Augustus von Primaporta

chris2508

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Servus Forum!
Die Augustusstatue von Primaporta stellt bekanntlich den ersten römischen Kaiser Augustus dar.
Ausser einer Tunika und einem Brustpanzer trägt der Kaiser ein um die Hüfte geschlungenes Tuch, dessen Ende vom linken Unterarm etwas hochgehoben wird.
Frage: Welche Funktion hat das Textil bei dieser Darstellung? Sollte es die Erhabenheit bzw Göttlichkeit des Kaisers vermitteln? Oder ist es schlicht als ein zusätzliches Dekorationsdetail zu verstehen?
MfG,
Chris
 
Bei dem Tuch handelt es sich um den Feldherrenmantel, er zeigt den militärischen Status des Abgebildeten. Aus praktischen Gründen würde ich Folgendes vermuten: das Mantel kann nicht übergehängt werden, weil dies den wichtigen Brustpanzer verdeckt hätte, auf dem die Rückgabe des Feldzeichens aus der Schlacht von Carrhae (Harran) abgebildet ist. Zudem würde das die klassisch-griechische Körperhaltung ruinieren. Also trägt er ihn nur zur Hälfte. Zusätzlich hatte er in der linken Hand wohl eine Lanze gehalten (die sich nicht erhalten hat), womit Brustpanzer, Mantel und Lanze die militärischen Qualitäten des Augustus betonen.
 
Ich nehme an Du meinst das um seine Hüfte geschlungene Tuch und über seinen linken Unterarm gelegt.

Dies ist ein „paludamenta“, ein Feldherrenmantel.
Ein Umhang, der von Beamten und Militäroffizieren des alten Roms getragen wurde, besonders in Kriegszeiten.
 
Nur zur Veranschaulichung, damit man weiß, über welche Statue geredet wird und nicht erst suchen muss:
800px-Statue-Augustus.jpg

aus: Augustus von Primaporta – Wikipedia
 
Augustus:


upload_2022-8-22_8-24-26.jpeg

Auf dem Brustpanzer befindet sich eine verkürzte Darstellung von der Rückgabe der von Crassus einst bei der Niederlage von Carrhae 53 v. Chr. verlorenen Feldzeichen. Das Ereignis kann in die Jahre 20/19 v. Chr. datiert werden. Es wird angenommen, dass die Statue unmittelbar danach entstand.

Hier was bei Wiki über diese Schlacht steht:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Carrhae

Marcus Licinius Crassus von 85 v. Chr. – 49 v. Chr.
Gaius Octavius (Augustus) von 63 v. Chr. – 14 n. Chr.
 
Irgendwie ließ mich die Ablage des Feldherrenmantels auf dem linken Arm nicht in Ruhe. Sie scheint mir nämlich eine Pose zu sein, die für Rhetoren typisch ist. Hierzu z.B. die Statue von Cicero vor dem römischen Justizpalast, die wahrscheinlich nicht antik ist, aber nach einem antiken Vorbild gestaltet. Doch ist dieselbe Pose auffällig.
Möglicherweise - aber hier muss ich spekulieren - hat die Augusteische Pose sogar einen direkten Bezug zu Cicero selbst, denn dieser hatte Octavian nach Caesars Ermordung aufgrund seiner Abneigung zu Marc Anton Unterstützung angeboten. Wenn diese Pose somit ein Hinweis auf Cicero sein sollte, erübrigt sich natürlich meine vorige These, dann besteht nämlich ein direkter Bezug, und die Pose will sagen: Dieser Herrscher wurde auch von Cicero unterstützt (was keine schlechte Propaganda war).
Solche subtile Einzelheiten kann ich jedoch nicht recht überblicken, aber es gibt Leute im Forum, die können das.
 
Diese These halte ich für sehr gewagt: Erstens würde wohl kaum ein Betrachter auf einen solchen Bezug kommen. Zweitens konnte Augustus kaum Interesse daran haben, an seine Verbindung mit Cicero zu erinnern, da er nicht ganz unschuldig an dessen Tod war. (Als Triumvir hatte er akzeptiert, dass Cicero von seinem Kollegen Marcus Antonius proskribiert wurde.)
 
Zweitens konnte Augustus kaum Interesse daran haben, an seine Verbindung mit Cicero zu erinnern, da er nicht ganz unschuldig an dessen Tod war. (Als Triumvir hatte er akzeptiert, dass Cicero von seinem Kollegen Marcus Antonius proskribiert wurde.)
Sicher, aber die Proskriptionsliste stammt von Marc Anton, auch die Mörder standen unter seinem Befehl. Dagegen hat sich Octavian zeitlebens immer wieder öffentlich von der Tat distanziert und gerechtfertigt, so etwa in dem Bericht, er habe sich 3 Tage gewunden und gezögert, die Liste zu unterschreiben. Oder auch in seiner Förderung von Ciceros Sohn Marcus, mit dem er später das Konsulat teilte und in dieser Zeit Marc Anton der damnatio unterwarf, was so weit ging, dass Marcus mit Octavians Billigung die Antonius-Statuen zerstören durfte.
Zudem war Ciceros Tod 43 vChr. Die Statue datiert aber mit Sicherheit einiges nach 20 vChr (an diesem Datum fand die Übergabe des Feldzeichens statt), damit gewiss mehr als 25 Jahre nach dem blutigen Ereignis.

Ich habe mir noch die englische Wikipedia vorgenommen: dort wird die fehlende Lanze als Konsulstab interpretiert und die Haltung des (allerdings rechten !) Arms als Anspielung an Rhetoren:
... meaning the statue should form part of a commemorative monument to his latest victories; he is in military clothing, carrying a consular baton and raising his right hand in a rhetorical adlocutio pose, addressing the troops.
So ganz falsch lag ich damit also nicht, nur dass die wikipedia den rechten Arm als Rednerpose interpretiert.
 
Sicherlich kann der Mantel -wie Eumolp hervorhebt- aus praktischen Gründen um die Hüfte geschlungen worden sein, um den Brustpanzer zu präsentieren. Er hätte aber auch über den Schultern getragen werden können wie beispielsweise bei Kaiser Hadrian (Arch. Museum von Olympia). Ich denke, dass Augustus hier in der Pose eines vergöttlichten Orators dargestellt werden soll.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum "Orator" passt aber nicht der Brustpanzer. Redner traten in zivil auf. Ein Redner in Rüstung wäre geradezu eine Provokation gewesen. Augustus, das Schicksal seines Adoptivvaters vor Augen, trug zwar durchaus unter der Tunika einen Panzer, aber eben unter der Tunika und nicht deutlich sichtbar.
Mit Panzer und Feldherrenmantel ist er ein Imperator.
 
Zum "Orator" passt aber nicht der Brustpanzer. Redner traten in zivil auf. Ein Redner in Rüstung wäre geradezu eine Provokation gewesen. Augustus, das Schicksal seines Adoptivvaters vor Augen, trug zwar durchaus unter der Tunika einen Panzer, aber eben unter der Tunika und nicht deutlich sichtbar.
Mit Panzer und Feldherrenmantel ist er ein Imperator.
Das klingt plausibel, es sei denn, man schränkt die Redneraktivität auf Reden vor Soldaten im Feld ein. So sieht es ja auch die wikipedia. Übrigens bin ich von der Spekulation mit Cicero abgekommen, weil ich mir beide Statuen näher angeschaut habe: die Haltung des linken Arms ist doch sehr unterschiedlich.
Bleibt also das herrschaftliche und militärische Element der Statue.
 
Servus Forum!
Die Augustusstatue von Primaporta stellt bekanntlich den ersten römischen Kaiser Augustus dar.
Ausser einer Tunika und einem Brustpanzer trägt der Kaiser ein um die Hüfte geschlungenes Tuch, dessen Ende vom linken Unterarm etwas hochgehoben wird.
Frage: Welche Funktion hat das Textil bei dieser Darstellung? Sollte es die Erhabenheit bzw Göttlichkeit des Kaisers vermitteln? Oder ist es schlicht als ein zusätzliches Dekorationsdetail zu verstehen?
MfG,
Chris
Ist das auf dem Brustpanzer abgebildete Feldzeichen ein sog. Legionsadler?

Der Augustus von Prima Porta war mit großer Wahrscheinlichkeit die Kopie einer Augustus-Statue die an offizielle Stelle stand. Sie wurde anscheinend nach Augustus Tod und seiner Vergöttlichung angefertigt. Der Princeps ist barfuß dargestellt. Zu seinen Füßen trägt ein Delphin den als Putto dargestellten Genius des Kaisers über den Fluss der Unterwelt.

Augustus ist im Kriegsornat als Imperator dargestellt. Das Textil ist der Kriegsmantel, das Sagum im Unterschied zur zivilen Toga. Sagum premere, bzw. sagum ponere. Das Sagum nehmen oder das Sagum ablegen, war synonym für Krieg führen oder Krieg beenden.

Augustus ist zwar im Kriegsornat als siegreicher Imperator dargestellt. Die ganze Konzeption und die Motive auf dem Brustpanzer symbolisieren aber Augustus als "Friedenskaiser". Auf dem Brustpanzer sind eine Trauernde dargestellt als Allegorien der (unterworfenen) Provinzen Gallia und Pannonia.

In der Mitte übergibt ein Mann in der Kleidung der Parther einem römischen Offizier einen Legionsadler.

Das war eigentlich ungeheuerlich, denn wie kam ein "Barbar" in den Besitz eines römischen Feldzeichens und wie konnte sich ein römischer Offizier herablassen, so etwas anzunehmen.

Die Vorgeschichte ist etwas heikel und sie war mit einer der schlimmsten Niederlagen verbunden, die römische Legionen je erlitten: Das Debakel von Carrhäe 53 v. Chr.

Marcus Licinius Crassus hatte mit Caesar und Pompeius eine private Übereinkunft das sogenannte erste Triumvirat (60 v. Chr.) Crassus war der reichste Römer seiner Zeit. Keiner hatte bei den sullanischen Proskriptionen so gierig zugelangt wie er. Von Crassus wurde überliefert, das er mal sinngemäß sagte, wer nicht eine eigene Armee ausrüsten könne, sei eigentlich ein Habenichts. Mit militärischen Lorbeeren war es aber etwas mau bei Crassus. Er konnte an Kriegstaten nur die Niederschlagung des Spartacus-Aufstands verweisen, bei der er sich eher durch Brutalität, als durch Kriegskunst auszeichnete. Er hatte mehrere römische Einheiten dezimieren lassen und hatte 6000 Sklaven kreuzigen lassen und die Via Appia damit geschmückt. Pompeius aber hatte die kilikischen Piraten geschlagen und hatte als ein neuer Alexander den Osten befriedet und neu geordnet. Caesar hatte ganz Gallien erobert. Um mit seinen Konkurrenten gleichzuziehen, wollte Crassus das Partherreich erobern.
Einen Kriegsgrund gab es nicht. Es herrschte Frieden, und es gab auch keine aktuellen Konflikte. Als Crassus einmarschierte und ein Satrap anfragte, sagte er, in Ktesiphon wollte er darauf eine Erklärung geben.

Crassus kam erst unter überraschenden Umständen in die Hauptstadt. Bei Carrhae wurde Crassus geschlagen, seine Armee zum großen Teil vernichtet. Cassius einer der Caesarmörder erwarb sich Kriegsruhm, weil es ihm gelang, sich als Stabsoffizier mit einem größeren Kontingent nach Syrien zurückzuziehen. Crassus aber geriet bei Waffenstillstandsverhandlungen mit den Partnern in Streit und wurde erschlagen. Der Satrap Surenas ließ Crassus Kopf in Honig kochen und konservieren und schickte ihn in die Residenz Seleukia-Ktesiphon. Dort hatte gerade der Kronprinz Hochzeit und zu seinen Ehren führte eine griechische Truppe die Bachantinnen des Euripides auf.

Darin wird der König von Theben, der Dionysos beleidigt hatte, im Wahn von den Mänaden erschlagen, weil sie ihn für einen Löwen halten.

Als der Schauspieler, der die Rolle der Königinmutter spielte, die berühmten Verse zitierte:

Wir bringen vom Berge nach Hause getragen
Die herrliche Beute, das blutige Wild."

holte der Schauspieler Crassus präparierten Kopf aus einem Körbchen was frenetischen Beifall auslöste.

Caesar trug sich mit dem Gedanken, einen Feldzug gegen Parthien zu führen, und Augustus Mit-Triumvir Marcus Antonius hatte sich mit wenig Erfolg daran versucht.
Augustus erreichte auf dem Verhandlungswege, dass die Parther die erbeuteten Legionsadler an Tiberius zurückgaben. Dieses Ereignis ist auf dem Brustpanzer dargestellt.

Augustus war kein großer Krieger. Bei Philippi wurde sein Flügel von Brutus geworfen, und der spätere Augustus musste sich ein paar Tage verstecken, bis er erfuhr, dass er einen grandiosen Sieg erfochten hatte. Besser gesagt, Marc Anton hatte seinerseits den Flügel von Cassius geworfen, und Brutus und Cassius hatten sich umgebracht. Augustus hat aber dennoch das Römische Reich ausgedehnt wie nur wenige Kaiser. Galatien, Ägypten und Pannonien wurden römische Provinzen. Grundsätzlich aber betrachtete Augustus das Imperium als saturiert. Rom und die Provinzen erfreuten sich unter Augustus einer langen Friedenszeit, und Augustus konnte die Bürgerkriege beenden. Nach seiner Herrscherideologie war er es, der die Römische Republik wieder herstellte.
 
Gab es auch andere militärische Begebenheiten in der römischen Geschichte, wo ein od. mehrere Legionsadler vom Feind zurückgegeben worden sind?
 
Meinst Du nur (mehr oder weniger) freiwillig zurückgegeben oder auch gewaltsam zurückgewonnen?

Augustus berichtete im 29. Kap. seines Tatenberichts (Res Gestae) ohne nähere Details, dass er auch in Gallien, Spanien und bei den Dalmatiern verlorene Standarten zurückerhalten habe.
 
Augustus ist im Kriegsornat als Imperator dargestellt. Das Textil ist der Kriegsmantel, das Sagum im Unterschied zur zivilen Toga. Sagum premere, bzw. sagum ponere. Das Sagum nehmen oder das Sagum ablegen, war synonym für Krieg führen oder Krieg beenden.

Augustus ist zwar im Kriegsornat als siegreicher Imperator dargestellt. Die ganze Konzeption und die Motive auf dem Brustpanzer symbolisieren aber Augustus als "Friedenskaiser". Auf dem Brustpanzer sind eine Trauernde dargestellt als Allegorien der (unterworfenen) Provinzen Gallia und Pannonia.

Ist es demnach legal anzunehmen, dass Augustus hier den Mantel abgelegt hat, um die Pax Romana zu verkünden?
 
Gab es auch andere militärische Begebenheiten in der römischen Geschichte, wo ein od. mehrere Legionsadler vom Feind zurückgegeben worden sind?
Während der Germanicus-Feldzüge 14-16 n.Chr. sollen zwei der drei Legionsadler der XVII., XVIII. und XIX. Legion, die in der Varusschlacht verloren gingen, - in diesem Fall wohl eher gewaltsam - zurückgewonnen wurden sein.

"Hier handelt es sich um die Brukterer, von denen 15 n. Chr. der erste Legionsadler zurückerobert wurde. Ihr Stammesgebiet lag zwischen der Ems und der Lippe. Der zweite Adler konnte noch unter Germanicus bei den Marsern wiedergewonnen werden, die zwischen Lippe und Weser siedelten. Der dritte Adler fand sich erst um 41 n. Chr. entweder bei den Cheruskern an der Weser oder nördlich von ihnen bei den Chauken im unteren Weser-/Emsland."

https://www.lwl.org/westfaelische-g...ne4.php?urlID=842&url_tabelle=tab_websegmente
 
Dass Adler gewaltsam wiedergewonnen wurden, kam öfters vor.

Als Crassus im Spartacus-Krieg die Aufständischenarmee von Castus und Gannicus vernichtete, wurden fünf Adler, 26 Feldzeichen und fünf Rutenbündel (Fasces) zurückgewonnen.
Traian eroberte im Dakerkrieg ein Feldzeichen zurück, das die Römer bei der Niederlage des Feldherrn Cornelius Fuscus verloren hatten.


Augustus erhielt von den Parthern übrigens nicht nur die Feldzeichen zurück, die Crassus verloren hatte, sondern auch von Marcus Antonius verlorene.
 
Zum Hüftmantel am Augustus Primaporta s. M. Squire, Embodied ambiguities on the Prima Porta Augustus, Art History 36, 2013, 242–279. Wenn man danach googled, findet man die entsprechende, frei zugängliche pdf.

Ebenso findet man beim Googlen nach Andreas Post, Römische Hüftmantelstatuen (Münster 2004) eine Homepage des Autors mit einer Zusammenfassung seiner Diss.
 
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