Zum Thema Papier im Mittelalter gibt es hier eine gehaltvolle Aufsatzsammlung:
https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110371413/pdf
Auch nachdem Papier überall erhältlich war, wurde noch in vielen Bereichen bevorzugt Pergament verwendet. (Auch Gutenberg druckte seine Bibel sowohl auf Papier wie auch auf Pergament).
"Die Leistungsfähigkeit der italienischen Papierherstellung, die Qualität ihrer Produkte, die Differenzierung des Angebots und die eingespielten Vertriebsnetze könnten maßgeblich dafür verantwortlich gewesen sein, dass sich nördlich der Alpen der Wunsch, eigene Papiermühlen zu besitzen, vielerorts spät regte – bisweilen erst im Zusammenhang mit den Aktivitäten einer ortsansässigen Universität..." (Claudia Märtl, S. 310)
Die Gründung der ersten württembergischen Papiermühle geschah zeitgleich mit der Gründung der Tübinger Universität:
"Mit der wachsenden Bedeutung als Residenzort ging auch ein kultureller Aufschwung einher. Die Ansiedlung der Brüder vom Gemeinsamen Leben brachte theologische Impulse, die im nahen Tübingen 1477 gegründete Universität hielt enge personelle Beziehungen zum fürstlichen Hof, und in Urach selbst erkennen wir ein aktives humanistisches Umfeld des Fürsten.
Als zwei wesentliche Merkmale dieses kulturellen Aufschwungs werden in der Literatur unter anderem auch die Papierherstellung und der Buchdruck in Urach angesprochen. Unter Graf Eberhard im Bart siedelte spätestens zu Beginn des Jahres 1479 der Esslinger Drucker Konrad Fyner an die gräfliche Residenz nach Urach über, und nahezu zeitgleich wurde 1477 in Urach die erste württembergische Papiermühle errichtet. Die Kombination von Druckerpresse und Papierherstellung bildet in der einschlägigen Literatur zu Urach ein festes Begriffspaar." (Erwin Frauenknecht, S. 97)
Der erste Papiermacher in Württemberg war ein Italiener, anscheinend aus dem piemontesischen Casella:
"... weil der kleine Ort im Piemont im 15. Jahrhundert eine Art Hochburg der Papiermachertradition mit großer Ausstrahlungskraft auf die Entwicklung vieler anderer Papiermühlen war. Die Entwicklung der Basler St. Albansmühlen wäre ohne den Einfluss der Familie Gallizian nicht denkbar. Überhaupt unterhielt diese wichtige Papiermacherfamilie aus Casella Verbindungen zu anderen Papiermühlen im Südwesten (Bern, Offenburg, Ettlingen, Lörrach und Reutlingen) und zeitweise auch in die Reichsstadt Nürnberg. In Augsburg sind weitere Papiermacher aus Casella fassbar, und auch in Lothringen ist der Einfluss der piemontesischen Fachleute nachweisbar."