Authentische Ausstattung in Spielfilmen

florian17160 schrieb:
Ich als unparteiischer frage mal, was erwartet ihr eigentlich von solchen Filmen?
Soll ein Film der Unterhaltung dienen, oder ein historisches Dokument ( Was eh keiner kann) erstellt werden?

Man kann doch aber versuchen, sich möglichst nahe an die Wahrheit zu halten, wenn diese denn bekannt ist. Gerade über das römische Militär ist viel Forschung betrieben worden und es sollte von daher möglich sein, das auch realistisch darzustellen.

Ich glaube in dem Thread zu dem Film "Gladiator" hatten wir das schon durchdiskutiert, daß Hollywood trotz wissenschaftlicher Beratung immer wieder dazu neigt, Fantasie-Kostüme zu entwerfen und Fantasie-Kämpfe darzustellen, obwohl es wissenschaftliche Beratung gab. Und die Story hätte durchaus genauso gut funktioniert mit realistischer Ausrüstung und Kampfweise der Gladiatoren.

Viele Leute kommen doch erst über solche Filme und Serien in Kontakt mit der jeweiligen Epoche und denken dann, so hat es ausgesehen. Zumal dann heutzutage die meisten dann doch denken, daß die Filmemacher heutzutage sicherlich auf die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse zurückgreifen können.

Es langt doch, wenn die Story etwas freier gehandhabt wird und nicht der Realität entspricht, wie z. B. in "Gladiator", wo Maximus Commudus in der Arena besiegt hat, auch wenn in Wahrheit Commudus nach 12-jähriger Regierungszeit von einem seiner Trainer in seinem Palast umgebracht wurde.

Ich würde also gerne einen Film mit authentischen Kostümen und authentischer Darstellung der Stadt, Orte sehen und nur eine ausgedachte Story, die sich halt nicht unbedingt an die Realität halten muß.
 
Cleopatra Aelia schrieb:
Ich würde also gerne einen Film mit authentischen Kostümen und authentischer Darstellung der Stadt, Orte sehen und nur eine ausgedachte Story, die sich halt nicht unbedingt an die Realität halten muß.

Na klar. Mensch denkt doch mal ein bischen realitätsnäher. So etwas kann man in einem Buch schreiben, aber nicht in einen Film , der Geld bringen soll. Soviel solltet ihr eigentlich schon wissen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber wenn ich mal im Lotto gewinne, könnte ich mir vorstellen, eine Serie Hmm... eher ne Doku mitzufinanzieren, in der alles stimmt. Von Historikern und Archäologen abgesegnet. Es gibt ja auch genügend "Reenactors" auf der Welt, die sich ein Bein ausreissen, um alles historisch korrekt darzustellen.
Diese Menschen hätten endlich einen Nutzen und würden sich bestimmt sehr freuen.

Es ist zwar Gedankenspielerei, aber wenn Geld und Wille vorhanden wäre, dann wäre das doch gar nicht so Schwer.
 
Werte Mods,
bitte spaltet das Thema doch und eröffnet unter historische Filme ein gepinntes Thema mit diesen Beiträgen. Danke! :)

@Flo, wer sagt das es nicht geht? Die historischen Handlungen sind mitunter wahnsinnig spannend.
Und die Kämpfe, in der Ausrüstung ihrer Zeit und vorgetragen wie dazumal haben damals die Menschen sehr gut unterhalten (was nun die Gladiatur angeht). Warum also sollte sowas nicht im modernen Fernsehn gehen?
Es ist kaum weniger Actionreich.
Auch kostet die historische Ausrüstung eigentlich nicht viel mehr, manchmal sogar weniger, als die "Eigenkreationen".
Nehmen wir nur Caligula. Allein seine Todesart und die Folgen reichen für einen Krimi. Oder das "Vierkaiserjahr", einen spannenderen Polithriller und Kriegsfilm wirst du nicht geliefert bekommen...
Tragödie, Komödie, Thriller ...alles da
Und, das muß man Rome eben lassen, mit der Thematik Julius vs. Pompeius haben sie ja auch schon bewiesen das es spannend umzusetzen geht...

Das "Rüstungshobby" hab ich mal überlesen ;)
 
Tib. Gabinius schrieb:
Die historischen Handlungen sind mitunter wahnsinnig spannend.
Und die Kämpfe, in der Ausrüstung ihrer Zeit und vorgetragen wie dazumal haben damals die Menschen sehr gut unterhalten (was nun die Gladiatur angeht). Warum also sollte sowas nicht im modernen Fernsehn gehen?

An der Stelle kann ich mich Tib nur anschließen, auch wenn ich diesbezüglich weniger über die römische Antike, sondern lieber übers Hochmittelalter spreche.
Ich hatte mich dazu u.a. auch bereits in der Diskussion zu "Kingdom Of Heaven" geäußert...
Deshalb hier nur ganz kurz: Geschichte an sich ist spannend genug, und bestimmte historische Ereignisse bieten durchaus genügend guten Stoff für einen Film, so daß es unnötig ist, dies zu verfremden.

Tib. Gabinius schrieb:
Auch kostet die historische Ausrüstung eigentlich nicht viel mehr, manchmal sogar weniger, als die "Eigenkreationen".

Auch wahr, und stimmt darüberhinaus für nahezu alle Zeitalter - nur geht es eben nicht mal so nebenbei, sondern es ist ausgiebige Recherche notwendig.
Diese Recherche allerdings ist wiederum - entsprechend zielgerichtetes Nachforschen vorausgesetzt - bei weitem nicht so aufwendig wie oftmals angenommen. Ein Beispiel: in der Zeit, wo ich mir eine Phantasiegewandung zusammenstelle, habe ich meistens auch die historisch korrekte hochmittelalterliche Tracht herausgesucht.

Tib. Gabinius schrieb:
Das "Rüstungshobby" hab ich mal überlesen ;)

Dito =) =) =)
Insider wissen, warum ich lache...
 
Mich stört es eigentlich mehr, wenn die historischen Ereignisse bzw. Charaktere falsch dargestellt werden. Ich glaube, dass bleibt mehr in Erinnerung, als wenn einer mal das falsche Schwert oder die falschen Sandalen anhat.
 
Ashigaru schrieb:
Mich stört es eigentlich mehr, wenn die historischen Ereignisse bzw. Charaktere falsch dargestellt werden. Ich glaube, dass bleibt mehr in Erinnerung, als wenn einer mal das falsche Schwert oder die falschen Sandalen anhat.

hm, wieviele shakespeare-dramen müsste man dann auf den müllhaufen (der geschichte) werfen, weil sie historisch eigentlich nicht korrekt sind :grübel:

konsequenter weise müsste man bei einem wirklich authetischen film auch fordern, dass die menschen die damals verwendete sprache sprechen .. schließlich kann man die dinge auf deutsch oder englisch nicht genauso ausdrücken.

ein anderes problem ist, dass kultur ja nicht nur aus der kleidung bestand, sondern ebenso aus ihrem denken (m.E. ist das das wirklich fremdartige, manchmal verstörende an anderen zeiten oder kulturen)

Ist dieses denken aus heutiger sicht überhaupt rekonstruierbar und ließe es sich in einem film überhaupt vermitteln (der für heutige menschen ohne weiteres noch verständlich wäre)?

fazit: 100prozentige authentizität ist m.E. nicht erreichbar, weil die geschichte von heute lebenden menschen wahrgenommen wird, aus ihren heutigen verhältnissen und mit ihren heutigen begriffen, die sich von denen vergangener zeiten mehr oder weniger drastisch unterscheiden.
 
Saint-Just schrieb:
konsequenter weise müsste man bei einem wirklich authetischen film auch fordern, dass die menschen die damals verwendete sprache sprechen ..

Wie schön, dann hätten wir herrliche Diskussionen darüber, ob der Schauspieler das "n" im Wort "consul" richtig ausgesprochen hat, ob er das "o" nicht etwas mehr durch die Nase hätte sprechen müssen...
 
naja ich gehöre zu denen die ziemlichen Wert auf die korrekte Ausstattung legen.
Das die historischen Ereignisse stimmen setze ich mal vorraus - aber es kann ja auch ein erfundenes Ereignis sein z.B. irgend eine Geschichte im 17. oder 18. Jahrhundert - aber selbst da sollte es stimmen.

Ich hasse es wenn man sich nicht an die originalen Kostüme hält, oder aber falsche Deko verwendet die der Zeit nicht entspricht.
Über die Musik will ich gar nicht erst reden.

Selbst wenn man so etwa banales wie eine Musketier - Verfilmumg macht, dann kann es ja nicht ganz so schwer sein sich mal mit der Zeit auseinander zusetzen, aber meist steht da nur die Action im Vordergrund und für die breite Masse reicht es dann (leider) auch.

Ein Beispiel das ich als fast perfekt ansehe ist der frz. Film "Marquise"
da stimmt alles, die Kostüme entsprechen nicht nur der Zeit im Groben, sondern bis aufs Jahrzehnt genau, die Drehorte sind original ( Vaux le Vicomte ) und für die Musik zog man Jordi Savall heran.
Dann war die Geschichte noch gut und witzig - was will man mehr ?Es geht also - und das Ergebnis ist viel harmonischer.
 
Also ich finde auch eine korrekte Ausstattung höchst notwendig. Man sehe sich nur all diese grausamen Sandalenfilme aus den 60er und 70er JAhren an! Was da an Kostümen und Frisuren verbrochen wurde, geht auf keine Kuhhaut. Alleine die Gesichtsbemalung und die Wimpernlänge der Frauen, ganz zu schweigen von den Tupierfrisuren, sind nur schwer ertragbar.
ICh finde es immer sehr angenehm in Filmen die historisch korrekte Ausstattung zu sehen, weil man dann auch merkt, wieviel Mühe sich in der Produktion gemacht wurde.

Sehr empfehlenswert sind die ganzen Ivory-Filme, die durch eine wunderbare historische Detailtreue glänzen:

-Wiedersehen in Howards End
-Zimmer mit Aussicht
-The Golden Bowl
-Jefferson in Paris
-Was vom Tage übrig blieb

Weiter kann ich noch empfehlen: Zeit der Unschuld, Jenseits von Afrika, MRS Brown.

Grüße,

Imperial
 
Solange sie nicht in der römischen Antike mit einem Ferrari herumfahren, geht das doch noch. :still: Und ich bin auch schon wieder weg und :still:
 
Ich bin bereit, über manche Ungereimtheiten und Fehler in Filmen hinwegzusehen, wenn mir eine gute, unterhaltsame Geschichte erzählt wird. Aber schade finde ich es immer, wenn all die Möglichkeiten, die sich durch Überlieferung und Forschung auftun, zugunsten irgendwelcher klischeehaften Stories aus der Stereotypenmottenkiste abgetan werden.
Die Gattung Spielfilm fällt in den Bereich der Fiktion (wie der Roman in der Literatur) und ist somit nicht unbedingt der Genauigkeit und Wissenschaftlichkeit verpflichtet. Aber es gibt ja nicht umsonst Unterbegriffe wie historischer Film/historischer Roman. Und die Kategorie „historisch“ impliziert eben – unter anderem – Historizität. Filme werden (wie auch Bücher) mit unterschiedlichen Ansprüchen geschaffen bzw. produziert, wobei Spielfilme meist für ein breites Publikum konzipiert sind und in erster Linie Spannung, Unterhaltung, die obligatorische Liebesgeschichte, Intrigen etc. bieten sollen und das historische „Setting“ – in Form von prunkvoller Ausstattung, Kostümen usw. – eher schmückendes Beiwerk ist, weil ein Film eben – im Unterschied zum Roman – visuell Wirkung erzielen, etwas fürs Auge sein soll. Ich muss auch zugeben, dass ich an historische Filme geringere Ansprüche stelle als an historische Romane. Von einem Spielfilm erwarte ich „großes Kino“, wobei mir allerdings eine halbwegs fundierte Story, etwas Liebe zum historischen Detail und ein realer Hintergrund allemal lieber sind als irgendwas Zusammenphantasiertes.
Selbst für jemanden, der über einen großen Etat verfügen kann (siehe Hollywood) ist es natürlich verlockend (um nicht zu sagen zwingend, rein kommerziell betrachtet) mit möglichst geringem Einsatz möglichst viel Geld zu verdienen, und diese Tendenz betrifft ja nicht nur die Filmbranche.
Diese Diskussion, überhaupt viele Diskussionen hier (und andere Diskussionen, die ich in Literaturforen erlebt habe, wo immer wieder deutlich wurde, dass Fans historischer Romane sich in der Regel gut auskennen und davon angetan sind, wenn die Romane gut recherchiert sind, der historische Hintergrund stimmt, die Charaktere überzeugen...) zeigen, dass Qualität immer noch gefragt ist. Es gibt immer wieder Filme (auch Bücher), die etwas mehr als das Genreübliche bieten, denn um das Spezielle, Unverkennbare, Besondere geht es auch.
Ich behalte mir jedenfalls vor, ggf. mehr zu erwarten, als mir in Filmen (oder Büchern) vorgesetzt wird, schließlich habe ich die Möglichkeit, einen Film nicht anzusehen bzw. das Video oder die DVD oder das Buch nicht zu kaufen, und ich habe die Möglichkeit, mich – beispielsweise in Forendiskussionen – entsprechend zu äußern. Denn über den Erfolg eines Filmes entscheidet letztlich das Publikum.
 
Eine gute Story kann über vieles hinwegtrösten das ist wahr.
Und ehrlich gesagt, berührts mich kein Stück, wenn mal ein Fehler reinrutscht, also wenn eine Mainzer Klinge in einem Stück über Trajan auftaucht...was solls.

Aber nehmen wir einmal den Film Gladiator. Er ist einer meiner Lieblingsfilme, aber die Legionäre, die dort aufmarschieren gehören so dort nicht mehr hin, da sind zu viele dieser Detailfehler, so dass das Allgemeinbild nicht mehr stimmt, und daraus erwächst (und vor meinem Studium auch mir) ein falscher Eindruck des Soldaten zu dieser Zeit.

Nehmen wir meinen Hassfilm neben Troja: King Arthur. Dort wird sogar vorneweg eingeblendet das es neueste wissenschaftliche Erkentnisse sind, und das ist wirklich eine infame Lüge. Was wir dort zu sehen bekommen hätte besser zu Conan dem Barbaren (ein anderer meiner Lieblingsfilme) gepaßt. Vermutlich wär es selbst dort unangenehm aufgefallen...

Oder ein anderes Beispiel, dass die Mittelalterszene plagt. Excalibur. Ein wirklich toller Film der mich als jugendlicher fesselte und mich vernlasste mir Carl Orff näher anzuhören... Aber die Leute meinten, nachdem sie diesen Film gesehen haben, der mittelalterliche Ritter an sich läuft ausschließlich und das auch permanent in Vollplattenrüstung rum. Dieses Bild wird man nur schwer los.

Welcher Junge der letzten Generationen nahm nicht an, das die Western das Bild des Cowboys und des US Kavalleristen wiedergaben? Und diese Indianer...

Kommen wir zur Neuzeit: würde die Verfilmung von "im Westen nicht Neues" funktionieren, wenn die Herren in der Ausrüstung des Napoleonischen Krieges herumlaufen? Oder gar wie im 30jährigen? Grabenkoller eines Pikeniers... warum auch nicht, unterhaltsam wärs...

Filme wie Troja (und der sagt wenigstens schon extra, inspired by) bringen es fertig das die Leute wirklich glauben, man lief damals als in Leder gehüllter Achilles rum, spielte D-Day mit hunderten von Schiffen und trug lustige Plastikhelme...

Wie gesagt, nichts gegen unterhaltsame Filme, ich liebe gute Fantasystreifen oder SF, aber diese Versuchen auch selten mehr zu sein als Unterhaltung oder Utopie. Filme die sich auf Historie berufen sollten diese auch so korrekt als möglich wiedergeben. Es kostet sie meist nicht mehr und nur ein Minimum an Mehraufwand.

Alexander hats gezeigt, die Ausrüstung war Hammer! Die winzigen Fehler konnte man verzeihen. Dafür schwächelte eben die Storie so stark, dass erst die DVD wieder lief (zumindest hier in der Kölner Region).
 
Tja, schweeer ...
Ich trenne zwischen "Show" und "A"(uthentisch). Je nach Situation ist das eine oder andere angemessen. Mit meinen Showkostümen würde ich nie zu einem Living History Ereignis gehen, meine "A"-Klamotten wären mir zu schade, um bei den Shows ramponiert zu werden. Bei den einen erwartet der Zuschauer Unterhaltung, bei dem anderen der Besucher Authentizität.
Für Filme ist das ganz einfach: Alles was unter Spielfilm läuft ist Show und damit auf Eindruck inszeniert. Wenns gut aussieht, darf der Held im FMA dann eben in Platte rumlaufen. Bei einer Doku sind solche fehler dann schon eher peinlich, meistens aber einfach ein Grund zum Schmunzeln. Zumindest für mich.
Bye
Suedwester
 
Also ich finde es eigentlich spannend zu sehen, wie jede Zeit historische Ereignisse anders interpretiert und darstellt. Wenn ich Cranachs Isenheimer Altar anschaue, dann erfasse ich das Kunstwerk und rege mich nicht darüber auf, dass die römischen Soldaten die falschen Sachen tragen. Und Sophokles Tragödien wirken genauso stark, wenn die Schauspieler Anzug und Krawatte tragen. Romeo und Julia funktioniert in der Bronx, wie in Verona. Warum? Weil es Kunst ist, die einen tieferen Wert besitzt und nicht an der Oberfläche dahindümpelt.

Umgekehrt kann ein aufwendig produziertes Historienspektakel ziemlich in die Hose gehen, wenn man feststellt, dass die story hinten und vorn nicht stimmt und das ganze Null Aussagekraft hat.

Master & Commander z.B. ist ein Film für zwei Arten von Leuten. Einerseits die, die sich für Marinegeschichte interessieren und sehen wollen, wie das Leben an Bord eines Kriegsschiffes des 18. Jhdts ablief, andererseits für Fans von Russell Crowe.

Gladiator ist wiederum ein Fall für sich. Einerseits wurde versucht mit großem Aufwand mit herausragenden Spezialisten den Eindruck von Authentizität zu vermitteln. Andererseits stand am Ende das Spektakel im Vordergrund. Aus diesem Grund warf die Beraterin des Films, Kathleen Coleman (Harvard), dann auch das Handtuch und bat darum, nicht in den credits erwähnt zu werden.


http://ccat.sas.upenn.edu/bmcr/2004/2004-07-40.html


Wen es interessiert, was sie zu Gladiatoren zu sagen hat:

http://www.bbc.co.uk/history/ancient/romans/gladiators_01.shtml

Im wesentlichen werden Filme nicht für Historiker gemacht. Filme werden für ein zahlendes Publikum gemacht, das mehr an Handlung und Action interessiert ist, als daran, was die Wache, die zwei Sekunden im Bild ist, trägt. Das geht soweit, dass special effects zum Werbemittel werden und im Schlachtgetümmel nicht nur die Fetzen fliegen, sondern auch noch allerlei malerisch explodiert.

Und dann natürlich die Musik. Natürlich ist es erstmal irritierend, wenn Elisabeth I. zu Mozarts Lacrimosa aus dem Requiem, das 200 Jahre später komponiert wurde, in den Thronsaal einzieht. Aber der Effekt ist trotzdem da, weil es einfach passt.
Auffallend ist ja auch, dass eine Vielzahl von Filmen heute weniger mit den Hits der letzten zwanzig Jahre unterlegt sind, sondern immer noch mit einem klassischen Sinfonieorchester arbeiten. Ganz einfach, weil dessen Dynamik sehr viel weiter reicht, als die einer E-Gitarre, und so Stimmungen und Emotionen besser zum Ausdruck gebracht werden.

Ich denke, in zwanzig, dreissig Jahren, wenn der Geschmack sich gewandelt und das Wissen zugenommen hat, werden viele der Produktionen, die heute für ihre Ausstattung gelobt werden, wohl belächelt, genauso wie wir heute uns über Sandalenfilme lustig machen. Dann wird sich die Spreu vom Weizen trennen und wir werden sehen, dass Eisensteins Alexander Newski immer noch strahlen wird, während viele Hollywoodproduktionen hinter dem Horizont versunken sind.
 
Albatros schrieb:
Im wesentlichen werden Filme nicht für Historiker gemacht. Filme werden für ein zahlendes Publikum gemacht
Einer meiner Prof's hat in der allerersten Vorlesung sinngemäß gesagt: "Überlegen Sie es sich gut, ob Sie hier wirklich studieren wollen, denn wenn Sie hier herausgehen, werden Sie sich mit 99% der Menschheit nicht mehr über Ihr Fachgebiet unterhalten können ..." Recht hatte er. Und Du natürlich auch ...

Bye
Suedwester
 
Ich habe den Eindruck, dass die Antike besonders zum „Verwursteln“ einlädt. Schade eigentlich. Ich denke, da sind Klischee- und Wunschvorstellungen im Spiel, die in diese Zeit projiziert werden. Und, um ganz ehrlich zu sein: Wenn ich der Frage nachspüre, was mich an der Zeit fasziniert, finde ich nicht nur positive Antworten, sondern auch Unangenehmes, mich selbst betreffend. Aber das ist als Anlass zu Reflektion und Überprüfung der eigenen Ansichten gar nicht so schlecht.
Geschichte und Kunst, das wäre ein weites Feld für ausufernde Diskussionen. Und schon bei der Frage, ob Spielfilme, noch dazu im monumentalen Hollywoodformat, etwas mit Kunst zu tun haben, wird man wohl kaum Einigung erzielen. ;)
 
Einen Julius-Caesar-Film (nach Shakespeare) konnte ich nicht zu Ende ansehen, weil Brutus vor einer Hadrian-Büste stand, diesen als seinen Ahnen ansprach und vor ihm einen Monolog über Freiheit und so weiter hielt. Als dann noch Nero- und Marc Aurel-Büsten ins Bild kamen, konnte ich nicht mehr vor Lachen und musste ausschalten. Je genauer man informiert ist, desto schwerer hat man es als Zuschauer.
In den letzten Tagen habe ich bei Amazon etliche Lesermeinungen über historische Romane gelesen und bin immer wieder auf Aussagen wie diese gestoßen: „Man erfährt in diesem Buch genau, wie es damals war...“ :weinen:
Ich würde nie auf die Idee kommen, einen Roman als Informationsquelle zu benutzen, aber offenbar wird meine Meinung nicht allgemein geteilt.
In einer Rezension habe ich gelesen, dass Marguerite Yourcenar mit ihrem (sehr guten) Roman „Ich zähmte die Wölfin“ das Hadrian-Bild entscheidend geprägt hat. Ronald Syme hat sich in einem Aufsatz (den ich irgendwann noch lesen will) kritisch mit dem Buch auseinandergesetzt, und dass sich ein so bekannter Althistoriker mit ihrem Buch beschäftigt, ist so ziemlich das Beste, was der Autorin passieren konnte.
Ich vertrete auch die Meinung, dass man sich so weit wie möglich an die Fakten halten sollte, sowohl im Film als auch in der Belletristik. Allerdings sind gerade in der Literatur die besten und anspruchsvollsten Werke (vom literarischen Standpunkt aus betrachtet) Genremischformen, in denen geschichtliche Stoffe auch mal freier bearbeitet werden (was dann aber etwas anderes ist als absichtliches oder unbeabsichtigtes „Verwursteln“). Vieles ist möglich, aber es kann auch viel schief gehen.
 
Es war bestimmt ein Genuss, diese Stücke anzusehen.
Ich würde ja aus „so weit wie möglich“ „so weit wie sinnvoll“ machen, wenn das nicht so vage und streitbar wäre...
Thomas Bernhard hat in einem Interview gesagt (was ich nur aus annähernd aus dem Gedächtnis wiedergeben kann), jegliche Detailschilderungen, Natur, Gegenstände, Wohnungseinrichtungen... seien völlig überflüssig, weil das alles schon –zig mal gemacht wurde... Er bezog sich damit wohl nicht auf die Umsetzung historischen Stoffes, aber interessant ist es schon, wie sehr die Meinungen auseinandergehen.
Das Problem des Fokussierens wurde, glaube ich, schon erwähnt, und da kann es dann auch passieren, dass für etwas, das zuvor genau recherchiert wurde, einfach kein Platz ist.
 
Zurück
Oben