Bewertung der Reichsgründung?

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War die Reichsgründung 1871 mehr eine Revolution von Oben oder eine Verankerung de jure von de facto bestehenden Verhältnissen?

Schließlich war Preußen nach dem sog. "Bruderkrieg" die dominierende Macht im Raum deutscher Zunge?
 
In der Geschichte wird die nationalstaatliche Einigung Deutschlands auf "kleindeutschen Weg" üblicherweise als "Revolution von oben" bezeichnet. Nach dem, wie Du ihn benennst, "Bruderkrieg" 1866, war die "kleindeutsche Lösung", die nationalstaatliche Einigung Deutschlands unter der Führung Preußens faktisch besiegelt.

Der Norddeutsche Bund war eine Interimslösung. Die Süddeutschen Staaten (Kgr. Bayern, Kgr. Würtemberg, Ghz. Baden, Ghz. Hessen für die südlich des Main liegenden Landesteile) schlossen sog. "Schutz- und Trutzbündnisse".

Vergl.:

Norddeutscher Bund ? Wikipedia
Norddeutscher Bund
Schutz- und Trutzbündnis ? Wikipedia
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71


M.
 
Melchior schrieb:
In der Geschichte wird die nationalstaatliche Einigung Deutschlands auf "kleindeutschen Weg" üblicherweise als "Revolution von oben" bezeichnet. Nach dem, wie Du ihn benennst, "Bruderkrieg" 1866, war die "kleindeutsche Lösung", die nationalstaatliche Einigung Deutschlands unter der Führung Preußens faktisch besiegelt.

Das sehe ich nicht so. Nach 1866 gab es doch noch ein paar "Hindernisse", die der Einigung der Deutschen im Wege standen. Da waren zum einem die süddeutschen Staaten Bayern und Württemberg, die sehr auf ihre Eigenständigkeit pochten und erhalten wissen wollten. Des Weiteren ist dann noch das Schwergewicht Frankreich unter Napoleon III. zu nennen, denn das die Franzosen eine Einigung zustimmen würden, galt als reichlich unwahrscheinlich.
 
War die Reichsgründung 1871 mehr eine Revolution von Oben oder eine Verankerung de jure von de facto bestehenden Verhältnissen?

Schließlich war Preußen nach dem sog. "Bruderkrieg" die dominierende Macht im Raum deutscher Zunge?

Der Begiff Bruderkrieg ist auch nicht ganz unproblematisch, denn es handelte sich ja nicht um einen Bürgerkreig oder etwas vergleichbares, sondern um ein Krieg zwischen Staaten.

Melchior schrieb:
In der Geschichte wird die nationalstaatliche Einigung Deutschlands auf "kleindeutschen Weg" üblicherweise als "Revolution von oben" bezeichnet. Nach dem, wie Du ihn benennst, "Bruderkrieg" 1866, war die "kleindeutsche Lösung", die nationalstaatliche Einigung Deutschlands unter der Führung Preußens faktisch besiegelt.

Nun ja, immerhin war nach 1866 noch alles offen, denn Frankreich hatte unmissverständlich klargemacht, das es eine weitere Machtausdehnung Preussen jenseits der Mainlinie als eine Verletzung französischer Interessen betrachten würde. Das war eine unmissverständliche Klarstellung.

Melchior schrieb:
Der Norddeutsche Bund war eine Interimslösung. Die Süddeutschen Staaten (Kgr. Bayern, Kgr. Würtemberg, Ghz. Baden, Ghz. Hessen für die südlich des Main liegenden Landesteile) schlossen sog. "Schutz- und Trutzbündnisse".

Württemberg stellte bereits Ende Juli und erneut am 09.August 1866 den Antrag auf Aufnahme im Norddeutschen Bund. Dies wurde von Bismarck aber Bismarck abschlägig vor allem mit Rücksichtnahme auf Frankreich aber auch natürlich mit der vorrangigen Frage der Integration der annektierten Gebiete abgelehnt.

Der württembergische Minister des Äußeren Varnbüler regte dann den Abschluß eines Militärbündnisses an, welches Bismarck willig aufgriff.

Bayern hingegen musste mit massiven Druck und Drohungen, Annektion von bayrischen Territorium, förmlich in ein Militärbündnis gezwungen werden. Von der Pfordten hatte nämlich ursprünglich ganz andere Vorstellungen von der Zukunft Süddeutschlands. Er wollte einen süddeutschen Bund unter bayrischer Führung; genaus, was Varnbüler nicht wollte. Interessant wäre gewesen, wie tragfähig das Bündnis im Sommer 1870 gewesen wäre, wenn noch von der Pfordten leitender Minister gewesen wäre, aber zum Glück für Bismarck war dann Hohenlohe, ein Freund Preussen, zu jener Zeit bayrischer Ministerpräsident.


Bei Abschluß der Schutz-und Trutzbündnisse darf aber auch nicht übersehen werden, das die Mittelstaaten davon natürlich auch profitierten, denn sie benötigen ein Ersatz für den Deutschen Bund. Ohne Bündnis hätten sie ziemlich isoliert dargestanden.
 
In der Geschichte wird die nationalstaatliche Einigung Deutschlands auf "kleindeutschen Weg" üblicherweise als "Revolution von oben" bezeichnet. Nach dem, wie Du ihn benennst, "Bruderkrieg" 1866, war die "kleindeutsche Lösung", die nationalstaatliche Einigung Deutschlands unter der Führung Preußens faktisch besiegelt.

Der Norddeutsche Bund war eine Interimslösung. Die Süddeutschen Staaten (Kgr. Bayern, Kgr. Würtemberg, Ghz. Baden, Ghz. Hessen für die südlich des Main liegenden Landesteile) schlossen sog. "Schutz- und Trutzbündnisse".

Vergl.:

Norddeutscher Bund ? Wikipedia
Norddeutscher Bund
Schutz- und Trutzbündnis ? Wikipedia
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71


M.

Bekanntermaßen war Bismark ein Gegner der sog. "Großdeutschen Lösung" die er nach Kräften hintertrieb.
Die Übermacht Österreichs im Deutschen Bund widerstrebte ihm, Die Majorisierung ganzer Völker durch Wien, auch bereits in dem Gebiet, das später nach 1867 als Cisleithaninen bezeichnet wurde, also uröstereichisches Gebiet widerstrebte seiner preußischen Denkweise.

Zwar akzeptierte er die militärische Hilfe noch im Krieg gegen Dänemark 1864 , um sich dann direkt militärisch Österreich 2 Jahre später entgegen zu stellen.

Sah Bismark bereits 1866 die tönerne Basis Österreichs voraus ?
Österreich orientierte sich ja erst nach dem Rauswurf aus dem Deutschen Bund und dem verlorenen Krieg 1866 gen Ungarn.
Sah Bismark bereits dieses Streben Österreichs voraus , unbedingt einen Partner an seiner Seite haben zu müssen.

Die weitere Geschichte, die natürlich bei der Reichsgründung unbekannt sein musste, gab doch Bismark Recht, sich aus einer Vormundschaft Östereichs zu lösen.
Hatte Bismark bereits dieses untrügliche Gefühlt, dass ein Verbleib Östereichs im Deutschen Bund die Gefahr eines europäischen Krieges durch Österreichs Minoritäten-Politik erhöhen würde ?
 
Sah Bismark bereits 1866 die tönerne Basis Österreichs voraus ?
Aus welchen Quellen zu Bismarck schließt du das, wenn die Frage rhetorisch gestellt worden ist?

Österreich orientierte sich ja erst nach dem Rauswurf aus dem Deutschen Bund und dem verlorenen Krieg 1866 gen Ungarn.
Eine Folge des Kriegsergebnisses, der politischen Lage?


Sah Bismark bereits dieses Streben Österreichs voraus , unbedingt einen Partner an seiner Seite haben zu müssen.
Aus welchen Quellen zu Bismarck schließt du das, wenn die Frage rhetorisch gestellt worden ist?


Die weitere Geschichte, die natürlich bei der Reichsgründung unbekannt sein musste, gab doch Bismark Recht, sich aus einer Vormundschaft Östereichs zu lösen.
Inwiefern gab sie Bismarck Recht? Das macht nur Sinn, wenn die Fragen oben tatsächlich rhetorisch gestellt waren.

Hatte Bismark bereits dieses untrügliche Gefühlt, dass ein Verbleib Östereichs im Deutschen Bund die Gefahr eines europäischen Krieges durch Österreichs Minoritäten-Politik erhöhen würde ?
Wieso sollte sich - spekulativ - die Gefahr eines Europäischen Krieges durch Österreichs Minoritäten-Politik erhöht haben, oder noch spekulativer: weiter erhöhen ohne die Konseqenzen aus dem Krieg 1866?
 
ferbitz schrieb:
Zwar akzeptierte er die militärische Hilfe noch im Krieg gegen Dänemark 1864 , um sich dann direkt militärisch Österreich 2 Jahre später entgegen zu stellen.

[FONT=&quot]Hilfe? Preußen und Österreich haben gemeinsam die Bundesexekution durchgesetzt und sind gemeinsam mit deren Vollzug beauftragt worden.[/FONT]


[FONT=&quot]Des Weiteren ist auch daraufhinzuweisen, das Österreich sich auch jeder Reform im Bund, die auf eine Machteilung mit Preußen hinausgelaufen wäre, entschieden abgelehnt hat. Wien wollte die alleinige Macht in Deutschland und das war angesichts der wirtschaftlichen Überlegenheit Preußen ziemlich unreal.[/FONT]



ferbitz schrieb:
Österreich orientierte sich ja erst nach dem Rauswurf aus dem Deutschen Bund und dem verlorenen Krieg 1866 gen Ungarn.



[FONT=&quot]Die Großmachtstellung Österreich gründete sich in der Zusammengehörigkeit Österreichs und Ungarns, wie sie durch die Pragmatische Sanktion festgelegt war. [/FONT]
[FONT=&quot][/FONT]
[FONT=&quot]Daher war vom machtpolitischen Standpunkt aus die ungarische Frage und die Lösung des Konflikts mit Ungarn mit der Krone das entscheidende Problem der Monarchie. Die Verhandlungen waren schon vor 1866 in Gang gekommen und in ein Stadium getreten, das die Suspendierung der Februar-Verfassung notwendig machte. Der Herrscher musste freie Hand haben; gerade die herannahende Gefahr einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Preußen machte die Notwendigkeit der Beseitigung der inneren Konflikte dringend erforderlich. [/FONT]
[FONT=&quot][/FONT]
[FONT=&quot]Bismarck kannte die Verhältnisse in der Monarchie und schlug sich auf die Seite der Opposition, sowohl in Ungarn als auch in Böhmen. Es ist daher mehr als begreiflich, dass die Probleme der Regeneration und Reorganisation nun an erster Stelle der Politik Österreichs traten.[/FONT]
 
ferbitz schrieb:
Hatte Bismark bereits dieses untrügliche Gefühlt, dass ein Verbleib Östereichs im Deutschen Bund die Gefahr eines europäischen Krieges durch Österreichs Minoritäten-Politik erhöhen würde ?

Wie kommst du denn auf diese These?


ferbitz schrieb:
Sah Bismark bereits dieses Streben Österreichs voraus , unbedingt einen Partner an seiner Seite haben zu müssen.

Nun ja, es ist ja nicht so, das Österreich-Ungarn nach 1866 gleich Kurs in Richtung Deutsches Reich genommen hätte. Ganz im Gegenteil. Dazu muss man sich nur die Politik des Ballhausplatzes im Juli 1870 ansehen. Auch nach der Reichsgründung verfolgte Andràssy Interessen, die dem des Deutschen Reiches diametral entgegenstanden.
 
Aus welchen Quellen zu Bismarck schließt du das, wenn die Frage rhetorisch gestellt worden ist?


Eine Folge des Kriegsergebnisses, der politischen Lage?



Aus welchen Quellen zu Bismarck schließt du das, wenn die Frage rhetorisch gestellt worden ist?



Inwiefern gab sie Bismarck Recht? Das macht nur Sinn, wenn die Fragen oben tatsächlich rhetorisch gestellt waren.


Wieso sollte sich - spekulativ - die Gefahr eines Europäischen Krieges durch Österreichs Minoritäten-Politik erhöht haben, oder noch spekulativer: weiter erhöhen ohne die Konseqenzen aus dem Krieg 1866?

Sind die Antworten auf Deine Fragen nicht bereits im Konsenz meiner Beitrages zu erkennen ?
Ich meine schon:

Dominierte nicht Österreich anfangs den Deutschen Bund ? Dann ist es doch logisch, wenn sich Bismark von dieser Majorisierung lösen will. Preußen war ein industriell aufstrebender Staat, Österreich starker noch als Preußen agrarischer, Torgot bestätigt meine Sicht, letztlich auch die gegenseitige Hilfe im Kieg mit Dänemark.

Der Krieg 1866 war die erforderliche Zäsur im Mieteinander Deutschland und Österreich. Fortan wurde über Krieg und Frieden für Preußen in Berlin entschieden. Preußen musste, wenns denn in den Augen Östereichs erforderlich gewesen sein würde, keine Vasallendienste mehr leisten müssen.
Das Klren von Differenzen an der äußersten Ecke des Balkan konnte nicht im Sinne Berlins sein.
Das hatte Bismark erkannt.
Ich muss Dir sicher nicht erklären, wohin eine falsche Minoritätenpolitik führen kann, die Weichen für Sarajewo waren mit dieser Minoritäten-Poilitik bereits vor 1866 gestellt, spätestens nach 1867.
Bismark hatte die Minoritätenpolitik Österreichs in Cisleithanien gesehen, Österreich ignorierten in seinem Gebiet die ab 1950 entstenhenden Nationalbestrebungen der diversen Völker.

Einmal eine andere, theoretische Frage: Preußen und Östereich machen im Deutschen Bund noch gemeinsame Sache, Österreich ist schon vor 1866 bestrebt, seine politische Macht auf dem Balkan zu erweitern (zwar noch mit einer Art Juniorpartner) und es somit eine noch größere Macht hätte, um Preußen pari zu bieten zumindest ein gleichwertiges Äquivalent, denn in Österreich wurden ja das zukünftige Potential Preußens richtig eingeschätzt.
Denken wir diese Entwicklung noch einen Schritt weiter: der Deutsche Bund bleibt bestehen, Ungarn soll diesem Bund beitreten.
Wäre damit nicht bereits der Grundstein für einen weiteren Konflikt gelegt ?
 
Zuletzt bearbeitet:
ferbitz schrieb:
ch muss Dir sicher nicht erklären, wohin eine falsche Minoritätenpolitik führen kann, die Weichen für Sarajewo waren mit dieser Minoritäten-Poilitik bereits vor 1866 gestellt, spätestens nach 1867.
Bismark hatte die Minoritätenpolitik Österreichs in Cisleithanien gesehen, Österreich ignorierten in seinem Gebiet die ab 1950 entstenhenden Nationalbestrebungen der diversen Völker.

Es führte ganz gewiss keine Einbahnstraße vom Ausgleich 1867 zum Attentat vom Juni 1914. Ich möchte hier nur das Mnisterium Hohenwart-Schäffle erwähnen, das, wenn es nicht letzten Endes gescheitert wäre, was eben nicht nur an den Deutsch-Österreichern lag, ein Segen für ganz Europa gewesen wäre.

ferbitz schrieb:
Der Krieg 1866 war die erforderliche Zäsur im Mieteinander Deutschland und Österreich.

Aus diesem Satz werde ich nicht ganz schlau. Was meinst du mit "erforderliche Zäsur"? Erforderlich war der Krieg nur dann, wenn aus Sicht Preußens die Vorherrschaft Österreichs innerhalb Deutschlands gewaltsam gebrochen werden sollte.

ferbitz schrieb:
Fortan wurde über Krieg und Frieden für Preußen in Berlin entschieden. Preußen musste, wenns denn in den Augen Östereichs erforderlich gewesen sein würde, keine Vasallendienste mehr leisten müssen.

Olmütz lag schon lang zurück und Preußen hat es schon während des Krimkrieges verstanden, sich nicht in das Fahrwasser Österreichs zu begeben. Und Vasallendienste wurden schon gar nicht mehr geleistet.
 
Sind die Antworten auf Deine Fragen nicht bereits im Konsenz meiner Beitrages zu erkennen ?
Ich meine schon:

Dominierte nicht Österreich anfangs den Deutschen Bund ? Dann ist es doch logisch, ...

Meinst Du vielleicht "Kontext"?

Den spekulativen Schluss von der "Minoritätenpolitik" auf den europäischen Krieg vermag ich unverändert nicht nachzuvollziehen. Auch hinsichtlich der konkreten Nachfrage nach Quellen für Bismarcks Sicht finde ich in der Antwort leider nichts.

Offenbar geht das nicht nur mir so.
 
Meinst Du vielleicht "Kontext"?

Den spekulativen Schluss von der "Minoritätenpolitik" auf den europäischen Krieg vermag ich unverändert nicht nachzuvollziehen. Auch hinsichtlich der konkreten Nachfrage nach Quellen für Bismarcks Sicht finde ich in der Antwort leider nichts.

Offenbar geht das nicht nur mir so.

Ich finde es immer toll, wenn meine sprachlichen Defizite schulmeisterhaft richtiggestellt werden, danke silesia


Quellen ? Das hier von mir Beschriebene gehört für mich zum historischen Grundwissen, ich das Gefühl habe - – allerdings nur aus dem Bauch - , Du würdest nur Deine Quellen als die Richtigen ansehen, wir dann auf einer Diskussion über Primär und Secundärquellen am eigentlichen Thema der Zeit der Reichsgründung vorbeireden würden



Turgot hatte es zurecht schon angesprochen: Das Verhalten Österreichs während des Krimkrieges war Warnung für Preußen und Auslöser zugleich, sich baldmöglichst von dem unsicheren Kantonisten Osterreich zu trennen, um nicht irgenwann einmal in einen Krieg hineingezogen zu werden.



Die unmittelbaren Konfliktparteien im Krimkrieg hatten versucht, den Deutschen Bund auf ihre Seite zu ziehen. Preußen war neutral geblieben, warum sollten auch preußische Soldaten auf der Krim fallen ? (Die Zeit sollte noch kommen) .

Anders Österreich, das vielleicht nicht kämpfen wollte, aber eine Drohhaltung gegenüber Russland einnahm und damit letzlich auch das militärische Desaster 1866 begründete.


Die Gründe für Österreich sind vielfältig, u.a. Wiederanknüpfen an die Zeit, als Österreich europäische Hegemonalmacht war, aus der Zeit vor der Preußischen Expansion .


Wie es auch gewesen sein mag, Österreich versaute mit seiner Haltung sein Verhältnis zu Russland und das konnte nun nicht im Interesse Preußens liegen, das eine große gemeinsame Grenze mit Russland über russisch Polen hatte.
Ferner manövrierte sich Österreich gegenüber den anderen wichtigen Ländern in Europa, England und besonders Frankreich, ins politische Abseits, Frankreich sich näher an Russland anschloss.

Und mit so einem Partner sollte Preußen seine politische Zukunft gestalten ?


Bismark auf der einen Seite waren diese neuen Machtgelüste Österreichs nicht verborgen geblieben, er die Gefahr sah, daß Österreich das Land Preußen in politische und kriegerische Abenteuer mitziehen könnte . (Er darum auch darauf bedacht war, eine Ausweitung des Krieges 1964 gegen Dänemark zu vermeiden , als eine innerdeutsche Angelegenheit zu gelten hatte.)


Österreich mit seiner Haltung im Krimrieg hoch gepokert und verloren, sich die Ablehnung Preußen zugezogen und suchte nach einem Ersatzpartner schon vor 1866, fand diesen in Ungarn.


Und auch diese Bestrebungen waren für Bismark ein Warnsignal.
Östereich war es bis dato nicht gelungen, die nach 185o entstehenden Natioanlimus seiner Völker im Gebiet Cislatheinien zu befriedigen – in der Tat war Österreich damals in einer schlimmen Situation, ggf. Macht an die Völker abzugeben, die bis dato von Österreichern majorisiert worden sind .


Und nun sucht Österreich den Schulterschluss mit Ungarn ? Als Machtäquivalent zu Preußen ? Vielleicht noch bis 1866, um gegenüber den mächtiger werdenden Preußen ein Gegengewicht zu bilden ?


Österreich -Ungarn, mit seinen vielen Völkern ? Die alle sich von der Bevormundung durch Wien oder Budapest lösen wollten.
Das musste schief gehen, und das sah Bismark und darum die Entscheidung: Zäsur durch den deutschen Krieg 1866
Das war und ist eine in sich logische Folgerung.


Torgut sprach ebenfalls ein anderes wichtiges Thema an, das auch Bismark sah, den von Österreich proklamierten Trialismus mit Ungarn, der darum kopflastig war, weil er den wichtigen Interessen der Einbindung der anderen Minoritäten der K + K Monarchie widersprach.


Österreich war ja noch nicht einmal mit dem von ihm favorisierten deutschen Dualismus klargekommen, hatte das Scheitern der von Österreich favorisierten Großdeutschen Lösung ( aus reinen Machtgelüsten) , ungeliebt zu sein, nie verwunden, was sich dann in der Brüllerei auf dem Heldenplatz 1938 wieder zeigte.


Selbstverständlich ist es mir klar, daß die österreichische Sicht auf die Vorkommnisse eine andere ist als die preußische.


Die östereichische wird wohl mehr in die Richtung gegehen, dass an all der widrigen Entwicklung für das Land das Land Preußen mit der Zerschlagung des Deutschen Bundes die Schuld trägt und daß ein Deutsch-Österreich zum Wohle Europas Bestand hätte haben sollen.


Abschließend wieder zum Thema: Die Gründung des Deutschen Reiches als ein homogener Nationalstaat – Bayer war gekauft worden – war politisch nur ohne Österreich möglich, das ist eine Binsenweisheit. Die sicherheitspolitischen Risiken für einen Weiterbestand des Deutschen Bundes waren mit einem so unsicheren Kantonisten wie Österreich, der sich nun auch in Richting Balkan engagieren wollte, zu groß.
 
Quellen ? Das hier von mir Beschriebene gehört für mich zum historischen Grundwissen, ich das Gefühl habe - – allerdings nur aus dem Bauch - , Du würdest nur Deine Quellen als die Richtigen ansehen, wir dann auf einer Diskussion über Primär und Secundärquellen am eigentlichen Thema der Zeit der Reichsgründung vorbeireden würden
Also keine Quelle für die Behauptungen zu Bismarcks "Visionen" über die österreichischen Risiken des Europäischen Krieges, und auch keine Literatur diesbezüglich. Demnach war das rein spekulativ.

Turgot hatte es zurecht schon angesprochen: Das Verhalten Österreichs während des Krimkrieges war Warnung für Preußen und Auslöser zugleich, sich baldmöglichst von dem unsicheren Kantonisten Osterreich zu trennen, um nicht irgenwann einmal in einen Krieg hineingezogen zu werden.
Gibt es denn wenigsten für diese angebliche preußisch-bismarcksche Perzeption des Krimkrieges und zur Absicht der Ende der 1850er als Kriegsfolge, sich von Österreich zu trennen, eine Quelle oder Sekundärliteratur?


Anders Österreich, das vielleicht nicht kämpfen wollte, aber eine Drohhaltung gegenüber Russland einnahm und damit letzlich auch das militärische Desaster 1866 begründete.
Was sind nun die Indizien für die "Drohhaltung" Österreichs gegenüber Russland im Krimkrieg? Interessanterweise sah man später eine Konstellation, bei der sich die Kriegsgegner dieses Ereignisses Krimkrieg als Verbündete wiederfanden. Dann hätte man sich also nur an die "Drohhaltung" Österreichs erinnert und nur hier eine offene Rechnung aus dem Krieg?


Die Gründe für Österreich sind vielfältig, u.a. Wiederanknüpfen an die Zeit, als Österreich europäische Hegemonalmacht war, aus der Zeit vor der Preußischen Expansion .
Wann soll Österreich in den 100 Jahren zuvor die Hegemonialmacht Europas dargestellt haben? Oder geht es noch weiter zurück?


Wie es auch gewesen sein mag, Österreich versaute mit seiner Haltung sein Verhältnis zu Russland und das konnte nun nicht im Interesse Preußens liegen, das eine große gemeinsame Grenze mit Russland über russisch Polen hatte.
Das Verhältnis war wohl nicht endgültig "versaut", schloss man doch später den Dreikaiserpakt. Für die Spannungen der nächsten 50 Jahre war weniger der Krimkrieg von Bedeutung, als vielmehr der von Turgot angesprochene Dualismus der beiden Großmächte am Balkan, später insbesondere Bulgarien und die übrigen slawischen Teile. Dieser Dualismus wurde im Übrigen von Bismarck als "Moderator" genutzt, und er wurde neben österreichischen Aktivitäten später durch den russischen Panslawiasmus und den Drang zu den Dardanellen befeuert. Ganz so einseitig, wie von Dir dargestellt, ist die Sache nicht.

Ferner manövrierte sich Österreich gegenüber den anderen wichtigen Ländern in Europa, England und besonders Frankreich, ins politische Abseits, Frankreich sich näher an Russland anschloss.
Da war man ganz pragmatisch.
England und Frankreich suchten auch später die Abstimmung mit Österreich, wenn es in den Kram passte. Insbesondere die Mittelmeerabkommen gegen das russische Vordringen zu den Dardanellen ist hier beachtenswert, aber man suchte auch die Fühler, wenn es sich zur Mäßigung Italiens anbot.


Bismark auf der einen Seite waren diese neuen Machtgelüste Österreichs nicht verborgen geblieben, er die Gefahr sah, daß Österreich das Land Preußen in politische und kriegerische Abenteuer mitziehen könnte .
Wieso "neue" Machtgelüste auf dem Balkan? Die Gefahr - die hier gezeichnet wird - realisierte sich so nicht. Selbst in der Julikrise 1914 zog nicht Österreich das Deutsche Reich in den Weltkrieg, sondern das außenpolitische Vabanquespiel mit der Krise sorgte inkl. Blankoscheck dafür. Ohne diese Aktivitäten und deutsche Rückendeckung hätte Ö-U nicht so agieren können.


Österreich -Ungarn, mit seinen vielen Völkern ? Die alle sich von der Bevormundung durch Wien oder Budapest lösen wollten.
Das musste schief gehen, und das sah Bismark und darum die Entscheidung: Zäsur durch den deutschen Krieg 1866
Das war und ist eine in sich logische Folgerung.
Wo ist die Quelle für diese Spekulation, dass die innenpolitischen Probleme und die Balkangelüste Ö' für Bismarck den Kriegsgrund 1866 darstellten?

Ich finde es immer toll, wenn meine sprachlichen Defizite schulmeisterhaft richtiggestellt werden, danke silesia
Es gibt keinen Grund, sich gleich auf den Schlips getreten zu fühlen.
Mir war der Sinn des Hinweises "Konsens" nicht klar, deshalb habe ich nachgefragt.
 
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