(Augusteisch-frühtiberisches?) Römerlager Groningen?

El Quijote hat doch bereits oben aus der niederländischen Seite zitiert, dass sich erst um 800 n. Chr. aus zwei Weilern entstand. Archäologische Spuren, dass dort früher als 800 n. Chr. eine Siedlung/Römerlager waren, gibt es nicht. Und damit ist es doch müßig zu diskutieren, ob Groningen aus einem Römerlager hervorgegangen ist.

Hinter mir im Regal stehen hölzerne Datenträger, denen zufolge die Römer nach der Varusschlacht und Germanicus' Rachefeldzügen keine nennenswerten Vorstöße nach Germanien mehr vornahmen. Eine Schlacht im Harzhorn z.B. kann danach also gar nicht stattgefunden haben. :devil:

Archäologische Spuren von zwei Weilern um 800 lassen doch noch keine Aussage über das gesamte Altstadtgebiet zu, wenn in großen Teilen nie archäologisch gegraben worden ist. Während der Beseitigung der Kriegsschäden nach dem 2. Weltkrieg hatte man auch sicher ganz andere Prioritäten.
 
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So. Ich hab jetzt auch mal ein wenig mit Graphiken und Straßen gespielt.

Basis ist dieser Plan, bei dem niemand widersprochen hat, dass er Oberarden nicht passend wiedergeben würde:

Bildteil - Anzeige

Darin habe ich alle Straßen sowie die Wälle markiert, denn irgendwie finde ich es seltsam, dass nur wenige Straßen eine Rolle spielen sollen, wenn doch nach dem Plan offenbar mehr bzw. eigentlich alle Straßen des Lagers erschlossen worden sind:

Oberarden Plan und Straßen.jpg

Ohne den Plan sieht das ganze so aus:

Oberarden nur Straßen.jpg

Dann hab ich diesen Plan von jchatt genommen:

Und meinen Straßenplan versucht da hinein zu kopieren. Bei der Größe hab ich mich an zwei der Wallecken orientiert - aufgrund meiner latenten Unfähigkeit mit Zeichenprogrammen umzugehen, musste ich den Plan allerdings auf den Kopf stellen:

Oberarden neu.jpg

Wenn mir nicht ein grundsätzlicher Fehler unterlaufen ist, dann zeigt sich mehreres:


  • Der Wall passt nicht mehr so schön wie bei jchatt.
  • Das kleinteilige Straßensystem von Oberarden kommt in Groningen in keinster Weise vor.
Für Kritik an diesem Vorgehen bin ich auf jeden Fall offen. :winke:



Und nun?
 
Archäologische Spuren von zwei Weiler um 800 lassen doch noch keine Aussage über das gesamte Altstadtgebiet zu, wenn in großen Teilen noch nie archäologisch gegraben worden ist.
...nachdem sich dort ja angeblich römische Strukturen, und zwar städtebaulich relevante, unnachweislich aber plandreherisch gewiß im Boden befinden: könnte man die Hoffnung nähren, dort neben dem schon erwähnten Aliso auch noch den Niebelungenhort und die Bundeslade zu finden? :D:D

Während der Beseitigung der Kriegsschäden nach dem 2. Weltkrieg hatte man auch sicher ganz andere Prioritäten.
stimmt, da war man - Groningen - darauf fixiert, beim Wiederaufbau den Plan von Oberaden (etwas gedreht und variiert) zu realisieren :devil::rofl:

bevor ich jetzt für diese Witzelei Schelte kriege: ich bin nun mal ein alles Genialisch-Neue verkennender böser Blockwart :devil:
 
Das von mir oben angeführte Beispiel des ebenfalls augustäischen Kastrums Barcino willst du nicht gelten lassen?
Das ist ein sehr interessantes Beispiel. Aber zwei Hinweise:

-Das alte Barcino lag auf einer Erhöhung und die Lagermauern folgten dessen Kontur, deshalb die längliche Form. Gibt es in Groningen auch eine Erhöhung?

-In Barcelona existieren zahlreiche Archäologische Reste aus der Römerzeit und sogar noch sichtbare überirdische Bauteile. Das gibt es in Groningen definitiv nicht.

-Von Barcelona weiss man, dass es eine kontinuirliche Besiedelung gab. Bei Groningen gibt es keinen Beweis dafür, eher das Gegenteil.

Ich denke, dass nach eine Siedlungslücke von mehreren Hundert Jahren, von einem Holzlager nicht genügend übrig bleibt um die nachfolgenden Siedler dazu zu bewegen den selben Grundriss zu übernehmen. Für ein Steinlager fehlt jedoch jeder Beweis.

Trotz der interessanten Übereinstimmungen, halte ich es weiterhin für unwahrscheinlich, dass Groningen sich aus einem Lager entwickelt hat.


...
bevor ich jetzt für diese Witzelei Schelte kriege: ich bin nun mal ein alles Genialisch-Neue verkennender böser Blockwart :devil:

In der modernen medialen Welt heisst so etwas Bloggwart
 
Das ist ein sehr interessantes Beispiel. Aber zwei Hinweise:

-Das alte Barcino lag auf einer Erhöhung und die Lagermauern folgten dessen Kontur, deshalb die längliche Form. Gibt es in Groningen auch eine Erhöhung?

Ja, gibt es: den nördlichsten Ausläufer des Hondsrug (siehe Höhenprofile im Anhang).
 

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Ich werde mir mal das bereits erwähnte Werk "Die Fundmünzen der röm. Zeit in den Niederlanden. Provinzen Groningen ..." (1996) besorgen, um zu schauen, welche Münzen in welchem Fundzusammenhang und welchem Umfang überhaupt letztendlich in Groningen gefunden wurden. Weiteres zu den Münzen dann später ...

Habe das Buch jetzt vor mir liegen und trage mal vor, was darin auf S. 46-51 u. 88f zu finden ist. Historisch auswerten und schlussfolgern müsst Ihr dann;) (kann ich näml. nicht):

Ein Schatzfund röm. Münzen in der Stadt Groningen ist leider nur ein einziger bekannt (< irgendwie ein komischer Satz?): 1889 fand man 8 Sesterzen aus der Mitte des 2. Jhs. n. Chr. (und zwar "in den wal van het Boterdiep", also nördlich des Stadtkerns*). Es sind außerdem ca. 9 Einzelfund-Münzen aus dem 2. Jh. verzeichnet (etwa die Hälfte davon im Stadtkern* gefunden, die andere Hälfte in unmittelbarer Nähe des Stadtkerns*).
Aus dem 1. Jh. n. Chr. sind 4 einzelne Münzen gefunden worden, von Nero über Galba und Otho bis hin zu Vespasian (evtl. noch eine weitere von Domitian).

Uns interessiert ja aber eigentlich die augusteische Zeit. Aus dieser Zeit wurde nicht viel gefunden, aber immerhin mehr, als wir bisher wussten:):
Es wurden drei einzelne Augustus-Asse gefunden, zwei geprägt in Rom, die im Werk auf 16-6 v. Chr. datiert werden, ein As geprägt in Lugdunum, das auf 10 v.-10 n. Chr. datiert wird. Alle drei sind 1989 gemachte Detektorfunde, die auf einem Schuttgelände bei Singelstraat/ Turfstraat gemacht wurden, also im nord-östl. Gebiet des Stadtkerns*.
Die erste Münze ist auf der Rückseite mit dem Gegenstempel CAESAR versehen, die zweite mit dem Gegenstempel AVG(ustus). Bei der dritten ist die Rs. doppelt geschlagen. Die drei Münzen befinden sich im Groninger Museum.
Ein viertes Augustus-As (1967 gefunden) wird auf 16 v. Chr. datiert; allerdings ist die Fundstelle anscheinend nicht mehr genau nachzuvollziehen - womögl. "bei Baggerarbeiten in der Ems gefunden".

*Mit "Stadtkern" meine ich immer das Gelände innerhalb des Wassergrabens.
 
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Hinter mir im Regal stehen hölzerne Datenträger, denen zufolge die Römer nach der Varusschlacht und Germanicus' Rachefeldzügen keine nennenswerten Vorstöße nach Germanien mehr vornahmen. Eine Schlacht im Harzhorn z.B. kann danach also gar nicht stattgefunden haben. :devil:

Schlachtfeldarchäologie und Siedlungsarchäologie sind aber zwei unterschiedliche paar Schuh. Das ist so, als wolltest du Sandalen mit Winterstiefeln messen und würdest dich beim Schuhhändler beschweren, dass Sandalen bei eisigen Temperaturen einfach nicht brauchbar sind, wegen der Löcher und des fehlenden Futters.

Archäologische Spuren von zwei Weilern um 800 lassen doch noch keine Aussage über das gesamte Altstadtgebiet zu,
Sie zeigen immerhin, dass die beiden frühmittelalterlichen Weiler - wir sprechen hier von Höfen mit Grubenhäusern und Wohnstallhäusern - nicht über römischen Strukturen errichtet wurden, die sie nämlich nicht vollends hätten rasieren können. Da aber nach der These von jchatt und dir die Innenstadt erkennbar am Stadtplan auf einem römischen Lager basiert, sollten doch Spuren gefunden werden, die von den beiden Weilern geschnitten werden. Dies ist aber bemerkenswerterweise nicht der Fall. Da ich selbst in Stadtkerngrabungen als Grabungshelfer tätig war (ich habe damit Teile meines Studiums finanziert), kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, dass man selbst unter Kellern von Gebäuden aus dem 15. - 17. Jahrhundert noch die Spuren der frühmittelalterlichen Bebauung finden kann: Pfostensetzungen und Grubenhäuser und natürlich jede Menge an Scherben und Knochen. Ich will ja einsehen, dass Keller durchaus dazu führen können, dass Pfostensetzungen und Grubenhäuser aus dem Befund entfernt werden, aber für eine frühmittelalterliche Siedlung ist das nicht möglich. Kann man die im Befund nachweisen, dann muss man auch die vorhergehenden Ansiedlungen nachweisen können. Findet man diese nicht, dann hat sie keine Spuren hinterlassen. Wenn sie aber keine Spuren hinterlassen hat, dann ist auch nicht einzusehen, warum der Stadtplan auf eben diesen nichtexistenten basieren soll.
 
Sie zeigen immerhin, dass die beiden frühmittelalterlichen Weiler - wir sprechen hier von Höfen mit Grubenhäusern und Wohnstallhäusern - nicht über römischen Strukturen errichtet wurden, die sie nämlich nicht vollends hätten rasieren können. Da aber nach der These von jchatt und dir die Innenstadt erkennbar am Stadtplan auf einem römischen Lager basiert, sollten doch Spuren gefunden werden, die von den beiden Weilern geschnitten werden. Dies ist aber bemerkenswerterweise nicht der Fall.

Zugegeben, das ist ein gewichtiges Argument, das mir auch zu denken gibt.

Da mein Pulver jetzt wohl gänzlich verschossen ist und ich geneigt bin das Thema Groningen bis zu einem allfälligen zukünftigen Sensationsfund erst einmal ad acta zu legen, möchte ich nur noch zu bedenken geben wie wenige der vermuteten 50+ römischen Marsch- und Standlager in der Germania Magna bisher überhaupt gefunden wurden, trotz intensiver Landwirtschaft und Bautätigkeit und unzähligen legalen und leider auch illegalen Sondengängern. Auch Kneblinghausen kommt in den Sinn, wo römische Funde anscheinend komplett fehlen, obwohl doch ansonsten alles auf ein römisches Lager verweist.

Dank an alle, die sich konstruktiv an dieser Diskussion beteiligt haben, besonders auch an @buschhons für seine Bemühungen betreffs der römischen Münzfunde in Groningen.
 
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