstler um Aufträge von herrschern, deren Moral wie ja heute wohl nicht mehr akzeptieren. Die Ranaissance ist voll davon.

Und was Breker fabrizierte, wurde auch außerhalb Deutschlands fabrieziert. Ich denke nur an Einar Jónsson in Island.
 
Arne schrieb:
Wie wurde seine Tätigkeit eingeschränkt? Das Bauhaus wurde lt.Wiki 1933 aufgelöst. Dort war er Leiter der Kunstschule. Wie es in der Doku dargestellt wurde, kam er ab 1933 mit seinen Entwürfen bei Auftragsvergaben nicht mehr an. Aus anderen Gründen, als "nichtgefallen" ? Jude war er meines Wissens nicht.

Die Bauhaus- Architekten des "Neuen Bauens " waren in ihrer Haltung ausnahmslos international ausgerichtet und standen polit. mehr-oder weniger dem Sozialismus nahe.
Polit. konservat. Architekten , die es während d. Weimarer Rep. immer gegeben hat, gewannen zunehmend an Boden, sprich an Aufträgen und bereiteten ein Klima vor, indem die nationalsozial. Architektur gedeihen konnte.
"Boden, Volk und Rasse"waren die Vorraussetzungen für die geforderte und gleichgeschaltete Architektur dieser Zeit.
Figuren wie der zum Architekten ausgebildete A. Rosenberg und u.a.Schriften
A. Moeller van den Brucks hatten stilweisenden Einfluß .
 
Zuletzt bearbeitet:
Arcimboldo schrieb:
...die Korumpierbarkeit der Künstler aus karrieristisch-ehrgeizigen Gründen .
Werden Kunst und Künstler polit. Funktionalisiert , so gibt es bei jedem Künstler einen Punkt, an dem er sich entscheiden muß inhaltlich unabhängig zu bleiben (künstl. Entscheidung ) oder eben mit den Wölfen zu heulen aus existenzieller Not heraus und -oder aus Gründen der Karriere.

(Sorry, für Abdriften, aber Breker und die NS-Zeit- ist ja auch noch nicht so wirklich mittels Beerdigung beendet worden):

Du sagst es. Und deshalb weißt du sicher auch, weshalb dies die letzten 2, 3 Generationen so ausgesehen hat: wer dem Gegenständlichen allzusehr "verhaftet blieb" (schon allein diese Worte als Hinweis) musste nachgerade bieder, phantasielos, konservativ sein, wenn nicht heimlich der unmittelbar faschistisch-altvorderen Bildsprachen anhängen bzw. an diese anschließen - dieser Gefahr, dem Misstrauen und der Unterstellung war man definitiv ausgesetzt. Die Freude, sich vor der Natur einfach zu verneigen wurde einem gründlich vergellt! Und die Gegenbewegung des Photorealismus ist nachträglich beurteilt nicht in den Olymp der Kunst aufgenommen worden und - zT. auch berechtigt*- in die Illustration verwiesen worden. (*Kommt es bei "Kunst" doch auf eine Aussage an, das ist einzig wahr.)

Die Professoren-und Studentenschaft an all den hehren Kunstakademien der letzten zwei Jahrzehnte (die ich auch zT. sehr gut kannte/kenne) ist das abschließende Spiegelbild: alles dürstet unter den heutigen Studenten nach Handwerk (d.h. dem Vermögen den Gegenstand als solches einmal nachzuempinden um dann erst mit ihm spielen zu können!), aber eine bedenkliche Minderzahl der Lehrenden verstehts bzw. beherrscht es noch (ich rede von den klass. Fächern). Die heutige Zeit/Kunst flüchtet also entweder, indem sie Natur nicht mehr zur Kunst erhebt, sondern als solche zur Kunst alleine erklärt (knorrige Wurzeln aufhängen ist auch günstiger) und größtenteils in den (auch recht ermüdend verborgenen) Witz als Kunstkonzept. Ich empfehle daher für Bildhauerei eine Fachschule (zB. Hallstatt) oder Kurse an sog. Sekundärbildungshäusern. Vielleicht stehen wir am Anfang eines wunderbaren Beginns, wo man wirklich wieder bei WEM lernen wird.

Im übrigen bin ich froh, dass Breker+Kollegen nicht mehr dazu kamen, die Linzer Nibelungenbrücke mit den entworfenen Siegfried- und Kriemhildkolossen zu bestücken - aber die wären eh sicher runtergeschossen worden. Mein urteil (nicht göttlich ;)) zu Arno Breker: hier ist der Förderer das Maß und die Entfaltungsdecke des "Talents" (wie Grass ihn bezeichnete)
 
fingalo schrieb:
Und was Breker fabrizierte, wurde auch außerhalb Deutschlands fabrieziert. Ich denke nur an Einar Jónsson in Island.

Ich denke (auch) an jede Befreiungs- und Siegesstatue (und alles) ab 1945 östlich des Eisernen Vorhangs, nein, stop, die Tito-jugoslawischen Figuren sind ja fast noch schlimmer.
Und dann gehts hurtig weiter von Atatürk bis Saddam Hussein und da wie dort... völlig recht hast du.
So gesehen haben wir uns bzw. wurden wir wirklich von den (unseren) Auswüchsen verschont.
 
In der SZ war Montag ein Artikel, der sich gegen die Breker-Ausstellung aussprach. Nicht gegen die Idee der Ausstellung, aber, so wurde argumentiert, solange Witwe und Erben nicht den vollen Zugang zu Brekers Hinterlassenschaften öffneten, sei die Zeit noch nicht reif und die Ausstelllung würde es daher nicht leisten Breker (im intellektuellen Sinne) begreifbarer zu machen. (Ich hoffe, ich habe in meiner Verkürzung den Artikel richtig wiedergegeben.)
 
Zuletzt bearbeitet:
El Quijote schrieb:
In der SZ war letzte Woch ein Artikel, der sich gegen die Breker-Ausstellung aussprach. Nicht gegen die Idee der Ausstellung, aber, so wurde argumentiert, solange Witwe und Erben nicht den vollen Zugang zu Brekers Hinterlassenschaften öffneten, sei die Zeit noch nicht reif und die Ausstelllung würde es daher nicht leisten Breker (im intellektuellen Sinne) begreifbarer zu machen. (Ich hoffe, ich habe in meiner Verkürzung den Artikel richtig wiedergegeben.)

Darauf wird im WELT-Artikel auch eingegangen. Das Interview ist wohl mehr oder weniger durch ein Mißverständnis zustande gekommen. Die Familie verweigert die Aufarbeitung des Archives nach deren Aussagen, weil man nicht wochenlang Leute beherbergen und beaufsichtigen könne. Es wird befürchtet, daß "Beweise" verschwinden.
 
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