Begriffe: Faschismus und Nationalsozialismus

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Gast

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Hallo
kann man die beiden Begriffe Faschismus und Nationalsozialismus gleichsetzen? Oder müssen sie differenziert betrachtet werden? Wenn letzteres zu trifft: welche Unterschiede gibt es in der Definition?
 
Ursprünglich war Fschismus nur für den italienischen Faschismus gebräuchlich. In der puren Ideologie/Theorie unterscheidet sich dieser auch vom Nationalsozialismus.

Nolte wars glaub ich, der dann Faschismus als Überbegriff für rechten Totalitarismus definiert hat. Nationalsozialismus ist denzufolge eine Variante des Faschismus.

Schau mal hier nach:

http://de.wikipedia.org/wiki/Faschismus

http://www.shoa.de/faschismus.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein kann man nicht. Faschismus ist der Oberbegriff und der Nationalsozialismus ist/war nur eine der Ausprägungen des Faschismus. Man könnte es auch so sagen: jeder Nationalsozialist ein Faschist ist, aber nicht jeder Faschist ist ein Nationalsozialist.

Anfang-Mitte des letzten Jahrhunderts gab es in so gut wie jedem Europäischen Land faschistische Bewegungen. Der japanische Imperialismus wird auch als faschistisch eingestuft. Auch nach 1945 gab es noch faschistische Regimes. Das bekannteste ist sicher das von Pinochet in Chile.
 
Also Señor Pinochet hat m.E. nichts mit dem Faschismus zu tun, außer vielleicht, dass er ihm vermutlich einiges an Sympathien entgegenbrachte oder -bringt. Aber Pinochets Macht stützte sich allein auf das Militär, und nicht auf einen faschistisch organisierten Staatsapparat (Patei, vertikale Syndikate etc.).
 
In der traditionellen linken Geschichtsbetrachtung war der Begriff 'Nationalsozialismus' allerdings einigermaßen verpönt. In DDR-Publikationen über die NS-Zeit, und auch in westdeutschen Publikationen aus einem von der DDR finanzierten Kölner Verlag (welcher war das noch?) wird fast ausschließlich vom 'Faschismus' geschrieben und so gut wie nie vom 'Nationalsozialismus'. Eine mögliche Erklärung: es könnte sein, dass sich zu viele sozialistische Befreiungsbewegungen mit dem Attribut 'National' geschmückt haben, die dennoch dem linken und keineswegs dem völkischen Lager zuzuordnen wären, wie etwa die Ejércitos de Liberación Nacional (nationale Befreiungsheere) in Lateinamerika, in den neunzigern machte etwa Subcomandante Marcos vom Ejército Zapatista de Liberación Nacional noch einmal auf sich aufmerksam.
Im Übrigen scheint dies nicht nur im deutschssprachigen Raum so gewesen zu sein: meine polnischen 'Schwiegereltern', Spätaussiedler, die in den achtzigern aus Polen nach D gekommen sind, kannten, als ich sie für einen Freund bat, einen Text ins Polnische zu übersetzen, der die Frage nach der Differenz zwischen Nationalsozialismus und Faschismus stellte, den polnischen Begriff für Nationalsozialismus nicht. Sie konnten ihn zwar aus ihrer Sprachkompetenz heraus bilden, meinten aber, dass er im Polnischen nicht üblich sei. Tatsächlich ist er heute üblich, war es aber wohl vor der Wende nicht.
 
Da die linke Geschichtsschreibung Faschismus als bündnis von Kapital und Kleinbürgerum auffasst, meint sie mit dem Begriff Nationalsozialimus würde der Westen versuchen das Kapital aus seiner Darstellung als Faschismusfreund zu retten. Daher auch die Bezeichnung Hitlerfaschismus.

Mein Vater (der mir dies mal so erklärte) wies auch darushin zwischen Faschismus im Untergrund und Faschismus an der Macht zu unterscheiden. Wie diese Unterscheidung in der Definition aussah, weiß ich leider nicht mehr.:still:
 
Leopold Bloom schrieb:
Als die "klassischen" faschistischen Regime nach dem 2.WK hätte ich Portugal und Spanien genannt....
In Spanien gab es zwar die faschistische Partei FET y de las JONS (Falange Española Tradicional y de las Juntas Ofensivas Nacionalsindicalistas, als 'Spanische traditionalistische Phalanx und Offensivausschüsse der Nationalsyndikate'), diese wurde aber bei Aussicht auf ein baldiges Ende des Weltkrieges von Franco weitgehend entmachtet, der auch gegenüber Newsweek den nationalkatholizistischen Anspruch unterstrich und meinte, der Katholizismus könne nie die Basis des eher antikatholischen Faschismus sein.

Er hat sich damit wohl gut herausgeredet könnte man meinen, aber unter spanischen Historikern ist es heute Usus, das Regime Francos in Phasen einzuteilen, und die Phase nach dem Bürgerkrieg ist die blaue Phase, nach den blauen Hemden der Falange (analog zu den braunen Hemden der NSDAP- und SA-Funktionäre etc. oder den schwarzen Hemden der italienischen Faschisten) oder eben analog faschistische Phase des Regimes, die aber vor Ende des WK II. als beendet gesehen wird.
 
Faschisten vs. Nazis

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Faschisten und Nationalsozialisten?
 
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Faschisten und Nationalsozialisten?

Faschismus wird abgeleitet vom lateinischen fascis (Rutenbündel mit Beil, das im antiken Rom den Liktoren als Symbol ihrer Amtsgewalt vorangetragen wurden, im italienischen ist Faschismus Sinnbild der faschistischen Bewegung von 1926 bis 1943 und offizielles Staatssymbol Italiens).

Im engeren Sinn bezeichnet Faschismus die von Mussolini gegründete Bewegung/Partei, ihre Ideologie sowie das von ihr in Italien errichtete Herrschaftssystem. Im weiteren Sinne alle ideologisch verwandte Phänomene in Europa nach dem Ersten Weltkrieg und bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, die totalitären Systeme begründen oder sich deren Begründungen zum Ziel setzten.

Obwohl der Faschismus niemals eine konsistente Ideologie ausbildete, teilen die verschiedenen faschistischen Bewegungen eine Reihe von Merkmalen:

militanten Antikommunismus
Antiliberalismus
Feindschaft gegen die Demokratie
extremer Nationalismus (der Einzelne wird der Nation total untergeordnet)
expansive Ziele (hier gehören auch die Bekämpfung der Minderheiten im eigenen Land dazu)
rassistische und oftmals antisemitische Motive
Führerkult
Bedingungsloser Befehlsgehorsam
Hass gegen Aussenseiter und abweichende politische Auffassungen
Bereitschaft zur physischen Gewalt
Der Faschismus propagierte eine monolithische Einheit zwischen dem Staat und der faschistischen Partei. Die Funktion der Parteiorganisation bestand vor allem darin, alle staatlich-sozialen Bereiche mit dem Willen des Führers gleichzustellen, den einzelnen total zu kontrollieren und einen neuen faschistischen Menschentypus zu gestallten.

Der Faschismus erstrebte die politische und oft auch physische Vernichtung des ideologischen Gegners. Brutale Gewaltanwendungen wurden einerseits als Kampf gegen den Kompromisscharakter des bürgerlich-liberalen Systems sowie gegen den Bolschewismus glorifiziert, andererseits als Ausdruck eines neuen politischen Stils verherrlicht. Opposition wurde durch Polizeiterror unterdrückt oder vernichtet.

Das ist mal so allgemein. Nun zu Italien.

1925 propagierte Mussolini den "stato totalitario". In verschiedenen Etappen zwischen 1925 - 1928 wurde dieser Verwirklicht, erreichte aber niemals das Ausmass der Staatsform Deutschlands unter Hitler. Dies lag daran, dass es Mussolini nicht gelang Militär, Kirche und Krone gleichzuschalten. Sie blieben für den italienischen Faschismus Verbündete auf Zeit.

Faschismus ist ein Oberbegriff, es gab verschiedene Richtungen.

Mussolini wollte imperialistische Expansion betreiben. Dies führte ihn in die Abhängigkeit des Nationalsozialistischen Deutschlands.

Schaut man sich die beiden Parteien NSDAP und PNF an, kann man beim Aufstieg, Programmatik und soziale Zusammensetzung Ähnlichkeiten entdecken. Das Regime Hitlers war hinsichtlich seiner Entstehung und ursprünglichen Struktur eine Führerdiktatur nach italienischem Vorbild. Die Entwicklung der NSDAP wich jedoch vom italienischen Prototyp stark ab, dass sich von einem deutschen Faschismus allenfalls im Hinblick auf die strukturellen und entwicklungsgeschichtlichen Gemeinsamkeiten der faschistisches Regime sprechen lässt. Mussolinis Faschismus war immerhin noch auf die Umwandlung des Staates bezogen, so ging es Hitler von Anfang an um die Begründung eines Imperiums.
Der sozialdarwinistisch motivierte auf planmässige physische Vernichtung abzielende Rassismus und Antisemitismus des NS-Regimes hatte keine italienische Entsprechung. Der Rassismus des italienischen Faschismus war von älterer, kolonial-imperialistischer und apartheidlicher Art; er unterdrückte ganze Völker und zwang sie zu einer diskriminierenden Randexistenz, führte aber nicht in den organisierten Völkermord.

Diesen Text findest du auch in dieser Diskussion: http://www.geschichtsforum.de/f67/war-das-schlimme-am-faschismus-22369/
 
Und hier findest du auch noch eine Beschreibung:

Faschismus

shoa.de/faschismus schrieb:
Nationalsozialismus und italienischer Faschismus
Bereits in der Zeit vor der Machtergreifung erscheint der Nationalsozialismus in seiner äußeren Erscheinung wie eine Kopie des italienischen Faschismus. Die paramilitärischen Verbände der SA mit ihrer Braunhemd-Uniform und den von ihnen provozierten gewalttätigen Straßenschlachten muten wie eine Imitation der faschistischen Schwarzhemden an. Auch die gewalttätige Rhetorik Hitlers, die gleichermaßen nationalistisch wie sozialrevolutionär ist, erinnert an Mussolinis Auffassung. Nicht zuletzt erscheint Hitlers Putschversuch vom 9. November 1923 mit seinem inszenierten "Marsch zur Feldherrenhalle" wie eine Kopie von Mussolinis Marsch auf Rom. Allerdings wird Hitler erst 10 Jahre später als Mussolini an die Macht kommen. Aber auch hier gibt es eine Parallele: Wie Mussolini wird auch Hitler vor allem durch die alten Eliten an die Macht gehievt und wie dieser verklärt er dies als Machtergreifung. Allerdings gibt es auch deutliche Unterschiede: Der Antisemitismus, der in Italien nicht besonders ausgeprägt war, wurde im Nationalsozialismus zu einem wesentlichen ideologischen Element. Auch der Rassegedanke und die Blut- und Bodenmythologie wurde erst im Nationalsozialismus zum tragenden Element der Politik bis hin zum Ausrottungs- und Vernichtungskrieg in Osteuropa gegen die minderwertigen slawischen Rassen. Während der italienische "Duce" den deutschen "Führer" anfangs allenfalls als Juniorpartner sah, geriet er später in immer größeren Einfluß des deutschen Reiches. Nach 1943, als Mussolini zunächst abgesetzt wird und dann von deutschen Truppen befreit und wieder installiert wird, ist er nur noch eine Marionette Hitlers. Italien ist nur noch propagandistisch ein Verbündeter, faktisch längst ein besetztes Land.
 
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