Bedeutung von Festungen

...Zudem erschließt sich mir nicht, welche Festung - um die geht es im Thread - denn den Nachschub behindert hätte können. Anders gesagt, irgendwie passt das Beispiel Rußlandfeldzug nicht."

Es geht um die Befestigungen die man eben nicht geschaffen hat.

Möglich das Rußland da ein schlechtes Beispiel ist. Sicher ist man von einem schnellen Friedensschluß ausgegangen und hat deshalb vernachlässigt eben eine befestigte Infrastruktur zu schaffen, abgesehen davon ob man das in den vorherrschenden Dimensionen überhaupt geschafft hätte.
Das Debakel des Rückzugs (Minsk bereits frühzeitig in russischer Hand,
keine intakten Brücken) ist Geschichte.

Vielleicht aber eben deshalb ein Hinweis darauf wie wichtig Befestigungen sind...

Grüsse Geschichteleser
 
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Das Debakel des Rückzugs (Minsk bereits frühzeitig in russischer Hand,
keine intakten Brücken) ist Geschichte.

Vielleicht aber eben deshalb ein Hinweis darauf wie wichtig Befestigungen sind...

Das ist ein gutes Beispiel. Gerade Festungen wie Magdeburg und Torgau dienten zur Sicherung eines Flussübergangs, mit einem starken befestigten Brückenkopf der einer Armee jederzeit den Übergang in beide Richtungen ermöglichte, ohne großen Zeitverlust mit Bootsbrücken oder ähnlichem.

Ein anderes Gutes aber späteres Beispiel ist der Brückenkopf in Ingolstadt.
 
Zudem erschließt sich mir nicht, welche Festung - um die geht es im Thread - denn den Nachschub behindert hätte können. Anders gesagt, irgendwie passt das Beispiel Rußlandfeldzug nicht.

Meine Frage bezog sich darauf, nicht auf die militärischen Aspektvietnamesisch war sie missverständlich.

Kann es sein, dass es nicht um das Behindern ging, sondern um das "Unterstützen", die Versorgungskette, die sich auf eine Reihe von Standorten stützte, die quasi Glieder der Versorgungskette bildeten? Die reichten offenbar für die Versorgung dieser Größenordnung nicht aus.


Aber vielleicht habe ich den Hinweis falsch verstanden.:winke:
 
Kann es sein, dass es nicht um das Behindern ging, sondern um das "Unterstützen", die Versorgungskette, die sich auf eine Reihe von Standorten stützte, die quasi Glieder der Versorgungskette bildeten? Die reichten offenbar für die Versorgung dieser Größenordnung nicht aus.
Nein, mein Einwand - und auch das Zitat - bezog sich auf den Fakt, dass ein solch großer Truppenkörper mit den Mitteln der Zeit nicht zu versorgen war. Sicherlich wird man bei näherer Betrachtung erkennen, dass die für die Versorgung Zuständigen Großes geleistet haben, dennoch an der Aufgabe scheitern mussten. Damit liegt die Ursache der Versorgungsmisere nicht an der Peripherie sondern daran, dass ein zu großer Truppenkörper massiert wurde.

Grüße
excideuil
 
Eigentlich OT, aber ein Kampagnenaspekt rund um das Thema Festung.

Nein, mein Einwand - und auch das Zitat - bezog sich auf den Fakt, dass ein solch großer Truppenkörper mit den Mitteln der Zeit nicht zu versorgen war.

Das ist logistisch vermutlich eine Frage von Ort und Zeit, Vorbereitungen und "Festen Plätzen" - weshalb ich die Unversorgbarkeit der großen Massierung unter dem Aspekt der Festungsdiskussion einmal etwas anders betrachten möchte.

Bei dem kalkulierten 60-Tage-Feldzug benötigte Napoleon rund 18.000 Tonnen, theoretisch beim Erreichen von Moskau weitere 200-300 Tonnen am Tag. Problematisch war hier das "Überspringen" der wirtschaftlich schwachen, bevölkerungsarmen Regionen in Litauen und Weißrussland. VanCrefeld (ähnlich Bennett, The Grand Failure - How Logistics of Supply defeated Napoleon in 1812) spekuliert, dass es gerade Teil des Vabanque-Spieles war, die stärkere Region um Moskau mit einem Vielfachen an Bevölkerung zu erreichen und somit den "Sprung" zu wagen.

Dabei fehlten die abgesicherten "Festen Plätze"/Festungen der Versorgungskette hinter dem Sprungbrett Danzig, Glogau, Küstrin, Stettin und Magdeburg. Schon ab hier waren Transportketten zB nach Ostpreußen, und durch Polen notwendig, die rd. 18000 to. Ladevolumen aufweisen mussten.

Logischerweise waren Wilna/Grodno Vormarschziele, weil hier Durchgangspunkte/Feste Plätze für die Versorgungskette aufgebaut werden mussten. Insoweit reichte auch die mitgeführte Versorgung, sie reichte sogar bis Witebsk in der Düna/Dnjepr-Landbrücke auf dem Weg nach Moskau, quasi hinter dem "Ödland".

Das dürfte (rein) logistisch der Entscheidungspunkt des Feldzuges gewesen sein. Theoretisch - alle anderen, internationalen Faktoren außer Acht gelassen - hätte sich Napoleon mit 200.000 Mann auf eine "Festung Witebsk" (evt. kombiniert mit Orsha oder gar Smolensk) stützen können, wenn diese ausreichend Versorgungszufluss gehabt hätte (was wohl logistisch machbar war, hunderte Kilometer vor die ursprünglich versorgenden Festungen vorgeschoben, mit den Zwischengliedern Wilna/Grodno). Der Feldzug wäre dann zwingend aus logistischen Gründen "zweizügig" bzw. zweijährig ausgefallen, wogegen natürlich wieder andere, nichtlogistische Gründe sprechen.

Stattdessen, und ohne abstützende, versorgende, aufgefüllte, nachgeführte Festungskette, und daher mit überdehnten Versorgungslinien, wagte Napoleon nach Durchquerung des "logistischen Ödlands" und vermutlich auf die besseren Versorgungsmöglichkeiten um Moskau spekulierend, den Sprung.

Sorry für das OT, erschien mir nur ein interessanter Randaspekt zur Logistik zu sein, um die Versorgungs- und Abstützungswirkung von Festungen für Kampagnen zu plakatieren.:winke:
 
Sorry für das OT, erschien mir nur ein interessanter Randaspekt zur Logistik zu sein, um die Versorgungs- und Abstützungswirkung von Festungen für Kampagnen zu plakatieren.:winke:
das ist auf jeden Fall ein hochinteressanter Aspekt - aber wiederum anders betrachtet: sind für Versorgungsstationen (quasi gewaltige Lagerhallen) die tiefen Gräben, hohen Wälle etc. einer Festung nicht etwas ungünstig? es sei denn, man geht davon aus, dass die Gegner zur Schwächung und Störung die Versorgungsketten attackieren oder sabotieren wollen.
...der Begriff "Lagerfestung" hatte etwas mehr mit Munition und Artillerie als mit der Feldküche zu tun (aber da kann ich mich auch täuschen - z.B. die spätere russ. (nicht mehr napoleonische) Festung Modlin hatte einen gewaltigen Speicher (szpichlersz), der heute eine kunsthistor. berühmte Ruine ist) - freilich: all die Munition und Waffen für eine Kampagne mussten ja auch beschafft, transportiert usw. werden; verproviantieren kann man sich auch durch Konfiskation unterwegs
 
Das ist logistisch vermutlich eine Frage von Ort und Zeit, Vorbereitungen und "Festen Plätzen" - weshalb ich die Unversorgbarkeit der großen Massierung unter dem Aspekt der Festungsdiskussion einmal etwas anders betrachten möchte.

Bei dem kalkulierten 60-Tage-Feldzug benötigte Napoleon rund 18.000 Tonnen, theoretisch beim Erreichen von Moskau weitere 200-300 Tonnen am Tag. Problematisch war hier das "Überspringen" der wirtschaftlich schwachen, bevölkerungsarmen Regionen in Litauen und Weißrussland. (...)
Dabei fehlten die abgesicherten "Festen Plätze"/Festungen der Versorgungskette hinter dem Sprungbrett Danzig, Glogau, Küstrin, Stettin und Magdeburg. Schon ab hier waren Transportketten zB nach Ostpreußen, und durch Polen notwendig, die rd. 18000 to. Ladevolumen aufweisen mussten.

Logischerweise waren Wilna/Grodno Vormarschziele, weil hier Durchgangspunkte/Feste Plätze für die Versorgungskette aufgebaut werden mussten. Insoweit reichte auch die mitgeführte Versorgung, sie reichte sogar bis Witebsk in der Düna/Dnjepr-Landbrücke auf dem Weg nach Moskau, quasi hinter dem "Ödland".

Das dürfte (rein) logistisch der Entscheidungspunkt des Feldzuges gewesen sein. Theoretisch - alle anderen, internationalen Faktoren außer Acht gelassen - hätte sich Napoleon mit 200.000 Mann auf eine "Festung Witebsk" (evt. kombiniert mit Orsha oder gar Smolensk) stützen können, wenn diese ausreichend Versorgungszufluss gehabt hätte (was wohl logistisch machbar war, hunderte Kilometer vor die ursprünglich versorgenden Festungen vorgeschoben, mit den Zwischengliedern Wilna/Grodno).

Das sind sehr interessante Ausfuehrungen, merci!

Mehr existenziell als Festungen/Depots scheint aber der andere Teil der Logistik gewesen zu sein: die Transportmøglichkeiten - was nuetzen gefuellte Depots, wo auch immer, wenn ich die bitter benøtigten Ausruestungen und Lebensmittel nicht "just in time" zur Truppe vor Ort bringen kann? Ganz gleich, ob es 100 oder mehrere 100 km sind, ohne eine ausreichende Anzahl Pferde, die wiederum versorgt sein muessen, ist es nicht machbar.

Gruss, muheijo
 
Mehr existenziell als Festungen/Depots scheint aber der andere Teil der Logistik gewesen zu sein: die Transportmøglichkeiten -
genau deshalb legte man Lagerfestungen an wichtigen Kommunikationslinien (Straßen, Flußübergänge, Häfen, später Eisenbahnlinien und -knotenpunkten) an - und von hier aus dann im Falle der Annexion benachbarter Gebiete errichtete man temporäre Lagerfestungen (die später ausgebaut wurden) weiterhin an besagten Kommunikationslinien (diese Konzeption hat Silesia ja beschrieben)
später, Ende des 19 Jh., lässt sich das sehr schön an der russ. Festungskette von der poln.-russ. Grenze entlang der Narew bis zur Weichsel sehen: Straße, Bahnlinie, Flußübergänge, entlang derer beinahe wie eine Perlenkette die Festungen liegen.
ein exempel aus napoleonischer zeit für eine temporäre Festung ist der napoleonische Lünettengürtel um Dresden herum: da galt es, schnell zu fortifizieren, und zwar für das zu speditierende Material - wie ja auch Rückzugswege im Falle des Scheiterns eines Angriffs gedeckte feste Plätze benötigten.
in diesem Sinne waren die Festungen der napoleonischen zeit durchaus "multifunktional" und nicht einzig darauf beschränkt, mal belagert und gehalten zu werden.
bzgl. der Logistik: das Schanzzeug musste auch immer mit dabei sein - sowohl für den Angriff auf Festungen, als auch um Lager bzw. wichtige Positionen zu errichten - des weiteren ist zu bedenken, dass Festungen erst im direkten Kriegsfall durch ihre temporären Schanzarbeiten komplettiert wurden.
 
Mehr existenziell als Festungen/Depots scheint aber der andere Teil der Logistik gewesen zu sein: die Transportmøglichkeiten - was nuetzen gefuellte Depots, wo auch immer, wenn ich die bitter benøtigten Ausruestungen und Lebensmittel nicht "just in time" zur Truppe vor Ort bringen kann? Ganz gleich, ob es 100 oder mehrere 100 km sind, ohne eine ausreichende Anzahl Pferde, die wiederum versorgt sein muessen, ist es nicht machbar.Gruss, muheijo

Für die Gesamtkette und den Transportfluss macht es natürlich keinen Unterschied, wie die 300 Tagestonnen nach Osten geschafft werden. Zwei Faktoren sind bzw. waren allerdings wichtig:

1. Offenbar hat N. vor dem Feldzug durchaus Pufferlager in den o.a. fünf Plätzen anlegen lassen, u.a. mit ausreichender Munitionierung und Ersatzgerät. Und er nahm geeignete Plätze für das Vortreiben der Versorgungskette auf dem Vormarschweg ein.

2. Verkürzt sich die Kette bei einem Stopp zwischen Orsha und Witebsk für 1812 (der wohl auch kurz erwogen wurde, bevor auf Smolensk marschiert worden ist). Damit verringern sich entweder die zu leistenden Tageskilometer an Versorgungsgütern oder - besser - es wird wegen der Verkürzung der Aufbau von Versorgungspuffern auf der Strecke gestattet, vorwiegend in Wilna/Grodno und am Endpunkt Witebsk/Orsha. Das hätte jeweils festungsgleiche Plätze vorausgesetzt, um Bedrohungen und Wegnahme der Versorgung auszuschließen.

Im Prinzip läuft dieser logistische Gedanke darauf hinaus, die Versorgung für die Fortsetzung des Feldzuges "nach vorn zu schaffen". Da die Überlegungen einfach und naheliegend sind, werden sie sicher damals erwogen worden sein. Offenbar erschien N. aber der Sprung über das logistische Niemandsland notwendig. Durch den Sprung setzte sich N. über die logistischen Voraussetzungen des Feldzuges hinweg, aus welchem Grund auch immer.


Aber wie gesagt, das sollte nur die Kampagnen-Funktion befestigter Plätze unter einem bestimmten Aspekt beispielhaft aufreißen.
 
Vielleicht noch eine Anmerkung zum Wert einer Festung:

Nicht unbedeutend ist neben der Anzahl auch die Qualitæt der Besatzung. Ich habe den Eindruck, dass vielfach nicht "vollwertige" Soldaten dort eingesetzt wurden - weil man die marschfæhigen und erprobten Soldaten im Felde verwendete. Gleiches wird fuer den Geschuetzpark gegolten haben: Da wurde dann alles møgliche verwendet, was im normalen Feldzug nicht brauchbar war.
Zu dem Feldzug in Frankreich 1814 meine ich mich erinnern zu kønnen, dass es sich hauptsæchlich um Nationalgarde, Veteranen, Verwundete und unausgebildete Rekruten gehandelt hat.
Da mag so mancher Festungskommandant seine Verteidigungsfæhigkeit in Frage gestellt haben, oder die Einschliessungskræfte des Feindes fielen entsprechend niedrig aus, auch wenn man in der Literatur teilweise von ernormen Zahlen an Soldaten in den Festungen liest.

Gruss, muheijo
 
Vielleicht noch eine Anmerkung zum Wert einer Festung:

Nicht unbedeutend ist neben der Anzahl auch die Qualitæt der Besatzung. Ich habe den Eindruck, dass vielfach nicht "vollwertige" Soldaten dort eingesetzt wurden - weil man die marschfæhigen und erprobten Soldaten im Felde verwendete.
...warum sollte man viel investieren (Kosten, Forschung etc.), wenn man dann die Investition gleichsam in Laienhände gibt?
gegen diese Annahme spricht auch, dass es "Genietruppen" gab, das waren quasi die Fortifikationsspezialisten; zu schweigen auch von ständigen Schanzarbeiten.
Mangelhafte Besatzungen kamen gewiß vor, in Notlagen, Krisen, aber sie waren sicher nicht die beabsichtigte Regel.
 
Bei dem kalkulierten 60-Tage-Feldzug benötigte Napoleon rund 18.000 Tonnen, theoretisch beim Erreichen von Moskau weitere 200-300 Tonnen am Tag. Problematisch war hier das "Überspringen" der wirtschaftlich schwachen, bevölkerungsarmen Regionen in Litauen und Weißrussland. VanCrefeld (ähnlich Bennett, The Grand Failure - How Logistics of Supply defeated Napoleon in 1812) spekuliert, dass es gerade Teil des Vabanque-Spieles war, die stärkere Region um Moskau mit einem Vielfachen an Bevölkerung zu erreichen und somit den "Sprung" zu wagen.

Dabei fehlten die abgesicherten "Festen Plätze"/Festungen der Versorgungskette hinter dem Sprungbrett Danzig, Glogau, Küstrin, Stettin und Magdeburg. Schon ab hier waren Transportketten zB nach Ostpreußen, und durch Polen notwendig, die rd. 18000 to. Ladevolumen aufweisen mussten.

Logischerweise waren Wilna/Grodno Vormarschziele, weil hier Durchgangspunkte/Feste Plätze für die Versorgungskette aufgebaut werden mussten. Insoweit reichte auch die mitgeführte Versorgung, sie reichte sogar bis Witebsk in der Düna/Dnjepr-Landbrücke auf dem Weg nach Moskau, quasi hinter dem "Ödland".

Das dürfte (rein) logistisch der Entscheidungspunkt des Feldzuges gewesen sein. Theoretisch - alle anderen, internationalen Faktoren außer Acht gelassen - hätte sich Napoleon mit 200.000 Mann auf eine "Festung Witebsk" (evt. kombiniert mit Orsha oder gar Smolensk) stützen können, wenn diese ausreichend Versorgungszufluss gehabt hätte (was wohl logistisch machbar war, hunderte Kilometer vor die ursprünglich versorgenden Festungen vorgeschoben, mit den Zwischengliedern Wilna/Grodno). Der Feldzug wäre dann zwingend aus logistischen Gründen "zweizügig" bzw. zweijährig ausgefallen, wogegen natürlich wieder andere, nichtlogistische Gründe sprechen.

Stattdessen, und ohne abstützende, versorgende, aufgefüllte, nachgeführte Festungskette, und daher mit überdehnten Versorgungslinien, wagte Napoleon nach Durchquerung des "logistischen Ödlands" und vermutlich auf die besseren Versorgungsmöglichkeiten um Moskau spekulierend, den Sprung.
Interessante Ausführungen!
Mal davon abgesehen, wie sich N. den Feldzug vorstellte, kann wohl gelten, dass an einem bestimmten Punkt in Richtung Osten nur ein Truppenkörper zusammengezogen werden kann, der auch versorgt werden kann. Dabei ist in der Marschrichtung zu berücksichtigen, welche Straßen, Brücken etc. vorhanden sind, die eine Sicherstellung der Versorgung garantieren können. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, dann ist eine Versorgung wegen Verstopfung der Straßen, Staus an Brücken etc. nicht möglich.
Wenn gelten kann, dass N. die frühe Entscheidungsschlacht suchte, dann darf unterstellt werden, dass die Logistik nur für einen begrenzten Zeitraum funktionieren musste/sollte.
Tatsächlich waren es nicht die Festungen, die die notwendigen Vorsorgungsleistung lieferten sondern am Beginn des Feldzuges Ostpreußen. Das bedeutet, die Festungen hätten die Versorgung dieses Heeres gar nicht händeln können.
Meines Wissens war die Versorgung mit Pferdefutter nie wirklich gewährleistet.
Eine wohl auch entscheidende Frage.
Mehr existenziell als Festungen/Depots scheint aber der andere Teil der Logistik gewesen zu sein: die Transportmøglichkeiten - was nuetzen gefuellte Depots, wo auch immer, wenn ich die bitter benøtigten Ausruestungen und Lebensmittel nicht "just in time" zur Truppe vor Ort bringen kann? Ganz gleich, ob es 100 oder mehrere 100 km sind, ohne eine ausreichende Anzahl Pferde, die wiederum versorgt sein muessen, ist es nicht machbar.
Das sehe ich genauso. Es musste Transportkapazitäten bisher nicht gekannten Ausmaßes auf den immer längeren Versorgungswegen - und das auf den Straßen des Ostens - geben, und die mussten dann auch noch der kämpfenden Truppe folgen können! Na, ja, und dann noch der "Sprung".

Grüße
excideuil
 
Tatsächlich waren es nicht die Festungen, die die notwendigen Vorsorgungsleistung lieferten sondern am Beginn des Feldzuges Ostpreußen. Das bedeutet, die Festungen hätten die Versorgung dieses Heeres gar nicht händeln können.

Ostpreußen war bereits nach den Quellen oben Teil der Lieferkette und Teil der Gesamtstrecke des Versorgungsweges für Waffen, Munition und militärische Ausrüstung. Ausgangspunkt für den Zufluss nach Ostpreußen waren die oben genannten Depots in den 5 Städten Magdeburg etc., von dort aus ging es über Flüsse und Straßen nach Ostpreußen. Die Deponierung und Auffüllung von Festen Plätzen war Kern der Kampagnenführung.

Die Pferdeversorgung war eine Frage der Landschaft. In Ostpreußen könnte das vor den Meliorationen des 19. Jhdt. bereits ein Problem gewesen sein, durch Verteilung zu lösen, in den weit ausgedehnten, zusammenhängenden Waldlandschaften Litauens und Weißrusslands nicht mehr ohne Nachschub lösbar. Abgesehen vom Trinkwasser hätte man ebenso gut die Wüste durchqueren können - beim Pferdefutter dürfte es sich ohne Weideflächen um weitere einige Hunderte Tonnen pro Tag handeln. Die Angaben oben waren von vanCreveld nur auf die Truppe gerechnet.
 
Die Deponierung und Auffüllung von Festen Plätzen war Kern der Kampagnenführung.
Unbestreitbar ist die komplette Logistik so einer Kampagne ein faszinierendes Thema! Und mich hat sehr interessiert, was hierzu alles zusammen kam. Dennoch verbleibt eine Frage: warum die kostenintensive Mühe, sich ausgerechnet auf Festungen zu stützen und sogar welche zu modernisieren oder gar neu zu bauen?
 
Dennoch verbleibt eine Frage: warum die kostenintensive Mühe, sich ausgerechnet auf Festungen zu stützen und sogar welche zu modernisieren oder gar neu zu bauen?

Die Antwort ergibt sich, vereinfacht, aus zwei Veränderungen der Kriegsführung.

1. Der Krieg ist "totaler" geworden in der Art der Kriegtsführung und durch Napoleon wird die Zerstörung der gegnerischen Armee in schnellen Bewegungen mit einem maximalen Kräfteansatz zum neuen militärischen Paradigma.

Und löst damit in fast allen Aspekten die Kriegsführung der "Kabinettskriege" eines FdG ab.

In diesem Sinne zielt Kriegsführung bei Napoleon auf die gegnerische Armee ab und nicht auf den geographischen Besitz.

2. Die Grundlage für diesen Paradigmenwechsel der Armeen, die sich auf die Nationalstaatsidee stützen, ist die Vervielfältigung der Armeegröße und damit auch der logistischen Anstrengungen.

Und an diesem Punkt setzt die Begründung für den Bau von modernen Festungen an. Ihre Aufgabe ist primär, die "Lebensadern" eines Landes dem Zugrff durch den Feind zu entziehen.

Wie das für Neu-Breisach anschaulich bei Wiki formuliert wird:

"Im Gegensatz zu mittelalterlichen Burgen, die oft auf schwer zugänglichen Höhen errichtet wurden, platzierte man die modernen Festungen an den Haupteinfallsstraßen."

Eine Bedeutung, die sich bis 1941 hinzog und auch noch auf der Krim (Sewastopol) eine Rolle spielte.

Brester Festung ? Wikipedia

Brest Fortress - Wikipedia, the free encyclopedia

Um de Frage zu beantworten. In diesem Sinne dienten Festungen primär der Verzögerung und somit der eigenen Mobilisierung der Feldarmee im Schutze der Festungen. Mit Festungen hat man Zeit gekauft und somit Sicherheit.
 
In diesem Sinne dienten Festungen primär der Verzögerung und somit der eigenen Mobilisierung der Feldarmee im Schutze der Festungen. Mit Festungen hat man Zeit gekauft und somit Sicherheit.
völlig richtig - und damit erklärt sich auch der techn.-wiss.-finanz. Aufwand, Festungen und Festungsketten möglichst stark auszubauen. Ein schönes Beispiel, wenn auch aus späterer Zeit (Ende 19. Jh., Anfang 20. Jh.) ist die russ. Festungskette in Polen im Kontext mit den entgegengestellten dt. und österr. Festungen.
Nur vereinzelt biss sich die Kriegsführung an einzelnen Festungen fest - insgesamt aber dienten sie dem Aufmarsch (inklusive Versorgung) und der temporären Bindung und Hinderung des Gegners. Man operierte allgemein gesagt etwas freier, wenn man im rücken starke Festungen hatte, welche die wichtigsten Kommunikations- und Versorgungslinien deckten.
 
Nur vereinzelt biss sich die Kriegsführung an einzelnen Festungen fest - insgesamt aber dienten sie dem Aufmarsch (inklusive Versorgung) und der temporären Bindung und Hinderung des Gegners. Man operierte allgemein gesagt etwas freier, wenn man im rücken starke Festungen hatte, welche die wichtigsten Kommunikations- und Versorgungslinien deckten.

Die herausragenden Beispiele für diese Aussage sind der Schlieffen/Moltke-Plan und die Feldzugplanung "Ost" 1890/1913.

Passt hier zwar von der Epoche nicht recht, aber vielleicht von allgemeinem Interesse:

Christoph Rella, Dissertation:
›Im Anfang war das Fort‹
Europäische Fortifizierungspolitik in Guinea und Westindien 1415 – 1815
Expansion – Fortifikation – Kolonisation

http://othes.univie.ac.at/444/1/03-04-2008_9908350.pdf
 
Zuletzt bearbeitet:
Festungen waren in der Kriegsführung im 18. Jahrhundert sehr wichtig, weil sie die Depots enthielten von denen die Feldarmeen verproviantiert wurden.

Da die napoleonischen Armeen von dem Lande lebten, waren die Festungen und die Depots für sie nicht mehr so entscheidend, zumindest in Mitteleuropa.

Dort wo das Land nicht so ergiebig war, hatten sie weiterhin ein großes Gewicht. Bei Napoleons Feldzug nach Palästina z.B. waren die Belagerungen von Gaza und Akkon die wichtigsten Ereignisse überhaupt. Die türkische Armee konnte zwar auf dem Feld immer wieder geschlagen werden, ohne die Festungen konnte man aber nicht das Land beherrschen.

Die französische Invasion Portugals scheiterte an den britisch-portugiesischen Festungslinie Torres Vedras. Die Französische Armee war zwar unbesiegt, musste sich aber zurückziehen da das Land abgegrasst war und die wenigen Ressourcen sich innerhalb des Festungsbereichs um Lissabon befanden.

Der Krieg auf der Iberischen Halbinsel beinhaltete sowieso relativ wenig (entscheidende) Feldschlachten gegenüber vielen Belagerungen, sowohl von einer Seite wie von der anderen: Zaragoza, Gerona, Sagunto, Valencia, Badajoz, Ciudad Real, Burgos, San Sebastian. Die Tatsache das Cadiz nicht eingenommen werden konnte, hatte einen sehr großen Einfluss auf dem weiteren Kriegsverlauf.

Dazu noch ein Hinweis, vielleicht interessiert es einige:

Kirby, The Duke of Wellington and the Supply System during the Peninsula War
Fort Leavenworth, Thesis 2011
http://www.dtic.mil/dtic/tr/fulltext/u2/a547395.pdf
 
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