(Augusteisch-frühtiberisches?) Römerlager Groningen?

Wie kommst du auf Lager? Und warum willst du immer aus der mittelalterlichen Stadt Groningen ein Römerlager machen?
 
Wie kommst du auf Lager?

An der Hunze angekommen, wird man dort wohl wie üblich ein Lager aufgeschlagen haben. Geografisch bietet sich das heutige Groningen dafür an, da es erstens an die Nordsee angebunden ist, und zweitens von genau dort über das Hondsrug eine gangbare Verbindung nach Süden bestand.

Und warum willst du immer aus der mittelalterlichen Stadt Groningen ein Römerlager machen?

Was wäre denn so schlimm daran wenn Groningen einmal ein Römerlager gewesen wäre, bevor es dann eine mittelalterliche Stadt wurde?

Edit: Groningen liegt übrigens 66 km entfernt vom bekannten Römerlager Bentumersiel.
 
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Was wäre denn so schlimm daran wenn Groningen einmal ein Römerlager gewesen wäre, bevor es dann eine mittelalterliche Stadt wurde?

Nichts wäre daran "schlimm". Aber bis auf Behauptungen ist da bisher nichts gekommen, der archäologische Befund sagt nichts von den Römern, Hinweise auf mittelalterliche Planstädte wurden ignoriert. Das nervt einfach auf Dauer.

Vitellius marschiert mit seinen Soldaten durchs Watt, damit Germanicus' Schiffe bei Ebbe in den Prielen des Wattenmeers nicht zu viel Tiefgang hatten. Es kommt am 22./23. September des Jahres 15 zu einer Sturmflut, was dazu führt, dass eine Reihe der Soldaten des Vitellius ertrinken. Diejenigen die sich in die Marschen retten können, begegnen dann zwei Tage später Germanicus an einer Flussmündung wieder, wo sie die Schiffe wieder bestiegen. Die Annahme, dass sie erst mal 30 km ins Landesinnere marschieren mussten, ist an dieser Stelle völlig abwegig und entsprach nicht der offenbar vorher getroffenen Verabredung wegen der Vitellius durch's Watt marschierte.
 
Nichts wäre daran "schlimm". Aber bis auf Behauptungen ist da bisher nichts gekommen, der archäologische Befund sagt nichts von den Römern, Hinweise auf mittelalterliche Planstädte wurden ignoriert. Das nervt einfach auf Dauer.

Niemand behauptet etwas. Es liegen aber mittlerweile drei Indizien für Groningen als römischem Standort vor:

- Die Ähnlichkeit des Stadtgrundrisses mit einem römischen Lagergrundriss. (-> JChatt)

- Die geografische Lage (an der Hunze!)

- Die Entfernung nach Bentumersiel von 30 Leugen (66 km)

Vitellius marschiert mit seinen Soldaten durchs Watt, damit Germanicus' Schiffe bei Ebbe in den Prielen des Wattenmeers nicht zu viel Tiefgang hatten. Es kommt am 22./23. September des Jahres 15 zu einer Sturmflut, was dazu führt, dass eine Reihe der Soldaten des Vitellius ertrinken. Diejenigen die sich in die Marschen retten können, begegnen dann zwei Tage später Germanicus an einer Flussmündung wieder, wo sie die Schiffe wieder bestiegen. Die Annahme, dass sie erst mal 30 km ins Landesinnere marschieren mussten, ist an dieser Stelle völlig abwegig und entsprach nicht der offenbar vorher getroffenen Verabredung wegen der Vitellius durch's Watt marschierte.

Warum "ins Landesinnere"? Du schriebst doch selber weiter oben: "Das ergäbe dann auch einen Sinn, weil so Vitellius vom Dollart Richtung Westen marschiert wäre".

Wenn man vom Dollart in Richtung Westen marschiert, gelangt man nach zwei bis drei Tagesmärschen ganz zwanglos nach Groningen.

Edit: Der Dollart entstand erst im Spätmittelalter, allerdings lag wohl um die Zeitenwende der Meeresspiegel höher als heute.
 
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Niemand behauptet etwas. Es liegen aber mittlerweile drei Indizien für Groningen als römischem Standort vor:

- Die Ähnlichkeit des Stadtgrundrisses mit einem römischen Lagergrundriss. (-> JChatt)

- Die geografische Lage (an der Hunze!)

- Die Entfernung nach Bentumersiel von 30 Leugen (66 km)

- und wie sieht es mit römischen Funden aus? In Groningen wird sicher genauso gebaut wie in anderen Städten. Und in jeder Stadt (ich kenne zumindest keine, in der es nicht zutrifft), in der auch die Römer waren, werden römische Funde in mehr oder weniger großer Zahl gefunden - und wenn es nur viele Scherben sind.

Wie sieht es also mit römischen Funden aus Groningen aus?
 
- und wie sieht es mit römischen Funden aus? In Groningen wird sicher genauso gebaut wie in anderen Städten. Und in jeder Stadt (ich kenne zumindest keine, in der es nicht zutrifft), in der auch die Römer waren, werden römische Funde in mehr oder weniger großer Zahl gefunden - und wenn es nur viele Scherben sind.

Wie sieht es also mit römischen Funden aus Groningen aus?

Die gibt es zum Beispiel in Selwerd, knapp nördlich von Groningen:

"Bij archeologisch onderzoek in 1971 werd duidelijk dat Selwerd uit ten minste twee huiswierden bestaat. Er werden Romeinse scherven, wat huttenleem en enkele middeleeuwse botfragmenten aangetroffen." [Wikipedia]
 
Wenn Groningen Stadtgebiet auf einem römischen Lager stehen soll, dann sollte es auch römische Funde aus diesem Gebiet geben. Wenn da überhaupt nichts da ist, dann spricht das nicht unbedingt für die Existenz eines Lagers in diesem Gebiet - Ähnlichkeiten in Stadtgrundrissen hin oder her.
 
Wenn Groningen Stadtgebiet auf einem römischen Lager stehen soll, dann sollte es auch römische Funde aus diesem Gebiet geben. Wenn da überhaupt nichts da ist, dann spricht das nicht unbedingt für die Existenz eines Lagers in diesem Gebiet - Ähnlichkeiten in Stadtgrundrissen hin oder her.

Selwerd ist gerade einmal 3 km vom Stadtzentrum entfernt und hat halt den Vorteil, dass es nicht seit vielen Jahrhunderten überbaut ist wie die Innenstadt.
 
Klar. Ihr postuliert aber ein Römerlager in Groningen und nicht in Selwerd. Und gerade bei Baumaßnahmen in Groningen sollte man römische Funde erwarten, wenn dort ein Lager gewesen sein sollte. Und keine Funde sind dann angesichts der Fundsituation in so vielen anderen sicheren römischen Orten kein sonderlich überzeugendes Argument pro Groningen als römischer Truppenstandort.
 
Warum bist du dir so sicher? Nach den Klimadaten herrschte um die Zeitenwende ein klimatisches Optimum, wir sollten also schon mit einem etwas höheren Meerespiegel rechnen.

Um die Zeitenwende war in etwa der jetzige Meeresspiegel. Zumal ja auch mehr Eis in den Gletschern Weltweit gebunden sein dürfte.

Meeresspiegelanstieg ? Wikipedia

Zum Watt ist zu sagen das sich die Küstenlinie vor allem in Sturmfluten geändert hat. Und Küstenschutz wie wir ihn seit dem MA kennen war in der Bronzezeit in Germanien wohl unbekannt. Allenfalls das Wurften aufgebaut wurden. Und dadurch das das Land ungeschützt war konnte sich die Küstenlinie stark verändern.
Ein interessanter Link zur Englischen Tante Wiki zu diesem Thema:

Coastal management - Wikipedia, the free encyclopedia

Apvar
 
- Die Ähnlichkeit des Stadtgrundrisses mit einem römischen Lagergrundriss. (-> JChatt)

selbst bei ehemaligen römischen Städten lässt sich der Stadtgrundriss oft genug nicht in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Nachfolgesiedlung ablesen, z.B. Sumelocenna heute Rottenburg am Neckar

ein kurzlebiges Lager, noch dazu in Germanien (!), hat da meiner laienhaften Ansicht nach noch geringere Chancen, sich in einem neuzeitlichen Stadtgrundriss wiederzufinden...
 
selbst bei ehemaligen römischen Städten lässt sich der Stadtgrundriss oft genug nicht in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Nachfolgesiedlung ablesen
spaßeshalber ein Kuriosum zu diesem Thema:
das erste Bilde (von google maps per screenshot) zeigt nicht die Umrisse eines römischen Lagers, sondern das, was auf dem zweiten Bild zu sehen ist :):)

(die neues Siedlung folgt dem abgerissenen Fort Alexander, einer Festungsanlage des 19. Jhs.)
 

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Niederländischer Küstenverlauf zur Römerzeit

Heureka, endlich habe ich eine Karte gefunden, die einen mutmaßlichen Küstenverlauf um 50 n. Chr. darstellt.

Quelle: Wikipedia, Rhein-Maas-Delta

Die Karte ist etwas schlecht zu lesen, man kann aber erkennen, dass Groningen, auf dem nördlichen Ende des Hondsrug, damals genau am Rand des Wattenmeers gelegen hätte, welches sich viel weiter nach Süden ausbreitete -- wohl in erster Linie mangels Eindeichung, den Meeresspiegel können wir wohl vernachlässigen.
 
Römische Funde aus dem Bereich des postulierten lagergebietes aus groningen fehlen weiterhin. Spricht nicht für die Idee.
 
Römische Funde aus dem Bereich des postulierten lagergebietes aus groningen fehlen weiterhin. Spricht nicht für die Idee.

Das ist mit Verlaub etwas unfair. Für mich wurde Groningen erst gestern so richtig interessant, als @ElQuixote einen zweitägigen Westmarsch vom Dollart zur Hunze vorschlug: eben dort liegt heute Groningen.

Leider ist mein Niederländisch sehr rudimentär, und so war ich schon froh in der kurzen Zeit immerhin römische Scherben am Stadtrand von Groningen aufzeigen zu können.

Wie wir heute wissen, lag die Lokalität des heutigen Groningen in der fraglichen Zeit an der Mündung der Hunze in das Wattenmeer -- nicht der schlechteste Platz für einen Hafen.
 

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Römische Funde aus dem Bereich des postulierten lagergebietes aus groningen fehlen weiterhin. Spricht nicht für die Idee.

In der CUT hat man auf einer nur minimal bebauten Insulae 15 Hinweise auf ein vorcoloniazeitliches Militärlager entdeckt.
Ich zitiere Sabine Leih "Eindeutige Befunde zu diesem Kontext fehlen jedoch und es bleibt zu fragen, wo die baulichen Strukturen der militärischen Präsenz im frühen 1. Jhd n. Chr. zu lokalisieren sind. Diese Lücke in der Forschung mag zum einen durch die intensive spätere, coloniazeitliche Überprägung der Strukturen gerade durch die Steinfundamente des 2. Jahrhunderts n.Chr. und die damit verbundenen umfänglichen Bodeneingriffe bedingt sein, zum anderen durch die Ausschnitthaftigkeit der Grabungen und deren Projekt- oder Zeitvorgaben."

Da habt Ihr gleich zwei Begründung. Dieses Problem haben wir übrigens bei allen in Stein ausgeführten römischen Städten und Lagern, daß die in Holz-Erde ausgeführten Vorgängerbauten nicht mehr recht fassbar sind.
Z.B. in Nijmegen wo das augusteische Holz-Erde-Lager strukturell nur noch ausserhalb des späteren Steinlagers ergraben werden konnte. Aber auch in Regensburg, Wien und Köln.
In der CUT ist wie gesagt die Insulae 15 teilweise unbebaut geblieben, so daß teilweise Kleinfunde erhalten bleiben konnten. Im wesentlich dichter und länger überbauten Groningen ist das wohl leider nicht mehr zu erwarten.
Aber wie wir ja schon von unserem amtlich tätigen Sondengänger in Kneblinghausen hörten, haben die fehlenden römischen Funde die dortigen Archäologen nicht davon abgehalten, das Lager dann nur nach der Struktur als Römerlager zu klassifizieren.

Also fehlende Funde kann man begründen. Das man IMMER etwas findet ist eine von keinem Archäologen geteilte pseudowissenschaftliche Fehleinschätzung.
Und die sogenannte "Mittelalterliche Planstadt" ist nicht mehr als eine regellose Worthülse in die man alle irgendwie geplant wirkende Strukturen einer Stadt versenkt hat. Sie besitzt also einen ähnlichen Argumentationswert als wenn man einen x-beliebigen Germanenstamm über ganz Europa verortet und das mit der Völkerwanderung begründet.


Gruß
jchatt
 
Und die sogenannte "Mittelalterliche Planstadt" ist nicht mehr als eine regellose Worthülse in die man alle irgendwie geplant wirkende Strukturen einer Stadt versenkt hat. Sie besitzt also einen ähnlichen Argumentationswert als wenn man einen x-beliebigen Germanenstamm über ganz Europa verortet und das mit der Völkerwanderung begründet.

Gibt es Urkunden, die den Abriss der ursprünglichen Siedlung und die Errichtung einer mittelalterlichen Planstadt im 12./13. (?) Jahrhundert belegen? Zumindest im Wikipedia Artikel zu Groningen lese ich nichts von Stadtbränden oder kriegsbedingten Verwüstungen vor dem 2. Weltkrieg, Groningen scheint sich ansonsten kontinuierlich entwickelt zu haben, dementsprechend müssten ja auch noch Urkunden zu diesem wichtigen Einschnitt in der Stadtgeschichte erhalten sein.
 
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