bulgarische Volksmusik - Welche Einflüsse haben sie Beeinflusst?

@hyo: Koutevs verdienste sind in der Hinsicht, als das er bereits existente Volkslieder niederschrieb, und eben diese Gruppen bildete. Er hat die Lieder nicht neu komponiert zumindest mWn.

Mit ziemlicher Sicherheit "komponiert" ist diese spezielle Harmonik der mehrstimmigen Chorsätze. Wie gesagt, die Stilmittel sind so deutlich an die europäische (bzw. internationale, Amerika muß man da ja auch dazurechnen) Kunstmusik der Spät- und Nachromantik angelehnt, daß ich mir kaum vorstellen kann, daß das unabhängig davon in den bulgarischen Dörfern entstanden sein soll, zumal derartige Harmonien ziemlich schwer zu singen sind und vermutlich mindestens ein halbprofessionelles Ensemble erfordern.

Da die Angaben in der englischen Wikipedia - "Koutev, who pioneered many of the harmonies" - sich ziemlich gut mit meinem Höreindruck decken, würde ich schon sagen, daß das Ergebnis eine schöpferische Leistung Koutevs (bzw. seiner Nachfolger, die diesen Stil übernahmen) ist: Ein Mix aus Elementen der bulgarischen Volksmusik und aus Elementen der (aus europäischer Tradition stammenden) internationalen Kunstmusik.
 
@hyo, die Arrangements mit Mehrstimmigkeit und Backround mögen in der Tat ein künstlerisches Aufpeppen darstellen. Aber Solostimme und Melodie sind doch wahrscheinlich wirklich authentisch.
 
@hyo, die Arrangements mit Mehrstimmigkeit und Backround mögen in der Tat ein künstlerisches Aufpeppen darstellen. Aber Solostimme und Melodie sind doch wahrscheinlich wirklich authentisch.

Das möchte ich nicht bestreiten. Ich kann natürlich nicht feststellen, ob die Melodien 1:1 von traditionellen Gesängen übernommen oder nach traditionellen Mustern neugestaltet sind. Die verwendeten Skalen und Melodiefloskeln sind (soweit ich das gehört habe) allerdings auch nicht besonders eigentümlich, so daß man sagen könnte, das gäbe es nur in Bulgarien.
 
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Das EINZIGE was halbwegs ähnlichkeit mit dem bulgarischen hat, ist das aus der Schwarzmeerregion ...

Der Rest hat NICHTS mit dem bulgarischen Gemein. Das is dann typisch orientalisch.
Wie oben schon angedeutet, wäre es gut, wenn wir uns verständigen, wovon wir überhaupt sprechen.

Meinst du oben in den beiden Sätzen, mit der "bulg. Volksmusik" nun diese Frauenchöre, oder dein Beispiel der bulg. "Volksmusik" in deinem ersten Video?
Denn dein 1. Video hört sich schon sehr anders an, als die Frauenchöre. Letztere hören sich ja auch für mich fremd an, bzw. sagte ich schon in meinen ersten Posts hier, dass ich nichts ähnliches kenne. Deshalb habe ich mir ja in den späten 80ern CDs von denen gekauft.

Wenn du mal eine wissenschaftliche Datenbank mit "more than 1,000 audio and video field" türk. Musik sehen möchtest, dann schaue hier mal rein:

Archive of World Music - Loeb Music Library - Harvard College Library
 
Das möchte ich nicht bestreiten. Ich kann natürlich nicht feststellen, ob die Melodien 1:1 von traditionellen Gesängen übernommen oder nach traditionellen Mustern neugestaltet sind. Die verwendeten Skalen und Melodiefloskeln sind (soweit ich das gehört habe) allerdings auch nicht besonders eigentümlich, so daß man sagen könnte, das gäbe es nur in Bulgarien.

Ich kenne das von den Pashtunen, den Ukrainern und den Mongolen.
 
Wie oben schon angedeutet, wäre es gut, wenn wir uns verständigen, wovon wir überhaupt sprechen.

Meinst du oben in den beiden Sätzen, mit der "bulg. Volksmusik" nun diese Frauenchöre, oder dein Beispiel der bulg. "Volksmusik" in deinem ersten Video?
Denn dein 1. Video hört sich schon sehr anders an, als die Frauenchöre. Letztere hören sich ja auch für mich fremd an, bzw. sagte ich schon in meinen ersten Posts hier, dass ich nichts ähnliches kenne. Deshalb habe ich mir ja in den späten 80ern CDs von denen gekauft.

Wenn du mal eine wissenschaftliche Datenbank mit "more than 1,000 audio and video field" türk. Musik sehen möchtest, dann schaue hier mal rein:

Archive of World Music - Loeb Music Library - Harvard College Library

Ich meine damit allgemein einige Volkslieder aus Bulgarien, weil ich ja nicht nur die angeführten hier habe. Leider habe ich auch einige Videos, die ich schlecht Digitalisieren kann. Die sind nämlich auf Video, und das aus den 80ern.
 
Ich halte alle Behauptungen erst mal für unsinnig. Sinnvoller fände ich es, wenn man mal versuchen würde, systematisch zu arbeiten, z.B. indem man den Musikinstrumenten und ihrer Verbreitung hinterherspüren würde. Darüber könnte man dann evtl. Rückschlüsse auf die Verbreitung von Stilrichtungen etc. ziehen.

Die Griechen kannten z.B. die Zither, κιθάρα.Die Araber übernahmen dieses Instrument und der bagdader Universalkünstler Ziryab erfand - angeblich aus einer Adlerkralle - das Plektrum und brachte das Instrument nach al-Andalus, wo er der Trendsetter des 9. Jahrhunderts war. Die κιθάρα hieß jetzt qīṯārah, woraus sich in Spanien die Gitarre entwickelte (der Name wurde dann als Khitār zurück ins Arabische entlehnt).

Auch der Dudelsack - weil er heute ja schon erwähnt wurde - ist über Europa verbreitet. Dabei ist in vielen Ländern seien Form als namensgebend (Dudelsack, Bagpipe, Sækkepibe, sac de gemecs) etc. Das Dudel- aus Dudelsack könnte wiederum die Grundlage für das Tschechische Dudy oder das Magyarische Duda sein. Und vielleicht sit auch das Finnische Säkkipilli ein Hybrid aus dem Skandinavischen Säkk und dem Estischen Torupill?
Seltsamerweise taucht der Begriff gajda bzw. gaita in zwei voneinander getrennten Regionen auf: Auf dem Balkan und auf der iberischen Halbinsel.
Die RAE vermutet, dass der in den Sprachen der iberischen Halbinsel verbreitete Begriff gaita vom gotischen Wort für Ziege kommt: gaits.
 
S. K.: schade, youtube ist da keine Hilfe für deine Variationen bulg. Volksmusik?
Übrigens fällt mir neben den Osmanen/Türken noch eine weitere auch in der Literatur fassbare Quelle des Einflusses auf die bulg. Volksmusik ein: Die Gypsy-Musik, also Roma und Sinti, die vielfältige Traditionen auf ihren Reisen hin und her transportierten.

PS: El-Quij. Ich verlinke nachher zu wiss. Büchern, die ich schon den Nachmittag über gelesen habe.

Bei den Bulgaren trifft es leider auf die Musik ebenso wie auf andere Bereiche zu: Instrumentalisierung der Musik für politische Zwecke und Abgrenzungspropaganda, erst bei der "Nationbuilding", dann unter den Kommunisten, wo z.B. Folklorefestivals gezielt gefördert und veranstaltet wurden, um die Bevölkerung besser "zu kontrollieren und zu kanalisieren." Die Volksmusikantinnen (Polyphone Myterienstimmen) wurden auch sehr bald professionalisiert und aus den Dörfern geholt.

Aber erst mal einkaufen gehen. :)

PPS: Zu den Musikinstrumenten gibt es in der engl. Wiki einiges zu den türk. Instrumenten, und auch den bulg. Instrumenten, wo man sprachliche Anleihen erkennt.

PPPPS:

Ich habe auch einen schönen Artikel gefunden, über die neuerdings so verbreitete Popularität von Orientalischen Elementen in der bulg. Musik (Ein Dorn im Auge vieler Zuhörer... ;) )

http://www.uta.fi/laitokset/mustut/populaarimusiikki/aineisto/oriental.html
 
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Das Dudel- aus Dudelsack könnte wiederum die Grundlage für das Tschechische Dudy oder das Magyarische Duda sein.

Ich lese gerade in "Bock (Dudelsack),aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie", dass umgekehrt ein Schuh draus wird:
Das tschechische Wort für "Dudelsack" ist dudy (f. pl.; Altkirchenslawisch dud- "blasen") von dem sich das deutsche Wort Dudelsack ableitet.
Ich hatte an dudeln, Rumgedudel etc. gedacht. Aber das ist dann ja wahrscheinlich auch aus dem Slawischen entlehnt.

Seltsamerweise taucht der Begriff gajda bzw. gaita in zwei voneinander getrennten Regionen auf: Auf dem Balkan und auf der iberischen Halbinsel.
Die RAE vermutet, dass der in den Sprachen der iberischen Halbinsel verbreitete Begriff gaita vom gotischen Wort für Ziege kommt: gaits.
Auch dazu weiß der zitierte Artikel was:

Die Bezeichnung Bock steht in einer Reihe mit Bezeichnungen für Sackpfeifenformen aus anderen Regionen Europas die alle auf die Wortbedeutung Ziege oder ähnlich weisen: Gaita, Cabrette, Chabrette, Gaida. Dies ist darauf zurückzuführen, dass auch heute noch der Luftsack meistens aus dem Balg einer Ziege gemacht wird oder mit einem Ziegenfell überzogen ist. Ein weiteres beliebtes Material dafür war und ist Hundefell.
 
Ich halte alle Behauptungen erst mal für unsinnig. Sinnvoller fände ich es, wenn man mal versuchen würde, systematisch zu arbeiten, z.B. indem man den Musikinstrumenten und ihrer Verbreitung hinterherspüren würde. Darüber könnte man dann evtl. Rückschlüsse auf die Verbreitung von Stilrichtungen etc. ziehen.

Die Griechen kannten z.B. die Zither, κιθάρα.Die Araber übernahmen dieses Instrument und der bagdader Universalkünstler Ziryab erfand - angeblich aus einer Adlerkralle - das Plektrum und brachte das Instrument nach al-Andalus, wo er der Trendsetter des 9. Jahrhunderts war. Die κιθάρα hieß jetzt qīṯārah, woraus sich in Spanien die Gitarre entwickelte (der Name wurde dann als Khitār zurück ins Arabische entlehnt).

Auch der Dudelsack - weil er heute ja schon erwähnt wurde - ist über Europa verbreitet. Dabei ist in vielen Ländern seien Form als namensgebend (Dudelsack, Bagpipe, Sækkepibe, sac de gemecs) etc. Das Dudel- aus Dudelsack könnte wiederum die Grundlage für das Tschechische Dudy oder das Magyarische Duda sein. Und vielleicht sit auch das Finnische Säkkipilli ein Hybrid aus dem Skandinavischen Säkk und dem Estischen Torupill?
Seltsamerweise taucht der Begriff gajda bzw. gaita in zwei voneinander getrennten Regionen auf: Auf dem Balkan und auf der iberischen Halbinsel.
Die RAE vermutet, dass der in den Sprachen der iberischen Halbinsel verbreitete Begriff gaita vom gotischen Wort für Ziege kommt: gaits.

Geb ich dir recht. Interessant ist aber das mit der Gayda.

schade, youtube ist da keine Hilfe für deine Variationen bulg. Volksmusik?

Ne, leider, weil es entweder schlechte Quali ist, oder weil es sich wieder um Mystery of Bulgarian Voices handelt.

Ich werde versuchen, die in den nächsten Tagen auf DVD zu kriegen, dann kann ich sie leichter digitalisieren ;)


Übrigens fällt mir neben den Osmanen/Türken noch eine weitere auch in der Literatur fassbare Quelle des Einflusses auf die bulg. Volksmusik ein: Die Gypsy-Musik, also Roma und Sinti, die vielfältige Traditionen auf ihren Reisen hin und her transportierten.

Die Roma, sind meistens unter sich geblieben (ist auch heute meistens so). Haben sicher einen gewissen Einfluss gehabt, aber keinen alzu großen.

Bei den Bulgaren trifft es leider auf die Musik ebenso wie auf andere Bereiche zu: Instrumentalisierung der Musik für politische Zwecke und Abgrenzungspropaganda, erst bei der "Nationbuilding", dann unter den Kommunisten, wo z.B. Folklorefestivals gezielt gefördert und veranstaltet wurden, um die Bevölkerung besser "zu kontrollieren und zu kanalisieren." Die Volksmusikantinnen (Polyphone Myterienstimmen) wurden auch sehr bald professionalisiert und aus den Dörfern geholt.

Bei den Bulgaren war es auch vorher so. Sie wollten sich grundsätzlich von den anderen Osmanen abgenzen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Bei den Bulgaren war es auch vorher so. Sie wollten sich grundsätzlich von den anderen Osmanen abgenzen.
Woher weißt du das?

PS: Ich habe oben im letzten Post noch was editiert, Sorry! :red:


Ich vermute, weiß es aber nicht, dass viele Roma und Sinti schon damals das taten, was sie heute noch in der Türkei machen:
Sie musizieren für Geld in der Stadt oder im Dorf. D.h. ein Kontakt, sogar ein musikalischer war schon da. Meine Vermutung.
 
Sergej stellte uns zwei Varianten der bulg. Volksmusik vor, einmal mehrere Links zu den weltberühmten Frauenchören, die ich auch schlecht einordnen kann, und dann im ersten Link einen etwas mehr orientalisch klingenden Song.
Wie schon immer hier im Thread erwähnt, beziehen sich meine Ausführungen auf den 1. Link, nicht auf die seltsam klingenden Frauen.

Und ich habe noch die Gypsies im Ohr in Fatih Akins Dokumentation "Crossing the Bridge" :)
 
PPPPS:

Ich habe auch einen schönen Artikel gefunden, über die neuerdings so verbreitete Popularität von Orientalischen Elementen in der bulg. Musik (Ein Dorn im Auge vieler Zuhörer... ;) )

Producing Oriental: A Perspective on Bulgarian Popular Music
Ja, die berühmte chalga.

Wird aber eher von der bulgarischen Version der deutschen Bild-leser gehört.

Woher weißt du das?
Ich vermute, weiß es aber nicht, dass viele Roma und Sinti schon damals das taten, was sie heute noch in der Türkei machen:
Sie musizieren für Geld in der Stadt oder im Dorf. D.h. ein Kontakt, sogar ein musikalischer war schon da. Meine Vermutung.

Das schon, sie ist aber trotzdem ein eigener Zweig, die sich kaum mit der einheimischen Musik vermischt hat (warum auch immer)

Sergej stellte uns zwei Varianten der bulg. Volksmusik vor, einmal mehrere Links zu den weltberühmten Frauenchören, die ich auch schlecht einordnen kann, und dann im ersten Link einen etwas mehr orientalisch klingenden Song.
Wie schon immer hier im Thread erwähnt, beziehen sich meine Ausführungen auf den 1. Link, nicht auf die seltsam klingenden Frauen.

Und ich habe noch die Gypsies im Ohr in Fatih Akins Dokumentation "Crossing the Bridge" :)

Das 1. Lied ist aber mWn so um die Zeit der Balkankriege entstanden.

Woher weißt du das?

Lies mal Ivan Vazovs "Unter dem Joch", das in der Zeit der Revolutionskriege entstand. Er selbst war als schreiber in diesen Kriegen dabei.
 
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Ich kenne das von den Pashtunen, den Ukrainern und den Mongolen.

Ukraine - kann sein. Pashtunen - kann ich mangels Kompetenz nichts dazu sagen. Mongolen - wohl kaum; die mir bekannte mongolische Musik basiert entweder auf der Oberton- oder auf einer Fünftonreihe.
Statt der Mongolei hätte ich eher an etwas näherliegende Gegenden gedacht - Balkan, Griechenland, Türkei...
 
...Lies mal Ivan Vazovs "Unter dem Joch", das in der Zeit der Revolutionskriege entstand. Er selbst war als schreiber in diesen Kriegen dabei.

Hä? Aber der ist doch einer, der eben während des Nationbuilding lebte. Du meintest ja, auch vorher, vor dem 19. Jh., grenzten sich die Bulgaren bewusst von den türk. Nachbarn ab... siehe oben meine Formulierung und deine Antwort...
 
Ukraine - kann sein. Pashtunen - kann ich mangels Kompetenz nichts dazu sagen. Mongolen - wohl kaum; die mir bekannte mongolische Musik basiert entweder auf der Oberton- oder auf einer Fünftonreihe.
Statt der Mongolei hätte ich eher an etwas näherliegende Gegenden gedacht - Balkan, Griechenland, Türkei...

Das ist natürlich jetzt von der Region abhängig, aber grundsätzlich gibt es 2 Strömungen.

Lieder wie zB dieses Jovano, Jovanke, sind aus Kreis Mazedonien, und dem Umland. Man kann ähnliche Lieder auf dem ganzen Balkan hören (aber am Ehesten in Serbien und Montenegro.

Der Rest, ist eher gleich, es gibt da nur kleine Unterschiede von Region zu Region. Hier ähnelt die Musik, am ehesten derjenigen der Ukraine.

Hä? Aber der ist doch einer, der eben während des Nationbuilding lebte. Du meintest ja, auch vorher, vor dem 19. Jh., grenzten sich die Bulgaren bewusst von den türk. Nachbarn ab... siehe oben meine Formulierung und deine Antwort...

Gut, für die ganze Zeit der Herrschaft stimmt das sicher nicht, ca. ab 1760, als Paissij Hilendarski sein Buch herausbrachte, begannen die Bulgaren sich wieder als "echte Bulgaren" zu fühlen. Ab dann begann der Prozess der Abgrenzung.

Da ich aber keine guten Quellen habe, ist es eher mehr Spekulation.

EDIT: Ich revidiere nochmal das ganze. Es war eher ein "Nebeneinanderleben".

Ich würde sagen: Die bulgarische Musik eine Mischung aus Slawischen und Griechischen Motiven. Mit einem kleinen Schuss osmanischen Einfluss.
 
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