Bewusstsein der Deutschen im Zeitraum Jan. 43 bis Mai 45

Little_Tiger

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Während des "Wagner-Putsches", als Panzer Richtung Moskau rollten, wurde die ARD(?) Korrespondentin in Moskau gefragt, wie denn die Stimmungslage bei den durchschnittlichen Menschen in Moskau sei.
(Antwort: apathisch bzw. einige Menschen hätten sich im Sinne des Kremls geäußert...)

Für mich stellte sich dabei die Frage, wie war es in Deutschland in den letzten beiden Jahren des II. Weltkriegs.
Was haben die 'gewöhnlichen' Deutschen gedacht, nach Stalingrad bzw. den D-Day, als sich die Niederlage Deutschland abzeichnete.

Gibt es dazu irgendwelche Untersuchungen?
Es kann ja nicht sein, dass die 'Deutschen' von den Vorgängen an der Front nichts mitbekommen und nicht ihre eigene Rückschlüsse geschlossen haben.
(Natürlich werden sie dies öffentlich geäußert haben)
 
Wer die SD-Berichte nicht lesen mag, es gibt mit dem "Echolot" von Walter Kempowski eine einzigartige Sammlung von Tagebuchauszügen aus genau dieser Zeit.

Kempowski hat sich hunderte, wenn nicht sogar tausende Tagebücher schicken lassen und für das Echolot zusammengefasst.

Der erste Band umfasst den Beginn der Operation Barbarossa, dann Stalingrad, Anfang 45 und zuletzt April/Mai 45.

Hier findet man nicht die allgemeine Stimmungslage, sondern die von einzelnen Personen, überzeugte Nazis wie Gegner, Soldaten und sorgende Familienangehörige.

Was auffällt, 1941 ist man begeistert, 1943 sorgenvoll, 1945 desillusioniert und fatalstisch.
 
Meldungen aus dem Reich – Wikipedia
Nach Angaben Ohlendorfs soll Adolf Hitler nur einige der letzten Berichte gelesen haben. […] Damit hatte die regelmäßige Unterrichtung der Führung über die Stimmung und die Reaktion des Volkes auf politische und militärische Ereignisse ihr Ende gefunden, weil die maßgeblichen Männer die Wahrheit nicht hören wollten
Manchmal wiederholt sich die Geschichte halt doch …
 
Ich glaube, es kam auch stark darauf an, wo man stationiert war. Mein Großvater war auf dem Balkan stationiert. Dort gab es zwar die Partisanenbewegung. Doch im Großen sah es so aus, als wären die Deutschen Herr der Lage. Als aber im Spätsommer 1944 der Rückzug aus Griechenland einsetzte, begann er zu zweifeln. Doch auch im Frühjahr 1945 wollte er sich noch einreden, Hitler könnte das meistern. Ich glaube für einen Soldaten an der Ostfront, war der Moment der Erkenntnis schon sehr viel früher gekommen. Doch man darf auch nicht vergessen, dass der alliierte Vorstoß im Herbst 1944 zum Stillstand kam. Sowohl die Westalliierten, wie die Rote Armee brauchte eine Konsolidierungsphase. Viele, nicht nur überzeugte Nazis, glaubten infolge, es ist doch noch nicht alles verloren. Es war wie ein letztes Aufatmen. Auch 1943 nach Stalingrad, Hamburg, Sizilien war die Stimmung am Boden. Doch auch da schien es, als wäre es für die deutsche Führung doch noch möglich, die Sache, wenn schon nicht zu wenden, dann doch zu händeln.
 
Ich glaube, es kam auch stark darauf an, wo man stationiert war. Mein Großvater war auf dem Balkan stationiert. Dort gab es zwar die Partisanenbewegung. Doch im Großen sah es so aus, als wären die Deutschen Herr der Lage. Als aber im Spätsommer 1944 der Rückzug aus Griechenland einsetzte, begann er zu zweifeln.
Das wundert mich etwas, denn auf dem Balkan konnte ihm eigentlich unmöglich entgehen, was 1943 in Südeuropa und Italien passierte, dass man mehr oder weniger das ganze erste Halbajahr lang eine Invasion Südeuropas fürchtete (allerdings ohne zu wissen ob Sizilien, Sardinien oder Balkan/Griechenland) und dass dann ab Sommer 1943 mit der Invasion Siziliens mehr oder weniger der Zusammenbruch der Achsenmächte in Südeuropa begann.

Dadurch, dass mit der Kapitulation Italiens und dem Ausscheren des Landes aus dem Bündnis mit Deutschland unter Badoglio es auch dazu kam, dass die Deutschen Truppen überall ihre Italienischen Ex-Verbündeten entwaffneten und internierten, musste es auch zu durchaus bemerkbaren Veränderungen auf dem Balkan kommen, insofern die Wehrmacht damit auch in die zuvor von Italien besetzten Zonen einrücken musste um den Westalliierten keine Brückenköpfe am Mittelmeer zu bieten.

Ich hätte vermutet, der Abfall der italienischen Verbündeten und die weitere Ausdünung der deutschen Besatzungstruppen in Jugoslawien und Griechenland durch die Übernahme der Positionen der italienischen Verbündeten und auch dadurch, dass für die Besetzung Italiens und Vichy-Frankreichs nochmal Truppen zusammen/abgezogen wurden, hätte gerade auf dem Balkan zum Nachdenken und zum Zweifeln angeregt.
 
Er kam erst im Herbst 1943 auf dem Balkan. Vorher war er bei einen Wachregiment in Wien stationiert. Damals fielen noch keine Bomben auf Wien. Die Entwaffnung der Italiener war so ich weiß da schon abgeschlossen. Doch das Ustascha Regime schien stabile. Diese übernahmen jetzt auch die von den Italienern 1941 beanspruchten Gebiete. Ich würde auch nicht unbedingt von einer Ausdünnung im Balkan sprechen. Hitler war 1943 sehr nervös, was seine Verbündeten in Südosteuropa betraf und wollte gerade dort Stärke zeigen. Teil dieser Aufstockung war auch mein Großvater. Um eben ein zweites Italien zu vermeiden. 1944 wurde auch der Krieg gegen die Partisanen verstärkt. Dort schien es nicht als würde den Deutschen die Luft ausgehen.
 
Doch das Ustascha Regime schien stabile. Diese übernahmen jetzt auch die von den Italienern 1941 beanspruchten Gebiete. Ich würde auch nicht unbedingt von einer Ausdünnung im Balkan sprechen.

Das südliche Slowenien, Teile der dalmatinischen Küste, Albanien, Montenegro und der größte Teil Griechenlands befanden sich bis zu Italiens ausscheren aus dem Bündnis unter italienischer Kontrolle, was bedeutet, dass die deutsche Besatzungsmacht auf dem Westbalkan schlagartig erheblich größere Territorien zu kontrollieren hatte und in Teilen tendenziell erstmal noch Truppen wegen der Besatzung Italiens und Südfrankreichs abgeben musste (wenn ich mich da nicht täusche), allein dass bedeutete 1943 erstmal eine Ausdünnung der vorhandenen Kräfte der Achsenmächte auf dem Balkan.

Das Ustascha Regime mochte vielleicht den Eindruck machen einigermaßen stabil und in der Lage zu sein, mit den Partisanen fertig zu werden, trotzdem benötigte es letztendlich deutsche Truppen um kroatien militärisch zu sichern, da spätestens in dem Moment, als die Westalliierten in Süditalien und damit an der Adria festgesetzt hatten eine amphibische Landung der Westalliierten im kroatischen Raum eine zunehmend realistische Perspektive wurde, was sie so lange die Straße von Otranto unter fester italienischer Kontrolle war und die Westalliierten keine Aufmarschbasis in Südeuropa hatten nicht gewesen war.
Den schweren Waffen der Briten und Amerikaner hätten die Truppen des Ustascha-Regimes wenig entgegenzusetzen gehabt.

Deutschland übernahm in 1943 mit Vichy-Frankreich, Italien, den Großteil von Griechenland, Albanien und Montenegro so wie faktisch Kroatien, weil man damit rechnen musste das kroatische Regime militärisch stützen zu müssen de facto ein Okkupationsgebiet das in seiner Ausdehnung den bisher in Westeuropa besetzten Gebieten durchaus vergleichbar war, allerdings ohne dafür einfach zusätzliche Truppen erfinden zu können, zumal das alles militärisch sensible Gebiete waren, in denen es nicht ausreichte ein paar zweitklassig ausgerüstete Truppen, unter Hinzuziehung von ein paar jugendlichen und älteren Semestern als Staffage aufzustellen um die Bevölkerung in den Besatzungsgebieten einzuschüchtern, sondern hier musste mit militärischer Konfrontation gerenchnet werden.
 
Ja wir müssen aber wieder auf den einfachen Soldaten zurück. Dieser hatte nicht alle Information die wir heute haben. Mein Großvater kam erst im Herbst 1943 nach Bosnien. Die Entwaffnung der Italiener war da schon abgeschlossen und wohl kein großes Thema mehr. Das hat er nie erwähnt. Er war vorher auch nicht an der Front, er war in Wien bei einem Wachbataillon stationiert. Dort hat er 1942 den großen Jugendkongress mit erlebt. Das hatte großen Eindruck auf ihn gemacht. Da erlebte er ein fast vor Kraft platzendes Deutschland.
Ende 1943 schien es auch für viel Deutsche, dass man wieder Tritt gefasst hatte. Die Alliierten schienen in Italien zum Stillstand gekommen zu sein, man konnte wieder etwas die Lufthoheit der Alliierten eindämmen und die Sowjets hatten enorme Verluste beim Übergang über den Dnepr. Und in Italien gab es ja wieder ein „faschistisches Regime“. Ende 1943 dürfte die Stimmung besser gewesen sein als im Sommer, wo man auf dem Tiefpunkt war. Man darf auch nicht vergessen, dass ein Erich von Manstein oder ein Heinz Guderian Anfang 1944 auch noch glaubten, es ist nicht alles verloren. Manstein sah in den Kämpfen am Dnepr sogar einen Erfolg. Eben da er es den Russen so schwer gemachte hatte. Diese Herren hatten sicher einen besseren Überblick als mein Großvater. Ich glaube bis in den Sommer 1944 hatten viele Deutsche mindestens die vage Hoffnung es könnte doch noch ein glimpfliches Ende haben. Als der Angriff der Alliierten Ende 1944 vorläufig zum Stillstand kam, gab es auch nochmals ein kurzes Aufatmen.
 
Ja wir müssen aber wieder auf den einfachen Soldaten zurück. Dieser hatte nicht alle Information die wir heute haben.
Dann bitte sehr: "der einfache Soldat" hatte eine sehr einfache Information. Nämlich die, dass es nur eine Richtung gab, seit Sommer 1943: rückwärts! Das wussten alle, ausnahmslos, das war Thema in den Briefen in die Heimat.

Und die Briefe aus der Heimat erzählten wieviele Todesnachrichten es unter den Alterskameraden gab. Jeden Monat > 180.000 tote Soldaten, ab Juni 1944 verdoppelte sich diese Zahl.

Benzinmangel fesselte die Luftwaffe. Mein Vater z.B. beschrieb mir die desolate Untätigkeit auf den Fliegerhorsten in Prag und Brünn, die sich abzeichnende Auflösung der Luftwaffeneinheiten.

Da gab es keine Siegeszuversicht mehr. Schon gar nicht in Wien.

Als der Angriff der Alliierten Ende 1944 vorläufig zum Stillstand kam, gab es auch nochmals ein kurzes Aufatmen.
Es gab kein "Aufatmen". Wie kommst Du darauf? Auch kein kurzes.

Ende 1944 wurde eine deutsche Kleinstadt nach der anderen bombardiert. Die aus den Städten aufs Land evakuierten Frauen teilten ihre Erfahrungen vom Bombenkrieg mit. Die Bomberströme waren nachts zu hören, tags zu sehen.
Ab September 1944 dröhnte der Geschützdonner der Amerikaner um Aachen bis nach Waldbröl.

Was es gab, ab Herbst 1944: Glaube und Hoffnung auf Wunderwaffen. Dies aber im Sinne von "Wenn die nicht bald kommen, sehe ich schwarz..."

Für das ganze Jahr 1944 sehe ich keine Siegeszuversicht mehr.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gut, da habe ich mich wohl zu weit aus dem Fenster gelehnt. Das war unglücklich formuliert. Ende 1944 gab es wirklich keine Hoffnung mehr, das will ich auch nicht bestreiten. Als der Volkssturm einberufen wurde, gab es ein tiefes Gefühl der Bedrückung. Doch es gab eben die Verwunderung. Ich glaube, das ist das bessere Wort dafür, dass es nicht noch im Jahr 1944 zu Ende geht. Viele haben erwartet, dass es nach den verheerenden Niederlagen im Sommer 1944 und der Krieg im Herbst ja auch die Reichsgrenzen erreichte, schnell zu Ende ist. Das die Westalliierten und die Rote Armee durchbrechen und es keine halten mehr gibt. Doch dazu ist es eben nicht gekommen.

Und Siegeszuversicht würde ich auch für 1944 nicht sehen. Es gab sicher keine Hoffnung mehr auf eine Einnahme von Moskau oder geschweige London. Aber die Hoffnung, dass man die Invasion der Westalliierten abwehren kann und den Krieg in der Sowjetunion in ein Remis führt, dass es dann eine doch irgendwie mögliche Verhandlungslösung gibt. Daran hielten auch viele Generäle fest.

Und was sollte denn der einfache Soldat tun. Dissertation, Gefangennahme, Selbstverstümmelung, Widerstand. Da war weitermachen die leichtere Entscheidung.
 
Ja wir müssen aber wieder auf den einfachen Soldaten zurück. Dieser hatte nicht alle Information die wir heute haben. Mein Großvater kam erst im Herbst 1943 nach Bosnien. Die Entwaffnung der Italiener war da schon abgeschlossen und wohl kein großes Thema mehr. Das hat er nie erwähnt. Er war vorher auch nicht an der Front, er war in Wien bei einem Wachbataillon stationiert. Dort hat er 1942 den großen Jugendkongress mit erlebt. Das hatte großen Eindruck auf ihn gemacht. Da erlebte er ein fast vor Kraft platzendes Deutschland.

Wir waren doch die ganze Zeit beim einfachen Soldaten, immerhin führten die gemeinen Soldaten diese Aktionen ja aus und den Garnisonstruppen dürfte es sehr wohl aufgefallen sein, wenn sie auf einmal für deutlich größere Gebiete zuständig waren, ohne dass sich die Mannstärke signifikant erhöhte, etc.

Im Übrigen kann ich mir auch schwerlich vorstellen, dass in Wien nicht sehr genau verfolgt wurde, was im Westbalkan und in Italien vor sich ging, das war aus Perspektive der Österreicher immerhin unmittelbar vor der eigenen Haustüre, relevant für die eigene Sicherheitslage und soweit es Italien betraf auch mit der Südtirol-Frage verbunden.
Dafür dürften sich die Wiener durchaus interessiert haben.

Ende 1943 schien es auch für viel Deutsche, dass man wieder Tritt gefasst hatte. Die Alliierten schienen in Italien zum Stillstand gekommen zu sein, man konnte wieder etwas die Lufthoheit der Alliierten eindämmen und die Sowjets hatten enorme Verluste beim Übergang über den Dnepr.
Den Eindruck die Lage in Italien sei unter Kontrolle, konnte man vielleicht als Zivilist irgendwo in Norddeutschland haben, allerdings sicherlich nicht als Militärangehöriger in der näheren Umgebung.

Die Westalliierten mochten südlich von Rom erstmal zum Stillstand gekommen sein, kontrollierten aber mittlerweile ganz Unteritalien mit Neapel und Sizilien, auch hatten sich die deutschen Truppen von Sardinien und Korsika zurückziehen müssen, die den Westalliierten nunmehr als Aufmarschbasis dienen konnten.

Damit wurden maritime Landungen in den Rücken der deutschen Verteidigungslinien in Italien möglich, ebenso wie Landungen in Liguren oder Südfrankreich/Provence, die Gefahr entsprechender Aktionen im adriatischen Raum bestand weiterhin.

Die Sowjets mögen enorme Verluste gehabt haben, dennoch war man im Osten nur noch auf dem Rückzug, unfähig die sowjetischen Offensiven zum Stillstand zu bringen.
Inwiefern das für Beruigung gesorgt haben sollte, ist mir schleierhaft.

Und in Italien gab es ja wieder ein „faschistisches Regime“.
.....von Gnaden Deutschlands, dass über keine nennenswerten eigenen Truppen verfügte und als Verbündeter in diesem Zusammenhang etwa so viel wert war, wie die Slowakei, mit dem Unterschied dass die gewaltsame Besetzung des Landes, der Umstand, dass hunderttausende von italienischen Militärangehörigen nach verschleppt und in Deutschland "interniert" waren etc. dafür sorgten, dass der Ex-Verbündete sich bei der italienischen Bevölkerung verhasst machte und sich in Italien ganz ähnliche Partisanenaktivitäten entwickelten, wie auf dem Balkan.
Das sich das Regime von Saló aus eigener Kraft nicht am Leben erhalten, geschweigeden militärisch nützliches beitragenn konnte, musste augenfällig sein.
Die Art und Weise, wie Mussolini von den eigenen Leuten abgesetzt und der PNF aufgelöst und verboten wurde, ohne dass das zu größerem Widerstand führte, machte doch mehr als deutlich, dass der größte Teil der italienischen Bevölkerung mit dem Mussolini-Regime und dem Krieg endgültig durch und nicht mehr bereit war, das zu unterstützten.

Man darf auch nicht vergessen, dass ein Erich von Manstein oder ein Heinz Guderian Anfang 1944 auch noch glaubten, es ist nicht alles verloren.

Wäre allerdings zu hinterfragen unter welchen Umständen sie das glaubten, wenn sie dass denn tatsächlich glaubten.
Da dürften die Hoffnungen dann nämlich deutlich eher auf politischen Ebene und der Hoffnung auf einem Sonderfrieden mit den Westalliierten gelegen haben, als auf der militärischen Ebene.

Aber die Hoffnung, dass man die Invasion der Westalliierten abwehren kann und den Krieg in der Sowjetunion in ein Remis führt, dass es dann eine doch irgendwie mögliche Verhandlungslösung gibt. Daran hielten auch viele Generäle fest.

Aber eben das war eine politische Spekulation, während sie gleichzeitig wussten, dass sie militärisch verloren waren.
Zumal eine deren Begründung man sicherlich durchaus hinterfragen kann. Selbst ein fehlgeschlagener Invasionsversuch hätte die Westmächte an Verlusten nicht mehr als einige tausend bis maximal zehntausend Mann gekostet und diese von dem her durchaus kaum in Verhandlungen gezwungen.
Selbst wenn sich diese dann in Verhandlungen eingelassen hätten, wäre die Chance, einer Einigung mit dem Hitler-Regime sicherlich eher minimal gewesen, da die Westmächte ein Zentraleuropa beherrschendes Deutschland kaum akzeptiert hätten, während das NS-Regime nach allem was war die Grenzen von 1937 der eigenen Bevölkerung kaum hätte verkaufen können, abgesehen davon, dass dann die gesamte Kriegswirtschaft zusammengebrochen wäre, weil die mittlerweile ohne die Ressourcen der besetzten Länder und die Zwangsarbeiter überhaupt nicht mehr funktionsfähig war.

Und was sollte denn der einfache Soldat tun.

Das war ja nicht die Frage, sondern die war, wie der einzelne Soldat (in diesem Fall im Westbalkan und den umliegenden Regionen) die Ereignisse von 1943 so wahrnahm.
 
Ja ja! Aber dass es Menschen gab, die sich immer noch Hoffnungen machten und die Lage nicht rational und realistisch einschätzen konnten, wird wohl keiner bestreiten. Heute wissen wir alle, dass die Aussichten auf eine politische Lösung nicht gegeben waren. Aber dies war halt für viele ein Strohhalm.
Ich habe einmal ein Interview von Jörg Baberowski gesehen. Dort hat er behauptet (und noch einmal das hat er gesagt, nicht ich), dass sich die Sowjets bis in den Sommer 1944 hinein nicht sicher waren, ob sie die Deutschen bis an die Grenze zurückschlagen können, dass man dort lange auf ein Angebot der Deutschen gewartet hat. Im Sommer 1941 hat sich die sowjetische Regierung ja auch an den bulgarischen Botschafter gewendet und Gebietsabtretungen angeboten. Doch dies wurde nicht weiter geleitet.
Doch wir sprechen von 1943 bis 1945. Benito Mussolini fantasierte jedenfalls lange davon, dass man mit den Sowjets einen Verhandlungsfrieden suchen müsse, um dann Italien und sein Kolonialreich zurückzuerobern. Auch Joachim von Ribbentrop verfolgte diesen Plan. Hitler wollte aber nicht aus einer Situation der Schwäche heraus verhandeln und hielt das wohl auch zu Recht für Humbug. Es wäre auch sicher nichts daraus geworden. Wo und wie hätte man sich einigen können.
Ribbentrop hat sich dann jedenfalls 1945 an Botschafterin, die sowjetische in Schweden Aledandra Michailowna Kollontai gewandt. Ich weiß nicht, wie weit Hitler eingeweiht war. Ich weiß nicht, wie der Ablauf. Kollontai hat sich sicher an Moskaus gewendet. Aber wie es dann weiter ging, weiß ich nicht. Vermutlich hat, kam die Aufforderung zur bedingungslosen Kapitulation zurück.
Doch ich glaube, wir weichen vom Thema ab. Dies war der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt. Heute ist uns klar, dass im Dezember 1941 der Krieg verloren war. Das hat Fritz Todt Hitler auch gesagt. Und Hitler soll geantwortet haben, als ihm Todt aufforderte, den Krieg abzuwickeln „und wie soll ich das tun?".
Für viele einfache Soldaten war es auch offensichtlich, dass man sich der Niederlage nähert. Doch zu akzeptieren, dass es unausweichlich ist, dass das Ergebnis eine totale Zerstörung Deutschlands ist, ist auch mehr als schwer. Das einfachste war weitermachen. Mit Hoffnung, Zorn, Galgenhumor.
 
Und dass man in einer Wiener Garnison genau über den Kriegsverlauf in Italien und die politische Lage vertraut war, will ich bezweifeln. Man erfuhr sicher das Mussolini gestürzt wurde, das die Alliierten in Italien gelandet sind und Italien dann kapitulierte. Aber wohl auch das man die Alliierten „gestoppt“ hätte und es jetzt wieder eine faschistische Regierung mit dem Duce an der Spitze gibt und Italien auch wieder an der Seite Deutschlands weiterkämpft. Ob wirklich die Entwaffnung und die Internierung der italienischen Soldaten so ein großes Thema war und man dies unweigerlich mitbekommen musste und vor allem, ob man dann den Schluss daraus zeihen musste, nun ist der Krieg verloren, will ich nicht bestreiten, aber auch nicht einfach aus gegeben nehmen. Die Österreicher hatten ohnehin so ihre Meinung über die Italiener.
 
Ich habe einmal ein Interview von Jörg Baberowski gesehen. Dort hat er behauptet (und noch einmal das hat er gesagt, nicht ich), dass sich die Sowjets bis in den Sommer 1944 hinein nicht sicher waren, ob sie die Deutschen bis an die Grenze zurückschlagen können, dass man dort lange auf ein Angebot der Deutschen gewartet hat. Im Sommer 1941 hat sich die sowjetische Regierung ja auch an den bulgarischen Botschafter gewendet und Gebietsabtretungen angeboten. Doch dies wurde nicht weiter geleitet.

Ich kenne die entsprechende Sendung und das Statement, dass Barberowski da abgegeben hat, allerdings hat er das sehr klar in den Kontext gestellt, dass der deutsche Blick auf den Krieg vom Sowjetischen zu unterscheiden ist, da man in der Sowjetunion relativ wenig konkrete Informationen hatte, was eigentlich im Westen passierte und man wenig Vorstellungen hatte wie stark der Westen die deutsche Rüstung tatsächlich beanspruchte.
Mit dem Reultat, dass auf deutscher Genralität bereits 1941-1942 verstand, dass das militärisch nicht zu gewinnen sein würde, die Sowjetische Generalität allerdings frühestens 1943 begriff, dass sie denn Krieg gewinnen würde und erst ab 1944 mit der Zerschlagung der HG-Mitte im Raum Minsk den Eindruck gewann, dass der Rest keine "übermäßigen" Opfer mehr fordern würde.
Ich weiß auch, dass Barberowski in disem Zusammenhang davon gesprochen hatte, dass die sowjetische Seite, ich meine bis 1943 wahrscheinlich zu einem Separatfrieden bereit gewesen wäre, wenn die Bedingungen einigermaßen annehmbar gewesen wären und halte diese Argumentation für grundsätzlich nicht unplausibel.

Man wird aber entsprechend Baberowskis Hinweis, dass die Sichtweise selbst bei den entsprechenden Generalitäten auf beiden Seiten sehr untersschiedlich darstellte, nicht die sowjetische Lagebeurteilung, der Informationen über die Lage Deutschlands und dem Verlauf im Westen fehlten, nicht deutschen Militärangehörigen als Grundlage zugestehen können.

Und dass man in einer Wiener Garnison genau über den Kriegsverlauf in Italien und die politische Lage vertraut war, will ich bezweifeln.

Und ich will bezweifeln, dass man als junger Mann der das Glück hat nicht irgendwo in der Pampa sondern in Wien stationiert zu werden, nichts besseres zu tun hat, als seine dienstfreie Zeit von der Außenwelt abgeschottet in der Kaserne zu hocken ;-)
Insofern das den gesamtenn hanndelsverkehr betraf und der eine oder andere Wiener sicherlich verwandte bei den Truppen gahabt haben wird, die nach Italien gingen dürfte die Situation in Italien in Wien Stadtgespräch gewesen sein.
Die Entwaffnung der Italiener etc. wird man auch sehr wohl registriert haben, weil der Großteil der Transporte mit den Internierten, die nach Deutschland gingen ja durch Österreich durch musste.
 
Und ich will bezweifeln, dass man als junger Mann der das Glück hat nicht irgendwo in der Pampa sondern in Wien stationiert zu werden, nichts besseres zu tun hat, als seine dienstfreie Zeit von der Außenwelt abgeschottet in der Kaserne zu hocken ;-)

Nun, wir sprechen immer noch über meinen Großvater. Ich kann nur sagen, was er mir erzählte. Italien war nie ein Thema, auch bei den anderen alten Männern, die ich kennengelernt habe. Stalingrad ja, Afrika, Frankreich, der Luftkrieg ja, sogar der Holocaust, aber Italien nein. Sein großes Aha-Erlebnis war der Rückzug von Griechenland. Es tut mir leid, dass mein Großvater als 25-Jähriger, nach dem er nur ein sein Dorf kannte, nicht so reflektiert war. Ja, er hatte Glück, dass er in Wien stationiert war. Aber das war keine bewusste Entscheidung und auch kein Vitamin B. Er hatte das „Glück“ 1,85 groß gewesen zu sein und blonde Haare und blaue Augen zu haben. In ihrem rassistischen Weltbild dachten sich die Nazis wohl er würde einen guten Eindruck machen, wenn er vor der Wiener Hofburg steht.
Und ich glaube, wir verlangen da von der damaligen Bevölkerung zu viel. Man kann einen Hermann Hoth, einen Walter Model oder einen Gotthard Heinrici vorwürfe machen, dass sie bis zuletzt weiter kämpften und sich Illusionen hingaben. Aber bei einem einfachen Soldaten ist es unfair.
Es mag auch sein, dass die Generalität zum größten Teil rational erkannte, dass der Krieg 1942/43 verloren ist. Aber das bestreite ich ja auch nicht. Wohl auch ein Großteil der Naziführung. Aber es gab eben die vage Hoffnung auf eine Remise. Ja, das war irrational. Doch so sind wir Menschen nochmal.
 
Und dass man in einer Wiener Garnison genau über den Kriegsverlauf in Italien und die politische Lage vertraut war, will ich bezweifeln.

Bezweifeln darfst Du. Erkenntnis würde aber Deine Urteilskraft stärken.

Die Österreicher glaubten den Reichsdeutschen nichts, aber auch gar nichts mehr.

Mein Vater war ab Ende Dezember 1944 bei den "Hoch- und Deutschmeistern". Fast ausschließlich Österreicher und "Tschuschen" in der nach der in Stalingrad fast vollständig ausgelöschten, dann mit älteren Soldaten anderer Einheiten wieder hergestellten und in Italien wieder fast ausgelöschten Division.

Technisch mit dem modernsten verfügbaren Gerät ausgestattet, logistisch und taktisch aber von vornherein verloren. Und das wussten die Soldaten!

Die Luftüberlegenheit der Alliierten war erdrückend. Die Kämpfe in Italien waren so gewesen dass noch nicht einmal mehr das Etikett "heldenhaft" aufgeklebt wurde. Die deutschen Truppen wurden auf den Straßen und Nachschubwegen zusammengebombt, die alliierte Luftüberlegenheit war dort schon total.
Ich behaupte: kein einziger der in Italien eingesetzten deutschen Soldaten glaubte an einen Sieg.

Auf einen Friedensschluss setzte keiner mehr.
Italienische Soldaten waren vorher Freunde und Kriegskameraden gewesen, wurden dann zu Verrätern erklärt, und vor allem: misshandelt.
Das prägte das Selbstverständnis der deutschen Zivilisten wie der deutschen Soldaten: "Wer würde mit uns denn noch Frieden schließen wollen?"
 
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