China: Denkschulen und Religion

Louis le Grand

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Die chinesische Kultur ist von vielen Denkrichtungen geprägt, welche sich gegenseitig beeinflusst haben. Diese haben meist eindeutig religiösen Charakter, weshalb es von großen Unverständnis der fernöstlichen Kultur zeugt, wenn man wie so oft behauptet, dass die Chinesen alle Atheisten wären. Die Realität sieht deutlich anders aus. Deshalb beschreibe ich einfach mal jede kurz. Natürlich fange ich mit der wichtigsten Denkschule an, dem:


Konfuzianismus

Staats- und Gesellschaftslehre, die zurückgeht auf den Philosophen Kong Qiu (auch Kongzi oder Kongfuzi bzw. latinisiert Konfuzius) und die mit anderen, ihr zum Teil widersprechenden Denkschulen verschmolzen ist.

Angesichts des politischen sozialen Chaos seiner Zeit entwickelte der Philosoph Kong Qiu (551-479 v. Chr.) ein Modell für ein geordnetes und respektvolles Zusammenleben der Menschen und insbesondere für eine moralisch unanfechtbare und fürsorgliche Herrschaft. Seine Lehre gewann solchen Einfluss, dass der auf seinen Gedanken fußende „Konfuzianismus“ dreieinhalb Jahrhunderte später während der Han-Dynastie als Prinzip allen staatlichen Handelns sanktioniert wurde und China bis in die Gegenwart geprägt hat. Vielleicht weil auch er, wie es seine Landsleute zu allen Zeiten taten, die Vergangenheit für vorbildlicher ansah als die Gegenwart, lehrte „Meister Kong“, dass seine Ideen auf Schriften aus der Zeit der Westlichen Zhou-Dynastie (1122-771 v. Chr.) beruhten. Damals , 500 Jahre zuvor, sei es nicht so sehr auf den Einzelnen angekommen, sondern auf die Pflege der Tugend und der Kultur zum Wohle der Allgemeinheit. Allein das Verdienst um den Staat und nicht etwa die Abstammung habe den Anspruch auf Herrschaft begründet.

Basis der Tugend und jeglicher menschlicher Beziehung ist für Konfuzius die Ehrfurcht der Kinder gegenüber den Eltern. Dafür, dass der Vater ihm Liebe und aufopferungsvolle Pflege angedeihen lässt, ist der Sohn zu dankbarer Ergebenheit verpflichtet. Und er hat diese Pietät gegenüber dem Vater über dessen Tod hinaus zu beachten. Analog dazu ist auch das Verhältnis zwischen Ehemann und Ehefrau, älterem und jüngerem Bruder zu sehen – sowie zwischen Fürst und Untergebenen: als Einordnung in eine gegebene Hierarchie. Von gleich zu gleich begegnen sich lediglich Freunde. Wirkliche Mitmenschlichkeit (ren), die summe aller Tugenden, zeigt allein, wer innerhalb der Ordnung loyal, rechtschaffen und ehrlich handelt. Und das kann nur, wer hinreichend li studiert und praktiziert. Wer li – den Riten, der Etikette, dem Sittlichen – entsprechend lebt und den Ahnen opfert, verändert sich, lehrt der Konfuzianismus, allein dadurch zum Guten. Und löst so einen Dominoeffekt aus, der auf seine Mitmenschen und schließlich auf den gesamten Kosmos wirkt.

Das Studium ist somit Vorrausetzung für das Verständnis der Ordnung des Himmels und der Menschen. Doch Konfuzius sagt auch: „Lernen ohne zu denken, ist sinnlos; denken ohne zu lernen, ist gefährlich.“ Enthalten sind die Grundzüge dieser sozialethischen Gedankenwelt in den „Fünf Klassikern“ – seit Jahrhunderten tradierte Texte, die der Meister angeblich selber überarbeitet hat, die aber erst viel später vollendet worden sind. Im „Buch der Urkunden“ finden sich beispielhafte Regierungskonzepte, im „Buch der Lieder“ moralische Maximen und im „Buch der Riten“ Anweisungen für angemessenes soziales Handeln. Das „Buch der Wandlungen“ beschreibt die wechselseitige Verbindung zwischen Mensch und Kosmos, und die „Frühlings- und Herbstannalen“ enthalten eine alte Chronik des vorbildlichen Staates Lu, die von Konfuzius kommentiert worden sein soll. Eigentlich sind es „Sechs Klassiker“, doch das „Buch der Musik“ ist leider verschollen. Die „Fünf Klassiker“ sind der Kern des „Konfuzianischen Kanons“, der im Laufe der Jahrhunderte durch weitere Schriften ergänzt wurde (Neokonfuzianismus). Von der Han-Dynastie (206 v. – 220 n. Chr.) bis zum Jahr 1905 war dieser Kanon Grundlage der Beamtenausbildung in China. Es entstand eine rigoros herausgeprüfte Beamtenelite, die sich als Träger der Orthodoxie heraushob aus den vier traditionellen Ständen der konfuzianischen Gesellschaftsordnung: 2. der Literaten (der gelehrten Gentry oder Oberschicht ohne Regierungsamt), 3. den Bauern, 4. den Handwerkern, 5. den Händlern.

Schon bevor die Lehre des „Meisters Kong“ zur Staatsdoktrin aufstieg, hatte sie Elemente anderer Denkrichtungen – so auch solche des Legalismus – und die Ideen des Dong Zhongshu (ca. 179 – 104 v. Chr.) integriert. Dong verband die konfuzianische Staats- und Sozialethik mit kosmologischen Spekulationen: Natur und Geschichte sind danach eng miteinander verflochten, und der Mensch – besonders der Mensch im Zentrum: der Kaiser – ist für den geordneten Verlauf der Geschehnisse in Natur Gesellschaft verantwortlich. Es entstand ein System der Abhängigkeit zwischen Kosmos und Menschenwelt, in dem Naturkatastrophen als Strafe des Himmels für unmoralisches Handeln galten und ungewöhnliche Geschehnisse im natürlichen Weltlauf auf bevorstehende Ereignisse in Staat und Gesellschaft schließen ließen. Im Laufe der Zeit haben auf den Konfuzianismus nicht zuletzt auch der Daoismus und der Buddhismus eingewirkt, deren mystische Elemente die Staatsideologie beeinflussten. Obwohl der Konfuzianismus grundsätzlich als rationalistische Denkschule gelten kann, wies er schon sehr früh auch religiöse Aspekte auf. Sie wurzeln vor allem im traditionellen Ahnenkult, der sich besonders beim Volk mit dem Glauben an die Götter und Geister des vorkonfuzianischen Pantheons vereinte – und der dazu führte, dass bald auch dem verewigten „Meister Kong“ im Tempel geopfert wurde. Im 19. Jahrhundert erhoben die Qing-Kaiser Konfuzius sogar zum Gott, in der Hoffnung dies würde ihre Dynastie retten.

Es folgen noch:
Mohismus
Lehre des Mengzi
Legalismus
Daoismus
Buddhismus
Neokonfuzianismus
Volksreligion
Und zum Schluss die Quellen
 
Zuletzt bearbeitet:
Mohismus

Philosophische Schule, die sich scharf gegen die Konfuzianer und die von diesen idealisierte hierarchische Ordung wendet und die Gleichheit der Menschen im Sinne einer „allumfassenden Liebe“ (jian ai) lehrt.

Die Stellung des Einzelnen in der Gesellschaft soll, forderte Mo Di (gestorben 381 v. Chr.), der Begründer des nach ihm benannten Mohismus, nicht von dessen Geburt, sondern allein von dessen Tüchtigkeit und von dessen Nutzen für die Gesellschaft abhängen. Kriege und Opferriten seien unnütz, weil sie immense mittel verschlängen, die man sinnvoller einsetzen sollte. Riten seien ohnehin schädlich, weil sie überflüssige Hierarchien festigten. Der predigthafte Aufbau der mohistischen Lehrtexte, die mögliche Kritik schon im Keim zu ersticken suchten, hatte starken Einfluss auf die chinesische Rhetorik und Logik, stieß indes ebenso auf das Misstrauen der Konfuzianer wie Mo Dis utilitaristische Vorstellungen. Denn für die Staatsideologie hatten „geschickte Worte“ den Anstrich von Unredlichkeit und verbirgt sich hinter der angeblichen Nützlichkeit Eigennutz. In der späteren chin. Sozialphilosophie spielte der Mohismus keine eigenständige Rolle. Erst gegen Ende des Kaiserreiches besann man sich seiner – wegen auffälliger Parallelen zu westlicher Logik und westlichen Gleichheitsidealen.
 
Lehre des Mengzi

Mystisch orientierte Denkrichtung, die schon in der Frühzeit des Konfuzianismus entstanden, doch erst seit dem 12. Jahrhundert in die Staatsideologie integriert ist.

Mengzi (Meng Ke) oder latinisiert Menzius lebte von 372 bis 289 v. Chr. Der Schüler eines Enkels des Konfuzius verstand sich als Verteidiger der Philosophie des Meisters gegen den Daoismus und den Mohismus, sah die Geschichte als Wechsel von Zeiten der Wirren und der Ordnung und glaubte an die periodische Wiederkehr eines Welterlösers. Er lehrte, dass der Mensch sich beim Beschreiten des rechten, des königlichen Weges am Heiligen zu orientieren habe, namentlich an Konfuzius. Für Mengzi waren alle Menschen von Natur aus gut. Durch angemessene Erziehung sei ein jeder sogar so weit zu bilden, dass er Herrscher werden könne. Andererseits sei das Volk berechtigt, einen Fürsten wegen schlechter Amtsführung zu stürzen, weil er dann sein himmliches Mandat verwirkt habe. Das Wort für diesen „Wechsel des Mandats“ (ge ming) ist noch immer gebräuchlich und bedeutet heute Revolution.
 
Legalismus

Philosophisch-politische Lehre, die Han Feizi (gest. 233 v. Chr.) zusammengefasst hat. Ordnung und Wohlfahrt garantiere nur ein starker Staat, der im Gegensatz zum Konfuzianismus nicht auf Moral und Einsicht vertraut, sondern auf die Wirkung drakonischer Gesetze.

Von seinem Lehrer Xun Qing übernahm Han Fei die Ansicht, dass der Mensch von Natur aus schlecht sei. Er teilte aber nicht dessen Optimismus, dass er sich zum Besseren erziehen lasse. Vielmehr könne man ihn nur hindern, schlechte Taten zu begehen – durch ein Strafgesetz, das so unfehlbar und unausweichlich sein müsse wie das Gesetz der Natur. Insoweit nahm Han Fei die Natur zum Vorbild – wie der Daoismus. Dessen Gedankenwelt findet sich auch in der legalistischen Vorstellung, dass angesichts der allgemeinen Angst vor den harten Strafen ein idealer Herrscher schon durch sein bloßes Dasein so regiere, dass Strafen gar nicht angewendet werden müssten.

Die Legalisten engagierten sich auch für Ordnung im Wirtschaftsleben; so ist die Vereinheitlichung von Maßen, Gewichten oder Spurbreiten ihnen zu verdanken. Vom Mohismus übernahmen sie dessen Doktrin der Nützlichkeit, den Utilitarismus. Bauern und Soldaten galten ihnen daher als wichtigere Mitglieder der Gesellschaft als Beamte. Diese seien bloße Vollzugsinstrumente und unter Kontrolle zu halten. Qin Shi Huangdi (221 – 210 v. Chr.), der autokratische Erste Kaiser, war der berühmteste Anhänger des Legalismus. Han Fei allerdings, der nicht nur Philosoph, sondern auch Prinz des Staates Han war, verlor im legalistischen Reich Qin sein Leben. Die auf die Qin- folgende Han-Dynastie setzte sich von der verhassten Qin-Herrschaft ab, und die Legalisten gerieten in Verruf. Doch nachdem die Konfuzianer ihre Stellung im Staate gefestigt hatten, bedienten sie sich fortan unter der Oberfläche ihres ethischen Idealismus ganz selbstverständlich legalistischer Ideen und Praktiken.
 
Daoismus

Neben dem Konfuzianismus bedeutendste Strömung der chinesischen Philosophie. Sie geht im wesentlichen zurück auf Texte, die zwei legendäre Meister verfasst haben sollen: Zhuangzi (um350 v. Chr.) und Laozi, dessen ihm zugeschriebene Lehren frühestens im 4. Jahrhundert v. Chr. zusammengestellt worden sind. Der Daoismus – auch: Taoismus – blieb sowohl als Philosophie wie als eigenständige religiöse Bewegung oder als Bestandteil der Volksreligion in China überaus lebendig.

Im Gegensatz zum Konfuzianismus, der eine hierarchische Ordnung der Welt durch den Menschen vorsieht, gehen Daoisten von der natürlichen Gleichwertigkeit und Einheit aller Dinge aus, zu denen auch die Menschen gehören. Dao, der „Weg“ , der „Pfad“, ist das oberste kosmische Prinzip, das alle Dinge erzeugt und erhält. Alles beginnt mit ihm, und alles kehrt wieder zu ihm zurück im unendlichen Zusammenspiel sich ausgleichender Gegensätze – so von yin, dem Schattigen oder auch Passiv-Weiblichen, und yang, dem Sonnigen oder auch Aktiv-Männlichen. Das Buch Laozi empfiehlt, aus dem Rhythmus der kosmischen Bewegung Kraft zu schöpfen und „nichts zu tun“ (wu wei, handeln durch nicht handeln), was ihr zuwiderläuft. In diesem Sinne solle ein Herrscher allein durch seine natürliche Tugendkraft regieren – so behutsam „wie beim Kochen zarter Fischlein“.

Für „Meister Zhuang“ ist zwar die Unversehrtheit jeglichen Lebens ein hohes Gut – ein höheres als jede gesellschaftliche Stellung -, dennoch hängt der „wahre Mensch“ nicht an seiner individuellen Existenz, sondern erstrebt deren Vergessen, das Einswerden mit der Welt in der meditativen Versenkung. Damit näherte sich Zhuangzi einer Grundidee des in China später aufkommenden Buddhismus. Auch verbinden sich mit dem Daoismus viefältige religiöse Bezüge. Während den Büchern Zhuangzi und Laozi zufolge der Mensch einen friedlichen Tod nach langem Leben anstreben soll, begannen in der Westlichen Han-Zeit Daoisten, nach Wegen in die Unsterblichkeit zu suchen - durch bestimmte Verhaltensweisen, durch Anwendung zu Teil magisch-alchimistischer Mittel. Später kam der Glaube an den Hochgott Huang-Lao-jun auf, zu dem „Meister Lao“ mit dem Gott Huangdi aus dem alten chinesischen Pantheon verschmolzen war. Unter dem Einfluss der Mahayana-Version des Buddhismus trat eine unübersehbare Menge von Göttern hinzu, die sowohl im menschlichen Körper wie im Universum wirkten – mit Ressorts betraut wie in der weltlichen Bürokratie.

Das Volk, überfordert von den komplizierten Erwägungen und Praktiken der daoistischen Gelehrten, neigte zu einfacheren Glaubenskonzepten, die mit anderen religiösen Vorstellungen vermischt wurden. Zahlreiche daoistische Sekten bildeten sich, von denen die der „Himmelsmeister“ die bedeutendste wurde. Diese hierarchisch gegliederte Gemeinschaft, in der sowohl Priesterinnen wie Priester wirkten, lehrte seit Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. zum Beispiel, dass Krankheit durch Sünde entstehe und durch öffentliche Beichte sowie gute Taten wie Straßenbau zu heilen sein. Ihr Kult diente insbesondere der Sammlung himmlischer Heilungskräfte, und lange Zeit empfahl sie auch rituelle Sexualpraktiken zur Steigerung der Lebensenergie. Manche Kaiser begünstigten den Daoismus, holten sich Unsterblichkeitsberater an den Hof oder erließen daoistischen Klöstern die Steuern. Im Jahre 1016 schenkte Song-Kaiser Zhenzong dem „Himmelsmeister“ ein Gebiet am Drachen-und-Tiger-Berg (Longhushan) in der heutigen Provinz Jiangxi, und dort residierte der „Daoisten-Papst“ bis zu seiner Vertreibung durch die Kommunisten im 20. Jahrhundert.
 
Buddhismus

Ethisch-religiöse Weltanschauung, deren „Mahayana“-Version seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. mit Mönchen aus Indien nach China gelangte. Sie war bis zum Ende des Kaiserreichs populär, wenn auch hauptsächlich Angelegenheit von Mönchen und Nonnen. Bestimmte Schulen des Buddhismus vermengten sich mit traditionellen Kulten, wie andererseits zahlreiche buddhistische Vorstellungen in die Volksreligion eingegangen sind.

Buddhas Lehre vom Karma – dem moralischen Gesetz, nach dem alle Wesen dem unablässigen Zyklus von Geburt, Tod und Wiedergeburt unterworfen sind, bis sie alles Leid überwunden, sich von jeder Schuld und von allen Begierden gelöst haben – wurde in China zunächst als Variante des Daoismus verstanden. Denn Daoisten übten sich wie Buddhisten in der Meditation und verfügten somit über ein Vokabular für transzendente Begriffe. Der Buddhismus hatte es aber auch anfangs schwer in China, weil er aus einem fremden Kulturkreis kam und als Mönchsreligion das Zölibat befürwortete – und damit Nachkommen ausschloss, die das traditionelle Ahnenopfer weiterführen könnten. Doch der Mahayana-Buddhismus glich diesen Nachteil besonders mit seiner Lehre von den Bodhisattvas aus – heiligmäßigen Menschen, die ihren Eingang ins Nirwana zugunsten anderer aufschieben, in diesem Leben gutes tun und im nächsten für gute Wiedergeburten sorgten (und zu göttlichen Erlösern werden können wie Guanyin, die Göttin der Barmherzigkeit). Auch konnte man nun durch Übertragung eigener moralischer Verdienste den verstorbenen Eltern zur besseren Wiedergeburt verhelfen.

Die Zahl der Anhänger wuchs besonders während der Tang-Dynastie (618-907) , die den Buddhismus zunächst großzügig förderte. Die Klöster gelangten durch spenden und Steuerbefreiung zu enormem Reichtum. Das erregte den Unmut der konfuzianischen Beamten, und im Jahr 845 kam es zur größten Buddhistenverfolgung in China – mehr als 40.000 Schreine und 4600 Klöster, über 260.000 Mönche und Nonnen wurden gewaltsam gezwungen ihrem Glauben nicht mehr zu dienen und die Landgüter eingezogen. Es überlebten jedoch manche buddhistische Schulen, insbesondere die vom „Reinen Land“, die eine Wiedergeburt in einer Art Paradies lehrte, der Chan-Buddhismus (japanisch: Zen), der „plötzliche Erleuchtung“ durch Schocktaktiken wie Stockschlägen und durch Meditation anstrebte und die Allgegenwärtigkeit der „Buddha-Natur“ lehrte, oder der aus Tibet stammende Lamaismus. Einige dieser Schulen gewannen in den folgenden Jahrhunderten mitunter wieder kurzfristig Einfluss im Staat, führten andererseits aber auch wie etwa die Sekte der „Roten Turbane“ im 14. Jahrhundert Revolten an. Beim Volk blieben die zahlreichen Klöster und Kultstätten der buddhistischen Schulen bis in die Gegenwart geachtet und beliebt.
 
Neokonfuzianismus

Revision des orthodoxen Konfuzianismus im 11. und 12. Jahrhundert, die als Wiederbelebung alter mythischer Traditionen gekennzeichnet wird – als Antwort auf metaphysische Lehren des Daoismus und des Buddhismus.

In der Song-Zeit (960-1279) begannen sich manche Philosophen kritischer auseinander zusetzen mit dem Daoismus und Buddhismus. Sie lehnten die buddhistische Absage an die materielle Welt ab und konzentrierten sich darauf, Staat und Gesellschaft im Sinne des Konfuzianismus zu verbessern. Zhu Xi (1130-1200), der bedeutendste Neokonfuzianer, stellte die „Vier Bücher“ zusammen – eine Art Grundkurs der neokonfuzianischen Lehre. Sie enthalten die Werke des Mengzi, die „Gespräche“ (von Konfuzius-Schülern mit dem Meister) und zwei aus dem „Buch der Riten“ ausgewählte Texte. Mit den „Fünf Klassikern“ und einigen weiteren Schriften bildeten sie den neuen Konfuzianischen Kanon und waren künftig Prüfungsstoff bei den Beamtenexamina. Zhu lehrte auch, dass alle Dinge, also auch der Mensch, aus einem „ordnenden Prinzip“ (li) und der Lebensenergie (qi) bestünden. Das verdichtete qi bestimmte die äußere li (das nicht mit dem Begriff li = Sitte, Ritual verwechselt werden darf) den Charakter (die Natur, das Wesen) der Sache, der Ereignisse oder der Person festlegte. Auf Menschen übertragen heißt das: Qi gestaltet sie und li macht ihre wahre Natur aus. In die Spekulation über die Bedeutung dieser Prinzipien verlor sich die konfuzianische Philosophie mehr und mehr.
 
Volksreligion

Zusammensetzung aus Animismus, Schamanismus und teilweise uraltem Götterglauben, aber vor allem aus Elementen des Daoismus und des Buddhismus. Die konfuzianische Elite duldete die Volksreligion, verachtete sie aber in aller Regel.

Die meisten Chinesen sahen sich nicht als Daoisten, Buddhisten oder Konfuzianer – Begriffe, die vorzugsweise Priester, Mönche oder Beamte kennzeichneten -, sondern als Anhänger einer „Religion der Götter“. Diese Religion vereinte konfuzianische Prinzipien (bsp. die kindliche Pietät) mit daoistischen Grundwerten (etwa der guten Vorbereitung auf den Tod nach einem langen Leben) und buddhistischen Idealen (wie der Belohnung guter Taten) und kannte zahllose Götter und vergöttlichte konfuzianische, daoistische oder buddhistische Helden und deren lokale Kulte. Der Volksreligion zufolge werden Sünden gegen die Ordnung des Himmels oder der Menschen durch Krankheiten auf Erden oder Strafen in Bürokratisch geordneten Höllen geahndet. Praktiziert wurde sie nicht nur in Gemeindetempeln, sondern auch daheim, etwa wenn ein Feng-shui-Experte die korrekten Parameter für die Harmonie eines Hauses mit der umgebenden Natur erforschte oder wenn Frauen der „Bettmutter“ opferte, damit es den Kleinkindern gut geht. Volkspriester, „Meister der magischen Künste“, vertrieben Dämonen und feierten mit den gläubigen zahlreiche Feste im Jahreskreislauf. In Tempeln, die oft früher daostisch oder buddhistisch gewesen waren, richteten sie ihre durch Opfer bekräftigten Bittgebete meist an lokale Götter. Über diese stand dem Kaiser eine gewisse Jurisdiktion zu: Hatten etwa Regengötter ihre Pflicht für den Staat versäumt oder andere Gottheiten sich als bestechlich erwiesen, dann konnte der Sohn des Himmels sie degradieren oder sogar ganz absetzen.

Der Untergang des Kaiserreichs traf die traditionellen Religionen und Weltanschauungen unterschiedlich. Zwar schleiften republikanische Neuerer schon bald unzählige Zentren der Volksreligion, respektierten aber Konfuzianismus, Daoismus und Buddhismus. Die Kommunisten indessen unterdrückten trotz verfassungsmäßiger Religionsfreiheit die Ausübung jeglichen „Aberglaubens“ immer energischer, verwandelten Tempel in Lagerhäuser, Gefängnisse oder Kasernen. Auch zerstörte die Industriegesellschaft mit der Auflösung der Großfamilien die Basis der Ahnenverehrung. Nachdem die KP jedoch in jüngerer Zeit den Druck auf die Traditionellen Kulte gelockert hat und Auslandchinesen viel Geld für sie aufbringen, erfährt besonders der Daoismus in China eine gewisse Renaissance. Ausrotten ließ sich die Religion in China nicht, dafür war und ist sie viel zu tief in der Gesellschaft verwurzelt.
 
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