Bewaffnete Handelsschiffe im 1. WK

vorausschickend schätze ich Ihre Publikationen.

Es ist recht unterhaltsam die Aussagen hier sich genüsslich reinzuziehen. Es ist ein rein akademischer Disput, der mit der Wirklichkeit nix zu tun hat.

Diesbezüglich möchte ich aber widersprechen. Der obige Disput ist völkerrechtliche Realität für mindestens 25 Jahre und eine Bruchstelle für angestrebte Abkommen zum Seekriegskriegsrecht gewesen. Die Auseinandersetzung zwischen DR und GB wurfde auch nach Kriegsende fortgeführt (Proteste gegen Anlaufen bewaffneter britischer Handelsschiffe in deutsche Häfen der 20er Jahre). Insoweit ist das Rechtshistorie, die übrigens einen Kommandanten und Befehlshaber einer deutschen U-Boot-Flottille (Sohler) nach dem Krieg 1949 zu einer Monographie veranlaßt hat, wie Sie sicher wissen.

Daneben ist dieser Disput - wie sie selbst zum Schluß kommen - unter bündnispolitischen Interessen während eines Weltkriegs geführt worden, was seine "Realität" bzw. historische Bedeutung weiter belegt. Darin lag zugleich sicher eine Instrumentalisierung der Frage, die einer Realität aber nicht widerspricht. Schließlich haben Nicht-Kombattanten stets sehr wohl die Folgen völkerrechtswidriger Handlungen zu tragen gehabt.

Nun kann man sich darüber aufregen, wer Recht hatte oder besser hätte Recht bekommen sollen, und da kann man sicher Akademisierung beklagen: Rechtshistorie. Diese hat aber auch den unbestreitbaren Vorzug, dieses Problem des Völkerrechts aus heutiger Sicht interessenfrei und entspannt diskutieren zu können. Warum sollte man daraus nichts lernen können?

Als Marineexperte wissen sie sicherlich, dass zu dieser Frage des Seekriegs-Völkerrechts mindestens bis in die Siebziger Jahre in der Offiziersprüfung der Marine Stellung (Handakte Völkerrecht) genommen werden mußte. Nun kann man sicher auch hier beklagen: alles Trockenübungen, im Krieg läuft das dann anders. Die Beschäftigung mit ethischen oder völkerrechtlichen Fragen sollte aber nicht deshalb unterbleiben, weil das Ausmaß völkerrechtlicher Verbrechen in der Vergangenheit einmal jede Vorstellungskraft gesprengt hat. Mit dieser Begründung könnten sie ansonsten auf viele Gesetze und auf Moral und Ethik überhaupt verzichten.
 
Noch eine Nachfrage:

Was gibts denn Neues zum Fryatt-Fall, gegenüber Darstellungen bei Granier (MGM 2003), Jamieson (The MM 1999) und Hurd (The Merchant Navy)? :confused:
 
Bevor ich das noch vergesse. Hier meine Antworten zu Silesia # 18 und 19:

Auch in diesem Beitrag werde ich auf die vielen „Nettigkeiten“, dieses mal die der # 18 und # 19 („Rauchwerk“ etc.), nicht eingehen. Stattdessen widme ich mich lieber den inhaltlichen Fragestellungen. Zunächst aber bedarf es folgender Klarstellung:

Silesia # 18 schrieb:
Beim „Verbot der Bewaffnung“ im 19. Jahrhundert muss ich nichts „einräumen“, weil ich das nicht behauptet habe. Zum Nachlesen: (...)
Deine Beiträge habe ich nicht nur gelesen. Ich habe mich sogar mit ihnen auseinandergesetzt, z.B. mit Deinem Versuch, aus den Utrechter Regeln etc. ein „Verbot der Bewaffnung“ herzuleiten (# 13), oder mit Deiner These, dass Staatsschiffen die Bewaffnung „vorbehalten“ gewesen sei (# 3). Wenn Du (nun) anders verstanden werden möchtest, nehme ich das zur Kenntnis. - Im Ergebnis sind wir uns einig: es gab weder ein Verbot der Bewaffnung für Handelsschiffe noch einen Vorbehalt der Bewaffnung für Staatsschiffe. Es war vielmehr so, dass die Handelsschiffe im Laufe des 19. Jh. nicht mehr bewaffnet wurden.


1. Kein Gewohnheitsrecht der Bewaffnung?

Silesia # 18 schrieb:
die Bewaffnung der Handelsschiffe vor 1850 als „Völker“gewohnheitsrecht würde ich bestreiten, weil es an der staatlichen Anerkennung der praktischen Übung mangelt (...) Hier lag eine schlichte Praxis von Privaten vor, die sich Bewaffnung beschafft haben, das hat mit Völkergewohnheitsrecht folglich nichts zu tun.

Die staatliche Anerkennung soll fehlen?

Es waren die Seestaaten (vgl. # 1 und # 12),
- die die Handelsschiffsbewaffnung anordneten bzw. begünstigten,
- deren Prisenreglements den Widerstand gegen feindliche Kriegsschiffe erlaubten,
- deren Prisengerichte die Bewaffnung für zulässig hielten,
- die das Recht der Bewaffnung zu Verteidigungszwecken in völkerrechtlichen Verträgen vereinbarten, etc, etc.

Ferner gingen auch die Völkerrechtslehrer des 17., 18. und 19. Jh. in großer Eintracht von der Existenz dieses Völkergewohnheitsrechtssatzes aus. Selbst Triepel musste 1914 einräumen, dass die weltweit ganz herrschende Völkerrechtslehre die von ihm abgelehnte Handelsschiffsbewaffnung als Völkergewohnheitsrechtssatz anerkannte und dass diese Auffassung eine Jahrhunderte alte Tradition hatte, vgl. # 1.

Kannst Du eigentlich Regierungen oder Völkerrechtler des 17., 18. und 19. Jh. nennen, die die völkerrechtliche Zulässigkeit der Handelsschiffsbewaffnung bestritten haben? Natürlich nicht.


2. Durften bewaffnete Handelsschiffe gegen Kriegsschiffe von vorneherein keinen Widerstand leisten? (Schlechte)

silesia # 18 schrieb:
Zu Deiner Spekulation über ein nach Deiner Ausführung ungelesenes Buch (Schlechte) und die breite Auseinandersetzung mit dem Titel: (...)
DU willst doch das Buch von Schlechte gelesen haben. Dann müsstest DU doch auch die Primärquellen nennen können, aus denen sich - nach Schlechte – für Handelsschiffe das behauptete Verbot ergeben soll, ihre Bewaffnung gegen Kriegsschiffe einzusetzen. Nennt Schlechte etwa keine?

Gegen diese Verbots-These streitet schon, dass den bewaffneten Handelsschiffen das Recht zur „counter attack“ zustand. Das bewaffnete Handelsschiff durfte sich nicht nur gegen einen Angriff verteidigen. Es „ist sogar berechtigt, das gegnerische Kriegsschiff in die Flucht zu schlagen, zu verfolgen und zu beschlagnahmen“ (Erich Hüttenheim, Die Handelsschiffe der Kriegführenden, in: Zeitschrift für Völkerrecht, Bd. 6, 1912/13, Beiheft II, S. 49).


3. Ab wann wurden Handelsschiffe nicht mehr bewaffnet?

Silesia # 18 schrieb:
Im übrigen ist die ausschließliche Bewaffnung von Staatsschiffen in diesem Zeitraum (gemeint ist hier der Zeitraum ab Mitte des 19. Jh., Gandolf) keine These, sondern Fakt. Wie ich sehe, hast Du das inzwischen eingesehen: (...)

SCHON in # 1 schrieb ich, dass die Handelsschiffsbewaffnung zum Zeitpunkt von Churchills Ankündigung (1913) nicht mehr praktiziert wurde und in # 12, dass diese im 19. Jh. außer Mode kam. Mangels verändertem Rechtsbewusstsein kommt dem Praxiswandel ohnehin keine rechtliche Bedeutung zu, s.u. Nr. 4 und # 17 Nr. 3.

Wenn Du mir aber unbedingt die unerquickliche Debatte über das genaue Datum der Nicht-Praxis der Handelsschiffsbewaffnung aufzwingen willst, sprechen nun einmal die von Plaga, „Das bewaffnete Handelsschiff“ (1939), genannten bewaffneten Südseefahrer in der zweiten Hälfte des 19. Jh. gegen Deine These, dass die Handelsschiffe ab 1850 nicht mehr bewaffnet gewesen seien.

Und wenn man weiter sucht, findet man auch noch mehr: So berichtet Jochen Brennecke in seinem Buch „Die Geschichte der Seefahrt“ (1981) darüber, dass das amerikanische Handelsschiff SHENANDOAH im spanisch-amerikanischen Krieg (1898) bewaffnet wurde und vor der Küste Irlands auf ein spanisches Kriegsschiff schoss (S. 289).


4. Neues Gewohnheitsrecht der Nicht-Bewaffnung?

Silesia # 18 schrieb:
Du meinst dann wohl eher „consuetudo“? die fehlende Bewaffnung in allgemeiner Übung lässt Gewohnheitsrecht in dieser Frage entstehen. Desuetudo wäre nach meinem Verständnis die Aufhebung früheren Vertragsrechts (welcher Vertrag und welche staatlichen Äußerungen sollen hier ausdrücklich Bewaffnung von private vessel erlaubt haben?) durch späteres Gewohnheitsrecht. Allenfalls könnte man unterstellen, dass die Vergabe von Kaperbriefen wohl in der Annahme erfolgt, dass ein Schiff bewaffnet ist. Liegt nur die allgemeine Übung in consuetudo vor, entsteht mangels expliziter STAATLICHER Rechtsüberzeugung kein Gewohnheitsrecht, sondern unerhebliche allgemeine Übung.
Ich meine das, was ich geschrieben habe. Unter „desuetudo“ versteht man halt auch die Aufhebung alten Völkergewohnheitsrechts durch neues Völkergewohnheitsrecht.:pfeif::still:

Ferner rennst Du bei mir offene Türen ein, wenn Du darauf hinweist, dass die Entstehung von Gewohnheitsrecht neben der tatsächlichen Ausübung einer Gewohnheit auch voraussetzt, dass diese in der Überzeugung rechtlicher Gebotenheit (= Rechtsüberzeugung) ausgeübt wird. Das predige ich seit # 1.

In # 17 Nr. 3 habe ich diesen allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts auf die Praxis der Nicht-Bewaffnung von Handelsschiffen angewendet: die Nicht-Bewaffnung wurde aus faktischen Gründen praktiziert (Überlegenheit der modernen Kriegsschiffe) und nicht aus Rechtsüberzeugung. Folglich entstand kein (neues) Gewohnheitsrecht eines Bewaffnungsverbotes.

Kannst Du Primärquellen des 19. Jh. nennen, aus denen deutlich wird, dass die Regierungen aus rechtlicher Überzeugung auf die Handelsschiffs-Bewaffnung verzichteten? Welche? Wann? Und wo ist dies nachlesbar?


5. Britische Völkerrechtler zur Handelsschiffsbewaffnung (1913/14)

Silesia # 13 schrieb:
Die Frage der Bewaffnung von Handelsschiffen war vor (allein 50 britische Völkerrechtler wandten sich gegen die Armierung 1913) und während des Ersten Weltkrieges (...) umstritten

Quelle? Bislang Fehlanzeige!

Den behaupteten Massenprotest hat es auch gar nicht gegeben. Ansonsten wären die deutschen Völkerrechtszeitschriften voll davon gewesen. Doch dort findet man hierzu kein Wörtchen...

Silesia # 18 schrieb:
Plaga ist eine Ausnahme mit seiner Monographie. S. 30 zitierst du richtig im Wortlaut, aber ohne den Kontext, was ich so nicht akzeptieren kann. Dort auf S. 30 geht es bereits um die Zusammenfassung von Kapitel I.2. Das Zitat bezüglich der britischen Juristen ist auf die Seiten 20-23 bezogen, auf denen er die Positionen von Hall und Higgins beleuchtet. Von anderen brtitischen Juristen (habe ich einen übersehen?) ist nicht die Rede.

Bei inhaltlicher Wiedergabe wird der Kontext des Plaga-Zitats klarer:

Plaga stellt in den S. 20 – 31 seines o.g. Buches die „rechtliche und politische Erörterung der Handelsschiffsbewaffnung“ (so lautet die Überschrift des entsprechenden Abschnittes) dar. Dabei geht er auf die kritischen Töne ein, die es in der englischen Politik und der öffentlichen Meinung Englands zu Churchills Erklärung über die Wiederaufnahme der Handelsschiffsbewaffnung gab und auf die Meinungsbildung innerhalb der „politischen Stellen“. Es „kann (...) festgestellt werden, dass die politischen Stellen sich noch nicht völlig im klaren waren“ (S. 30). Ihrer „nichteindeutigen“ Haltung stellt er dann im vorletzten Absatz des entsprechenden Abschnitts die viel eindeutigere Haltung „der britischen Juristen“ gegenüber: „Viel eindeutiger als das Verhalten der politischen Stellen war die Haltung der britischen Juristen. Sie stellten sich sofort in den Dienst der militärischen Notwendigkeit“ (Seite 30). Und in diesem Kontext meinte er mit „den britischen Juristen“ nicht die zwei britischen Juristen, aus deren Büchern er auf den Seiten 21 und 22 zitiert hat.

Und übrigens: wenn es den von Dir behaupteten Massenprotest 50 britischer Völkerrechtler gegeben hätte, hätte Plaga diesen in seinem Buch genüsslich ausgeschlachtet und gegen Churchills Politik gewendet anstatt die angepasste Haltung der britischen Völkerrechtler zu beklagen.


6. Kriegsschiffsbegriff und „Zwitter-Verbot“


Silesia # 19 schrieb:
Die Lage unmittelbar nach dem Haager Regelungswerk von 1907 kann man wie folgt - thesenartig - beschreiben:

1. Es fehlt eine Definition des Kriegsschiffes, der Versuch dazu ist in den Haager Verhandlungen gescheitert.

2. Es gibt keinen Zwitterstatus zwischen Kriegs- und Handelsschiffen, ...

Im Umwandlungsabkommen findet sich zwar expressis verbis keine Definition des Kriegsschiffes oder des Handelsschiffes. ABER in diesem Abkommen werden die Kriterien genannt anhand derer ein Handelsschiff in ein Kriegsschiff umgewandelt werden kann. Mit diesen Kriterien wird logischerweise das Zielobjekt der Umwandlung (Kriegsschiff) vom Ausgangsobjekt der Umwandlung (Handelsschiff) abgegrenzt. Somit stellen die Umwandlungskriterien auch eine begriffliche Beschreibung des Kriegsschiffs in Abgrenzung zum Handelsschiff dar.

Mit Deiner zweiten These greifst Du ein Argumentationsmodell der Gegner der Handelsschiffsbewaffnung auf. Das bewaffnete Handelsschiff wurde von diesen als „unzulässiger Zwitter“ bezeichnet. Angeblich nehme es aktiv Kampfhandlungen vor und beanspruche gleichzeitig passiv Schutz vor feindlichen Angriffen, was unzulässig sei. Dieses Argument ist jedoch nicht stichhaltig: Das bewaffnete Handelsschiff verliert in dem Moment seinen Schutz, in dem es das feindliche Kriegsschiff angreift oder in dem es sich dessen Aufbringungsversuch widersetzt. Ab DANN darf das Kriegsschiff zurückschießen und das Handelsschiff in den Grund bohren. Von einem „Zwitter“ kann also keine Rede sein. Die Problematik dreht sich um den „ersten Schuss“.

Der Rest Deines # 19 beruht im Wesentlichen auf „Schlüssen“, die Du aus den beiden o.g. Thesen ziehst. Doch „falsch“ und „schief“ werden durch ihre Kombination nicht „richtig“ und „gerade“. Vielleicht schaffe ich es, meine Kritik am Rest in meine nächsten Beiträge einzubauen.
 
7. Umwandlung in ein Kriegsschiff durch Bewaffnung?

Silesia # 13 schrieb:
Diesen „Lebenssachverhalt“ treffen die Verhandlungen 1907 und 1909 an, auf ihrer Basis sind die Regelungen ausgehandelt worden. Neben vielen anderen Lücken fehlen daher die Regelungen zur Bewaffnung

(...)

Zu den Gegenmeinungen (jede Bewaffnung führt zur Umwandlung in ein Kriegsschiff) hatte ich schon zitiert: (...)

Schon im Lusitania-Strang hast Du behauptet, dass Handelsschiffe nicht nur nach der Maßgabe des Umwandlungsabkommens sondern auch durch Bewaffnung (außerhalb des Abkommens) in Kriegsschiffe umgewandelt werden konnten. Folge: (Offensiv) bewaffnete Handelsschiffe hätten sich in Kriegsschiffe verwandelt und durften warnungslos versenkt werden.

Dieser Argumentation steht bereits der abschließende Regelungscharakter des Umwandlungsabkommen entgegen. Dieser ergibt sich
  • aus dem Wortlaut der Präambel: die Bedingungen festzustellen, unter denen eine solche Massregel vorgenommen werden kann,...“;

    [*]aus dem Sinn und Zweck des Abkommens:
    "Völkerrechtlich muss feststehen, wann solche Schiffe als Kriegsschiffe anzusehen sind und wann nicht, da sich an diesen Begriff bestimmte Rechte und Pflichten knüpfen" (Otfried Nippold, „Die II. Haager Friedenskonferenz“, in: Theodor Niemeyer (Hrsg.), Zeitschrift für Internationales Recht, Band 21 (1911), S. 10);

    [*]aus der Entstehungsgeschichte des Abkommens. Auf Antrag der Niederlande wurde im Protokoll einstimmig folgendes vermerkt:
    „Jedes Schiff, das Kriegsschiff zu sein behauptet, ohne den angegebenen Bedingungen zu entsprechen, wird als Seeräuber behandelt werden" (zitiert nach Willms, „Die Umwandlung von Kauffahrteischiffen in Kriegsschiffe" (1912), S. 72).
Folge: Eine Umwandlung außerhalb des Umwandlungsabkommens war nicht möglich; vgl. Hothorn # 1.

Auch stimmt Deine Behauptung nicht, dass das Fehlen von Bewaffnungsregeln eine „Lücke“ des Abkommens darstellen würde. Die Teilnehmerstaaten der Haager und Londoner Konferenzen haben sich ganz bewusst dagegen ausgesprochen, die Umwandlung von einer Bewaffnung abhängig zu machen. In Haag (1907) entschied man sich für Umwandlungskriterien, die keine Bewaffnung des umzuwandelnden Handelsschiffs erforderten. In Vorbereitung auf die Londoner Seerechtskonferenz (1908/09) schlug ÖU in seiner Denkschrift ausdrücklich vor, die Umwandlung an „eine Mindestzahl von Geschützen eines bestimmten Kalibers“ zu knüpfen. Dieser Vorstoß scheiterte jedoch am heftigen Widerstand der mittelgroßen und kleineren Staaten. Diese befürchteten, dass ihren Kriegsschiffen, die gemessen an den österreichischen Bewaffnungsvorstellungen zu schwach bewaffnet waren, sozusagen am grünen Verhandlungstisch der Kriegsschiffscharakter aberkannt wird. Infolgedessen blieb die Frage, wie umgewandelte Kriegsschiffe (Hilfskreuzer) zu bewaffnen sind, in das freie Ermessen der Unterzeichnerstaaten gestellt. Jeder Staat hatte hierüber selbst zu entscheiden: so wie er die Bewaffnung seiner Kriegsschiffe militärisch für zweckmäßig hielt und er sich diese finanziell leisten konnte; vgl. hierzu: Hermann Willms, Die Umwandlung von Kauffahrteischiffen in Kriegsschiffe, 1912, S. 95 f.

Welche Regierung bzw. welcher Völkerrechtler soll denn im 1. WK die von Dir dargestellte These vertreten haben, dass sich ein (offensiv) bewaffnetes Handelsschiff - außerhalb des Umwandlungsabkommens - durch Bewaffnung in ein Kriegsschiff umwandeln konnte?

Die Mittelmächte hielten die Bewaffnung von Handelsschiffen für völkerrechtswidrig und – entgegen Deiner Darstellung – nicht für einen Umwandlungsakt. Sie bewerteten bewaffnete Handelsschiffe wegen ihrer illegalen Bewaffnung als Piratenschiffe und behandelten deren Besatzung lediglich „entgegenkommenderweise“, d.h. ohne sich hierzu rechtlich verpflichtet zu fühlen, als Kriegsgefangene.
  • Aus der deutschen Denkschrift vom 8.2.1916 (Jahrbuch des Völkerrechts, Bd. VI, 1920, S. 173): „Die deutsche Regierung hat keinen Zweifel, dass ein Kauffahrteischiff durch die Armierung mit Geschützen kriegsmäßigen Charakter erhält, und zwar ohne Unterschied, ob die Geschütze nur der Verteidigung oder auch dem Angriff dienen sollen. Sie hält jede kriegerische Betätigung eines feindlichen Kauffahrteischiffs für völkerrechtswidrig, wenn sie auch der entgegenstehenden Auffassung dadurch Rechnung trägt, dass sie die Besatzung eines solchen Schiffes nicht als Piraten (wie es sich nach deutscher Auffassung eigentlich gehört, Gandolf), sondern als Kriegführende behandelt“.
  • Aus der Antwort ÖU vom 5.3.1917 (Jahrbuch des Völkerrechts, Bd. VI, 1920, S. 248, 253): „Die k.u.k. Regierung hätte daher nach ihrer Überzeugung davon ausgehen können, dass sich ihre dem Washingtoner Kabinett gegebene Zusage von vorneherein nicht auf bewaffnete Handelsschiffe erstrecke, da diese nach den geltenden Rechtsnormen, welche die Feindseligkeiten auf die organisierten Streitkräfte beschränken, als Freibeuterschiffe zu betrachten seien, die ohne weiteres der Vernichtung unterliegen“.
Die Briten wiederum hielten die Bewaffnung von Handelsschiffen für Verteidigungszwecke für völkerrechtlich unproblematisch. Ihrer Auffassung nach behielten die bewaffneten Handelsschiffe ihren Handelsschiffsstatus bei. Erst wenn das Handelsschiff mit seiner Bewaffnung Widerstand leistete, verlor es – nach britischer Auffassung – seinen passiven Schutz; es blieb aber Handelsschiff.

Wenn ein britisches Handelsschiff seine Bewaffnung für aktive Kriegshandlungen einsetzte, z.B. an der Blockade teilnahm oder feindliche Handelsschiffe aufbrachte, hielten britische Prisengerichte diese Maßnahmen auf der Basis des britischen Verständnisses vom Krieg regelmäßig für gerechtfertigt. Nach dem angelsächsischen Kriegsbegriff versetzte der Kriegszustand nicht nur die kriegführenden Staaten sondern auch dessen Bürger in den Zustand wechselseitiger Feindschaft und berechtigte diese, als Private (!) für ihren Staat Krieg zu führen. Auch nach diesem Verständnis führte die Bewaffnung zu Angriffszwecken nicht zur Verwandlung des Privaten in einen staatlichen Kämpfer.

Also: Welche Regierung oder welcher Völkerrechtler hat die von Dir hier und im Lusi-Strang dargestellte These vertreten?

Du berufst Dich regelmäßig auf die USA. Doch die USA hatten das Umwandlungsabkommen gar nicht unterzeichnet. Sie standen somit von vorne herein außerhalb dieses Abkommens, so dass die USA gerade nicht als Beleg für die Behauptung taugen, dass einem Unterzeichnerstaat des Umwandlungsabkommens die Umwandlung auch außerhalb des Abkommens möglich gewesen wäre.

Und den Standpunkt der Niederlande gibst Du regelmäßig nicht richtig wieder. Hierzu mehr im Punkt 8.


8. Das Verhalten der Neutralen, am Beispiel der Niederlande

In Deinen Beiträgen behauptest Du immer wieder, dass auch die neutralen Staaten, die Bewaffnung von Handelsschiffen für Verteidigungszwecke abgelehnt hätten. Diese Ablehnung würde sich zum Beispiel daraus ergeben, dass sie diese Schiffe wie Kriegsschiffe behandelt hätten. Dabei berufst Du Dich auf die „klare Praxis der Niederlande“.

Doch diese Argumentation beruht im Grunde darauf, dass sie versucht, den Unterschied zwischen dem Kriegsrecht und dem Neutralitätsrecht zu verwischen. So ist z.B. eine neutrale Regierung nach Art. 8 des Haager „Abkommen, betreffend die Rechte und Pflichten der Neutralen im Falle eines Seekriegs“ (1907) verpflichtet, „die ihr zur Verfügung stehenden Mitteln anzuwenden, um in ihrem Hoheitsbereiche die Ausrüstung oder Bewaffnung jedes Schiffes zu verhindern, bei dem sie triftige Gründe für die Annahme hat, daß es zum Kreuzen oder zur Teilnahme an feindlichen Unternehmungen gegen eine Macht, mit der sie im Frieden lebt, bestimmt ist. Sie ist ferner verpflichtet, dieselbe Überwachung auszuüben, um zu verhindern, daß aus ihrem Hoheitsbereich irgend ein zum Kreuzen oder zur Teilnahme an feindlichen Unternehmungen bestimmtes Schiff ausläuft, das innerhalb ihres Hoheitsbereichs ganz oder teilweise zum Kriegsgebrauche hergerichtet worden ist“. Auch wenn also eine neutrale Regierung die Bewaffnung von Handelsschiffen prinzipiell mit dem Völkerrecht für vereinbar hielt, musste sie doch prüfen, ob sie bewaffnete Handelsschiffen das Auslaufen gestatten durfte, da diese z.B. auf hoher See in ein Kriegsschiff umgewandelt und dann zur Kriegsführung eingesetzt werden konnten.

Vor diesem Hintergrund entschied sich die niederländische Regierung, britischen bewaffneten Handelsschiffen das Einlaufen niederländischer Häfen etc. prinzipiell zu untersagen: „Da solche Schiffe durch ihre Bewaffnung instand gesetzt sind, Kriegshandlungen vorzunehmen, hat die Regierung es für ihre Pflicht gehalten, die Schiffe unter die in Art. 4 der Neutralitätserklärung bezeichnete Kategorie von Fahrzeugen zurechnen, welche den Kriegsschiffen gleichgestellt sind“ (Auslassung der niederländischen Regierung über die Zulassung bewaffneter Handelsschiffe kriegführender Staaten in niederländischen Häfen, Reeden und Küstengewässern, Jahrbuch des Völkerrechts 1919, Bd. V, Nr. 1850, S. 354 f., 354). Gegen den hiergegen erhobenen britischen Protest, wonach die Bewaffnung von Handelsschiffen zu Verteidigungszwecke rechtmäßig war, antwortete die niederländische Regierung, „dass, obgleich solche Verteidigung völkerrechtlich erlaubt sei, daraus keineswegs folge, dass die Frage, ob bewaffnete Handelsschiffe Kriegführender in den Häfen, Reeden und Küstengewässern einer neutralen Macht zuzulassen sind, bejahend zu beantworten sei. Diese letzte Frage gehört in das Gebiet des Neutralitätsrechts, während die Frage, ob Handelsschiffe Kriegführender gegen feindliche Kriegsschiffe streiten dürfen, um der Nehmung oder Zerstörung zu entgehen, in das Gebiet des Kriegsrechts gehört“ (Auslassung der niederländischen Regierung, aaO, S. 354). Der deutschen Regierung machte die Niederlande Mitteilung, „warum die niederländische Regierung bewaffnete Handelsschiffe mit Kriegsschiffen gleichgestellt, ebenso auch von ihrer Auffassung, dass Handelsschiffe Kriegführender das Recht haben, sich der Nehmung oder Zerstörung durch feindliche Kriegsschiffe zu widersetzen. Die in diesem letzten Punkt von der niederländischen Regierung vertretenen Meinung wird von der großen Mehrheit der völkerrechtlichen Schriftsteller geteilt“ (Auslassung der niederländischen Regierung, aaO, S. 355).


9. Das Verhalten der neutralen USA und die Problematik, objektive Kriterien für eine Abgrenzung zwischen defensiver und offensiver Bewaffnung zu finden

In Deinen Beiträgen erwähnst Du häufig die Denkschrift der USA vom 19.9.1914. Diese enthielt objektive Kriterien mit denen versucht wurde, zwischen defensiv bewaffneten Handelsschiffen und offensiv bewaffneten Handelsschiffen zu unterscheiden. Du siehst hierin einen Beleg für Deine Behauptung, dass eine offensive Bewaffnung von Handelsschiffen unstrittig völkerrechtswidrig war.

Doch erstens war der Standpunkt der USA schon etwas komplexer und zweitens völkerrechtlich nicht unbedenklich.

Die USA unterschieden zwischen bewaffneten Handelsschiffen auf Hoher See und solchen in neutralen (us-amerikanischen) Gewässern:
  • Bei den bewaffneten Handelsschiffen auf Hoher See wurde deren Friedfertigkeit vermutet. Erst wenn eine Angriffsabsicht offenkundig werde, sei dieses Schiff als Kriegsschiff zu behandeln.
  • Strengere Maßstäbe galten aufgrund des Neutralitätsrechts bei den bewaffneten Handelsschiffen in us-amerikanischen Gewässern. Dort wurde die mögliche Kriegsschiffsbestimmung des bewaffneten Handelsschiffs unterstellt, es sei denn, dem Schiffseigner oder einem seiner Vertreter gelang der klare Nachweis, dass die Bewaffnung nur Verteidigungszwecken dienten. In diesem Rahmen versuchten die USA anhand objektiver Kriterien zwischen defensiv und offensiv bewaffneten Handelsschiffen zu unterscheiden. Bei diesen spielte die Bewaffnung Rolle (Kaliber < 6 Zoll), aber auch Zahl und Art der Besatzung, die geplante Schiffsroute, die Vorrats- und Brennstoffmengen, die Eignung der Schiffsladung für den Gebrauch eines Kriegsschiffes bei Operationen gegen den Feind, Art der Passagiere, die Geschwindigkeit des Schiffs.
Der Versuch der USA mit solchen objektiven Kriterien den Offensiv- oder Defensivcharakter der Bewaffnung festzusetzen war völkerrechtlich problematisch. Denn das Recht eines Handelsschiffs sich gegenüber einem feindlichen Kriegsschiff, mit Waffengewalt zu wehren, setzte einen Aufbringungsversuch oder einen Angriff des feindlichen Kriegsschiffs voraus. Dann handelte das Handelsschiffs zu Verteidigungszwecken (defensiv). Machte das Handelsschiff von seinen Waffen Gebrauch, ohne dass diese Voraussetzungen vorlagen, handelte es in Angriffsabsicht (offensiv). Es ist also nicht die Art der Bewaffnung, die den Offensivcharakter ausmacht, sondern ihre konkrete Verwendung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine der großen völkerrechtlichen Streitfragen des Ersten Weltkriegs war die Bewaffnung der Handelsschiffe.

Es war Krieg. Jedes Handelsschiff transportierte Fracht und Soldaten für den jeweiligen Feind. Ob unter britischer, deutscher, Rot-Kreuz-Flagge oder Piratenflagge.
Solcherart Debatten werden immer wieder gern aufgegriffen um vergangene, derzeitige und zukünftige Kriege hoffähig zu machen. Kommt dann unter dem Label "sauberer Krieg" oder "menschenrechtsgerechter Krieg" und "notwendiger Krieg" neu daher.
 
Ich nehme mal an, dass Du mit diesem Satz, die These vertreten möchtest, dass im Krieg alle Mittel erlaubt seien. Dem Wahrheitsgehalt dieser These stehen allerdings erkennbar die Bemühungen der Völkerrechtsgemeinschaft am Ende des 19. und zu Anfang des 20. Jh. entgegen, den Krieg in seinen verheerenden Auswirkungen einzuschränken (Haager Konventionen etc.). Im 1. WK waren eben nicht alle Mittel erlaubt.
Hurvinek schrieb:
Jedes Handelsschiff transportierte Fracht und Soldaten für den jeweiligen Feind. Ob unter britischer, deutscher, Rot-Kreuz-Flagge oder Piratenflagge.
Das ist eine von Deinen wilden Thesen. Quellenangabe? Natürlich keine!
Hurvinek schrieb:
Solcherart Debatten werden immer wieder gern aufgegriffen um vergangene, derzeitige und zukünftige Kriege hoffähig zu machen. Kommt dann unter dem Label "sauberer Krieg" oder "menschenrechtsgerechter Krieg" und "notwendiger Krieg" neu daher.
Auch das stimmt nicht. Es ist gar nicht die Aufgabe des Kriegsvölkerrechts den Krieg menschlicher zu gestalten. Es geht vielmehr darum, für den Ausnahmefall des Krieges ein Notrecht zur Verfügung zu stellen, das der Unmenschlichkeit Barrieren setzt, das den Konfliktbeteiligten einen Minimalbestand an kalkulierbaren Verhaltensmustern aufzwingt und der Zivilbevölkerung die schlimmsten Exzesse erspart. Der Verzicht auf entsprechende Rechtsregeln würde die Rückkehr zu archaischen Primitivformen des Kampfes, die Befürwortung des totalen Chaos bedeuten.
 
Die Diskussion ist zwar etwas abgerissen, aber ich möchte Folgendes aus den Lansing-Papers nachtragen:

Memorandum by the SoS on Armed Merchant Vessels and Submarine Warfare, 7.1.1916:

"The arming of merchant vessels is allowable when the armament is f a character which can only used defensively. ...
[Bezug hierzu sind die US-Stellungnahmen bei Kriegsbeginn, zur defensiven Bewaffnung, oben bereits dargestellt. Der Rückbau der Bewaffnung einlaufender Handelsschiffe wurde verlangt, alternativ eine Garantie, diese nicht zu benutzen]

Since the statement was issued [Bezug zur einführenden Stellungnahme] the submarine has become a practical and successful agent in the capture and destruction of vessels of commerce, and, as a result, the principle on which the arming of merchant ships is declared to be allowable, should be applied to the new conditions created by this instrument of naval warfare. ...

The rule of visit, which is the only means of protecting private vessels engaged in commerce from being suddenly attacked and is the only means of putting in force the rule the people on board shall be put in safety before a vessel is sunk, could hardly be required justly of a submarine, if the observation of the rule compels the submarine to expose itself to almost certain destruction by coming to the surface and offering itself as a target to a gun mounted on the merchant ship ...

A merchant vessel, therefor, carrying an armament should be treated by a belligerent or a neutral as an armed ship [Kriegsschiff] of the enemy and not possess the immmunities attaching to private commercial vessels of belligerent nationality as now set forth in the rules of international laws."


Antwort Wilson an Lansing, Memo 10.1.1916:
"My dear Mr Secretary: This seems to me reasonable, and thoroughly worth trying."

Zum Gesamtkomplex: Lansing I, S. 340-353

P.S. der oben dargestellte Standpunkt findet sich dann in den seekriegsrechtlichen Anweisungen für US-UBoot-Kommandanten im Zweiten Weltkrieg.
 
Zuletzt bearbeitet:
M.E. ergibt sich bereits aus # 1, daß es keine völkerrechlich abgesicherte Rechtsmeinung über die Behandlung bewaffneter Handelsschiffe gab. Geltungsgrund des Völkerrechts ist die einheitlich geübte Praxis und Deutschland (damals zweitgrößte Schifffahrtsnation) hatte offensichtlich eine andere Affassung und dann fehlt es an der Einheitlichkeit (Kempen/Hillgrube, Völkerrecht, § 13 Rn. 111 ff.).

Unbestritten war wohl, dass Neutrale von Kriegsführenden nach Konterbande durchsucht werden können. Das überrascht mich schon. Das fremde Schiff gehört doch zum fremden Staatsgebiet. Man kann doch nicht argumentieren, Deutschland wolle nichts in Belgien (außer Durchmarschieren).
 
Eine der großen völkerrechtlichen Streitfragen des Ersten Weltkriegs war die Bewaffnung der Handelsschiffe. Die Briten hielten diese für völkerrechtmäßig, die Deutschen bestritten dies.

Die Frage ist wie im ersten Beitrag schon von Gandolf erläutert, die Grundsatzfrage, wann ist ein Handelschiff als ein Kriegsschiff zu behandeln.
In der Regel werden alle Kriegsschiffe einer Nation in der jeweiligen Liste der Kampfschiffe geführt. Dazu gehören nicht nur Kriegsschiffe, die augenscheinlich auch als solche gebaut und klassifiziert wurden, sondern auch Spezialschiffe, wie .z.B. Transportschiffe, Schlepper, Bergungsschiffe usw. die zumeist einen Ursprung bei den so genannten Handelschiffen haben und entweder Ständig der aktiven Flotte dienen oder im Kriegsfall zu militärischen Aktion herangezogen werden. Das ist die allgemein übliche Praxis, heute noch.

Ein Schiff, daß nun aber offiziell nicht zu der Liste der Kriegsschiffe gehört oder vom Militär zum Kriegsdienst herangezogen wurde, untersteht zum ersten Punkt erstmal der zugehörigen Reederei, die zivilen Ursprungs ist.
Jetzt die große Frage, wenn nun solch ein ziviles Schiff bewaffnet wird, bekommt es die Kanonen vom Militär und nicht aus einen privaten Kontor der Reederei, somit geht die Reederei einen Kompromiss ein, indem es Waffen deponiert, die aktiv eingesetzt werden sollen der eindeutig militärischen Charakter hat. Dieses benutzen der „staatlichen“ Waffen macht das Schiff zu einem Gebiet, daß vom Gegner bekämpft werden muß oder auch darf, defensiv wie offensiv, denn die sobald das Schiff Waffen trägt darf der Gegner auch in der Lage sein, diese Waffen zu vernichten.

Die Einfachste Methode dabei ist den Träger der Waffen zu vernichten, was für ein Uboot sicherlich sinnvoller erscheint, da es nicht taktisch als Artillerieträger dient.

Wenn man z.B. den Kreuzerkrieg betrachtet, erschien es vor allem für die Kreuzer sinnvoll, die feindlichen Waffensysteme des Gegners auszuschalten, um sich nun sicher den Proviant und Treibstoff sowie Wertgegenstände zu bemächtigen, bevor das erbeutete Schiffe versenkt wurde. Steif nach Prisenkommando, also.

Diese taktische Möglichkeit hat ein Uboot nicht. Als Seerechtsrichtlinien festgelegt wurden (1856 oder 1907) gab es noch keine klare taktische Ausrichtung für den Einsatz von Ubooten, somit konnten diese neuartige Waffe auch nicht berücksichtigt werden. Das sich ein Uboot optimal für einen Handelskrieg eignet, wurde erst ab dem 2 Kriegsjahr 1915 festgestellt und entsprechend von der deutschen Marineführung eingesetzt.
Ich glaube der Einsatz von Ubooten gegen zivile Schiffe ist genauso fraglich, wie das im 2. W durchgeführte Bombardieren von zivilen Einrichtungen großer Städte. Aber das wäre ein anderes Thema.

Letztlich ist es aus der o.g. Sichtweise eindeutig festzuhalten, das ein Handelsschiff mit funktionstüchtiger Bewaffnung auch Militärisch eingesetzt werden kann und somit vom Gegner vernichtet werden darf, ohne dabei das Völkerrecht zu verletzen.

Als kleiner Vergleich kommt mir da der Einsatz von Maschinengewehren auf zivilen Fahrzeugen heute in den Kopf. Dürfen die dann auch nicht beschossen werden?

Also erübrigt sich m.E. hier die Frage, ein bewaffnetes Gefährt ist im Kriegsfall als Waffe zu deuten und vom Gegner zu Recht zu vernichten.
 
Unbestritten war wohl, dass Neutrale von Kriegsführenden nach Konterbande durchsucht werden können. Das überrascht mich schon. Das fremde Schiff gehört doch zum fremden Staatsgebiet. Man kann doch nicht argumentieren, Deutschland wolle nichts in Belgien (außer Durchmarschieren).

Während im Neutralitätsrecht der Durchmarsch über neutrales Territorium verboten ist, kennt das Seekriegsrecht über Blockade- und Konterbanderegelungen das Anhalten und Durchsuchen fremder neutraler Schiffe (idF dann Beschlagnahme, Einziehung, Versenkung etc.), 1909 zB wie folgt national in der deutschen Prisenordnung umgesetzt:
"Die Kommandanten S.M. Kriegsschiffe haben während der Dauer eines Krieges nach Massgabe der nachstehenden Bestimmungen das Recht, feindliche oder neutrale Kauffahrteischiffe anzuhalten, zu durchsuchen und sie ebenso wie die auf ihnen befindlichen feindlichen und neutralen Güter zu beschlagnahmen und ausnahmsweise zu vernichten."
U-Boot-Net Unterseeboote der Kaiserlichen Marine

Entsprechendes galt für die Prisenordnungen der meisten Länder (soweit sie über eine solche verfügten, s.o.).
 
Das ist eine in der Litaratur weit verbreitete Legende.
Zu den Q-Ships ist nur eine Handvoll Beispielen zu finden (mangels Q-Schiffen), noch weniger in der Zeit vor dem Lusitania-Zwischenfall.

Ansonsten bitte ich um Beispiele vor diesem Zeitpunkt. Ich kenne keinen einzigen Fall.

Die Q-Ships sind auf der ersten Abwehrmassnahme der Verschleierung, Täuschung und Tarnung, von den Briten das "Camoufage" genannt, zurückzuführen.
Hierbei erhielten Handelsdampfer Tarnanstriche, Schornsteine und Masten wurden gekürzt oder ganz entfernt, um den Schiffen eine andere Silhouette zu geben. Es ging in erster Linie darum, deutsche Uboote über Größe, Entfernung, Geschwindigkeit und Kurs des Schiffes zu täuschen.

Für die Q-Ships, auch "Lockschiff" genannt, dienten kleine, äußerlich verwahrloste Trampdampfer.
Die Laderäume waren mit Kork und leeren Fässern gefüllt, um im Falle eines Torpedotreffers möglichst lange schwimmfähig zu bleiben. Die Bewaffnung bestand aus 1 - 2 Unterwasser-Torpedorohren sowie 2 bis 4 Schnellfeuerkanonen mittleren Kalibers, die hinter klappbaren Aufbauten versteckt waren. So waren die Q-Ships einem aufgetauchten Uboot im Kampf überlegen.
Ein Marinegeschütz stand offen auf dem Poopdeck. Dies diente der Tarnung, denn in der zweiten Hälfte des 1.WK waren alle englischen Handelsschiffe bewaffnet.
Insgesamt hatten die Briten ca. 180 Q-Ships in der See, die 14 Uboote vernichten konnten. Allerdings bezogen sich der Erfolge nur auf die Anfangsphase, später sank ihr Kampfwert, da die deutschen Ubootkommandanten immer vorsichtiger und mißtrauischer wurden.

Die Erfolgreichsten britischen Q-Ships

  • Dunraven - versenkte 3 Uboote

  • Farnborough - versenkte U 68 und U 83

  • Price - beschädigte am 30.04.1917 U 93 schwer

  • Pargust - versenkte am 07.06.1917 UC 29

  • Stonecrop - vernichtete U 88 unter KL Schwieger, der am 07.05. 1915 mit U 20 die Lusitania versenkt hatte
Quelle:
Marinekalender der DDR 1982 / Q-Ship "Stonecrop"A. Köpcke
 
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