Baader - Rezension

Ashigaru

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Die Kritiker waren sich einig: der Film "Baader" (2002) über den Mitbegründer der RAF war eine schwache Leistung. Trotz des einhelligen Urteils ist er unter den wenigen Zuschauern, die ihn gesehehn haben, umstritten - man ist sich nicht einig darüber, warum das Projekt so fürchterlich scheiterte.

Der Film zeichnet den Weg Andreas Baaders von 1967 - dem Brandanschlag auf die Kaufhäuser Schneider und Kaufhof in Frankfurt und der "inoffiziellen" Geburtsstunde der Roten Armee Fraktion - bis ins Jahr 1972 nach, in dem alle wesentlichen Mitglieder der ersten RAF-"Generation" gefangen genommen werden.

Zunächst einmal ist der Film eine ziemlich rastlose Angelegenheit und dennoch fürchterlich langweilig. Er hastet von einer bekannten RAF-Episode zur anderen - hier Baader-Befreiung in Berlin 1970, dann ins Palästinensercamp nach Jemen, dann zum ersten Banküberfall. Man sollte sich schon in der RAF-Geschichte auskennen, sonst hat man Pech gehabt - kaum einmal wird eine Person oder Szene richtig eingeführt, nirgends nehmen sich die Filmemacher Zeit, Atmosphäre aufzubauen.

Zum zweiten fährt "Baader" einen gefährlichen Schlingerkurs zwischen Authentizität und Fiktion: Zum einen werden dutzende von Schriften zitiert, die von der RAF stammen oder mit ihr zusammenhängen. Einige Szenen, zum Beispiel der Beginn des Brandstifterprozesses in Frankfurt, sind fast wortgleich nachgestellt.
Andererseits erlaubten sich die Macher an einigen Stellen völlige Abweichungen von der Geschichte, die m.E. nach in einem zeitgeschichtlichen Film unverantwortlich sind.
Die wichtigste davon:

- Im Film wird Baader 1972 nicht angeschossen in einer Frankfurter Garage festgenommen, sondern stirbt dort aufrecht stehend im Kugelhagel, wie ein Westernheld oder Al Pacino in "Scarface". Manche erklären es sich so, dass es den Filmemachern wohl zu kompliziert war, die weiteren Vorgänge bis zu Baaders Selbstmord im Stammheimer Gefängnis zu beleuchten.


- Es kommt zu einem fiktiven Treffen und Gespräch nachts im Wald zwischen Baader und dem Chefermittler Kurt Krone (mit dieser Figur ist natürlich Horst Herold gemeint). Krone lässt ihn laufen, weil - wie aus dem Gespräch deutlich wird - der Staat die RAF brauche, um den Sicherheitsapparat auszubauen. In selbigem Dialog sagt Krone sinngemäß, die RAF hätte wohl Erfolg gehabt, wenn sie bei ihren Aktionen nicht getötet hätte.

Wenn er dramaturgisch nicht zum Einschlafen wäre, wäre "Baader" aufgrund dieser und weiterer Szenen fast ein gefährlicher Film, weist er doch starke Tendenzen der Verharmlosung der RAF auf. Einige Problematiken, auf die häufig hingewiesen wird, wie die Ziellosigkeit und der Selbstzweck des RAF-Terrorismus, werden hier überhaupt nicht thematisiert.

Immerhin: die menschlichen Eigenschaften Baaders werden, anhand dem was wir wissen, treffend geschildert: Seine rüpelhafte und ordinäre Art gegenüber Frauen, die Fähigkeit, die Schwächen seiner Mitstreiter auszuloten, seinen absoluten Autoritätsanspruch.
Und dennoch: auch hier ergeben sich viele Schwachpunkte. Der Film kann sich nicht dazu entschließen, den Blickwinkel allein auf Baader zu konzentrieren. Immer neue Personen der gerade in den ersten Jahren noch recht weitläufigen Terror-Szene tauchen auf, kaum eine davon erhält etwas Tiefe. Regisseur und Drehbuchautor verheben sich völlig bei dem Versuch, die erste wirkliche Filmbiografie über einen der RAF-Terroristen zu schaffen.

Und so ist Baader der schwächste aus einer Reihe von dokumentarischen wie fiktionalen deutschen Filmen über den Terrorismus, von denen die meisten solide ("Starbuck", Black Box BRD), einige schwach ("Die innere Sicherheit") gerieten - ein wirkliches Meisterwerk lässt noch auf sich warten.
 
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