Bundesverfassungsgericht untersagt 1958 Volksentscheidungen über Atomausrüstungen der Bundeswehr

Ekaterina

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Guten Tag,
auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung finde ich zum Thema Volksentscheid über Atomausrüstungen der Bundeswehr 1958 den folgenden Eintrag:

Nach einer emotionalen Wehrdebatte stimmt der Bundestag mehrheitlich der atomaren Ausrüstung der Bundeswehr im Rahmen der NATO zu. Der SPD-Vorsitzende Erich Ollenhauer kündigt vor der Schlussabstimmung die Initiative für eine Volksbefragung an, da die Bewaffnung der Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln den nationalen Notstand heraufbeschwöre. Die Protestbewegung »Kampf dem Atomtod«, initiiert von der SPD und unterstützt von Gewerkschaftern, Theologen, Professoren und Schriftstellern, organisiert Massenkundgebungen gegen die Ausrüstung mit atomaren Sprengkörpern. Hamburg, Bremen und hessische Kommunen beschließen Volksbefragungen über die Atomausrüstung; sie werden jedoch auf Antrag der Bundesregierung vom Bundesverfassungsgericht am 30. 7. 1958 als verfassungswidrig ausgesetzt.
20. - 25. März 1958

Könnt Ihr mir mehr über die Hintergründe sagen, vor allem, was für Richter waren damals beim Bundesverfassungsgericht tätig? Trifft meine Vermutung zu, dass es wenigstens zum Teil mit der Nazi-Vergangenheit belastete Richter waren, bei deren Überlegungen und Entscheidungen vor allem der Antikommunismus wirkte?

Danke schön im Voraus!
Ekaterina
 
Trifft meine Vermutung zu, dass es wenigstens zum Teil mit der Nazi-Vergangenheit belastete Richter waren, bei deren Überlegungen und Entscheidungen vor allem der Antikommunismus wirkte?
Diese Vermutung wäre selbst dann angreifbar, wenn der Senat mehrheitlich mit Altnazis besetzt gewesen sein sollte. Abgesehen davon, dass das Grundgesetz Volksabstimmungen auf Bundesebene nur für eine Neuordnung des Bundesgebiets vorsieht (Art. 29 GG), fällt die Verteidigungspolitik unter die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Landes- und Kommunalparlamente haben kein Mitspracherecht und können auch keine Volksbefragungen dazu durchführen. Eine inhaltliche Prüfung des Anliegens erübrigte sich, die initiierten Abstimmungen waren bereits formell verfassungswidrig.

Editiert: Stilicho war schneller.
 
Könnt Ihr mir mehr über die Hintergründe sagen, vor allem, was für Richter waren damals beim Bundesverfassungsgericht tätig?
Wer damals Verfassungsrichter war, kannst du selbst nachschauen: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Richter_des_Bundesverfassungsgerichts

Trifft meine Vermutung zu, dass es wenigstens zum Teil mit der Nazi-Vergangenheit belastete Richter waren, bei deren Überlegungen und Entscheidungen vor allem der Antikommunismus wirkte?
Die Vermutung ist richtig: Es gab damals, außer derjenigen, die während der Nazizeit Berufsverbot erhielten und/oder emigrierten, kaum unbelastete Verfassungsrichter – einer hat in der Nazizeit als Staatsanwalt* am Sondergericht sogar 5 Todesurteile erwirkt. Eines davon gegen einen 18-Jährigen, der sexuelle Handlungen an einem Mädchen begangen haben soll, die etwas jünger als er selbst war. Ein Gnadengesuch des Verteidigers wegen der Jugend des Angeklagten wies Geiger zurück. Er nahm an der Hinrichtung teil und setzte durch, dass sie durch Plakate und Pressehinweise öffentlich bekannt gemacht wurde. Ein anderes Todesurteil betraf einen Zwangsarbeiter, der gegen sechs bis acht Jugendliche, die auf ihn einprügelten, ein Taschenmesser gezogen hatte. Auch dieses Urteil wurde plakatiert.

Und siehe da, nach dem Krieg erinnerte sich trotzdem niemand daran, denn er wurde im Entnazifizierungsverfahren als „entlastet“ eingestuft.

Dass solche und ähnliche Verfassungsrichter Antikommunisten waren, versteht sich von selbst, deswegen darf man sich nicht wundern, dass sie 1956 die KPD verboten: Im III. Reich verboten und in der Bundesrepublik der 1950er Jahre auch.

* Ich habe keinen Namen genannt, denn die Juristen im Forum kennen ihn sicher.
 
vor allem, was für Richter waren damals beim Bundesverfassungsgericht tätig?

Die in Frage kommenden Verfassungsrichter kannst Du in der Liste die @Dion bereits verlinkte sehen: Liste der Richter des Bundesverfassungsgerichts – Wikipedia
Du klickst in der Tabelle auf "Beginn der Amtszeit" und dann wird die Tabelle danach sortiert und man kann leicht sehen wer 1958 als Verfassungsrichter bei der Entscheidung möglich ist.
Die Vermutung ist richtig: Es gab damals, außer derjenigen, die während der Nazizeit Berufsverbot erhielten und/oder emigrierten, kaum unbelastete Verfassungsrichter –

Die Vermutung ist falsch, auch wenn sie naheliegend erscheinen mag.
Es war die juristische Zunft zwar insgesamt stark belastet 1) doch scheint das nicht für die Richter des Verfassungsgerichts gegolten zu haben.
Ich hab mir die Wiki-Liste und deren Verlinkungen angeschaut und das mit dem „Braunbuch“ 2) abgeglichen. Es gab eigentlich nur einen belasteten Verfassungsrichter, den von Dir erwähnten Geiger. Oder gab es noch einen weiteren?

@Stilicho, @-muck-, was ich nicht verstehe: Was ist der Unterschied zwischen „Volksbefragung“ und „Volksabstimmung“?


1) https://www.bmj.de/SharedDocs/Publi...chichtsband_1.pdf?__blob=publicationFile&v=22

2) Braunbuch – Kriegs und Naziverbrecher in der Bundesrepublik – Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik – Berlin 1965. S.147 - 187 „Liste belasteterNazi-Juristen im Dienste des Bonner Staates“
(Da findet sich auch der Geiger, aber sonst keiner der Verfassungsrichter der fraglichen Zeit. Es scheint doch so gewesen zu sein, dass die Besetzung des Verfassungsgerichts mit sehr viel größerer Sorgfalt vorgenommen werden konnte als bei der restlichen Zunft, welche nach Kräften ihre eigene Freisprechung betrieb.)
 
Zuletzt bearbeitet:
@Dion

Du irrst Dich, und @hatl hat völlig Recht. Bedenke übrigens, wie Verfassungsrichter in ihr Amt gelangen. Man mag der Adenauer-CDU vorhalten, auf dem rechten Auge blind gewesen zu sein, aber gilt dies auch für die SPD? Außerdem: Selbst ein Senat, der sich nur aus Unbelasteten oder glühenden Kommunisten zusammensetzte, hätte nicht anders entscheiden können, sofern er das Grundgesetz zu achten gedachte.

Länder und Kommunen haben im Bereich der Verteidigungspolitik keine Gesetzgebungskompetenz (vgl. Art. 73 I Nr. 1 GG). "Abstimmungen" werden in Art. 20 II GG jedoch als Mechanismen der Gesetzgebung definiert. Damit ist eine von Ländern oder Kommunen initiierte Volksbefragung zur Bundeswehr a priori ausgeschlossen. Auch wenn die Richter hätten anders entscheiden wollen, sie durften es nicht.

@hatl

Verallgemeinernd gilt: Volksabstimmung ist ein Oberbegriff für alle direktdemokratischen Verfahren in Deutschland, unabhängig von der Art ihres Zustandekommens oder ihrer Bindungswirkung. Die Volksbefragung ist eine rein beratende Volksabstimmung, bei der die Meinung der Wähler zu einer Sachfrage eingeholt wird. Sie ist nicht bindend (es sei denn im Einzelfall des Art. 29 GG).
 
Was wird denn in den Dekaden danach von der Urteilsbegründung selbst gehalten?

Wird die personelle Diskussion am referenzierten Urteil im luftleeren Raum eines allgemeinen Beklagens geführt, oder basiert das auf konkreten sachlichen, verfassungsrechtlichen Gründen?
 
Das fragliche Urteil ist hier zuvörderst BVerfGE 8, 104. Einzelne Formulierungen sind womöglich in den Kontext der Lehrmeinung der Zeit zu stellen, doch wird sich im Ergebnis nichts ändern an der Bewertung, denn an der Gesetzeslage hat sich ebenfalls nichts geändert: Verteidigungspolitik ist Bundessache.

Der Zweite Senat urteilte, dass "die Zuständigkeit der Bundesorgane zur ausschließlichen eigenverantwortlichen Bewältigung einer Sachaufgabe" nicht "erst dann von den Ländern beeinträchtigt wird", wenn diese eine Aufgabe des Bundes durch eigene Regelungen an sich ziehen, sondern schon dann, wenn "sie die Bundesorgane durch den in einer von ihnen angeordneten amtlichen Volksbefragung liegenden politischen Druck zwingen wollen, [ihre] Sachentscheidungen zu ändern".

Hier war nicht nur die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern zu bedenken, sondern auch die Vorschrift Art. 71 GG, wonach den Ländern im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes überhaupt nur dann Befugnisse zukommen, wenn der Bundesgesetzgeber sie ihnen explizit überträgt. Die Intention des Grundgesetzes ist damit klar: Wer eine solch hohe Mauer errichtet, will nicht zu Versuchen einladen, die Mauer irgendwie zu umgehen, sondern er will die Mauer respektiert wissen.

Die in BVerfGE 8, 104 zum Ausdruck gebrachte Interpretation – dass der Landesgesetzgeber die Kompetenzverteilung des Grundgesetzes durch sein Tun und Lassen streng zu respektieren hat –, hat Karlsruhe bis heute in einer Vielzahl von Urteilen aufrechterhalten, übrigens durchaus auch zur Stärkung der Teilsouveränität der deutschen Staaten. Man denke etwa an die Frage des bildungspolitischen Kooperationsverbots, das den Bundesgesetzgeber auf seine Kompetenzen verweisen soll.

Die in Hamburg und Hessen lancierten Initiativen waren a priori aussichtslos. Das Grundgesetz hielt für ihre Unterstützer zwei Wege bereit, die sie hätten beschreiten können: den Entschluss des Deutschen Bundestages entweder verfassungsgerichtlich zu beanstanden, oder für einen politischen Machtwechsel zu werben, um sich selbst die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zu eröffnen.
 
Zunächst vielen herzlichen Dank für Eure ausführlichen Auskünfte!

Ich zitiere muck: Die in Hamburg und Hessen lancierten Initiativen waren a priori aussichtslos. Das Grundgesetz hielt für ihre Unterstützer zwei Wege bereit, die sie hätten beschreiten können: den Entschluss des Deutschen Bundestages entweder verfassungsgerichtlich zu beanstanden, oder für einen politischen Machtwechsel zu werben, um sich selbst die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zu eröffnen.

Hat denn Erich Ollenhauer das nicht gewusst? War das einfach nur "Politik" von ihm?
Warum hat er den Entschluss des Deutschen Bundestages nicht verfassungsgerichtlich beanstandet? Vielleicht, weil er wusste, dass auch das abgelehnt werden würde?
Und politischer Machtwechsel: Ich denke, er hatte dazu keine Chance, richtig?
 
Hat denn Erich Ollenhauer das nicht gewusst? War das einfach nur "Politik" von ihm?
Bis zu einem gewissen Grad war das mit Sicherheit so. Ich will aber Ollenhauer und der SPD nicht absprechen, dass sie die nukleare Bewaffnung einfach mit allen Mitteln verhindern wollten. Schon die Wiederbewaffnung war ein Reizthema gewesen, und umso mehr die nukleare Bewaffnung.
Warum hat er den Entschluss des Deutschen Bundestages nicht verfassungsgerichtlich beanstandet? Vielleicht, weil er wusste, dass auch das abgelehnt werden würde?
Es hätte prinzipiell zwei Wege nach Karlsruhe gegeben, beide hätte man begründen können müssen:

Erstens, der Bundestagsbeschluss hätte formell fehlerhaft sein können, indem er gegen geltendes Recht verstieß. Das Stichwort lautet hier: Normenkontrollverfahren. Beschwerdeführer wäre die SPD-Fraktion gewesen.

Zweitens, die Fraktion oder irgendeines ihrer Mitglieder hätte eine Verfassungsbeschwerde einlegen und argumentieren können, dass der Beschluss materiell ihre bzw. seine Grundrechte verletzt. Man könnte bspw. argumentieren, dass eine Teilnahme Deutschlands an der nuklearen Rüstungsspirale das Recht auf Leben beeinträchtigt, indem es einen verheerenden Atomkrieg wahrscheinlicher macht.

Zumindest formell war der Beschluss offenbar nicht zu beanstanden. Ob Ollenhauer oder sonst jemand Verfassungsbeschwerde eingelegt hat, müsste ich erst mal recherchieren. Allerdings haben die wenigsten Verfassungsbeschwerden Erfolg.
Und politischer Machtwechsel: Ich denke, er hatte dazu keine Chance, richtig?
Zu jener Zeit wohl nicht, nein. Adenauer war sehr beliebt.
 
Es war die juristische Zunft zwar insgesamt stark belastet 1) doch scheint das nicht für die Richter des Verfassungsgerichts gegolten zu haben.

Was in diesem Sinne auch nicht weiter verwunderlich ist, denn dadurch, dass die Nazis ja stets (wenn auch illegal) auf Basis der Folie des "Ermächtigungsgesetzes" von 1933 aggierten und die Verfassung der Weimarer Republik als außer Kraft gesetzt betrachteten, ohne sie jemals durch eine neue dezidierte Verfassung zu ersetzen hatte das NS-Regime im Prinzip auch überhaupt keinen Bedarf an versierten Juristen in diesem Bereich, anders als im Bereich des Straf- oder Verwaltungsrechts oder anderer Bereiche.



Hat denn Erich Ollenhauer das nicht gewusst? War das einfach nur "Politik" von ihm?
Das dürfte ihm durchaus klar gewesen sein, dass über die Bundesländer nicht in die Belange der Bundespolitik hineinregiert werden konnte.
Ich würde das als ein Manöver betrachten öffentlich Zustimmung für die eigene Position über Aufmerksamkeit zu gewinnen, denn die ließ sich dadurch ja durchaus generieren.

Warum hat er den Entschluss des Deutschen Bundestages nicht verfassungsgerichtlich beanstandet?

Naja, weil er dann natürlich auch eine Begründung dafür hätte liefern müssen, warum Atomwaffen in irgendeiner Weise mit den Rechtsverhältnissen in der Bundesrepublik nicht vereinbar seien.

Hier hätte man z.B. argumentieren können, dass die Eigenen Setzungen von Wehr- und Kriegsrecht, so wie internationale Konventionen an die man sich in diesem Zusammenhang gebunden hatte, erfordern, dass eine Trennung von Kombattanten und Nichtkombattanten möglich sein müsste, weil diese nach dem Recht unterschiedlich zu behandeln sein, atomare Waffen dieses aber verunmöglichten und deswegen nicht mit der eigenen Rechtsgrundlage vereinbar seien.

Darauf z.B. hätte man abstellen können, das Problem bei Argumenten gegen Atomwaffen dieser Art ist nur, dass dann auch die Frage zu beantworten wäre, inwiefern sich Atomwaffen in diesem Sinne von bereits vorhandenen Waffensystemen, die nicht beanstandet wurden unterschieden.

Und das zu begründen wäre durchaus nicht einfach geworden.

Der Vorschlag, den @-muck- oben im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges gemacht hat, wäre ähnlich schwierig durchzubringen gewesen, da die Gegenseite in der Logik der atomaren Abschreckung hätte argumentieren können, dass durch die Ausrüstung mit Atomwaffen und das "Gleichgewicht des Schreckens" dies gerade nicht der Fall sei und Atomwaffen das Risiko eines Krieges eher reduzierten.

Und politischer Machtwechsel: Ich denke, er hatte dazu keine Chance, richtig?
Dafür war die SPD vor dem Bad Godesberger Programm 1959 schlicht falsch aufgestellt, da sie die Mittelschicht hier nicht hinreichend stark ansprach um auf eine Mehrheit hoffen zu können, dafür fehlte es damals noch etwas an der Abgrenzung nach links und der Absage an einige überholte marxistische Ideen.
Davon ab und neben dem Umstand, dass Adenauer recht fest im Sattel saß (Die CDU/CSU hatte bei der Wahl von 1957 die absolute Mehrheit geholt), hätte die SPD dafür erwartbar auch die FDP für eine Koalition gebraucht und daran war auf Basis des damaligen SPD-Parteiprogramms und angesichts der damaligen Aufstellung der FDP eher nicht zu denken, zumal auch im Hinblick auf die Frage atomarer Bewaffnung fraglich gewesen wäre, ob die FDP deren strikt Ablehnung mitgetragen hätte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass solche und ähnliche Verfassungsrichter Antikommunisten waren, versteht sich von selbst, deswegen darf man sich nicht wundern, dass sie 1956 die KPD verboten: Im III. Reich verboten und in der Bundesrepublik der 1950er Jahre auch.

Die KPD wurde nicht verboten, weil sie kommunistisch war, sondern weil sie Ziele hatte und Methoden an den Tag legte, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar waren.

Es wäre schön, wenn du aufhören würdest auf Basis deiner Sentiments Märchen zu erzählen und historischen Akteuren rein ideologisch geleitetes Handeln zu unterstellen, ohne das im mindesten begründen oder untermauern zu können.
 
Erst noch einmal vielen herzlichen Dank für die ausführlichen Erläuterungen.


Ich bin allerdings erschrocken über den Ton gegenüber Dion. Jeder von uns läuft mit mehr oder weniger Sentiments durch die Welt, niemand begibt sich in ein Forum, um dort „Märchen“ zu erzählen. Wozu Dion vor den Kopf stoßen, wenn es doch genügt, eine Frage sachlich zu betrachten?


Es macht mir Angst, noch einmal zu einem anderen Thema nachzufragen, und das kann doch nicht der Sinn eines solchen Forums sein.
 
Ich bin allerdings erschrocken über den Ton gegenüber Dion.
Der Ton gegenüber Dion hat einfach damit etwas zu tun, dass der genannte User permanent dadurch auffällt historische Akteuren zu attestieren rein ideologiegeleitet zu handeln und andere Erklärungen überhaupt nicht in Betracht zieht.
Schau dir z.B. seine Urteile und Behauptungen im Bezug auf die katholische Kirche, Luther, die Zentrumspartei und zu anderen im Besonderen mit dem Christentum verbudenen Themen an.

Um ehrlich zu sein, es nervt mich ganz einfach, dass der betreffende User dauernd ohne dass näher begründen zu können oder meinen dies tun zu müssen, postuliert dass diese oder jene Gruppe auf Grund der Tatsache dass sie Altnazi, vatikanhörig oder sonst was sei in dieser und jener Weise handelte ohne sich mit Alternativen auch nur zu beschäftigen.
Es geht mir vor allem auch deswegen gegen den Strich, weil man wirklich nicht jeden bescheuerten Mythos noch x mal ins Internet schreiben muss, auf dass es der nächste, der das vielleicht beiläufig liest, ohne dass es wirklich interessiert aufschnappt und weiter trägt.

Im Hinblick auf das KPD-Verbot hätte es nicht mehr als eine Hand voll Klicks bei google bedurft um sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und die Urteilsbregründung herauszusuchen und diese zur Kenntnis zu nehmen.

Aber nein, das wird natürlich nicht getan, lieber wird einfach im Brustton der Überzeugung vom Stapel gelassen, dass dieses Urteil dadurch zustande kam, dass die Richter Altnazis mit entsprechender antikommunistischer Gesinnung gewesen seien.
Freilich ohne einen solchen Hintergrund nur bei einem einzigen beteiligten Richter belegen zu können oder sich überhaupt die Mühe zu machen, zu überprüfen, wer involviert war.

Stattdessen werden lieber ideologisch böswillige nicht näher benannte Kollektive beschworen und für schuldig erklärt, was inhaltlich weder haltbar, noch in irgendeiner Form konstruktiv ist.

Es macht mir Angst, noch einmal zu einem anderen Thema nachzufragen

Das muss es durchaus nicht. Wenn Dion von mir auf solch ein Posting so eine Reaktion bekommt, liegt das daran, dass es da eine mittlerweile jahrelange Vorgeschichte gibt, dass der User, wenn auch meist in anderen Zusammenhängen permanent solche Postings vom Stapel lässt und dass ich es mittleerweile ehrlich gesagt leid bin, da permanent argumentativ gegen zu halten (und da dürfte ich nicht der Einzige sein).

So, ich entschuldige mich hier auch dafür, dass so offen angesprochen zu haben, es ist eigentlich nicht meine Art offen negativ über andere User zu schreiben.
 
Die Vermutung ist falsch, auch wenn sie naheliegend erscheinen mag.

Es war die juristische Zunft zwar insgesamt stark belastet 1) doch scheint das nicht für die Richter des Verfassungsgerichts gegolten zu haben.
Meine Vermutung bezog sich auf das Verbot der KPD durch das Bundeverfassungsgericht. An dem Gericht gab es außer Geiger auch andere Richter, die für meine Begriffe belastet waren und/oder negativ zum Kommunismus standen.

So war außer Geiger auch Karl Heck belastet: Er war ab 1934 in der SA, zuletzt als Scharführer (das steht nicht in der Wikipedia, sondern in einem dortigen Link). Und SA war bekanntlich schlecht auf Kommunisten zu sprechen – um es mal mild auszudrücken.

Julius Federer war Mitglied der katholischen Studentenverbindung KDStV und als solcher wahrscheinlich dem Kommunismus abgeneigt.

Dann Ernst Friesenhan, der auch Mitglied der Katholischen Studentenvereine Vandalia Bonn und Alamannia Tübingen im KV war, und als solcher wahrscheinlich auch dem Kommunismus abgeneigt.

Josef Wintrich – Zitat aus Wikipedia (Fettschreibung durch mich):

„Als herausragendste Entscheidung seiner Amtszeit gilt das – bis heute staats- und verfassungsrechtlich umstritteneKPD-Verbot vom 17. August 1956 (Aktenzeichen 1 BvB 2/51). 1955 hatte Wintrich zur Vorbereitung des Urteils an der Universität Salzburg bei dem Jesuiten und Philosophiedozenten Gustav Wetter (1911–1991) ein Kolleg über Die Weltmacht des dialektischen Materialismus gehört, „um sein Wissen von den geistigen Grundlagen der KPD zu vertiefen“.[3] In den 1950er Jahren wurde Bundeskanzler Konrad Adenauer vorgeworfen, durch das von ihm 1951 und 1952 betriebene Verbot der nationalsozialistischen SRP ein Argument für das eigentlich beabsichtigte KPD-Verbot vorzuschieben. Adenauer wurde außerdem vorgehalten, massiven Druck auf das Bundesverfassungsgericht auszuüben. Die Ernennung des rechtskonservativen Juristen Wintrich als Nachfolger des liberalen Höpker-Aschoff, der einem KPD-Verbot kritisch gegenübergestanden hatte, wurde von der zeitgenössischen linksliberalen Presse als politischer Trick der zweiten Regierung Adenauer aufgefasst. Bei diesem „druckvollen Trick“ ließ sich Adenauer jedoch Zeit. „Als im November 1954 das Verbotsverfahren gegen die KPD im dritten Jahr vor sich hindümpelte“, besuchte BVG-Präsident Wintrich Konrad Adenauer. Dabei erfuhr er, dass die Bundesregierung an ihrem Antrag festhielt.“

Das sollte genügen - ich habe keine Lust mehr, nach weiteren Richtern zu suchen und in ihrer Vergangenheit zu wühlen.
 
Julius Federer war Mitglied der katholischen Studentenverbindung KDStV und als solcher wahrscheinlich dem Kommunismus abgeneigt.

Aha.
Der Umstand dass ein Richter mal Mitglied in einer katholischen Studentenverbindung gewesen war, ist ein klares Indiz, dass er aus ideologischen Gründen den Kommunismus so sehr verachtete, dass er unter massivster Verletzung seiner Amtspflichten Rechtsbeugung (denn nichts anderes unterstellst du ja) beging um die KPD aus Gründen persönlicher Abneigung zu verbieten.

Ich möchte mal hoffen, dass ist nicht dein Ernst uns diesen Kappes aufbinden zu wollen?
 
Kommunismus ist auch heute nicht mit Demokratie und Grundgesetz vereinbar.

Das, dürfte sehr davon abhängen, was man unter Kommunismus verstehen möchte. Dieser Begriff ist immerhin bereits im 18. Jahrhundert in Frankreich entstanden und hat seit dieser Zeit ein breites Ideenspektrum abgedeckt, dass sich nicht auf den "realexistierenden Sozialismus" des Ostblocks verengen lässt.

Sofern man eine kommunistische Gesellschaft z.B. als eine Gesellschaft definierte in der das Privateigentum an Produktionsmitteln aufgehoben ist, die sich aber nichts desto weniger auf dem Boden einer parlamentarisch-demokratischen Ordnung bewegt, würde diese Zielsetzung dem derzeitigen Stand des Grundgesetzes widersprechen.

Da der Schutz des Privateigentums, wie er im Rahmen des Grundgesetzes definiert ist, aber nicht der "Ewigkeitsklausel" unterfällt (man korrigiere mich, wenn ich hier falsch liege) wäre eine entsprechende Änderung des Grundgesetzs, so wie ich das sehe, auf verfassungsmäßigem Wege möglich und dementsprechend müsste es durchaus möglich sein, eine kommunistische Gesellschaft, wenn man sie so definieren wollte, anzustreben, ohne sich damit per se auf verfassungsfeindlichen Boden zu stellen, wenn man das denn wollte.

Insofern, das Kommunismus an und für sich nicht mit Demokratie und Grundgesetz vereinbar sei, dass sehe ich nicht (ob man ihn für sinnvoll halten möchte ist eine andere Frage).

Natürlich wäre so etwas wie im Ostblock unvereinbar mit dem GG, da es die Abschaffung der Demokratie erfordern würde.

In dem Sinne dürfte der Umstand, dass die KPD kommunistisch war und Kommunismus propagierte allein nicht ausgereicht haben um ihr Verbot zu rechtfertigen, viel mehr musste der Nachweis geführt werden, dass sie daraunter etwas verstand, was mit dem Grundgesetz nicht vereinbar war und/oder es mit Mitteln anstrebte, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Damals dürfte jeder Demokrat das Terrorsystem des Kommunismus abgelehnt haben. Da brauchst du nicht nach Nazis suchen.

Das war auch mein Gedanke. Antikommunismus dürfte in den 50ern stark verbreitet gewesen sein. Ich habe mal bei Wikipedia geschaut:

Unter den sozialdemokratischen und den bürgerlichen Parteien bestand daher der so genannte „antitotalitäre Konsens“ oder auch „antiextremistische Konsens“, der von einer Äquidistanz des Staates und der Säulen der Gesellschaft zu allen „Totalitarismen“ bzw. „Extremismen“ ausging. Besonders der Konservatismus, der nach 1945 auf seine traditionelle Demokratieskepsis, seinen Nationalismus und Antikapitalismus verzichten musste, fand im Antikommunismus ideologischen Ersatz für die aufgegebenen Positionen.
...
Der Antikommunismus stellte einen integrierenden und stabilisierenden Konsens von der SPD bis nach Rechtsaußen im politischen Leben der Bundesrepublik dar und verhinderte eine politische Radikalisierung


Allerdings lohnt es sich wohl, sich etwas näher mit der Verfolgung von Kommunisten und Gegnern der Wiederbewaffnung zu beschäftigen. Ich kann jetzt so nicht beurteilen, ob es sich nicht doch zumindest in Teilen um eine Hexenjagd handelte:

Im Zusammenhang mit den Verboten der KPD (August 1956 durch das Bundesverfassungsgericht) und der FDJ (1951 durch Beschluss der Bundesregierung Konrad Adenauers gemäß Art. 9 Abs. 2 GG)[28] wurden im Verlauf der fünfziger und sechziger Jahre nach dem damals geltenden politischen Strafrecht über 10.000 Personen mit Haftstrafen belegt und Hunderttausende von Verfahren gegen Kommunisten, aber auch des Kommunismus verdächtigte Personen, geführt.[29] Die Zahl der gegen Kommunisten gefällten 6688 Urteile war im Zeitraum 1951–1968 fast siebenmal so hoch wie die 999 Urteile gegen NS-Täter.[30] Das 1951 verabschiedete erste Strafrechtsänderungsgesetz, auch als Blitzgesetze bekannt, erlaubte es, Gegner der Wiederbewaffnung als „Gefährder“ zu inhaftieren, zu observieren und sie mit Berufs- und Auftrittsverboten zu belegen. Mehr als eine halbe Million Menschen waren von diesen Maßnahmen betroffen.[31]

Antikommunismus – Wikipedia

Siehe auch die TAZ:
Eine halbe Million Staatsfeinde
 
Zuletzt bearbeitet:
Das, dürfte sehr davon abhängen, was man unter Kommunismus verstehen möchte. Dieser Begriff ist immerhin bereits im 18. Jahrhundert in Frankreich entstanden und hat seit dieser Zeit ein breites Ideenspektrum abgedeckt, dass sich nicht auf den "realexistierenden Sozialismus" des Ostblocks verengen lässt.

Sofern man eine kommunistische Gesellschaft z.B. als eine Gesellschaft definierte in der das Privateigentum an Produktionsmitteln aufgehoben ist, die sich aber nichts desto weniger auf dem Boden einer parlamentarisch-demokratischen Ordnung bewegt, würde diese Zielsetzung dem derzeitigen Stand des Grundgesetzes widersprechen.

Da der Schutz des Privateigentums, wie er im Rahmen des Grundgesetzes definiert ist, aber nicht der "Ewigkeitsklausel" unterfällt (man korrigiere mich, wenn ich hier falsch liege) wäre eine entsprechende Änderung des Grundgesetzs, so wie ich das sehe, auf verfassungsmäßigem Wege möglich und dementsprechend müsste es durchaus möglich sein, eine kommunistische Gesellschaft, wenn man sie so definieren wollte, anzustreben, ohne sich damit per se auf verfassungsfeindlichen Boden zu stellen, wenn man das denn wollte.

Insofern, das Kommunismus an und für sich nicht mit Demokratie und Grundgesetz vereinbar sei, dass sehe ich nicht (ob man ihn für sinnvoll halten möchte ist eine andere Frage).

Natürlich wäre so etwas wie im Ostblock unvereinbar mit dem GG, da es die Abschaffung der Demokratie erfordern würde.

In dem Sinne dürfte der Umstand, dass die KPD kommunistisch war und Kommunismus propagierte allein nicht ausgereicht haben um ihr Verbot zu rechtfertigen, viel mehr musste der Nachweis geführt werden, dass sie daraunter etwas verstand, was mit dem Grundgesetz nicht vereinbar war und/oder es mit Mitteln anstrebte, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar waren.


Es darf kein Grundrecht komplett aufgehoben werden. Also nie, solange keine neue Verfassung in Kraft tritt

Schon wieder liest du in meine Aussagen, was dort nicht steht. Bei dir begnüge ich mich ab jetzt mit dem Hinweis. Aber ein letztes Mal:

Es gibt und gab keine real vorgeschlagene Form des Kommunismus, die mit Demokratie und Grundgesetz vereinbar wäre. (Wenn nicht Äpfel und Birnen verglichen werden.)
 
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