Belagerung von Wien 1683 - was passierte mit den Frauen Kara Mustafas?

Cécile

Aktives Mitglied
Hallo zusammen,

mir ist neulich eine Frage in den Sinn gekommen die vielleicht recht interessant sein könnte:

Ich hatte gehört, dass bei der Belagerung von Wien 1683 Kara Mustafa seinen gesammten Harem mitgescheppt hatte, der in seiner riesigen "Zeltstadt" untergebracht war.

Nun frage ich mich, was ist nach der Aufhebung der Belagerung mit diesen Frauen passiert? Einige von ihnen wurden wohl von ihren eigenen Landsleuten umgebracht, weil dieses sie für zu kostbar hielten um dem Feind in die Hände zu fallen - aber über 1000 Frauen umzubringen haben die wohl kaum geschafft, oder? Haben sich vielleicht manche selbst das Leben genommen?

Wenn welche überlebt haben, wurden die dann einfach von den Soldaten weggeschleppt, oder wurden sie ganz offiziell gefangen genommen und dann als exotische Souveniers an Höfe verschenkt oder so??

Falls jemand darauf Antworten hat - ich bin höchst gespannt :)

Grüße
Cécile
 
Kara Mustapha musste zwar sein aufgebautes Prunkzelt samt Habe zurücklassen, aber die Frauen werden sicherlich unter Bedeckung evakuiert worden sein. Im Gegensatz zu seinen "Immobilien" konnten sie schließlich, wie er selbst, auch weglaufen.
 
Cecile, mich würde mal interessieren, wo du deine Infos gelesen hast, oder wo du es "gehört" hast. 1000 Frauen? Oder 1006 oder 968? ;)

Haremfrauen zu kostbar, um den Feind in die Hände zu fallen? Wurden diese denn dort auch als Sklaven ggf. weiterverkauft? Als Christinnen?

Standardwerk zu Harem und Frauen darin:
The Imperial Harem: Women and ... - Google Book Search

kannst mal schauen, ob du darin was über (Merzifonlu) Kara Mustafa Paschas Harem findest.

Die Lebensgeschichte von ihm (hier nun zusammengeschrieben Mustafapascha geschrieben) ist hier ausführlich dargestellt; schau mal, sei dir aber des Alters des Werkes bewußt (150 Jahre und veraltet):

http://books.google.de/books?id=FwopAAAAYAAJ&pg=PA291&dq=Kara+Mustafa+Pascha&lr=lang_de#PPP9,M1

hier wohl die gleiche Version 6 Monate später digitalisiert, keine Ahnung warum:
Geschichte des osmanischen Reiches ... - Google Buchsuche
 
Merci für die Links!

Das war, wenn ich mich nicht täusche in einer Biographie über Prinz Eugen, ich werd nachher mal die Stelle nachschlagen und gucken, was für Quellen der Autor angibt.
 
So, hier ist die eine Quelle, die andere war, wenn ich mich recht und zu meiner Schande entsinne eine ZDF-Doku...

„Großwesir Kara Mustafa hat der Nachwelt einige schöne Moscheen und Brunnen in Konstantinopel, Adrianopel und Belgrad hinterlassen. … Sein Harem bestand aus 1.500 Frauen, die von 700 schwarzen Eunuchen bewacht wurden. Die Zahl seiner Diener, Pferde und Hunde ging in die Tausende.“
*
Weiter berichtete man auch von zwei makaberen Funden, welche die Sieger nach der Schlacht am Kahlenberg machten:
„ die Leiche eines Lieblingsstraußen und einer Lieblingsfrau, die der Großwesir lieber enthauptet hatte, als sie lebend den „Christenhunden“ zu überlassen…“
**

* S. 36
** S. 39
Nicholas Henderson: „Prinz Eugen der edle Ritter“ Econ-Verlag, Wien, 1965

Gut, ich hatte mich nicht mehr korrekt erinnert, hier ist nur von einer enthaupteten Frau die Rede, der Autor suggeriert, dass es eine Primärquelle ist (ein Brief des Polnischen Königs an seine Frau), die von ihr berichtet, aber ich kann es nicht mit letzer Sicherheit sagen, denn da ist der Autor etwas ungenau...
 
Diese Zahlen dürften um den Faktor 10-100 übertrieben sein. Übrigens ist mir keine heute noch existente Moschee von Kara Mustafa in Istanbul bekannt. Kann natürlich abgebrannt oder beim Erdbeben zerstört worden sein.

Schade, dass der Autor es offensichtlich nicht so genau mit den Quellen nimmt. Aber ich habe mir auch solche Schinken der 60er - 80er zur Neugierde für 50 Cent aufm Flohmarkt zugelegt... (mehr Wert waren dann aber die meisten auch nicht...)
 
Zuletzt bearbeitet:
Schade, dass der Autor es offensichtlich nicht so genau mit den Quellen nimmt. Aber ich habe mir auch solche Schinken der 60er - 80er zur Neugierde für 50 Cent aufm Flohmarkt zugelegt... (mehr Wert waren dann aber die meisten auch nicht...)
In der Summe berief sich Henderson auf den österreichischen Historiker Alfred Ritter von Arneth, der seine Biographe über Prinz Eugen 1858 schrieb. Weitesgehend gab Henderson auch zu, dass man der erforschten Faktenlage von Arneth nicht viel hinzu fügen könne, da dieser bereits umfangreich die österreichischen Archive v.a. für sein Werk durchgesehen habe.
 
Ich habe mal die Quelle der Anzahl der Haremsdamen und Eunuchen von Henderson und Arneth ausfindig gemacht:
Diese Zahlen kommen von dem Reisenden Sieur Aubery (oder Aubry) de la Motraye, der darüber 50 Jahre nach der Belagerung schrieb. Woher er dieses nun erfahren haben will, oder es der Ausschmückung seiner Abenteuerreisen diente, weiß ich nicht.

Vielleicht schreibe ich auch mal was über Kara Mustafa... wenn Interesse besteht... mal schauen, ob ich Zeit finde....
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht schreibe ich auch mal was über Kara Mustafa... wenn Interesse besteht... mal schauen, ob ich Zeit finde....
Wäre schön. Vielleicht hatte dieser Aubery ja irgendeinen Grund so zu übertreiben, wenn er denn übertrieb. Vielleicht war die Zahl der Frauen durch irgendeinen Aspekt am "echten" Kara Mustafa inspiriert.:grübel:
 
Ein Beispiel aus dem Jahre 1686

Es sind zwar nicht die Frauen eines Heerführers, aber das Schicksal dieser "Türkinnen" ist vielleicht auch interessant:

In den Erinnerungen des kurbrandenburgischen Teilnehmers des Feldzuges gegen die Türken 1686 Johann Dietz finden sich drei interessante Schicksale. Johann Dietz ließ sich als Feldscher anwerben. Als er seine Erinnerungen niederschrieb war er allerdings schon ein 70-jähriger Veteran. Das brandenburgische Korps unter General Hans Adam von Schöning rückte im April 1686 von Krossen an der Oder aus nach Ungarn vor. Der hauptsächliche Einsatz dieser Truppen war bei im Zuge der Belagerung von Ofen durch das kaiserliche Heer, da auf Seite der kaiserlichen Räte dafür plädiert wurde, dass die Brandenburger in Ungarn nicht in die Winterquartiere gehen sollten, sondern sofort nach dem Ende des Feldzuges wieder in die Kurmark zurück marschieren sollten.

Jedenfalls erlebte Dietz die Belagerung von Ofen, wobei er entsprechend seiner Profession viel zu tun bekam. Nachdem die Stadt im Sturm genommen worden war, hob ein emsiges Plündern ein. Ein Teil der Bewohner und Verteidiger der Stadt war nach dem Fall der Mauern von Ofen in die zugehörige Festung geflohen. Inmitten des Plünderns und Mordens kam es scheinbar zu ähnlichen Greueln unter den Zivilisten wie im Falle, wenn im 30-jährigen Krieg eine Stadt im Sturm genommen wurde. Dietz plünderte mit, als ihm eine ältere Frau mit zwei jungen und schönen Töchtern begegnete. Viele Frauen waren bereits der Soldateska zum Opfer gefallen und brutal wie auch ihre Kinder abgeschlachtet worden.

"Als ich eben einen Keller, wo es oben brannte. vorbeiginge , da eine alte Mutter mit zwei wunderschönen Töchtern auf mich zugekrochen kam; mich nach der Mode umb die Füße fassend, weinende, auf ihre Sprache, welche ich nicht verstund, umb Schutz und ihr Leben baten. Ich sahe sie an. Sie waren schön und langgewachsen, eine von zwölf, die andere etwa von achtzehn Jahren. Als ich ihnen weisete, sie sollten sich an meinen Rock halten, thaten sie das, hintereinander her und mit mir über doe Bresche ins Lager gehende.
Ich gedachte lange, was ich mit ihnen machen wollte. Aber diese Sorge war vergebens. Denn sobald ich solche in mein Zelt gebracht, ihnen Essen und Trinken vorgesetzt, so sie aber nicht gewollt, hatte der General Schöning, der uns kommandierete, davon Nachricht bekommen, daß ich schöne Türkin'n rausgebracht. Ließ mir befehlen: ich sollte solche an ihn gleich schicken, sie zu verwahren. - Das mußte ich thun und war meine schöne Beute los. Sie wurden mit heraus, mit vielen andern vornehmen Türken und reichen Juden bis nach Berlin gebracht. Allda ich sie wiederum bei der Garde als Feldscher zu kurieren und zu verbinden hatte. Sie ließen sich hernach taufen und wurden vornehme verheiratet."
*

Was an der schönen Geschichte wahr ist, weiß ich freilich nicht. Was es bedeutet, dass wohl die zwei Töchter "vornehme verheiratet" wurden, kann ich auch nicht sagen. Wie kann man das einordnen? Einen Landjunker werden sie wohl kaum geheiratet haben, hatten sie doch weder Mitgift noch sonst ein Vermögen außer ihrem Aussehen.

*
S. 303-304
Bruno Gloger: "Friedrich Wilhelm - Kurfürst von Brandenburg" Kapitel: "Der Patriach" - "Der Feldzug nach Ungarn" Verlag Neues Leben Berlin, Berlin, 1986
 
Ich habe irgendwann mal in einer historischen Fachzeitschrift den Aufsatz eines Forschers gelesen, der bei genealogischen Forschungen (zur Geschichte der eigenen Familie?) auf eine Dame stieß, die in den Quellen als eine "geborene Türckin" bezeichnet wurde.

Er glaubte zunächst es handele sich um eine Frau, die mit dem Familiennamen Türck geboren worden sei. Dann fand er allerdings noch einen Brief, in ein Zeitgenosse einen Besuch, bei dieser Frau schilderte. Dieser beschrieb die Dame als orientalische Kleider tragend, im Schneidersitz auf Kissen sitzend und Kaffee trinkend. Mit anderen Worten die Bezeichnung "Türckin" bezog sich wohl wirklich auf die Herkunft der Frau.

Meiner Erinnerung nach handelt es sich um einen Fall aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Zu den Frauen Kara Mustafas oder anderen Gefangenen von 1683 dürfte sie daher kaum gehört haben. Sie geriet wohl bei späteren türkisch-christlichen Auseinandersetzungen in Gefangenschaft.
 
Auch wenn es nicht direkt um die Frauen des Harems geht und nicht direkt zum Thema beiträgt, so habe ich mal irgendwo gelesen (kann daher keine Quelle angeben und es ist auch schon was her) dass einige Hundert bis einige Tausend Mann der geschlagenen osmanischen Armee statt nach Süden nach Norden geflohen sind und sich im heutigen Bayern, Franken und Sachsen niedergelassen haben, wo sie christlich getauft wurden und anschließend ganz normal in dem jeweiligen Dorf/Stadt weiterlebten.

Kann dazu vll einer etwas sagen?
 
Ich habe irgendwann mal in einer historischen Fachzeitschrift den Aufsatz eines Forschers gelesen, der bei genealogischen Forschungen (zur Geschichte der eigenen Familie?) auf eine Dame stieß, die in den Quellen als eine "geborene Türckin" bezeichnet wurde.

Er glaubte zunächst es handele sich um eine Frau, die mit dem Familiennamen Türck geboren worden sei. Dann fand er allerdings noch einen Brief, in ein Zeitgenosse einen Besuch, bei dieser Frau schilderte. Dieser beschrieb die Dame als orientalische Kleider tragend, im Schneidersitz auf Kissen sitzend und Kaffee trinkend. Mit anderen Worten die Bezeichnung "Türckin" bezog sich wohl wirklich auf die Herkunft der Frau.

Meiner Erinnerung nach handelt es sich um einen Fall aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Zu den Frauen Kara Mustafas oder anderen Gefangenen von 1683 dürfte sie daher kaum gehört haben. Sie geriet wohl bei späteren türkisch-christlichen Auseinandersetzungen in Gefangenschaft.


Im 17. und frühen 18. Jahrhundert gab es offenbar eine große Zahl von Trickbetrügern, die sich als angebliche Türkensklaven ausgaben und mit ihrer Vita von vielen Zeitgenossen Geld, Lebensmittel und Obdach erhielten. Als der Einfluss des Osmanischen Reiches schwand und dieses kaum noch als Bedrohung empfunden wurde, nahmen auch immer weniger Bettler und Gauner die fiktive Identität von Türkensklaven an und entsprechend seltener fanden sich Trickbetrüger als "Türkensklaven" auf Steckbriefen und Gaunerlisten wieder.

Jahrzehntelang betrachtete man Zigeuner mit großem Misstrauen und traute ihnen zu, dass sie Spione des Osmanischen Reiches seien. Eine legende erzählte deren Vorfahren hätten Maria und Josef Gastfreundschaft in Ägypten versagt, eine andere berichtete, zigeuner hätten das Christentum angenommen, seien aber unter der Türkenherrschaft vom rechten Glauben abgefallen, weshalb ihnen der Papst auferlegt habe, 7 Jahre rastlos durch die Welt zu ziehen. Manche Zigeunerältesten konnten anscheinend noch im 18. Jahrhundert Schutzbriefe Kaiser Sigismunds vorweisen, die diese Legenden bestätigten.
 
Im 17. und frühen 18. Jahrhundert gab es offenbar eine große Zahl von Trickbetrügern, die sich als angebliche Türkensklaven ausgaben und mit ihrer Vita von vielen Zeitgenossen Geld, Lebensmittel und Obdach erhielten. Als der Einfluss des Osmanischen Reiches schwand und dieses kaum noch als Bedrohung empfunden wurde, nahmen auch immer weniger Bettler und Gauner die fiktive Identität von Türkensklaven an und entsprechend seltener fanden sich Trickbetrüger als "Türkensklaven" auf Steckbriefen und Gaunerlisten wieder.
...

Betrüger die sich als "Türkensklaven" ausgaben, gaben m.W. nicht vor "Türken" zu sein, sondern ehemalige christliche Gefangene, die nun mittellos aus der Sklaverei zurück kehrten.
 
Auch wenn es nicht direkt um die Frauen des Harems geht und nicht direkt zum Thema beiträgt, so habe ich mal irgendwo gelesen (kann daher keine Quelle angeben und es ist auch schon was her) dass einige Hundert bis einige Tausend Mann der geschlagenen osmanischen Armee statt nach Süden nach Norden geflohen sind und sich im heutigen Bayern, Franken und Sachsen niedergelassen haben, wo sie christlich getauft wurden und anschließend ganz normal in dem jeweiligen Dorf/Stadt weiterlebten.

Kann dazu vll einer etwas sagen?

Ich hab irgendwo mal gelesen, dass hier im München schon im 18.Jahrhundert getaufte Türken v.a. im Stadtteil Au lebten. Der Familienname Türk verweise daher bei Münchnern mit einiger Wahrscheinlichkeit tatsächlich auf türkische Vorfahren.
 
Betrüger die sich als "Türkensklaven" ausgaben, gaben m.W. nicht vor "Türken" zu sein, sondern ehemalige christliche Gefangene, die nun mittellos aus der Sklaverei zurück kehrten.
Bekannter ist mir auch der Fall, dass irgendwelche Betrüger als orientalische Prinzen von soundso durch Deutschland reisten und von den Höfen, die darauf reinfielen, Geld ergaunern wollten, welches sie vorgeblich zum Freikaufen christlicher Sklaven benötigten. Scheinbar schenkte man solchen "Prinzen" aber, wenn man bereits 1-2 Exemplaren getroffen hatte, zusehends weniger Beachtung.
 
Betrüger die sich als "Türkensklaven" ausgaben, gaben m.W. nicht vor "Türken" zu sein, sondern ehemalige christliche Gefangene, die nun mittellos aus der Sklaverei zurück kehrten.


Eben, hätten angebliche "Türkensklaven" sich als Türken (und Muslime) ausgegeben, hätte ihnen in Europa wohl kaum jemand Almosen gegeben.
 
Ich hab irgendwo mal gelesen, dass hier im München schon im 18.Jahrhundert getaufte Türken v.a. im Stadtteil Au lebten. Der Familienname Türk verweise daher bei Münchnern mit einiger Wahrscheinlichkeit tatsächlich auf türkische Vorfahren.

Angesichts dessen, dass man jeden Muslim Türke nannte, könnten dies gut auch albanische, griechische oder albanische Vorfahren sein.
 
Zurück
Oben