Byzantinische Hofzeremonie und Reise im MA

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Gast

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Hallo,

für ein Buchprojekt benötige ich eine Beschreibung der byzantinischen Hofzeremonie unter Alexios I. Gibt es hier vielleicht jemanden, der mir weiterhelfen kann? Ich würde mich sehr freuen.

Außerdem frage ich mich, wie lange um 1100 eine Reise zu Pferd von Rouen/Frankreich nach Konstantinopel gedauert hat (nicht im Kreuzfahrerheer). Wer weiß mehr darüber? Ich bin für jeden Hinweis dankbar!

Anna
 
Also 3 Tage von Berlin nach Leipzig mit dem Pferd, soviel weiß ich, versuch doch das zu rekonstruieren.
 
Eine Lektüreempfehlung, die zeitlich etwas früher liegt, aber mit ein wenig Vorsicht auch auf die Zeit Alexios' I. übertragen werden kann, ist der Gesandtschaftsbericht des Liutprand von Cremona. Unumgänglich ist ferner die Lektüre der "Alexiade" von Anna Komnene.
 
Hallo Anna,

Gast schrieb:
... für ein Buchprojekt benötige ich eine Beschreibung der byzantinischen Hofzeremonie unter Alexios I. Gibt es hier vielleicht jemanden, der mir weiterhelfen kann?

leider verfüge ich nur über ein einziges Buch, das einen Überblick zum Byzantinischen Reich enthält, und in diesem kann ich frühestens erst am Wochenende nachlesen.

Gast schrieb:
Außerdem frage ich mich, wie lange um 1100 eine Reise zu Pferd von Rouen/Frankreich nach Konstantinopel gedauert hat (nicht im Kreuzfahrerheer). Wer weiß mehr darüber? Ich bin für jeden Hinweis dankbar!

Ich habe per Routenplaner knapp 2900 km für die Entfernung von Rouen bis zum heutigen Istanbul erhalten, aber rechnen wir mal mit etwa 3000 km.
Die relevante Reisegeschwindigkeit zu Pferde würde ich nicht höher als 30 km pro Tag ansetzen, was dann eine Reise zu Pferde von etwa 100 Tagen bedeutet.
Dabei ist jedoch zu beachten, daß eine solche Abschätzung davon ausgeht, daß nur jeweils über Nacht gerastet, also keinerlei längerer Aufenthalt zwischendurch eingelegt wird. Wenn ich dies nun noch entsprechend berücksichtige, so wird eine solche Reise wohl gut und gern etwa 4 Monate (ca. 120 Tage) gedauert haben.

In diesem Sinne

Timo
 
Danke!

Hallo,
Ihr seid wirklich gut. Danke vor allem Timetheus für die tolle Berechnung, die mir schon sehr viel weiter hilft. Danke auch für den Hinweis auf Anna Komnena, deren Text ich im Netz gefunden habe. Schwierigkeiten bereitet mir noch Liutprand.

Eine Zusatzfrage zum Hofzerimonell: Weiß jemand, ob der Kaiser auch Frauen offiziell am Hofe empfangen hat? Bislang fahnde ich auch noch vergeblich nach Hinweisen auf Kosmetika und Körperpflege.

Ich bin weiterhin für jeden Hinweis dankbar!!

Anna
 
Was Liudprand angeht, empfehle ich als erste Wahl den entsprechenden Band der Freiherr vom Stein-Gedächtnisaugabe (in Bibliotheken zu bekommen):
Bauer, Albert / Rau, Reinhold (Hrsg.)
Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit
Widukinds Sachsengeschichte. Adalberts Fortsetzung der Chronik Reginos. Liudprands Werke. Lateinisch und deutsch. Unter Benutzung der Übersetzungen von P. Hirsch, M. Büdinger und W. Wattenbach neu bearb.
 
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, Kaiser Konstantin VII. Porphyrogennetos hat auch über das Hofzeremoniell geschrieben.

Auf jeden Fall behandelt ein Kapitel im schon älteren Buch: Toynbee, Arnold, Constanie Porphyrogenitus and his world, auch Diplomatie und Hofzeremoniell.
 
Wg. Reisegeschwindigkeit

Timo hat ja jetzt erstmal nur eine Idealreisegeschwindigkeit versucht zu ermitteln: ungefähre Tagesdistanz zu Pferde/ungefähre km. Wobei hier anzu merken ist, dass die 2900 km Straßenkm sind, einschließlich Tunnels und was der moderne Mensch sich alles so enfallen lässt, um Reisewege zu verkürzen. 3000 km halte ich daher noch immer für zu wenig.
Am besten hät man sich an das, was Quellen überliefern. Aus dem SpätMA bzw. der Frühen Neuzeit sind z.B. Pilgerberichte erhalten. Ich weiß konkret von einem aus dem Jahr 1446, wo der Pilger das Datum seiner Abreise in Nürnberg angibt und das Datum seiner Rückkehr, sowie die Strecke nach Santiago (leider nur Hinweg, der Rückweg findet kaum Niederschlag in der Quelle).
So gibt es auch Reiseberichte von anderen, z.B. den des niederrheinsichen Ritters von Harff, der um dieselbe Zeit nach Jersualem gereist ist. Da sein Bericht sehr ausführlich ist (Harff versucht Sätze der einfachen Konversation in den jeweiligen Landessprachen wiederzugeben, er ist angeblich der erste, der das Baskische auf diese Weise zu Papier gebracht hat), könnnte es sein, dass man bei Harff auch erfährt, wie lange die Reise - natürlich nicht von Rouen - nach Konstantinopel/Istanbul gedauert hat.

Von Groote, Dr. E.: Die Pilgerfahrt des Ritters Arnold von Harff von Cöln durch Italien, Syrien, Ägypten, Arabien, Aethiopien, Nubien, Palästina, die Türkei, Frankreich und Spanien, wie er sie in den Jahren 1496 bis 1499 vollendet, beschrieben und durch Zeichnungen erläutert hat. Köln 1860.

[FONT=&quot]
Nicht uninteressant ist auch K
[/FONT][FONT=&quot]luckert, Ehrenfried: Georg von Ehingen. Höfling – Ritter – Landvogt. Tübingen 1986.[/FONT] In diesem Buch ist die ins nhd übertragene Autobiographie Georg von Ehingens veröffentlicht, der auf Rhodos gegen die Türken gekämpft hat und in Marokko für die Portugiesen. Auch hier sind wenn ich mich recht erinnere Angaben über Reisezeiten gemacht.
 
stimmt genau, allerdings ist Konstantin VII. schon ein gutes Stück früher als die Komnenen. Bei einem Blick in den OPAC der BSB finde ich von seiner Arbeit über die Zeremonien leider nur eine Ausgabe des 18. Jahrhunderts, aber das war jetzt nur eine Blitzrecherche. Hinzuweisen ist noch auf die Reihe "Byzantinische Geschichtsschreiber".
Quijote: ebenfalls in diese Richtung und sehr unterhaltsam ist der Reisebericht des Pfalzgrafen Ottheinrich von seiner Tour ins heilige Land. Das Werk ist tagebuchartig angelegt (inklusive Einträge, wie in den jeweiligen Orten die Gasthäuser beschaffen waren...). Ob er aber zu Land reiste oder die Seeroute nahm, ist mir aktuell nicht in Erinnerung, ich glaube mich zu erinnern, daß er den Hinweg über Land zurücklegte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Tannhaeuser schrieb:
ebenfalls in diese Richtung und sehr unterhaltsam ist der Reisebericht des Pfalzgrafen Ottheinrich von seiner Tour ins heilige Land. Das Werk ist tagebuchartig angelegt (inklusive Einträge, wie in den jeweiligen Orten die Gasthäuser beschaffen waren...). Ob er aber zu Land reiste oder die Seeroute nahm, ist mir aktuell nicht in Erinnerung, ich glaube mich zu erinnern, daß er den Hinweg über Land zurücklegte.

Kurz nach seiner Rückkehr nach Deutschland brach Ottheinrich zu einer Reise in den Nahen Osten ins Gelobte Land auf, über die er Tagebuch führte. Am 5. Juni 1521 brach er in Venedig auf und erreichte am 10. Juli 1521 auf dem Seeweg Jaffa. Es folgte ein vierwöchiger Aufenthalt in Palästina. Ottheinrich und sein Gefolge erreichten am 19. Juli 1521 Jerusalem, wo sie dem osmanischen Statthalter huldigten. Es folgten Besuche der heiligen Stätten in Betlehem, am Jordan, am See Genezareth, am Kalvarienberg, am Ölberg und in der Grabeskirche, wo Ottheinrich zum Ritter geschlagen wurde. Am 6. August 1521 traf die Reisegesellschaft wieder in Jaffa ein um die Heimreise anzutreten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Ottheinrich_(Pfalz)
 
Mercy schrieb:
Leicht zugänglich:
Norbert Ohler, Reisen im Mittelalter, Düsseldorf/Zürich 4 2004

Ein Beispiel:

Den 1200 Kilometer Luftlinie zwischen Hildesheim und Rom dürften im Mittelalter mindestens 1500 Wegekilometer entsprochen haben. Dividiert man diese Stecke durch 30 bzw. 50 (Tagesleistungen, niedrigere Annahme, von Fußgänger und Reiter), so kommt man auf 50 bzw. 30 Tage. Nur wenige Fußreisende werden in sieben Wochen 1500 Kilometer hinter sich gebracht haben. Und Bernward von Hildesheim, der sicher gute Pferde zur Verfügung hatte, brauchte etwas über zwei Monate für die Hin- (2.11.1000-4.1.1001, über Trient) und etwas weniger als zwei Monate für die Rückreise (16.2.-10.4.1001, über St. Mauriace d’Agaune im oberen Rhonetal).
Norbert Ohler, S 118

Zu beachten bei den Reisen: die Jahreszeiten.
 
Das Reisethema hat's uns angetan...

El Quijote schrieb:
Timo hat ja jetzt erstmal nur eine Idealreisegeschwindigkeit versucht zu ermitteln: ungefähre Tagesdistanz zu Pferde/ungefähre km. Wobei hier anzu merken ist, dass die 2900 km Straßenkm sind, einschließlich Tunnels und was der moderne Mensch sich alles so enfallen lässt, um Reisewege zu verkürzen. 3000 km halte ich daher noch immer für zu wenig.

Natürlich war es von mir lediglich eine ideale Abschätzung - sowohl mit der Betonung auf "ideal" wie auch "Schätzung".
Ebenso hatte ich natürlich auch für diese Idealabschätzung die Unwegbarkeit bzgl. Wetter und/oder Jahreszeiten längst nicht berücksichtigt.
Aber noch eine Anmerkung dazu: ich habe mir die berechnete Route auch auf der Karte angesehen, und es sind wirklich nur wenig nennenswerte Abkürzungen drin. Die Route von 2900 km ging bspw. nicht durch die Alpen, sondern in weitem Bogen daran vorbei...
Die Luftlinie Rouen-Konstantinopel ist übrigens 2365 km :fs:
 
Nachtrag zum Hofzeremoniell - wie bereits bemerkt, habe ich am Wochenende nachgeschaut...

Tannhaeuser schrieb:
Was Liudprand angeht, empfehle ich als erste Wahl den entsprechenden Band der Freiherr vom Stein-Gedächtnisaugabe (in Bibliotheken zu bekommen):
Bauer, Albert / Rau, Reinhold (Hrsg.)
Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit
Widukinds Sachsengeschichte. Adalberts Fortsetzung der Chronik Reginos. Liudprands Werke. Lateinisch und deutsch. Unter Benutzung der Übersetzungen von P. Hirsch, M. Büdinger und W. Wattenbach neu bearb.

Die Beschreibung der Hofzeremonie aus diesem Werk wurde in zusammengeraffter Form verarbeitet und dargelegt in Michel Kaplan "Byzanz. Früher Glanz von Istanbul" aus der Reihe Abenteuer Geschichte in Kapitel 2: "Das Kaisertum: Idee und Macht".
Dieses Buch dürfte etwas leichter und günstiger erhältlich sein als die Freiherr von Stein Gedächtnisausgabe...

Dies an der Stelle noch zur Ergänzung :fs:
 
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