Byzantinische Themenverfassung

Alaricus

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Da ich mich nicht nur für die Ostgermanen interessiere und ich mich bei meiner Suche nach Informationen auch wieder mit Byzanz befasse,bin ich auf etwas für mich faszinierendes gestoßen.Nämlich die byzantinische Themenverfassung,die vor allem unter militärhistorischen Gesichtspunkten interessant sein könnte.Nur wie war sie aufgebaut bzw. unterteilt?Wann wurde sie für Byzanz eingeführt und von welchem Kaiser?Wie lange hatte sie Bestand?

herzlichen Dank im voraus

Alaricus
 
Scheint so als hätte ich ein schwieriges Thema ausgewählt.Soweit es meine Literatur hergibt, wurden die byzantinischen Verwaltungseinheiten -Thema oder Themos genannt- ab etwa AD680 eingeführt und bestanden mindestens bis zur Schlacht von Mantzikert AD1176.Sie waren unterteilt in die sogenannten "Tagmata" -als Regimenter zu verstehen - und waren nach mehr oder weniger militärischen Gesichtspunkten unterteilte Provinzen.Mehr weiss ich auch nicht.

grüsse

Alaricus
 
Was die "Themenverfassung" angeht, bin ich völlig ahnungslos, deshalb kann(!) meine Antwort unheimlich blöd sein: kann es nicht sein, dass es sich um eine Thermenverfassung handelt?
Wo ich aber eingreifen möchte, die die Datierung von Manzinkert. Diese Schlacht fand nicht 1176 sondern 1071 statt! Die fünf Jahre sind unwesentlich, aber die hundert Jahre weltgeschichtlich signifikant!
 
Wann wurde sie für Byzanz eingeführt und von welchem Kaiser?

Als Zeitpunkt für das Entstehen der Themenverfassung muß man die zweite Hälfte des 7 Jahrhunderts annehmen. Der für diese Ordnung entscheidende Kaiser war Heraklios. Ab dem Jahr 730 hatten alle Gebiete des Reiches geographisch klar zugeordnete Themen, ab ungefähr 800 gab man die noch paralell weiter bestehenden früheren Provinzen stück für stück auf.

Die Themen wurden am Ende der Regierungszeit von Heraklios eingeführt und waren eine Reaktion auf den extremen militärischen Druck unter dem die Oströmer standen. Vorläufer der Themen gab es aber schon unter Mauricius im 6 Jahrhundert, nur waren solche Gebietseinheiten zu dieser Zeit noch auf bestimmte begrenzte Gebiete im Osten des Reiches direkt an der Grenze beschränkt.

Die Themen sind also nicht mit einem Schlag eingeführt worden, sondern entwickelten sich über einen längeren Zeitraum hin zu dem was dann darunter verstanden wird. Ihre „endgültige“ Form nahmen die Themen dann zur Zeit der ersten großen Islamischen Angriffe an.

Die erste Theme die wir als solche mit Namen kennen wurde aber unter Heraklios geschaffen, die Bezeichung der Theme lautete Opsikion und sie lag an der Ostfront. Die nächste Theme wurde kurz darauf geschaffen und hieß Anatolikon und lag in Ostanatolien. Es folgte dann die Theme Armeniakon im Nordosten usw

Die Einheiten der ersten Theme Opsikion fungierten im weiteren für eine lange Zeit als eine Eliteeinheit der Byzantinischen Armee und wurden auch in anderen Themen eingesetzt, erst nach einer Rebellion dieser Theme im 8 Jahrhundert wurde Opsikion ebenfalls zu einer normalen Theme degradiert.

Nur wie war sie aufgebaut bzw. unterteilt?

Schon der Vorgänger von Heraklios verschafften in den Exarchaten den Militärbefehlshabern unbegrenzte Befugnisse und unterstellte auch die Zivilverwaltung dem Militär. Dies griff die Themenverwaltung auf so dass man hier von einer dezentralisierten Militärverwaltung sprechen muss. Themen wurden dann im weiteren in kleinere Gebietseinheiten unterteilt die Kleisourai hießen und in einigen Fällen wiederum völlig autark für sich allein funktionieren sollten. In der Theme hatte der Militärische Oberbefehlshaber der Theme die absolute Gewalt über alles. Die Zivilverwaltung war ihm völlig unterstellt. Er hatte sehr große Freiheiten gebenüber der Reichsverwaltung und konnte und sollte militärisch autark operieren.

Diese Freiheit in der Verteidigung der Theme führte dazu, dass die Militärstrukturen der Themen nicht überall gleich waren sondern sich zum Teil erhebliche Unterschied entwickelten. Die Grundidee war, Bewaffneten Kämpfern der Themenarmee Land zu geben und sie von sonstigen Steuern und Abgaben weitgehend zu befreien. Der Kern der Themenarmee waren also Wehrbauern und Milizen. Es gab aber auch immer wieder Fälle wo stehende Einheiten und Berufssoldaten geschaffen wurden oder wo zumindest Teile der Wehrbauern die man Stratioten nannte permanent in Befestigungsanlagen bereit zu stehen hatten. Stratioten (Wehrbauern der Themen) waren Wehrpflichtig vom 18 Lebensjahr an, wobei es nach oben keine Grenze gab auch wenn in manchen Themen über 40 jährige nur als Festungstruppen dienten. Interessant ist noch, dass es in den Themen kein Offizierkorps gab,

Wie lange hatte sie Bestand?

Ebenso wie die Themen nicht auf einen Schlag durch eine Entscheidung entstanden, verschwanden sie auch nicht ab einem bestimmten Zeitpunkt. Die Auflösung der Themenordnung dauerte etliche Zeit. Die Themen wurden mehr und mehr durch eine Feudale Ordnung ersetzt, insbesondere in Kleinasien bildete sich ein Landadel und das Reich feudalisierte sich zunehmend. Diese Entwicklung begann schon ab ungefähr 1000 und ab diesem Zeitpunkt begannen die Themen in ihrer Bedeutung zu verfallen, schon vor 1071 spielten die Themenstreitkräfte nur noch eine untergeordnete Rolle als Milizen auch wenn die geographische Einteilung für die Frage der Verwaltung noch längere Zeit beibehalten wurde. Die Feudalisierung wurde vor allem durch die Überbeanspruchung der Stratioten in den Offensiven des 10 Jahrhunderts hervor gerufen, in dieser Zeit gelang es einigen Grundbesitzern übermäßigen Reichtum anzuhäufen und eine Art von Landadel zu bilden, während immer mehr Wehrbauern ihr Land aus wirschaftlichen Gründen aufgeben mussten und sich dem Landadel unterstellten. Dieser stellte wiederum im Kaiserlichen Auftrag gut ausgerüstete Berufssoldaten die zusammen mit den Provinztagmata dann die Offensive der Oströmer gegen den Islam weiter voran trieben. Verstärkt wurde all das eben auch durch den Wechsel von der sehr defensiven Kriegsführung hin zur offensiven Kriegsführung ab Romanos am Anfang des 10 Jahrhunderts für die die Themenordnung nicht mehr so geeignet war.

Sie waren unterteilt in die sogenannten "Tagmata" -als Regimenter zu verstehen

Das ist leider nicht richtig. Die Tagmata waren eben die Zentralarmee der Hauptstadt und gerade eben nicht die Truppen der Themen.

Die Oströmische Armee setzte sich zusammen aus den Themenstreitkräften und den davon getrennten Tagmata (der Zentralarmee).

Die Tagmata entstanden aus den Gardeeinheiten (Scholae) des Kaisers in der Hauptstadt und Eliteeinheiten der Armee die bei der Hauptstadt stationiert wurden. Einige dieser Eliteeinheiten entwickelten sich ebenfalls aus Leibwachen oder kleinen Sonderverbänden (wie die Spatharii), andere entwickelten sich aus Einheiten die von bestimmten Themen für die Hauptstadt abgestellt worden waren (wie die Vigla aus der Theme Thrakasion)

Auch hier gibt es keine klare Trennung, so gab es schon Tagmata Einheiten während manche der hier genannten Einheiten noch davon gesondert als Garde eingesetzt wurden. Erst mit der Zeit wurden dann diese Einheiten ebenfalls Teil der Tagmata.

Jede Tagma bestand aus 300 Mann und 10 Tagma bildeten ein Regiment mit dem Namen Meros. Die Tagma wurde eben nicht als Regiment verstanden, sondern die viel größeren Meros einheiten. Es wurden oft 2 oder 3 Tagma zu einem kleineren Regiement zusammen gefasst, dass dann Morea hieß.

Nikephoros der I unterteilte dann die Tagmata in Imperiale Tagmata und Provinztagmata. Die Imperialen Einheiten blieben weiter bei der Hauptstadt stationiert, die Provinztagmata wurden in die Themen verlegt, unterstanden dort aber nicht unbedingt dem Befehl des Themenkommandeurs sondern blieben unter Zentralem Befehl. Dies war eine Maßnahme gegen die zunehmenden Rebellionen und Eigenständigkeiten der Themen. Später wurden dann auch Föderaten in den Themen als Provinztagmata angesiedelt, mit der Zeit und als die Oströmer im Osten wieder in die Offensive gingen, bildeten diese Einheiten zunehmend die Armee auch der Themen, während die eigentlichen Thementruppen verfielen, bis auf den neu entstandenen Landadel der oft auch aus diesen Thementruppen hervorgegangen war. Es entstand dadurch wie schon erwähnt in vielen Themen eine Feudalisierung.

Eine von all dem noch abweichende Gruppe sind die Mardaiten. Die Mardaiten stammten aus dem Libanon und waren schon vor der Islamischen Eroberung in ständigem Wiederstand gegen die Zentralregierung. Als die Muslime ihre Gebiete eroberten, wandten sich die Mardaiten dann im Guerillakrieg gegen die Islamischen Truppen in ihrer Gegend. Sie waren dabei sehr erfolgreich und die Muslime mussten immer größere Truppeneinheiten gegen sie einsetzen.

Später siedelten die oströmischen Kaiser nach einem Vertrag mit den Muslimen die Mardaiten auf dem Peleponnes und in anderen Regionen des Reiches an wo sie sich weiter im Kampf gegen die Muslime hervor taten.

Desweiteren gab es im Byzantinischen Reich auch noch Stadtmilizen. Die größeren Städte unterhielten in den Themen eigene Milizen die aus der Bürgerschaft gebildet wurden. Dazu wurde die Bürgerschaft in Gruppen oder Stadtviertel eingeteilt und jedes dieser Stadtviertel musste dann eine bestimmte Truppe stellen. Auch Konstantinopel hatte eine solche Miliz deren zwei relativ große Regimenter aber in diesem speziellen Fall von den beiden Zirkusparteien der Blauen und der Grünen gebildet wurden. Diese beiden Parteien waren unabhängig für die Verteidigung von bestimmten Wallabschnitten und Toren der Befestigungsanlagen der Hauptstadt zuständig.
 
Ich danke euch für die guten und informativen Antworten.Ich habe mir mittlerweile noch etwas Literatur -vor allem von Osprey- besorgt,um meine Wissenslücken zu füllen.Allein der signifikante Irrtum bezüglich des Datums der Schlacht von Manzinkert AD 1071 -und nicht AD1176- ist sehr peinlich für mich,da ich doch den Norwich"Byzanz" doppelt habe-als Hardcover und TB-und vorher nicht mehr nachgeschaut habe.

Danke nochmals

Alaricus :fs:
 
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