Atlantis - Geschichte eines Traumes

Lukrezia Borgia

Moderatorin
Der Mythos Atlantis lebt. Seit fast 2500 Jahren beschäftigt die Geschichte von dem versunkenen Reich die Menschen. Immer wieder wurde und wird Atlantis als Ort gesucht und als Idee beschworen. Pierre Vidal-Naquet beschreibt den Ursprung des Mythos und seinen Weg durch die Jahrhunderte. Immer noch wird nach Atlantis gesucht – und immer wieder gibt es Meldungen, daß es endlich gefunden sei. Doch kein Geograph hat Atlantis je lokalisiert. Es verdankt seine Existenz einzig und allein dem genialen Schöpfer Platon, der mit der Beschreibung des untergegangenen Kontinents um 355 vor unserer Zeitrechnung ein eindeutig politisches Ziel verfolgte, eine politische Sciencefiction, um im Vergleich zwischen Athen und Atlantis sein Bild der guten Staatsform deutlich werden zu lassen. Atlantis machte in der Folgezeit eine erstaunliche Karriere, kein anderer antiker Mythos hat eine solche Wirkung entfaltet. Dabei wandelte sich das Atlantis-Bild vom negativen zum positiven, es wurde im Gegensatz zum platonischen Entwurf zum zivilisatorischen Vorbild – allerdings für sehr unterschiedliche Gesellschaftsmodelle.

Eingestellt auf Veranlassung von Thorwald


Thorwalds Kritik:
Zwei Dinge leistet dieses Buch: Man bekommt zunächst einen Einblick, mit welchen Argumenten Vidal-Naquet die Atlantis-Erzählung für eine Erfindung von Platon erklärt. Und Vidal-Naquet ist für diese Meinung die weltweit führende Koryphäe. Zweitens erhält man einen gewissen kulturgeschichtlichen Überblick, warum welche Zeit Atlantis wie interpretiert hat - mal als Realität, mal als Erfindung von Platon.

Leider hat Vidal-Naquet vergessen, nicht nur bei anderen, sondern auch bei sich selbst nach Sekundärmotivationen für eine bestimmte Meinung über Atlantis zu suchen. Jedenfalls wird dem Leser schnell auffallen, dass sich Vidal-Naquet nicht selten argumentativ schwer verstiegen hat, und dass er sehr herablassend gegenüber Andersdenkenden sein kann.

Vidal-Naquet schreckt auch vor der Manipulation seiner Leser nicht zurück. Nur ein Beispiel: Vidal-Naquet versteckt Krantor, einen frühen Zeugen für die Existenz von Atlantis, in seiner chronologischen Darstellung ganz weit hinten bei Proklos, durch den Krantors Meinung fragmentarisch überliefert ist.

Es kommt noch schlimmer: Vidal-Naquet versucht Krantor durch eine manipulative Sprache dermaßen abzuwerten, dass sich dadurch sogar die deutsche Übersetzerin hat in die Irre führen lassen, indem sie irrtümlich übersetzte, Krantor habe Atlantis für "eine Geschichte" statt für "Geschichte" gehalten (S. 51 Zeile 9). Ein eklatanter Übersetzungsfehler, dessen Ursache ein grelles Licht auf Stil und Methode von Vidal-Naquet wirft.


Pierre Vidal-Naquet • Atlantis - Geschichte eines Traumes • C.H. Beck • 2006 • 188 Seiten
 

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Danke an Lukrezia, die meinen Beitrag in passender Form eingearbeitet hat.
Für Fragen zum Buch oder zu Atlantis allgemein stehe ich zur Verfügung.
Thorwald
 
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