Auch vor 1870 gab es in den meisten deutschen Staaten bereits Parlamente. Die meisten Parteien des Kaiserreichs entwickelten sich aus parlamentarischen Gruppen (von modernen Massenparteien kann man erst ab 1890 sprechen) die in den deutschen Staaten, besonders aber in Preußen ihren Ursprung hatten.
Die beiden großen Liberalen Parteien der Gründerzeit, die National-Liberale Partei und die Deutsche Fortschrittspartei entstanden in den 1860ern im preußischen Abgeordnetenhaus, nachdem der rechte Flügel (die spätere NLP) der Liberalen Bismarcks Politik zur nationalen Einheit Deutschlands auch über die Köpfe der Parlamentarier hinweg billigte, während der Linke Flügel (die spätere DFP) zunächst Preußen liberalisieren wollte und keine Reichsgründung ohne demokratischen Staat durchsetzen wollte.
Ähnlich waren auch die Konservative (Altkonservative) und die Freikonservative (später Deutsche Reichspartei) entstanden. Die Konservative Partei war eher monarchistisch-ländlich geprägt und lehnte den Wirtschaftsliberalismus und damit Bismarcks Kurs in den ersten Jahren seiner Kanzlerschaft ab. Die freikonservativen waren andererseits treue Anhänger Bismarcks.
Das Zentrum wurde war erst 1870 gegründet, es gab allerdings schon im preußischen Abgeordnetenhaus katholische Parlamentsfraktionen. Diese erhielt 1870 entsprechenden Zulauf aus den katholischen gebieten Süddeutschlands.
Im Zuge der Einigungskriege entstand bereits 1866 Gruppierungen im ehemaligen Königreich Hannover, die dessen Wiederherstellung forderten (Welfen, später Deutsch-Hannoveranische Partei).
Durch die Reichsgründung wurde vor allem der Einfluss der Liberalen verstärkt (durch die liberalen Länder Süddeutschlands) und das Zentrum in eine stärkere Position gebracht (katholisches Bayern).
Auch die Arbeitervereine waren älter als das Kaiserreich, hatten aber in der Gründerzeit weitaus geringeren Einfluss als später zum Ende des Reiches.