Aufstieg Japans?

S

Schüler4

Gast
Wie konnte Japan, nach Jahrhundertelanger Isolation, so schnell wider aufsteigen zur pazifischen Großmacht?
 
In einer kurzen Antwort:

Da der japanische Kaiser und seine Unterstützer, auf biegen und brechen, rigoros und ohne Rücksicht auf Verluste, mit den Traditionen brachen, die Gesellschaft rücksichtslos reformierten.

Die Macht der Shogune, und der adeligen Kasten wurde gebrochen, deren Aufstände brutal niedergeschlagen, und es wurde/n massenhaft Know How, Technologien, + Westliche Berater (im Justizwesen, Militär, und Wirtschaft) importiert + kopiert bzw. weiterentwickelt.

Im geradezu schwindelerregenden Tempo, katapultierte sich Japan so innerhalb weniger Jahrzehnte vom Mittelalter ins Industriezeitalter.
 
Im Kontext und als Basis für die Modernisierung ist das feudalistische Japan bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zu beachten, dass auch durch den Kontakt mit "Commander Perry" einen externen Anstoß zur Veränderung erhielt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Edo-Zeit

http://en.wikipedia.org/wiki/Matthew_C._Perry

Von @Soralion wurden schon eine Reihe wichtiger Aspekte benannt. Als Ergänzung und um dem "Kinde" einen Namen zu geben, der Verweise auf die Meiji-Restauration bzw. auf den Teno Meiji.

Während seiner Regentschaft vollzogen sich die durchaus als dramatisch zu bezeichnenden Schritte der Modernisierung Japans und der Anpassung an westliche Standards.

Die rückständigen inneren Strukturen Japans wurden aufgebrochen und durch eine moderne leistungsfähigere Zentralverwaltung ersetzt. Träger dieser Modernisierung war der mittlere Samurei-Stand, in den sich bereits in größerem Umfang erfolgreiche Geschäftsleute eingekauft hatten, die die Voraussetzungen schufen für die Entwicklung leistungsfähigerer Gesellschaftsstrukturen.

Ohne jedoch weiterhin eine sehr eigenständige kulturelle, religiöse, soziale und auch politische Position für Japan zu formulieren.

Meiji-Restauration ? Wikipedia


Meiji ? Wikipedia

In teils deutlicher und auch zunehmender Frontstellung zu seinen asiatischen Nachbarn (Korea, Taiwan, China / Mandschurei etc.) und ebenfalls zu den klassischen Kolonialmächten.

Zu Russland bestand bereits früh eine ausgeprägte Konfrontationsposition und zu GB und der USA bis ca. 1922 noch eine vergleichsweise "partnerschaftliche" Position (trotz maritimer Rivalität).
http://de.wikipedia.org/wiki/Flottenkonferenzen
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie konnte Japan, nach Jahrhundertelanger Isolation, so schnell wider aufsteigen zur pazifischen Großmacht?

Es gibt da auch eine historische Initialzündung, die als Schlüsselstellung ab Mitte des 19.Jahrhunderts und der japanischen modernen Entwicklung zu sehen ist.
Stichwort Matthew C. Perry.
Wiki sagt: schrieb:
Am 8. Juli 1853 landeten unter Perrys Kommando die sogenannten Schwarzen Schiffe Mississippi, Plymouth, Saratoga und Susquehanna im Hafen von Uraga nahe Edo (dem heutigen Tokio), um die Öffnung Japans gegenüber dem Westen zu erzwingen. Aufgrund des am 31. März 1854 zwischen Abe Masahiro und Perry geschlossenen Vertrag von Kanagawa wurden zunächst die Häfen Shimoda und Hakodate für amerikanische Schiffe zum Laden von Proviant geöffnet, zudem wurden im Vertrag eine „gute Behandlung“ von Amerikanern sowie eine Begünstigung amerikanischer Schiffe vereinbart.

Weitere Links:
Vertrag von Kanagawa ? Wikipedia
Schwarze Schiffe ? Wikipedia
 
Da ihr richtigerweise auf "externe Anstösse" hinweist: warum verlief dann die ökonomische Entwicklung in dem ebenfalls "angestossenen" China anders als in Japan?

- Rohstoffe, Märkte, Traditionen?
- protoindustrieller Entwicklungsstand?
- Reaktion der Führungsschichten?
- Rolle der Finanzakteure?
- maritime Wurzeln - sektoral günstige Vorgeschichte?
- Bevölkerungsverteilung?
- flankierende innenpolitische Entwicklungen?
- Anknüpfung an imperialistische, expansionistische Politik (fukoku kyohei)?

Die "erzwungene Öffnung" führte eben nicht in eine von außen dominierte, kolonial beherrschte Wirtschaft:
Iwakura-Mission ? Wikipedia
 
Jedenfalls kann man Rohstoffe ausschließen, damit war und ist Japan wirklich nicht gesegnet.
 
Das ist dem Grunde nach natürlich richtig.

Aber was folgt daraus für die wirtschaftliche Entwicklung Japans, das Interesse der Großmächte, und das beginnende Unternehmertum in Japan?;)

Das stimmt schon, dadurch hat sich auch die japanische Wirtschaft entwickelt Rohstoffe einführen und hochqualitative verarbeitete Produkte exportieren.

Aber die Errichtung von Fabriken wäre wahrscheinlich deutlich einfacher gewesen hätte man die Rohstoffe im eigenen Land.
 
Aber die Errichtung von Fabriken wäre wahrscheinlich deutlich einfacher gewesen hätte man die Rohstoffe im eigenen Land.

"Deutlich einfacher" ist eine bzw. Deine Hypothese.:winke:

Da sind wir beim Punkt: das Fehlen der Rohstoffe und die diesbezügliche Erkenntnis (die Steuerung und weitere Eingriffe, auch staatlicher Art auslöst) kann eben auch einen Teil der Dynamik erklären.
 
Da ihr richtigerweise auf "externe Anstösse" hinweist: warum verlief dann die ökonomische Entwicklung in dem ebenfalls "angestossenen" China anders als in Japan?

Der unterschiedliche Verlauf der nationalen Geschichte Chinas und Japans erklärt sich vermutlich aus einer Reihe von Faktoren, die durch die Oberbegriffe, interne und externe Faktoren generalisiert werden kann.

1. Lage im Bereich der Konsolidierung von Kolonien der Großmächte
2. interne Stabilität bzw. nationalstaatliche Modernisierung durch politische Eliten

zu 1. China hatte, im Gegensatz zu Japan das Pech, im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert im Schnittpunkt der europäischen Großmächte und der USA zu liegen.

Zum einen als Absatzmarkt für die schnell wachsenden Volkswirtschaften in Europa und den USA, aber auch im Rahmen des Beschaffungsmarketings für Rohstoffe.

Gleichzeitig wirkte sich die Theorie von Mahan (die ja bereits vor ihrer Formulierung durch Mahan schon eine implizite Geltung besass) aus und die einzelnen Großmächte agierte ebenfalls unter militärstrategischen Gesichtspunkten und verlängerten ihre Küstenlinie (Russland) und bauten ihr System der Flottenbasen aus. Das betraff ebenfals sehr strak Russalnd und als Reaktion ebenfalls die anderen europäischen Mächte inklusive dem Kaiserreich.

In der Konsequenz wirkte sich diese Rivalität negativ aus auf die chinesische Modernisierung zentraler Staatsgewalt und endete mit einem Staatsstreich und dem Abdanken des chinesichen Kaisers und dem Beginn der chaotischen Rivalität der chinesischen Warlords. Aus der die KMT als relative Sieger (in den 30er Jahren) zunächst hervorgingen.

Kaiserreich China ? Wikipedia

Für Japan gab es nicht diese geographisch definierte strategische Bedeutung für die Kolonialmächte. Anders als China lag es nicht im geographischen Schnittpunkt der nationalen Expansion der bereits vorhandenen kolonialen Einflusssphären und bot somit weder Anreiz noch die Notwendigkeit ein politisches Vakuum zu füllen.

Zumal es als Inselreich nur erfolgreich von den führenden maritimen Nationen zu beherrschen gewesen wäre.

zu 2. Der geringere europäische Druck auf die nationalstaatliche Modernisierung in Japan, wie in China, ermöglichte zwischen 1880 und 1910 dann eine rasche und relativ ungestörte Modernisierung Japans.

Und wichtig ist sicherlich auch, dass es entsprechend talentierte Staatsbeamte gab und ein junger Teno, der seinen Handlungsspielraum zu nutzen wußte und eine spezifisch japanische Vision des Imperialismus entwickelte.
 
Was mir beim Test heute eingefallen ist, alle Städte Japans liegen in der Nähe am Meer dadurch ist eine Verpflechtung mit dem Weltmarkt deutlich leichter als in China wo manche Teile des Landes weiter entfernt vom Meer sind als Lisabon von Istanbul.
 
Deswegen drehte es sich bei den Konflikten in China auch immer um den Besitz der Bahnverbindungen.

Wie im russisch japanischen Krieg 1904/05 sehr deutlich zu sehen.

Railways and the Russo-Japanese War: transporting war - Felix Patrikeeff, Harold Shukman - Google Bücher

Und die SMR war ein massiver Streitpunkt im Konflikt zwischen der UdSSR und Japan in der 30er Jahren. Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre weitete Japan seine Kontrolle bzw. auch seinen Anspruch massiv aus. Das führte zu einer massiven Bedrohungsvorstellung im Kreml während dieser Zeit (vgl. Arbeiten von Haslam zum "Threat from the east")

South Manchuria Railway - Wikipedia, the free encyclopedia

Wie man auch an dem Streckennetz sehen kann.

1939 Manchuria railway map | Flickr - Photo Sharing!
(keine Ahnung, ob der Link rechtlich ok ist!!)

Die Konflikte in 1938 und 1939 fanden dann auch in der Nähe von Eisenbahnendpunkten statt.
 
Was mir beim Test heute eingefallen ist, alle Städte Japans liegen in der Nähe am Meer dadurch ist eine Verpflechtung mit dem Weltmarkt deutlich leichter als in China wo manche Teile des Landes weiter entfernt vom Meer sind als Lisabon von Istanbul.

Es gibt in China viele große schiffbare Flüsse, es konnten Kanäle gebaut werden und spätestens ab der 2. Hälfte des 19. Jh. Eisenbahnen, siehe den Beitrag von Thane.

Und China hat und hatte viele Städte am Meer.

Der chinesische "Modernisierungsstau" in Bezug auf Japan muß dann schon andere Ursachen gehabt haben.

M. :winke:
 
Es gibt in China viele große schiffbare Flüsse, es konnten Kanäle gebaut werden und spätestens ab der 2. Hälfte des 19. Jh. Eisenbahnen, siehe den Beitrag von Thane.

Und China hat und hatte viele Städte am Meer.

Der chinesische "Modernisierungsstau" in Bezug auf Japan muß dann schon andere Ursachen gehabt haben.

M. :winke:

Naja der Jangtsee wird erst durch den Staudamm schiffbar gemacht (für große Schiffe), ganz zu schweigen das die Küstenregionen die ersten waren die von den Reformen ab 1979 profitierten und weite Teile des Westens noch im Mittelalter stecken.
 
Naja der Jangtsee wird erst durch den Staudamm schiffbar gemacht (für große Schiffe), ganz zu schweigen das die Küstenregionen die ersten waren die von den Reformen ab 1979 profitierten und weite Teile des Westens noch im Mittelalter stecken.

Es ging aber oben um grob 1850/1914. :winke:

Eine Ergänzung zur Frage der Eisenbahnen etc.: diese waren nicht nur "Tranportmittel", sondern in Verbindung mit Finanzen, Rohstoffabbau auch allererstes Mittel der ökonomischen, imperialistischen Penetration schwächerer Länder.

Schließlich unterlag China Japan 1895, ein weiterer Aspekt der Schwächung, und ein Unterschied der Situation um 1900.
 
Die Auswirkungen der Iwakara-Kommisssion trafen mit Zeitverzögerung die japanische Industrie.

Während der Meiji-Periode war das Land noch weitgehend durch eine geringe Nutzung von Maschinen gekennzeichnet. Dieses veränderte sich erst ab ca. 1900. Zu diesem Zeitpunkt wurden deutlich Steigerungen im privaten Investment erzielt und begünstigten die raschen Schritte zu Industrialisierung (Nakamura & Oduka: The Inter-war Period: 1914-1937, an Overview, in: Economic History of Japan 1914-1955, Nakamura & Oduka, 2003, S. 2).

Eine Form der Entwicklung von Industrien, die sehr spezifisch für Japan war, stark geprägt durch staatlichen Dirigismus und sehr enge Verbindungen zwischen Staat und Unternehmenrn.

Diese beginnende Industrialisierung wurde durch den WW1 in Europa noch zusätzlich unterstützt und förderte die Exportleistung Japans während des Krieges. Allerdings um stark nach dem Krieg abzufallen.

An diesem Punkt ist hervorzuheben, dass die Exportorientierung, im Rahmen des Benchmarkings der angebotenen Produkte, zu einer deutlichen Qualitätssteigerung japanischer Waren führte.

Und sich auf die Kompetenz im Flugzeug- und Schiffbau positiv niederschlug und erst die Rivalität mit den führenden westlichen Mächten ermöglichte.

Das förderte gleichzeitig zum einen seine Anbindung in die Waren- und Finanzmärkte, erhöhte aber auch andererseits seine Abhängikeit von diesen. Sowohl als Beschaffungs- wie auch als Absatzmarkt und war auch ein Auslöser für das japanische Autarkieprogramm der "Total War-Konzeption" von Ishiwara.

Im Nebeneffekt baute Japan eine vergleichsweise leistungsfähige Handelsflotte auf, die Bais für seine militärische Expansion.

Im Gegensatz zu anderen Ländern konnte Japan als aufstrebende Industrienation vom WW1 nachhaltig profitieren, wie sich am GDP auch illustrieren läßt.

......................GDP per head
.....................1890-1913........1913-1929
Germany...........1.8.....................0.8
China...............0.5.....................0.8
Japan..............1.4.....................2.4
USA.................2.0....................1.7
Quele: Feinstein, Temin, Toniolo: The World Economy between the World Wars, 2008, S. 70

Das gesamte wirtschaftliche Wachstum lag mit durchschnittlich 1.48 Prozent zwischen 1870 bis 1913 leicht über dem europäischen Durchschnitt.

Es war somit einerseist die interne Aufbruchstimmung in Japan während er Meiji-Periode, vielleicht auch ein aggressiver japanischer Imperialismus und die konkreten Umstände des WW1 und die Schwäche der Kolonialmächte, die den Aufstieg begünstigten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zumindest war Japan, so lang es bei der Kolonisierung um Rohstoffvorkommen ging relativ uninteressant für die europäischen Mächte. Für die war Japan eher als Absatzmarkt interessant, was wiederum zum Technologieimport geführt haben könnte.
 
Quele: Feinstein, Temin, Toniolo: The World Economy between the World Wars, 2008, S. 70

Das gesamte wirtschaftliche Wachstum lag mit durchschnittlich 1.48 Prozent zwischen 1870 bis 1913 leicht über dem europäischen Durchschnitt.

Das sind die Wachstumsraten (mit allem Vorbehalt der statistischen Rechnungsgrößen), BSP/GDP per capita. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Japan auf niedrigem Niveau startete und somit über dem europäischen Durchschnitt liegende Wachstumsraten relativ leicht zu erzielen waren.

Ein Name ist noch nicht gefallen: Matsukata.
Matsukata Masayoshi - Wikipedia, the free encyclopedia
Neben seinen Reformen stand er für ein drakonisches Deflationsprogramm (Matsukata-Deflation) und die theoretische/fast ideologische Basis des Wirtschaftsliberalismus.

Das Deflationsprogramm wurde umgesetzt, wobei massive soziale Verwerfungen in Kauf genommen wurden (Preissenkungen um 40%, teilweise bis 50% wie beim Reis). Programmatisch wurden Erhöhungen des Pro-Kopf-Einkommens um 150% vorgesehen.

Die "Industrialisierung" bis zum Schub des Ersten Weltkrieges und danach muss man auch kritisch betrachten: 1914 waren rd. 3 Mio. Japaner in der gütererzeugenden Industrie beschäftigt (rd. 6%, bzw. 12% der Beschäftigten), mit 22% des BSP. Japan war ein Staat mit modernisierten Infrastrukturen, deswegen aber noch kein moderner Industriestaat. Nur eine Million von den 3 Mio. arbeitete in Fabriken (Definition: > 4 (!) Beschäftigte). Davon arbeiteten 0,5 Mio. in Betrieben >100 Beschäftigte. Verteilung: 66% Textilindustrie, 15% Metallverarbeitung, Maschinenbau, Werften, Elektroindustrie, Chemie.

Das relativiert das Bild bis 1914 (und auch der Forschritte 1880-1914) erheblich.
 
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