Bismarcks Sprachreform

TurtokDerFette

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Guten Abend,

aus gelegenem Anlass wollte ich mich erneut auf Bismarcks Sprachreform besinnen, die als Antwort auf die vom Französischen kontaminierte deutsche Sprache erlassen wurde. Leider wurden Informationen dazu größtenteils aus dem Internet herausgelöscht (oder -zensiert?). In der freien Enzyklopädie findet man es jedenfalls nicht mehr. Mein Langzeitgedächtnis hat sich lediglich gemerkt, dass Begriffe wie Bahnsteig von Bismarck erfunden wurden (um französische zu ersetzen) und das manche Deutsche ihn als Sprachgeneralmeister verpönten, sich seine Reform aber schlussendlich durchsetzte und ein klarer Erfolg für die deutsche Sprache war.

Könnt ihr mir vielleicht dazu Literatur nennen, vorzüglich natürlich über das Internet erreichbare digitalisierte. Den Namen für die gesetzliche Reglung müsste ich dringend wissen.

Danke und Grüße.
 
aus gelegenem Anlass wollte ich mich erneut auf Bismarcks Sprachreform besinnen, die als Antwort auf die vom Französischen kontaminierte deutsche Sprache erlassen wurde.
verwechselst du das nicht mit deutlich älteren Sprachgesellschaften, welche dann zum Teil wunderliche Lösungen fanden wie Nase => Gesichtserker?

Bzgl. Bismarck: an der 1. orthographischen Reform war er nicht direkt beteiligt, aber er setzte Regelungen durch, die in der Diplomatie die deutsche Sprache gegenüber dem üblichen französisch stärkten, siehe: https://books.google.de/books?id=vP...v=onepage&q=bismarck deutsche sprache&f=false
 
Zu Zeiten Bismarcks hat es eine bedeutende Sprach, bzw. Rechtschreibreform gegeben. Diese verbindet man heute aber hauptsächlich mit dem Namen Konrad Duden. Duden war ein Vertreter des phonetischen Prinzips ("Schreib wie du spirchst"). Demgegenüber stand das historisch-ethymologische Prinzip, das es als guten Stil empfand, wenn man die Wortgeschichte an der Rechtschreibung ablesen konnte ("Thür", "Accent"). Vertreter beider Lager trafen sich 1876 zur Orthographischen Konferenz und erarbeiteten eine gemeinsame Grundlage. Deren Umsetzung jedoch am Veto Bismarcks scheiterte.

1880 veröffentlichte Duden sein erstes Wörterbuch.

(...) die als Antwort auf die vom Französischen kontaminierte deutsche Sprache erlassen wurde.
Ich denke nicht, dass Lehn,- bzw. Fremdworte eine Sprache kontaminieren, im Sinne von "verunreinigen" (kontaminieren stammt ja selbst vom Latein ab). Eine Kontamination im linguistisch/morphologischen Sinne, bei der zwei Worte zu einem neuen verschmelzen, ist in diesem Zusammenhang wahrscheinlich nicht gemeint gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Von dieser Konferenz war ich mir bewusst, aber sie war nicht gemeint. Es geht wirklich um die in meinem ersten Post beschriebenem Wortneuschöpfungen/Ersetzungen für französische Relikte aus der napoleonischen Besatzungszeit, welche maßgeblich von Bismarck initiiert wurden. Eine Sprachreform, nicht Rechtschreibreform.
 
Von dieser Konferenz war ich mir bewusst, aber sie war nicht gemeint. Es geht wirklich um die in meinem ersten Post beschriebenem Wortneuschöpfungen/Ersetzungen für französische Relikte aus der napoleonischen Besatzungszeit, welche maßgeblich von Bismarck initiiert wurden. Eine Sprachreform, nicht Rechtschreibreform.

Die französischen Lehnwörter im Deutschen stammen nicht ausschließlich aus der Besatzungszeit unter Napoleon. Französisch war die Sprache der Diplomaten und Bildungssprache sowie Verkehrssprache, eine Rolle nicht unähnlich der des Englischen in der heutigen Zeit. Die Vielzahl an Anglizismen im Deutschen (das sog. Denglisch) gehen auch nicht auf die Besatzungszeit durch Briten und Amerikaner nach dem 2. Weltkrieg zurück.

Wir benutzen eine Reihe von Lehnwörter aus dem Französischen, wie z. B. das Büro, das neuerdings gerne durch Office (seinerseits eine französisches Lehnwort im Englischen, das wiederum vom lateinischen Officium abgeleitet wird - s. Online Etymology Dictionary). Und heutzutage sagt kaum einer Base oder Vetter, sondern Kusin und Kusine (Cousin, Cousine). Und zum Haareschneiden geht man zum Frisör (<Friseur, der eigentlich Perücken (< perruque) herstellte) oder zum hochpreisigeren Coiffeur. Da warte ich nur darauf, dass das Wort zum Kuafför germanisiert wird:D.

Genau wie heute gegen das Denglische gab es auch im 19. Jhdt. eine Gegenbewegung, um das Deutsche von französischen Einflüssen zu bereinigen. Turnvater Jahn hatte das im nationalen Überschwang folgendermaßen ausgedrückt:

,,Wer seinen Kindern die französische Sprache lehren lässt, ist ein Irrender, wer darin beharrt, sündigt gegen den heiligen Geist. Wenn er aber seinen Töchtern französisch lehren lässt, ist das ebenso gut, als wenn er ihnen Hurerei lehren lässt. Polen, Franzosen, Pfaffen, Junker und Juden sind Deutschlands Unglück."
Bildergalerie - Der Kmpfer: Turnvater Jahn Friedrich - Mnchen - Sddeutsche.de

Hier eine Liste mit Gallizismen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Gallizismen

Interessant ist übrigens, dass eine Reihe von Wörtern im Französischen wohl selbst Lehnworte aus anderen Sprachen sind.

Hier noch etwas zu den Lehnwörtern: Wörter französischen Ursprungs | Alltagsdeutsch | DW.COM | 10.01.2007

Aber es geht darum, ob irgenwann die französischen Lehnwörter gezielt wieder zurückgedrängt worden sind. Oder sind viele Lehnwörter einfach nur aus der Sprache wieder verschwunden, weil sie eine Modeerscheinung waren? "Sich promenieren" gibt es zwar, ist aber m. E. sicherlich keine Alltagssprache.
 
Lehnwörter sind ja auch nichts schlimmes, solange sie entsprechend eingedeutscht werden. Leider ist aber genau das ein riesiges Problem heutzutage.

Hat aber auch nichts wirklich mit der expliziten Sprachreform Bismarcks zu tun...
 
Lehnwörter sind ja auch nichts schlimmes, solange sie entsprechend eingedeutscht werden. Leider ist aber genau das ein riesiges Problem heutzutage.

Hat aber auch nichts wirklich mit der expliziten Sprachreform Bismarcks zu tun...

Sprachkontakte mit Übernahme von Fremdwörtern sind weder ein neues Phänomen, noch ein spezifisch deutsches. Wir haben viele Wörter, die vor Jahrhunderten übernommen worden sind, und die wir selbstverständlich benutzen, ohne dass uns klar ist, dass diese eigentlich Fremdwörter sind. Das Englische hat beispielsweise viele Lehnwörter aus dem Französischen übernommen.

Es geht aber hier um eine gesteuerte Politik, die Fremdwörter im Deutschen durch deutsche Ausdrücke ersetzen soll.

Vielleicht hilft dieser Artikel in der Wiki weiter: https://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeiner_Deutscher_Sprachverein

Vielleicht kann man auch in die Reichstagsprotokolle schauen, ob das in den 1880er Jahren dort debattiert wurde.
 
1876 wurde das Geschäftssprachengesetz erlassen. Dabei ging es aber nicht um "Sprachreinigung", sondern um die Durchsetzung des Deutschen als Amtssprache in den durch Preußen annektierten Gebieten (Polen, Elsass-Lothringen, Schleswig).
 
Ich denke, der gute TurtokDerFette meint hier, dass Bismarck im Post- und Eisenbahnwesen Eindeutschungen vorgenommen hat. Ich weiß nicht, ob es hier erlaubt ist, Links zu posten. Falls nicht, mag folgender gelöscht werden: Deutsch-Stilkunde: Die Sprache ist eine Waffe | ZEIT ONLINE.

Darin heißt es jedenfalls unter anderem:


Bismarck hat der Deutschen Reichspost nicht weniger als 760 Eindeutschungen aufgenötigt – und noch heute hat niemand etwas dagegen, dass wir nicht mehr »rekommandieren«, sondern »einschreiben« sagen und nicht mehr »poste restante«, sondern »postlagernd«.
 
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