Bedeutung der französischen Revolution

In jeder Gesellschaft gibt es Widersprüche zwischen Idealen und Realität. In Frankreich ist die französische Revolution etwas, worauf man heute noch stolz ist, weil dort ja diese Ideale von Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit entstanden sind. Natürlich ist auch bekannt, dass diese Jahre sehr blutig waren und auch heute noch gibt es viele Ungerechtigkeiten, doch die Revolution war die Geburt von diese Idealen, auf denen das Land heute noch beruht.
 
-Was hat die F. R. für eine Veränderung/Auswirkung auf das damalige schweizerische Staatssystem?
Siehe: Helvetische Revolution und Republik: Schweizer Geschichte 1798-1803
oder
Helvetische Republik ? Wikipedia
Helvetische Republik
Aber auch schon vor 1798 wurde die Schweiz direkt von der Französischen Revolution nicht zuletzt durch den ersten Koalitionskrieg betroffen. Es gab Kampfhandlungen an der ganzen Rheinfront und Operationen der Franzosen gegen die österreichischen Besitzungen in Südwestdeutschland (Vorderösterreich), welche ganz konkret Basel bedrohten.
 
-Was hat die F. R. für eine Veränderung/Auswirkung auf das damalige schweizerische Staatssystem?

Wäre toll wenn jemand etwas brauchbares auf Lager hat... ich nämlich nicht wirklich!

Erst heute gesehen.

Die französische Revolution hatte eine grosse Wirkung auf das schweizerische Staatssystem und vor allem auf die Entwicklung des modernen Bundesstaates von 1848.

Die Schweiz bekam die Vorgänge unter dem Einfluss des französischen Direktoriums ab 1798 zu spüren. Die französischen Truppen führten im Frühjahr 1798 die militärische Niederlage des schwach verteidigten Landes herbei. Peter Ochs verfasste unter Anlehnung an die französische Direktorialverfassung und vom französischen Direktorium modifizierte Entwurf einer Helvetischen Verfassung, diese wurde am 12. April 1798 in der provisorischen Hauptstadt Aarau von den Abgeordneten von zehn Kantonen als angenommen erklärt. Das war eine aufgezwungene Verfassung und ohne die militärische Präsenz Frankreichs nicht denkbar gewesen.
Die Verfassung war eine einheitsstaatliche, liberale, repräsentativ-demokratische, gewaltenteilige und vor allem exekutivstaatliche Verfassung. Neben der Verfassung wurde auch versucht das staats- und gesellschaftspolitische Reformprogramm der französischen Revolution in der Schweiz durchzusetzen. Mithin waren also nicht nur die neue Verfassung, sondern auch die gesamte Gesetzgebung sowie die Finanz-, Gesellschafts- und Kulturpolitik recht getreue Spiegelbilder dessen, was sich zuvor zwischen 1789 und 1799 in Frankreich abgespielt hatte. Infolge der bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen Neueren und Altgesinnten erhielt Napoleon 1803 mit dem Erlass der Mediationsakte Gelegenheit, eine postrevolutionäre Periode in der Schweiz einzuleiten. Die in der helvetischen Periode gelegten rationalen Staatsstrukturen und Institutionen begannen zu zerfallen und wichen einem romantisierend-verklärenden Gefühl, einer machtverschleiernden Denkweise, welche zunehmen auch die in der Helvetik errungen demokratischen Ansätze, den Rationalismus, den freiheitlichen Individualismus und die Gleichheit in Frage stellte. Die Restauration sollte dann d den in der Meditation begonnen Prozess vollenden; ein extremer Föderalismus verband sich ebenso extremen konservativem Denken und bracht in den Kantonen die alten Familien wieder an die Macht – die Bundesordnung zerfiel weitgehend.

Es ist aber nicht so dass diese Zeit in den schweizerischen Kantonen die in der Helvetik eingeführten politischen und verfassungsrechtlichen Neuerungen einfach vollständig beseitigt worden wären. Die Französische Revolution hatte Bleibendes hinterlassen. Die wichtigste Hinterlassenschaft legt auf der politischen Ebene: Die Erfahrung der Revolution gab allen liberalen und radikalen Reformen in Europa, wie auch in der Schweiz die Kraft und den Glauben, ihr Wirken fortzusetzen. Die Französische Revolution hatte zur Bildung einer in Ansätzen konsolidierten gesellschaftspolitischen Reformlehre geführt.

Nach 1830 entstand in Zürich, Bern, Luzern, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, St.Gallen, Aargau, Thurgau, Waadt und dem Baselland Verfassungen im liberalen Sinn. Diese Verfassungen prägten dann 1848 die Bundesverfassung. In der Regenerationszeit 1830 – 1848 entstanden Verfassungen und Gesetze die sich in den wesentlichen Bereichen an den Vorbilder aus den Jahren 1789 bis 1803 anlehnten. Neben den zahlreichen direkten Rückgriffen auf Ideen und konkrete Institutionen der Revolutionszeit wurden in der Regenerationszeit gleichzeitig jene Einrichtungen ausgebaut und verfestigt, welche die Meditations- und Restaurationsperiode hatten überdauern können.

Was zwischen 1830 – 1847 in den Kantonen geschaffen wurde, war nichts anderes als fast das gesamte heute noch geltende staatsrechtliche Instrumentarium wie es und im Bund und in den Kantonen vertraut ist. Das obligatorische Verfassungsreferendum gehört zum Kernbestand jener Verfassungen. Sechs Kantone sehen bereits die Volksinitiative auf Revision der Verfassung vor, und einige Kantone verankern das Veto, den Vorläufer des Referendums.
Alle diese Neuerung findet sich in irgendeiner Form in französischen Verfassungen, Gesetzen, Dekreten, Erklärungen und entsprechenden Entwürfen der Revolutionszeit.
 
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@ ursi
Könnte man auch sagen, dass die Kriegserinnerungen an sich einen bleibenden Eindruck hinterließen?
Ich meine, es ist doch offensichtlich, dass rundum, also weder 100-200 Jahre früher noch 100 Jahre später die Schweiz derartig in einen Krieg hinein gezogen wurde wie in die beiden ersten Koalitionskriege. Man denkt dabei vor allem an den Feldzug der Russen unter Suworow im Herbst 1799. Aber man denke auch an die erste und zweite Schlacht bei Zürich im Juni 1799 und den damit verbunden Durchzug von Russen und Österreichern und den Franzosen unter Masséna.
Erste Schlacht von Zürich ? Wikipedia
 
@ ursi
Könnte man auch sagen, dass die Kriegserinnerungen an sich einen bleibenden Eindruck hinterließen?

Ich kann dir jetzt nicht eine belegte Antwort geben, da muss ich mal hinter die Literatur.

Aber gerade der Feldzug der Russen unter Suworow war schon eine bleibende Erinnerung. In der Nähe es Zoos in Zürich steht (oder standen einmal, weiss nicht ob, die jetzt noch da sind) Tafeln mit dem Schlachtverlauf.

Ich mache mich mal schlau.
 
Die Kriegserinnerungen von 1799 reihen sich ein in die Zeit der gesamten Helvetik. Man kann diese Schlacht nicht isoliert sehen, da die gesamte Fremdherrschaft grossen Unmut auslöste. Denn schon vor 1799 gab es blutige Auseinandersetzungen.
Hier ein Beispiel:
Am 9. September 1798 traten 10 000 französische Soldaten unter dem Kommando von General Schauenburg gegen wenige tausende Nidwaldner an. Fazit: Die Ortschaften waren verwüstet. 600 Wohnhäuser und viele Kirchen wurden niedergebrannt, über 400 Nidwaldner, darunter mehr als hundert Frauen, 26 Kinder und mehrer Priester verloren ihr Leben.

Die Franzosen liessen Staatsschätze beschlagnahmen, mit diesem Geld wurde unter anderem die französischen Feldzüge in Europa und Ägypten finanziert. Die Bevölkerung musste auch noch für die Kosten der Besetzer aufkommen. Über 70 000 französische Soldaten wurden in Dörfern und Städten der Schweiz untergebracht. Diese mussten verpflegt, gekleidet und besoldet werden. Um die Einquartierung zu vereinfachen wurden in einigen Gemeinden zum ersten Mal Hausnummern aufgemalt.

Um auf die Schlacht von Zürich zurückzukommen.

Die Folgen waren Verarmung der Gemeinden.
Als Beispiel:
Oerlikon und Schwamendingen, die heutigen Kreis 11 und 12 von Zürich, verarmten durch den Krieg vollständig und konnten die von der Stadt Zürich verlangten Grundzinse nicht mehr bezahlen.

Der Unmut über die Franzosen äusserte sich in Liedern und Pamphleten, so auch in einer Parodie des französischen Revolutonslides "ça ira, ça ira"

"Saira-saira-sairassa!
Geld ist besser als Assigna!
Assigna ist Lumpengeld;
Patriote ziehend i's Feld.
Ohni Strümpf und ohni Schue
Laufed sie der Heimat zue."

Assigna ist eine Anspielung auf die Assignaten, die Schuldscheine der französischen Revolution.

Die Ereignisse waren traumatisch und haben die Erinnerung an die Fremdherrschaft dermassen verdüstert, dass die Helvetik von vielen Historikern als eine Epoche ohne jeden Lichtblick dargestellt worden ist.


Quellen:

Geschichte der Schweiz und der Schweizer, Studienausgabe, Schwabe Verlag Basel, 2004

Die Schweiz und ihre Geschichte, Lehrmittelverlag Zürich, 1998

http://www.thata.net/oerlikonsozialgeschichtlichvolltextmitfussnoten.html
 
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Hallo,
ich bin mir nicht mehr sicher,aber ich glaube die französische Revolution war ua ein "Vorreiter" der Märzrevolution ! Ok,es liegen gute 50 Jahre zwischen ihnen,aber ich bin mir relativ sicher,dass die Bürger sich an der Revolution in Frankreich ein Beispiel nahmen und erkannt hatten,was die Bürgerschaft erreichen kann,wenn sie sich gegen die Regierung auflehnt. ->Dieses Vorbild bzw den Gedanken nahmen sich dann wahrscheinlich auch die Russen,wie du bereits gesagt hattest ;) Ich denke in der französischen und russischen Revolution spielte die Aufklärung eine besondere Rolle oder?
Wenn etwas falsch sein sollte,hoffe ich natürlich auf Berichtigungen ;)
Lg Jan
 
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Erstens, hat die Französische Revolution den Begriff der Revolution überhaupt erst geprägt in seiner heutigen Bedeutung.

(...)

Drittens, die Französische Revolution war die erste Form einer Rechtsstaatlichkeit -> stimmt das?

Beide Punkten stimmen nur für Europa; der Unabhängigkeitskrieg der USA wurde ebenfalls als (amerikanische) Revolution bezeichnet, und die USA werden mWn von Anfang an als Rechsstaat im modernen Sinne verstanden. (Ob bzw inwieweit sie diesen Anspruch schon im 18./19.Jh erfüllten, bes. für bestimmte Bevölkerungsgruppen, kann man dabei natürlich in Frage stellen.)
 
Wobei ich jetzt hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit eh meine Bedenken habe. Ist das nicht ein hier schwer auf die Geschichte übertragbarer Begriff?
Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in dem die Staatsgewalten an eine in ihren Grundzügen unabänderliche und im Ganzen auf Dauer angelegte objektive Wert- und Rechtsordnung gebunden sind. Die Gesetzesbindung der Verwaltung wird durch unabhängige Gerichte gesichert.
Im Gegensatz zum absolutistischen Staat wird die Macht des Staates umfassend durch Gesetze determiniert, um die Bürger vor Willkür zu schützen (formeller Rechtsstaatsbegriff). Ein Rechtsstaat moderner Prägung ist darüber hinaus auf die Herstellung und Erhaltung eines materiell gerechten Zustands gerichtet (materieller (auch: materialer) Rechtsstaatsbegriff). Objektive Wertentscheidungen haben – anders als subjektive Rechte des Einzelnen – die Funktion einer Begrenzung der Gesetzgebung durch festgeschriebene Prinzipien.
Aus: Rechtsstaat ? Wikipedia

Interessant dazu ist sicherlich: Montesquieu und sein "De l'esprit des loix" - v.a. zum Aspekt der Gewaltenteilung.

Schwierig wäre es ein völliges Fehlen von Recht und Gesetz im Absolutismus zu behaupten. Es gab sowohl Gerichte als auch Gesetze und wir haben zu der Zeit auch z.B. Friedrich II., welcher postulierte, dass jedermann gleich behandelt werden solle.
 
Hallo,
ich bin mir nicht mehr sicher,aber ich glaube die französische Revolution war ua ein "Vorreiter" der Märzrevolution ! Ok,es liegen gute 50 Jahre zwischen ihnen,aber ich bin mir relativ sicher,dass die Bürger sich an der Revolution in Frankreich ein Beispiel nahmen und erkannt hatten,was die Bürgerschaft erreichen kann,wenn sie sich gegen die Regierung auflehnt. ->Dieses Vorbild bzw den Gedanken nahmen sich dann wahrscheinlich auch die Russen,wie du bereits gesagt hattest ;) Ich denke in der französischen und russischen Revolution spielte die Aufklärung eine besondere Rolle oder?
Wenn etwas falsch sein sollte,hoffe ich natürlich auf Berichtigungen ;)
Lg Jan

Die Französische Februarrevolution von 1848 hat da eher eine Rolle gespielt.
 
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