Byzantinischer (Titular-)Kaiser nach 1453?

Konradin

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Hallo,

weiß jemand zufällig, wer nach dem Tod des letzten byzantinischen Kaisers Konstantins XII. (1448-1453) (ost-)römischer (Titular-)Kaiser wurde?

Normalerweise müßte der Titel an einen jüngeren Bruder Konstantins XII. gefallen sein, demnach entweder an Demetrios (+ 1470) oder an Thomas (+ 1465).

Falls einer von diesen den Titel Römischer Kaiser 1453 annahm, wie lange bestand die (direkte männliche) Linie des Hauses Palaiologos noch fort bzw. wie lange wurde der (ost-)römische (Titular-)Kaisertitel noch getragen?
 
Konstantin XI. war der letzte byzant. Kaiser. Es gab danach auch keinen Titularkaiser mehr. Nur noch das Kaiserreich Trapezunt, welches jedoch keine staatsrechtliche Verbindung zu Byzanz mehr hatte (Aufgabe der Thronansprüche 1281/82). Staatsrechtlich erlosch das Kaisertum und auch das Reich, anders als 1204, wo es ja noch einen Restaat gegeben hatte.

Demetrios wehrte sich noch, doch 1460 wurde Morea beseitigt, 1461 Trapezunt.

Zitat aus dem lexMA (Artikel Palaiologen):
"Durch die Heirat seiner Nichte Zoe (Sophia) mit Gfs. Ivan Vasil'evic III. v. Moskau (1472) wurde die Idee des byz. Ksm.s mit der des russ. Zarentums verbunden. In weibl. Linie sind die P. mit verschiedenen Familien S- und SO-Europas verbunden, wodurch legendär begründete Ansprüche auf den byz. Ks.thron entstanden."

Aber eben nicht von "byzantinischer" Seite...dazu gab es keine Grundlage mehr.
 
Benowar schrieb:
Konstantin XI. war der letzte byzant. Kaiser. Es gab danach auch keinen Titularkaiser mehr. Nur noch das Kaiserreich Trapezunt, welches jedoch keine staatsrechtliche Verbindung zu Byzanz mehr hatte (Aufgabe der Thronansprüche 1281/82). Staatsrechtlich erlosch das Kaisertum und auch das Reich, anders als 1204, wo es ja noch einen Restaat gegeben hatte.

Demetrios wehrte sich noch, doch 1460 wurde Morea beseitigt, 1461 Trapezunt.

Zitat aus dem lexMA (Artikel Palaiologen):
"Durch die Heirat seiner Nichte Zoe (Sophia) mit Gfs. Ivan Vasil'evic III. v. Moskau (1472) wurde die Idee des byz. Ksm.s mit der des russ. Zarentums verbunden. In weibl. Linie sind die P. mit verschiedenen Familien S- und SO-Europas verbunden, wodurch legendär begründete Ansprüche auf den byz. Ks.thron entstanden."

Aber eben nicht von "byzantinischer" Seite...dazu gab es keine Grundlage mehr.

Danke für die rasche Hilfe! :thx:
 
Bei Lilie, Ostrogorsky, Treadgold etc. wird kein Titularkaiser mehr geführt. Wäre mir auch neu. Den Inhalt der Website kann ich nicht verifizieren.

Aus dem LexMA (LexMA VIII, Sp. 701): "Thomas...kam 1417/18 nach Mistra, wo er seit 1428 gemeinsam mit seinen Brüdern Theodor II., Konstantin (XI., byz. Ks. 1449-53) und (ab 1449) Demetrios (1. D.) als Despotes regiert...."
 
Ich würde Büchern eher vertrauen als Internetseiten, aber ich denke nicht, dass es sich die typen von der Seite es sich einfach aus dem A***h gezogen haben. Vielleicht liegt da ja auch ein Irrtum vor.
 
Auch sonst im Internet habe ich nicht Thomas als Titularkaiser gefunden. Wahrscheinlich haben die sich einfach geirrt und seinen Despotentitel falsch interpretiert.

Wie gesagt: in den Standardwerken steht davon nix...und in den 5 Jahren, in denen ich mich mit Byzanz beschäftige, wäre mir das auch völlig neu.

Gruss Benowar
 
Irgendwo hab ich mal gelesen dass die letzten Paläologen nach Italien gezogen sind und dort in ziemlicher Armut gelebt haben. Eine Paläologenprinzessin hatte das Glück nach Russland zu heiraten und wurde die Mutter Iwans des Schrecklichen. Ihr Bruder hingegen blieb in Italien und verkaufte seinen Thronanspruch an einen Herrscher, ich glaube den König von Frankreich.
Ich werde mal suchen gehen ob ich die betreffende Stelle finde, kann aber etwas dauern.
 
Die Prinzessin war die oben angesprochene Zoe.

Die Palaiologen gingen teilweise wirklich in den Westen (Thomas z.B. nach Rom, wo er auch starb). Aber das hat nix damit zu tun, dass das Kaisertum staatsrechtlich 1453 erloschen war...und es gab auch keine weiteren Titularanwärter im engeren Sinne (der Anspruch der russischen Zaren war ja ideell, nicht juristisch begründet).
 
Auf alle Fälle nahmen die russischen Zaren dieses Erbe ziemlich ernst. Soweit ich weiß, war noch der letzte Zar Nikolai II., der offizielle Schutzpatron über die Christen im osmanischen Machtbereich.
 
prinzessin zoe war nicht die mutter sondern dei grossmutter iwan des schrecklichen ,nur mal so nebnbei................
 
Konradin schrieb:
Hallo,

weiß jemand zufällig, wer nach dem Tod des letzten byzantinischen Kaisers Konstantins XII. (1448-1453) (ost-)römischer (Titular-)Kaiser wurde?

Normalerweise müßte der Titel an einen jüngeren Bruder Konstantins XII. gefallen sein, demnach entweder an Demetrios (+ 1470) oder an Thomas (+ 1465).

Falls einer von diesen den Titel Römischer Kaiser 1453 annahm, wie lange bestand die (direkte männliche) Linie des Hauses Palaiologos noch fort bzw. wie lange wurde der (ost-)römische (Titular-)Kaisertitel noch getragen?
es gab nach dem tod konstantins keine titular-kaiser. demetrios selbst besaß, wie sein bruder konstanin zuvor nur den despotentitel von morea.

durch die heirat mit frauen aus dem hause der palaiologen, oder der letzten lateinischen kaiser, beanspruchten verschiedene herrscherhäuser europas den kaisertitel für sich, denn sie auch als offiziellen titel benutzten, wie zum bsp. die habsburger oder auch die osmanischen sultane. das bekanntete beispiel dabei, wird wohl zar ivan sein.

die palaiologen existierten auch nach den fall konstantinopels und der eroberung von morea (peloponnes) weiter. z.b. gab es ein kleines fürstentum in italien das von einer seitenlinie der palaiologen regiert wurde, da eine die ehefrau eines kaisers das fürstentum als mitgift mitbrachte, diese seitenlinie starb aber auch im 16jhd. aus. es gab auch andere seiten linien die von der geschichte vergessen und ohne weltliche macht weiterexistierten.
es soll noch nachfahren in frankreich geben, nachfahren einer unehelichen bindung.
 
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Sehr informativ, historisch fundiert und (trotzdem) gut zu lesen ist dazu auch: Steven Runciman, Die Eroberung von Konstantinopel 1453

Zum Thema schreibt er (u.a.): "Thomas' älterer Sohn Andreas zog es vor, in Italien zu bleiben, wo er von einer kümmerlichen Pension von fünfzig Dukaten im Monat lebte. Er wurde als Erbe des Kaiserthrons behandelt und pflegte sich mit "Deo gratia fidelis Imperator Constantinopolitanus" zu unterschreiben. Doch sein Betragen war schwerlich kaiserlich. Im Jahr 1480 heiratete er ein römisches Straßenmädchen namens Catarina und geriet in schwere Verschuldung. ... Schließlich fand er einen Freund in Karl VIII. von Frankreich, den er 1491 besuchte und der einen Teil seiner Schulden bezahlte. Am 16.September 1494 unterzeichnete er einen Vertrag mit Karl, in dem er ihm großzügig alle seine Rechte auf die Throne von Konstantinopel, Trapezunt und Serbien abtrat und nur das Despotat Morea für sich behielt. ... Anfang 1502 unterzeichnete er (Andreas) eine neue Urkunde, in der er alle seine Rechte auf die spanischen Herrscher Ferdinand und Isabella übertrug; aber er erhielt von ihnen kein Geld. Als er im Juni jenes Jahres starb, war seine Witwe genötigt, zur Begleichung seiner Begräbniskosten vom Papst die Summe von 104 Dukaten zu erbetteln. Er (Andreas) hinterließ einen Sohn namens Konstantin, einen schmucken, aber kraftlosen Jüngling, der eine Zeitlang die päpstliche Leibgarde befehligte. Wann Konstantin starb, ist unbekannt.
Mit Thomas zwei Enkeln, Mehmed Pascha in Konstatinopel und dem unbedeutenden Konstantin in Rom, erlosch das Kaiserhaus der Paläologen."
Das von A.D.M. angeführte "kleine Fürstentum" in Italien ist die Markgrafschaft Montferrat (zwischen Piemont und Mailand gelegen). Die dortige Linie der Paläologen starb in männlicher Linie 1536 aus. Eine illegitime Linie der italienischen Paläologen ist noch bis ins 17.Jahrhundert nachweisbar.
Meines Wissens nach handelt es sich bei den "Nachfahren in Frankreich" nicht um Paläologen, sondern um Nachkommen der Lascaris.
 
Ich lese gerade die Geschichte des Malteserordens (http://www.orderofmalta.org/pdf/History.pdf)

Über die Belagerung von Rhodos 1480:
"Through the breaches in the wall, the commander of the infantry, the renegade Misac Paleologus Pasha made use of his best troops: 2500 Janissaries and thousands of other soldiers surrounded the Tower of Italy and planted the banners of the prophet on the ramparts. All seemed lost but the Knights reacted immediately. Led by the Grand Master and fighting man to man they faced the enemy who, in the end, were compelled to retreat. In spite of his serious iniuries Fra' Pierre d'Aubusson went on exhorting his men to repel the adversaries who charged again and again. It was a bloody day whose result, together with the news of the imminent arrival of reinforcements, convinced Misac Paleologus to give up his military action. The Muslim arrogance had been shattered by the little island and Europe could look on the "Sacra Milizia" with renewed hope as the only bastion against Islam."





War dieser Misac Paleologus, der Anführer der osmanischen Truppen, ein Angehöriger des letzten byzantinischen Kaiserhauses, der nun für die Osmanen kämpfte?
Das er Renegat ist besagt immerhin schonmal, dass er ein zum Islam übergetretener (Grieche) war.
 
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Andronikos schrieb:
War dieser Misac Paleologus, der Anführer der osmanischen Truppen, ein Angehöriger des letzten byzantinischen Kaiserhauses, der nun für die Osmanen kämpfte?
Das er Renegat ist besagt immerhin schonmal, dass er ein zum Islam übergetretener (Grieche) war.
Ja, das dürfte Andreas Paläologus gewesen sein. Er war ein Großneffe der beiden letzten Kaiser von Byzanz, Johannes VIII. und Konstantin XI.
Genealogie der Paläologen
 
So, ich hätte ja eher an einen Michael gedacht (Misac). :grübel:

Aber ich finde die Tatsache, dass ein Paleiologe General der Osmanen wird, sehr bemerkenswert.
 
Dem Link ist auch zu entnehmen, das Eugenios II. Lascaris-Komnenos sich 1923 zum Titularkaiser von Konstantinopel machen ließ und 1935 zum König der Hellenen ausgerufen wurde.
Außerdem nennen sich die Mitglieder der Familie Lascaris-Komnenos noch heute HIS IMPERIAL AND ROYAL HIGHNESS .
 
Andronikos schrieb:
Die Lascaris existieren auch noch heute und sind offenkundig stolz auf ihre Herkunft von den Byzantinischen Kaisern:
http://www.new-byzantium.org/houseof.html

Was ich bis jetzt auch nicht wusste ist, dass ein Lascari Großmeister der Malteserritter war.

Der hier erwaehnte Lascaris ist, wie nicht anders zu erwarten, ein Hochstapler.
Prinz ” Eugene Lascaris Comnenus Paleologus, Herzog von Athen", ist ein Spanier, ehemaliger Rechtsanwalt, der seinen urspruenglich baskischen Namen "Lascorz" in Lascaris umwandelte, und einen fantasievollen Stammbaum fabrizierte. Hauptzweck dieses Unternehmens ist, selbst erfundene Orden und Titel an die Leichtglaeubigen und Reichen zu verkaufen.

Ausfuehrliche Information, leider nur in Englisch:
http://www.chivalricorders.org/royalty/fantasy/lascaris.htm

Der eigentliche Titular Byzantinische Kaiser ist niemand anderes als Otto von Habsburg, dessen Familie den Title von den Palaeologoi in Montferrat beerbte.
Siehe auch hier, leider wieder nur in Englisch
http://www.hostkingdom.net/pretends.html
 
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