Bevölkerungszuwachs zw. 1932 und 1940

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Gast

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Warum konnte die arbeitsfähige Bevölkerung innerhalb von nur 8 Jahren verdoppelt werden? Wir hatten gestern in Ge die Entwicklung des Arbeiter-Jahres-Einkommens, wobei die Prozentzahl der unter 1500RM-verdienenden relativ konstant blieb, aber die eigentl. Zahl verzweifacht wurde... Das heißt für mich im Rückschluss, es gab rund doppelt soviele Arbeitsfähige - Warum?
 
Nicht die arbeitsfähige Bevölkerung, aber die Zahl der Beschäftigten.. Aber 1932 war noch die Weltwirtschaftskrise - 1940 schon Krieg und Vollbeschäftigung. Dazu kommen Frauen, Reichsarbeitsdienst, Angeworbene aus anderen Ländern (z.B. Dänemark) und Kriegsgefangene besonders in der Landwirtschaft.
 
Ergänzung zu den Frauen:


Während der Weimarer Republik wurden Frauen immer mehr im Arbeitsmark integriert. 1925 war der Anteil arbeitenden Frauen bei 51,5% dieser sank wegen der Wirtschaftskrise bis 1933 auf 49,3%. Stieg dann im Dritten Reich wieder an; so waren 1939 52,5% und 1944 54% der Frauen im Arbeitsmarkt vertreten.

1933 bis 1936 Umschichtung des Arbeitsmarktes: Frauen aus der Haus- und Landwirtschaft übernahmen Arbeitsplätze in der Konsumgüterindustrie, hier wurden die Arbeitsplätze frei von den Frauen die in die Rüstungsindustrie abwanderten.
 
Aber hätten die Unbeschäftigten, die Arbeitslosen, dann nicht trotzdem in der Statistik von 1932 auftauchen müssen, mit weniger als 1500RM Einkommen?
 
Aber hätten die Unbeschäftigten, die Arbeitslosen, dann nicht trotzdem in der Statistik von 1932 auftauchen müssen, mit weniger als 1500RM Einkommen?

Kommt auf die Statistik an.
Wenn nur die Einkommen der Arbeitnehmer in Beschäftigungsverhältnissen angesprochen ist, dann nicht.

Wenn es um Einkommen aller Personen im Deutschen Reich geht (was ich mir nicht vorstellen kann), gehören sie dazu. :winke:
 
Nicht die arbeitsfähige Bevölkerung, aber die Zahl der Beschäftigten.. Aber 1932 war noch die Weltwirtschaftskrise - 1940 schon Krieg und Vollbeschäftigung. Dazu kommen Frauen, Reichsarbeitsdienst, Angeworbene aus anderen Ländern (z.B. Dänemark) und Kriegsgefangene besonders in der Landwirtschaft.
Ja, es gibt heute noch ältere Herrschaften, die loben, dass Hitler das Strassennetz ausbaute. :(
Es waren also z.B. sehr viele im Strassenbau beschäftigt. Zudem legte man, soviel ich weiss, Wert auf eine sogenannte Vollbeschäftigung.

Bei Statistiken stellt sich auch immer die Frage nach den Auswahlkriterien. :pfeif: Spruch der Analysten "Keine Statistik ist so gut wie meine", will sagen, keine ist so gut, wie die, die ich zurechtgebastelt hab, um das richtige/gewollte Ergebnis zu erhalten. Unsere Regierung macht es mit den Beschäftigungs- und vor allem Arbeitslosenzahlen dich auch nicht anders. Da gibt es die 1-Euro-Jobs und das gilt dann als Vollbeschäftigung. Arbeitslose in Umschulungsmassnahmen gelten auch nicht mehr als Arbeitslose, auch wenn sie noch lange keinen neuen Job haben und vermutlich auch keinen kriegen.
 
Bei dem Thema sollte man Ausflüge in die aktuelle Politik vermeiden :fs:

Zu den Arbeitsbeschaffungseffekten des Straßenbaus 1933-1936 ist anzumerken, dass diese jedenfalls nach den Daten des Reichsstatistikamtes im Nachhinein häufig übertrieben dargestellt werden.

ZB beim Autobahnbau dürften nur Beschäftigungseffekte von rd. 100.000 in Spitze anzunehmen sein (Statistische Jahrbücher 1933-1938), was gegen die Arbeitslosigkeit von 5-6 Millionen im Winter 1932/33 kaum ins Gewicht fällt, selbst wenn man indirekte, sektorale Auswirkungen mit berücksichtigen würde.


Zu den wesentlichen Hintergründen ist 2008 in den Vierteljahresheften für Zeitgeschichte ein interessanter Beitrag erschienen, der hier auch schon im Forum zitiert worden ist.
Institut für Zeitgeschichte: 3/2008
Christoph Buchheim: Das NS-Regime und die Überwindung der Weltwirtschaftskrise in Deutschland.

Die Beschäftigungseffekte sind dort analysiert worden.
 
Deshalb habe ich ja den ergänzenden Hinweis angefügt, und auf den Beitrag in VfZ hingeweisen :winke:
Kennst Du daraus den Bericht "Kuriergepäck und Pistolen", bzw. hast ihn gelesen? Da werden Augenzeugenberichte kritisiert bzw für unwahr/unzuverlässig befunden und entsprechend untersucht ... Ich bin neugierig ...

Ich frage aus dem Grund, weil man natürlich jeden Augenzeugenbericht nicht 1zu1 übernehmen oder glauben kann. Erinnerungen täuschen manchmal, Selbstdarstellungen auch. Sie können doch nicht, Tasachen unbesehen, objektiv einwandfrei sein, sondern sind im Gegenteil immer, sowohl im positiven als auch negativen Erleben, subjektiv gefärbt.
 
Da werden Augenzeugenberichte kritisiert bzw für unwahr/unzuverlässig befunden und entsprechend untersucht ... Ich bin neugierig ... Ich frage aus dem Grund, weil man natürlich jeden Augenzeugenbericht nicht 1zu1 übernehmen oder glauben kann.

Hallo Caro,

geht es um die Richtigkeit der Statistischen Jahrbücher?

Abgesehen von Irrtümern der Bearbeitung halte ich die für zuverlässig. Wesentliche Fehler sind jedenfalls mW nicht bekannt.
 
Hallo silesia,

ich meine diese Datei:
Gerhard Ringshausen: Kuriergepäck und Pistolen. Neue Quellen zu den Attentatsplänen in der Heeresgruppe Mitte im März 1943.

Die Berichte der Überlebenden des Widerstandes in der Heeresgruppe Mitte, besonders die Darstellungen von Fabian von Schlabrendorff und Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff werden seit einigen Jahren als unzuverlässig und tendenziös kritisiert. Deshalb untersucht die Studie quellenkritisch und mit bisher nicht ausgewerteten Zeugnissen die Überlieferung zu den Attentatsplanungen 1943-1944, die sie bestätigt, differenziert und ergänzt.

Aufsatz (pdf) kaufen beim R. Oldenbourg-Verlag
 
Hallo Caro,

geht es um die Richtigkeit der Statistischen Jahrbücher?

Abgesehen von Irrtümern der Bearbeitung halte ich die für zuverlässig. Wesentliche Fehler sind jedenfalls mW nicht bekannt.


trotzdem scheint mir eine Verdoppelung unwahrscheinlich.

Sind die Zahlen um die Gebietszuwächse (Österreich, Sudeten, Westpreußen usw.) bereinigt?
Bei dieser "Rechnung" fehlt auch der Arbeitsdienst und die Wehrmacht, nochmals für 1940 ein Riesenposten.
 
trotzdem scheint mir eine Verdoppelung unwahrscheinlich.
Sind die Zahlen um die Gebietszuwächse (Österreich, Sudeten, Westpreußen usw.) bereinigt?

Glaube ich auch nicht. Die Zahlen für 1939 smüßten differenziert sein, schaue ich noch nach. Vorab: Stundenlöhnn 1931/32 um 1 Reichsmark und Monatsgehälter zwischen 150 und 400 Mark in der Masse. Zahlreiche Arbeitsverhältnisse in der Industrie lagen zwischen 60 und 100 Pfg. Stundenlohn, dass kann man dann hochrechnen.

Die Zahlen im Durchschnitt 1931 weisen aufgrund der Krankenkassen-Statistiken rd. 21,4 Millionen Beschäftigungsverhältnisse - Arbeitnehmer - aus (rund minus 1 Mio. ggü. 1930), dazu 4,5 Mio. Arbeitslose. Beschäftigte insgesamt rd. 33 Mio., Bevölkerung 64 Mio.

1939 suche ich noch, trage ich nach.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das liest sich nun doch ganz anders:
Im Jahr 1939 war die neugeschaffene große Wehrmacht auf die Leistungen einer Industriearbeiterschaft angewiesen, die nur fünf Prozent größer war und nur wenig mehr Arbeitsstunden leistete als die der 20er Jahre. (282) Erst im Frühjar 1940 wurden die ersten Betriebe des Konsumgütersektors geschlossen (283).

aus dem link:
 
Statistisches JB, 58. Jahrgang 1939/1940:


Bevölkerung Stand Mitte des Jahres "Reichsgebiet":
1932: 65.716.000
1937: 67.831.000
1938: 75.396.000
1939: 79.530.000
1940: 90.049.000

Bevölkerung abhängig nach Wirtschaftsabteilungen, Stand 17.5.1939 ohne Memelland:
Deutsches Reich: 78.072.258 (Wohnbevölkerung ohne Wehrmachtsangehörige und RAD)
Land u. Forstwirtschaft: 14.882.000
Industrie und Handwerk: 31.463.800
Handel u. Verkehr: 12.057.900
Öffentlicher Dienst: 7.677.800
Häusliche Dienste: 1.627.600
Selbständige Berufslose: 10.363.200

Erwerbspersonen:
Beschäftigte Krankenkassenmitglieder durchschn. 1938 (1931 s.o.): 24,4 Mio. (freiwillig 3,7/pflichtversichert: 20,7)

Entwicklung beschäftigte Arbeiter/Angestellte:
1.1.1933: 13,4 Mio./ 1938: 20,1 Mio. / 1939: 20,8 Mio.

Vorhandene Arbeiter/Angestellte Deutsches Reich, altes Reichsgebiet:
1933: 18.237.000, ...Juli 1939: 21.293.000

Beschäftigung der Industrie, altes Reichsgebiet: Index 1936 = 100%
Arbeiter 1929: 101,8% - 1932: 60,5% - Januar 1938: 107,0% - Juni 1939: 125,1%
Angestellte: 1929: 107,4% - 1932: 74,4% - Januar 1938: 112,1% - Juni 1939: 128,3%

Arbeitslosigkeit, nach Meldung Arbeitsämter, Jahresdurchschnitt nach Monatsendmeldungen:
1929: 1.898.604
1932: 5.575.492
1935: 2.151.039
1939: 118.915
 
Bevölkerung Stand Mitte des Jahres "Reichsgebiet":
1932: 65.716.000
1937: 67.831.000
1938: 75.396.000
1939: 79.530.000
1940: 90.049.000

Da sind dann die territorialen Erweiterungen des Dritten Reichs (Sudetenland etc.) bzw. die "Heim ins Reich"-Bewegung deutlich sichtbar.
 
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