Louis le Grand
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Jürgen schrieb:Konnte eine arabische Dhau vielleicht noch mit den kleineren Schiffstypen mithalten, so gab es für die großen europäischen Segelschiffe keine aussereuropäische Konkurrenz, zumal die Chinesen ihre Hochseeflotte bereits eingestampft hatten.
Die Chinesen hatten Schiffe mit über hundert Metern Länge, mit neun Masten und Schotten gebaut. Aber sie hatten zur fraglichen Zeit den Schiffsbauern unter Androhung der Todesstrafe verboten, Schiffe mit mehr als drei Masten zu bauen. So war ihr Schiffsbautechnisches know-how über den Generationswechsel verloren gegangen.
Louis le Grand schrieb:So ganz stimmt das ja nicht. Zu allererst eingestampft hat keiner was. China baute nur einfach keine neue Hochseeflotte, weil die Konfuzianer am Hof einfach nicht einsahen, warum sie so viel Geld ausgeben sollten für nichts. Denn die Hochseeflotten waren staatlich finanziert, sie brachten aber nichts ein, sondern kosteten nur extrem viel.
Am Anfang des 16. Jahrh. reaktivierte man aber die Handelsflotte wieder, aber bitte nicht mit Staatsgeldern. Der bisher illegal weitergeführte Seehandel wurde wieder erlaubt, musste aber über staatl. überwachte Seehäfen laufen. Man störte sich an den einströmenden Portugiesen und wie diese sich in den ostasiatischen Seehandel einmischten. Lange Rede, kurzer Sinn, es gelang Chinas Händlern um 1530 wieder die Kontrolle über den Seehandel an sich zu reissen. Man baute also munter wieder große Handelsdschunken. Gleichzeitig wurde die chin. Kriegsflotte wieder aktiviert, um die jap. Piraten zu vertreiben. Es gab mehrere Seeschlachten zwischen China und Japan, wobei die Chinesen die meisten jap. Schiffe (die viel kleiner waren) versenkten.
Besonders im späten 17. und 18. Jahrh. war China die Seefahrernation Ostasiens schlechthin, dann auch wieder mit staatl. Förderung (aber immer über offizielle Häfen). Aber nie wieder wurde eine reine Staats-Handelsflotte wie unter Zheng He geschaffen, denn sowas war viel zu teuer und unprofitabel.
Dann etwas zur Größe der Schiffe. Die Chinesen mögen unter Zheng He sehr große Schiffe gebaut haben, aber praktische Schiffe waren das nicht. Sie schlichen über die Weltmeere und waren ewig unterwegs. Um es nochmal zu unterstreichen: Das waren vom Staat finanzierte und gebaute Flotten. Folglich hatten diese in erster Linie polit. Zielen zu dienen: Nämlich durch die gigantische Größe zu beeindrucken und einzuschüchtern. Die Ming als Herren Asiens zu probagieren. Mit großem Erfolg, aber mit einem dicken roten Minus unterm Strich. Die Waren die gehandelt wurden, dienten nicht dem Profit, sondern der Refinanzierung und trotzdem reichte es nicht. Wenn man bedenkt, dass mitunter 30.000 bis 40.000 Menschen mitfuhren. Die wollten bezahlt und versorgt werden.
Nein, das alles kostete so viel, dass kein späterer Kaiser für sowas Geld ausgeben wollte. Zumal sich die frühen Ming als neue Herrscher erst einmal zu profilieren suchten, und jedem zu sagen versuchten, dass China nach den Mongolen wieder da ist. Die Kaiser danach hatten das doch gar nicht mehr nötig. China entsandte seine millionenmannstarken Armeen und war wieder der unangefochtene Hegemon Asiens und das bis weit ins 19. Jahrh., da brauchte man sich nicht mehr profilieren, ergo keine Imagekampagne à la Zheng He und Kaiser Yongle veranstallten. Man wusste wer man war und der rest Asiens wusste das auch.
Ich habe mal nachgeschaut was es mit dem angeblichen „Einstampfen“ auf sich hat.
Also auch nach dem Tod von Zheng He 1433, blieb China die bedeutendste und aktivste Seemacht in Ostasien. Der Seehandel wurde nicht verboten, große Hochseedschunken wurden nicht verboten und China betrieb auch keine wirkliche Isolationspolitik. Erst unter Kaiser Jiajing geschah derartiges. Dieser ziemlich eigenwillige Kaiser verbot seinen Untertanen 1525 den Hochseehandel und ließ besagte Dschunken zerstören. Hintergrund war ein Streit mit Japan. Japanische Piraten machten die Küsten Chinas unsicher. Kaiser Jiajing forderte von Japan die Unterbindung dieser Aktivitäten, aber das im Bürgerkrieg versinkende Japan konnte gar nicht gegensteuern, was den Chinesen egal war. Sie brachen den gesamten Handel mit Japan ab und verhängten einen allumfassenden Handelsboykott über Japan. Das galt für alle chinesischen Vasallen, ergo den größten Teil Ostasiens. Die Japaner waren aber scharf auf Waren aus China, insbesondere die Luxusartikel. Wodurch die japanischen Übergriffe nur noch zunahmen und die Chinesen munter Schmuggel betrieben. Die Zerstörung von Hochseedschunken war vor allem der Versuch die chinesischen Schmuggler zu treffen.
Mit dem Tod Kaiser Jiajings änderte sich das alles sehr schnell wieder. Die Verbote wurden schon 1567 von Kaiser Longqing wieder vollständig zurückgenommen. Die knapp 40 Jahre Zwangspause schadeten Chinas Rolle als wichtigster Wirtschafts- und Seemacht in Asien interessanter Weise überhaupt nicht, da ja der offizielle Hochseehandel einfach durch Schmuggelei ersetzt wurde.
Unterm Strich sollte man also die Aufgabe der Handelsexpeditionen durch den Kaiserhof nach Zheng Hes Tod und ein vorrübergehendes Verbot von Hochseehandel tunlichst nicht in den selben Topf werfen. Schon aus zeitlichen Gründen nicht.
An der einen oder anderen Stelle ist das auch dort beschrieben:
http://de.wikipedia.org/wiki/Zhengtong
http://de.wikipedia.org/wiki/Jiajing
http://de.wikipedia.org/wiki/Longqing