Jetleechan, andere Weltgegenden und ihre tradionelle Bewertung von Arbeit hilft mir weiter, andere Aspekte der Frage zu betrachten.
Muß man dabei vielleicht auch unsere protestantische Einschätzung des Handels betrachten?
In arabischen und afrikanischen Ländern wird Handel allgemein anders bewertet und ist gesamtgesellschaftlich viel präsenter, d.h. viel mehr Menschen handeln miteinander oder haben auf Märkten etwas zu verkaufen.
War das in Europa vor der staatlichen Reglementierung ca. ab 19.Jht. auch so?
Wenn wir von der "Bepreisung" reden, fiele mir da noch das Stichwort "Senioritaetsprinzip" ein. Gerade in Japan ist es, auch heute noch, obgleich sich das auch langsam aendert, ueblich dass sich die Bezahlung nach dem "Dienstalter" richtet. Nun haette ich diesen einen der "drei Schaetze" des japanischen Betriebswesens vor meinem Aufenthalt hier noch als weniger ausgepraegt bewertet, schliesslich ist es auch in Deutschland nicht unueblich, dass das Gehalt mit der Dienstdauer steigt.
Aber in Japan ist das Gehaltsgefaelle zum Teil extrem, genauso wie die Art und die Menge an Arbeit, die junge Mitarbeiter im Vergleich zu aelteren Mitarbeitern verrichten muessen.
Aus einem Seminar ueber japanisches Management konnte ich auch mitnehmen, dass Manager bzw. HR-Leute, also diejenigen die direkt die Arbeit der Angestellten bewerten und "bepreisen", stark auf das Alter der Kollegen achten. Es ist hier naemlich ueblich Boni auszuzahlen, die sich in der Regel nach dem festzustellenden Erfolg eines Mitarbeiters zu Ende des Jahres richten, und da wird bei gleichem Erfolg der juengere besser bewertet! Man kann demnach konstatieren, dass das Alter eine wichtige Rolle spielt.
Zweitens wuerde ich gerne noch ein paar Worte zu "historischen" Managementmethoden sagen. Waehrend aus Amerika das taylerische Scientific Management kommt, setzen die Japaner eher auf Konzepte wie das beruechtigte "kaizen" oder "5S". Taylor studierte damals im beginnenden 20. Jahrhundert Arbeitsprozesse sehr genau, und das ging so weit, dass er die optimale Schaufelgroesse beim Kohleschaufeln berechnete. Jeder Arbeitschritt sollte auf groesstmoegliche Effektivitaet geprueft werden.
Die Japaner dagegen, uebernahmen vor und nach dem Krieg amerikanische Ideen, legten den Fokus aber viel mehr auf die Optimierung der Arbeitsumgebung bzw. logistischer Prozesse. Hier geht es viel mehr um saubere Arbeitsplaetze, Sortiersysteme, Datenbanken, kurze Lieferwege. Um es etwas plakativer darzustellen, die Schaufelgroesse ist den Japaner relativ wurscht, solange die Schaufeln an ihrem Platz sind, der Schaufler die richtigen Stiefel anhat und keine unnoetigen Dinge am Schaufelplatz rumliegen.
selbstverstaendlich ueberschneiden sich diese Konzepte an vielen Stellen, dennoch wuerde ich sagen, der Fokus ist jeweils ein anderer.
Was hat das mit der Bepreisung der Arbeit an sich zu tun? Nun, zunaechst einmal wuerde ich wie oben bereits erwaehnt, feststellen, dass man sich in Japan (Ostasien vllt?) weniger auf die Arbeit als solche konzentriert. Wir, oder ich bin mal vorsichtig und sage ich, bin es gewoehnt, dass demjenigen, der mehr arbeitet, bessere Resultate erzielt und die groessere Verantwortung hat, gewissermassen "natuerlich" mehr Lohn zusteht. Dazu kommt, wie im Eingangsbeitrag erwaehnt, die Frage nach der Qualifikation der Arbeitenden: Kann die Arbeit jeder machen, oder braucht besondere Faehigkeiten?
Wirtschaftliche Zwaenge, Stichwort Angebot und Nachfrage machen sicherlich auch in Japan keinen halt vor Traditionen, aber dennoch bin ich versucht zu sagen, dass es deutliche Unterschiede in der "Bepreisung" gibt, ob es das Alter ist, oder das, historisch gewachsene Ansehen.
Eine Anekdote am Rande, auf der Suche nach einem Praktikum durfte ich ein klein wenig in der japanische Bewerberwelt hineinschnuppern. Diese ist ausgesprochen rigide, Formalia beherrschen den gesamtem Prozess, die Firmen stellen nur zu ganz bestimmten Zeiten neue Leute ein, Uniabsolventen haben eigentlich nur eine wirkliche Chance, in ihrem letzten Jahr als Student einen Job zu finden etc. Als ich meinen Bewerbungsbogen ausfuellte, war dort ein Feld unter der Frage: "Was sind Ihre persoenlichen Staerken? Welchen Ihrer Charakterzuege wuerden sie besonders hervorherben wollen?" auszufuellen. (schlechte, nicht textnahe Uebersetzung von mir
) Mir wurde tatsaechlich mitgeteilt, dass nicht wenige Studenten "ich vertrage viel Alkohol" oder aehnliches dort hinein schreiben. Da war ich erstmal verwirrt.
:grübel: