Christentum Schuld an den dark ages?

@Choniatas

Zur Anfangsfrage, ob das Christentum SChuld an den "dark ages" ist, kann man eindeutig sagen ja. Denn die germanischen Eroberer wollten das Reich nicht zerstören, sondern an seiner Kultur teilhaben, an all den Annehmlichkeiten, u.s.w. Das Christentum hingegen war absolut bildungsfeindlich, dazu braucht ihr nur mal Paulus lesen, oder Augustinus.

Jein...

Über Paulus kann ich nicht so viel beitragen. Aber Augustinus war schon jemand, der den Glauben über die Vernunft (in der Hochphase der Patristik) gestellt hat und zwar im Sinne eines Abhängigkeitsverhältnisses. Erst durch Gott (göttliche Erleuchtung)gelangt der Mensch zur Erkenntnis der Vernunft. Nach ihm ist Gott die absolute, unveränliche Wahrheit.

Auch vertrat er die fixe Idee der Prädistination, wobei alles nur von Gottes Gnade und nicht von den Taten der Menschen abhängt - schon bei ihrer Geburt steht ihr Schicksal fest. Weiterhin vertritt er den Alleinvertretungsanspruch (es gibt nur eine wahre Religion) und bekämpfte die Donatisten (welche für die Trennung von Kirche und Staat eintraten).

Augustinus war wohl am Übergang vom Altertum zum Mittelalter der bedeutendste Theologe/Philosoph und trug entscheidend zur Festigung des noch "jungen" Christentums bei. Auch steht er für die Abwendung von der Natur hin zum anthropozentrischen Weltbild.

Dieses Ausblenden der Natur nehmen ihm viele übel. Für ihn war die Innenschau des Menschen und Gott am Wichtigsten. Das kann man bedauern, aber muss man auch bedenken, dass beispielsweise die Atomisten ihre Atom-Theorie in die Welt setzten (ohne das diese mit den damaligen Methoden je erforschbar war) und jahrhundertelang nix mehr auf dem Gebiet passierte. Augustinus war ein Vertreter der neuen (monotheistischen) "Globalisierungswelle" der Religion, welche wohl zwangsläufig wurde...

Abschließend sei erwähnt, dass das Christentum auch die Mutter der Universität ist.
 
das sehe ich anders.
Zu Beginn des Mittelalters waren die meisten Analphabeten, in Mitteleuropa gab es außerhalb des "Klerus" keine Alphabeten. Das ist jetzt nicht Schuld einer Glaubensgemeinschaft, sondern liegt an der Wertigkeit von dem, was wir als Bildung betrachten. Auch später sind die "brotlosen Künste " nicht zwingend hoch angesehen.

Man geht davon aus, dass in der Antike Lese- und Schreibkenntnisse weit verbreitet waren. Das legen Funde von Korrespondenz bzw. Inschriften römischer "Normalverbraucher" (z. B. Graffiti in Pompeji, Papyrusfunde in Ägypten, Schreibtafeln aus Vindolanda) nahe. Ob es seriöse Schätzungen über den Alphabetisierungsgrad der antiken Bevölkerung gibt, ist mir nicht bekannt. Zu "späteren Zeiten" ist der Grad der Alphabetisierung wesentlich geringer. Die Frage stellt sich, wann dieser Bildungsrückgang eingetreten ist und was seine Ursachen waren. Falls man Bergmeier folgen will, so war dies eine Entwicklung der Spätantike nach (und aufgrund) der Einführung des Christentums als Staatsreligion (ab dem Ende des 4. Jhdts.). Mit dem Verbot der heidnischen Kulte wurde nach Bergmeier auch die antike Bildung mit dem Schulsystem und ihren Bibliotheken zwar nicht vollkommen, aber doch weitgehend vernichtet.

Diese Thematik hatten wir schon vorher hier im Thread und auch in http://www.geschichtsforum.de/f28/verluste-antiker-literatur-33683/. Ob Bergmeier mit seinen Aussagen Recht hat, vermag ich nicht zu beurteilen.

Die Aussagen von Bergmeier, die mir bekannt sind, beziehen sich primär auf das 5. Jahrhundert und auch nicht auf das Christentum als solches, sondern auf die Handlungen seiner Vertreter.

Erst das Christentum als Buchreligion hat ja den Gebrauch der Schrift populär gemacht. Und dafür, das Leute, die vom Schreiben nichts hielten, das römische Reich zerstörten und die Philosophen und ihre Schriften vernichteten, kann das Christentum nun wohl nichts. Auch als "getaufte" waren die allermeisten ja keine Christen im heutigen Sinne.

War das so? Warum war denn dann im christlichen Mittelalter die Alphabetisierungsquote so gering? Warum war sie in der nichtchristlichen, paganen Antike so viel höher?

Wen meinst Du mit den "Leute, die vom Schreiben nichts hielten"? Sind damit die germanischen Völker gemeint?
 
nun, in der Hauptsache die germanischen Völker. Wie hoch der Alphabetisierungsgrad in Gallien und anderswo war, vor allem an den Rändern des Reiches während der letzten Jahrhunderte war? Auch in den Unterschichten war er sicher nicht soo hoch, genauso auf dem Land ...
Wenn die Städte "zerfallen", und ein Niedergang beginnt ja schon vor der Christianisierung, die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich ja wohl schon vor der Christianisierung, bleibt die Bildung auf der Strecke.

Warum war der Alphabetisierungsgrad im MA und auch noch der frühen Neuzeit so gering? Die Bevölkerung sah "Schreiben und Lesen können" als nicht so wichtig an.
 
Die "dark ages" sind ja nun nicht nur deshalb dunkel, weil mediterrane Philosophen nicht mehr gelesen wurden und nordische Sänger kaum noch gehört.

Nicht die Zerstörung von Büchern führt zu ihrem endgültigen Verlust, denn es gibt immer Leute, die ihre Bücher nicht verbrennen (lassen), sondern die Gleichgültigkeit und der Zahn der Zeit.

Den Focus auf Alphabetisierung und philosophische Bildung zu legen, heißt nach meiner Meinung in diesem Thema , zu kurz zu greifen.
Auch technisch war "das Mittelalter" ja z.T. hinter der "spätrömischen Kaiserzeit" zurück. Stichworte Baukunst, Mühlen, Hammerwerke und Bewässerungssysteme. Hier ging ja in großen Teilen der Bevölkerung auch das Wissen darum zurück.

Know how verschwindet nicht durch Doktrinen, sondern, wenn es nicht mehr "benötigt" wird, nicht mehr angewendet werden kann , aus den verschiedensten Gründen. Z.B. werden keine Mühlen zum "industriellen" Mahlen mehr benötigt, weil niemand Korn zum mahlen bringt, wird die Mühle nicht mehr benutzt und verfällt. Neue werden nicht mehr gebaut und schwupps, 3 Generationen später kann keiner mehr Mühlen bauen. So ist das mit allen "Künsten". Und die Bücher darüber werden zum Feuer anmachen verwendet. Oder bei Pergament als Lampenschirme etc.

Wissen, das niemanden mehr interessiert, stirbt mit den Wissenden. Nicht durch Doktrinen
 
Auch technisch war "das Mittelalter" ja z.T. hinter der "spätrömischen Kaiserzeit" zurück. Stichworte Baukunst, Mühlen, Hammerwerke und Bewässerungssysteme. Hier ging ja in großen Teilen der Bevölkerung auch das Wissen darum zurück.

Know how verschwindet nicht durch Doktrinen, sondern, wenn es nicht mehr "benötigt" wird, nicht mehr angewendet werden kann , aus den verschiedensten Gründen. Z.B. werden keine Mühlen zum "industriellen" Mahlen mehr benötigt, weil niemand Korn zum mahlen bringt, wird die Mühle nicht mehr benutzt und verfällt. Neue werden nicht mehr gebaut und schwupps, 3 Generationen später kann keiner mehr Mühlen bauen. So ist das mit allen "Künsten". Und die Bücher darüber werden zum Feuer anmachen verwendet. Oder bei Pergament als Lampenschirme etc.

Wissen, das niemanden mehr interessiert, stirbt mit den Wissenden. Nicht durch Doktrinen
wie erklärst du dir, dass Theoderich der Große einen Aquaedukt bauen ließ, dass Karl der Große in Aachen und Ingelheim Bäder nach römischem Vorbild bauen ließ und wie erklärst du dir das Hypocaustum im Refektorium des Klosters Bebenhausen? Das Wissen, die Fachliteratur usw. war nicht plötzlich im 5. oder 6. Jh. einfach weg - aber in den kriegsgebeutelten Krisenzeiten fehlte es oftmals an den Mitteln zur Aufrechterhaltung der ehemaligen römischen Standards in den Städten (man bedenke, dass nach imperialem Vorbild die Merowingerkönige noch Spiele abhalten ließen)

und bitte noch eine Antwort auf die Frage nach den von Germanen zerstörten Philosophen, Bibliotheken, Universitäten usw.

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dass das Christentum die Universitäten erfunden habe, erstaunt mich: man liest doch immer wieder, dass Kaiser Justinian im frühen 6. Jh. die Universitäten schließen ließ und dass die Gelehrten in den arab. Raum abgewandert seien?!?
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun, ich habe nicht behauptet, das "Germanen" Philosophen massenweise hinrichteten, Bücher verbrannten und Bibliotheken zerstörten. Das ist sicher auch vorgekommen, wenn so eine Gefolgschaft in Gallien ein Landgut plünderte , das dabei die Bibliothek in Flammen auf ging, aber das die bewußt Wissen vernichteten , ist nicht der Fall.

Ansonsten bewahrt ein Aquädukt und mehrere Hypocaustenheizungen im "Norden" kein Wissen in Spanien.
Die Frage hier sollte dann sein, wieso wurde , wenn dieser römische Standard so toll für alle war, nicht mehr gebaut? Ist das Christentum dafür verantwortlich, das heute niemand mehr die antike Technik der Goldgranulation beherrscht? Oder niemand mehr große Werkstücke aus Raffinierstahl von Hand herstellen kann? Und es gibt noch wesentlich mehr Wissen, was in der Antike bekannt war, das aber im Laufe der Zeit verloren ging
 
wurden bei den Westgoten Häuser mit Hypocaustenheizung gebaut?

Ich denke mal , der Ansatz "Untergang des Wissens" "Dark Ages" ist verkehrt.

Eigentlich hat sich ja das Leben der meisten Landbewohner von der Antike zum Mittelalter hin verbessert. Das der Oberschichten hat sich allerdings mächtig verschlechtert.

Die Entwicklung der Wirtschaft /der Gesellschaft ging von einer "arbeitsteiligen/vorindustrieelllen/Manufaktur" Wirtschaft hin zur Subsistenzwirtschaft/Doityuorself wirtschaft. Von einer urban geprägten Gesellschaft hin zur mehr ländlich geprägten, von der "Manufaktur -Landwirtschaft" der Latifundien hin zur bäuerlichen Landwirtschaft.

Dadurch erscheinen jetzt am Ende der Antike mehr die körperliche arbeitenden Menschen im Fokus der Überlieferung, über die in der Antike kaum einer berichtete.
 
Dadurch erscheinen jetzt am Ende der Antike mehr die körperliche arbeitenden Menschen im Fokus der Überlieferung, über die in der Antike kaum einer berichtete.
welche frühmittelalterliche Überlieferung informiert uns umfangreich über die körperlich arbeitenden Menschen? ...hat man jüngst etliche mittelalterliche Texte entdeckt? :winke:
 
Vita Carolingi? die frühen Gesetzessammlungen
Und habe ich von "umfangreich" gesprochen? Wird in den antiken Schriften/Lebensläufen überhaupt von den Lebensumständen der Menschen berichtet?

Mir geht es darum, zu zeigen , das "die dark ages" nicht dunkler waren als die Zeit davor, nur erscheint es so, weil sie näher dran sind und die Schatten besser sichtbar.

Von den finsteren Seiten der Antike, und die Sklavenhaltung auf den Galeeren , den Landgütern und den Bergwerken ist eine gaaanz finstere Seite, auch das Leben der einfachen Landbevölkerung sowie des städtischen Proletariats dürfte nicht so das große Zuckerschlecken gewesen sein.
Denn Brotspenden Reicher deuten eben an, das Bedarf bestand.
Also das ganz viele Leute sich noch nichtmal Grundnahrungsmittel leisten konnten/die Versorgung der gesamten Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln nicht gewährleistet war.
Ähnliches ist aus den "dark ages " kaum bekannt. Zumindest kein "Hunger im Frieden".

"Denn die einen sind im Dunkeln
und die andern sind im Licht
und man siehet die im Lichte
die im Dunkeln sieht man nicht.
- Bertolt Brecht, Dreigroschenoper"
Wenn also das MA die "dark ages" waren, war die Antike für viele eben "very dark ages".
Es blicken alle immer auf die "großen Philosophen und Gelehrten der Antike" und vergleichen das mit den wenigen des Mittelalters.
Platon lebte um 400v Christus , dann etliche andere bis Augustinus 800 Jahre später.

Von 500 - 1300 entsanden Nibelungenlied, Hildebrandssage, und vieles mehr. Es lebten Kilian, Bonifatus, Karl der Große , die Scholastiker , Friedrich II. Es rettete/ließ retten in Fulda ein Hrabanus Maurus einen Teil der mündlichen, paganen Überlieferung.

Gefühlt wird das Mittelalter immer dunkler, je näher man der Neuzeit kommt, tatsächlich schreitet die technische Entwicklung aber richtig voran. Und auch die Belletristik erfährt in den Liedern der Minnesänger , in den Ritteromanen usw. einen Aufschwung

Ich sehe da zwar Unterschiede zur Antike, aber das Christentum war nicht der Grund für diese Unterschiede. Eher eine Auswirkung, gab es doch den Menschen etwas, was die antiken Menschen nicht hatten : Hoffnung und in gewissen Maßen Mitleid
 
Zuletzt bearbeitet:
Vita Carolingi? die frühen Gesetzessammlungen
Und habe ich von "umfangreich" gesprochen? Wird in den antiken Schriften/Lebensläufen überhaupt von den Lebensumständen der Menschen berichtet?
im Beitrag zuvor, den ich zitiert habe, schreibst du wörtlich:
Wilfried schrieb:
Dadurch erscheinen jetzt am Ende der Antike mehr die körperliche arbeitenden Menschen im Fokus der Überlieferung, über die in der Antike kaum einer berichtete.
das erweckt den fälschlichen Eindruck, dass im frühen Mittelalter erstmals die arbeitende Bevölkerung (die Unterschicht, Halbfreie, Unfreie usw.) ins Blickfeld der literarischen Überlieferung gelangt sei, und das ist aus zwei Gründen falsch:
1. erwähnt die antike Literatur allerlei Sklaven etc., allerdings ohne jedes klassenkämpferische Pathos
2. spielen die erwähnten Unterschichten in den literarischen Zeugnissen des frühen Mittelalters keine Rolle, werden kaum erwähnt (deswegen wissen wir auch kaum was über die)

Mir geht es darum, zu zeigen , das "die dark ages" nicht dunkler waren als die Zeit davor, nur erscheint es so, weil sie näher dran sind und die Schatten besser sichtbar.
ich sehe das nicht unähnlich, aber dennoch ist ein zeitweiliger zivilisatorischer Rückgang nicht zu leugnen
 
@ Chan: buschhons hat es sehr treffend und sehr richtig formuliert, deshalb schenke ich mir das jetzt.

Zu der Schließung der Bibliothek unter Justinian I.: Es war nicht das Christentum, das die Bibliothek hat schließen lassen; es war der christliche Kaiser. Aber welche einzelne Person steht schon stellvertretend für eine ganze Religion? Nicht mal der Papst kann dieses Recht für sich beanspruchen.
 
Dekumatland, da sind wir einer Meinung, auch was den "zivilisatorischen Rückgang/Wandel" angeht. Nur setzte der meines Erachtens schon vor Einführung der "Staatsreligion Christentum" ein.
Für mich hat der Wandel viele Ursachen und auch Auswirkungen, eine Auswirkung des Wandels ist die recht rasante Ausbreitung des Christentums.
 
i

ich sehe das nicht unähnlich, aber dennoch ist ein zeitweiliger zivilisatorischer Rückgang nicht zu leugnen

Die Frage wann setzt man den Rückgang eigentlich an, die Zeit der Adoptivkaiser wird als der Höhepunkt angesehen. Schon das 3 Jahrhundert ist ja eine Zeit der Krisen seien es nun Teilreiche wie das romeo-galische Sonderreich oder das Reich von Palmyra. Hohe Inflation die bis zu Konstantin den Großen führt.

Eine durchaus umstrittene aber ziemlich logische These ist die einer kleinen Eiszeit zwischen Antike und Hochmittelalter.
 
Am Beginn des Mittelalters herrschten dank der christlichen Expansion bildungsmäßig verheerende Zustände. Bücherverbrennungen galten als geradezu heilige Tat. Die nichtklerikale Bevölkerung Westeuropas war im Prinzip analphabetisch. Die Karolinger starteten eine Bildungsreform, um ihre Verwaltung und den (ebenfalls nicht so tollen) Bildungsstatus des Klerus auf Vordermann zu bringen. Als Quellen der Bildung dienten - natürlich - die in nur wenigen Ländern bewahrten Werke der Antike. Auch in den späteren Jahrhunderten griff man auf antike und arabische Bildungsliteratur zurück.

Diese Argumentation verkehrt die Tatsachen in ihr Gegenteil. Zunächst gab es nirgendwo auf der Welt in der Zeit des frühen Mittelalters Staaten, in denen die gesamte Bevölkerung alphabetisch geschult und somit der Schriftlichkeit mächtig waren. Am Bildungssystem des Römischen Reichs hat das Christentum keinerlei Anteil, schon deshalb nicht, weil es überhaupt erst im Jahr 391 n. Chr. zur Staatsreligion im Imperium Romanum wurde. Von da aus bis zum Untergang Westroms waren es nur noch 80 Jahre und es ist kaum anzunehmen, dass die Kirche in dieser kurzen Zeit auf die Bildung oder das Analpahabetentum einwirken konnte.

Ganz im Gegenteil war die Kirche nach dem Zusammenbruch Westroms die Macht, die besonders nördlich der Alpen die Schriftlichkeit bewahrte und die Kenntnis und das Bewusstsein von Kultur, Bildung und Zivilisation inmitten einer barbarisch gewordenen germanischen Gesellschaft wach hielt und weitertrug.

Das Christentum wäre allerdings im frühen Mittelalter damit überfordert gewesen, auf sich gestellt eine Bildungsreform durchzuführen. Dazu bedurfte es der Allianz mit einer weltlichen Macht, was dann in einer engen Zusammenarbeit mit den Herrschern des Frankenreichs - besonders jedoch mit Karl dem Großen - auch gschah. Das Ergebnis war die Karolingische Renaissance, die vor allem von Geistlichen der königlichen Hofkapelle - Alkuin, Einhard u.a. - getragen wurde.

Diese Geistlichen leisteten eine Wiederbelebung der Dichtung und Geschichtsschreibung, die Rückwendung zum klassischen Latein, die Erneuerung des Gottesdienstes und der Liturgie, eine Reform der Schrift (karolingische Minuskel), eine erneuerte Fassung der Bibel und vieles andere. Ihnen ist es zu verdanken, dass viele literarische Werke der Antike nicht vernichtet wurden, sondern der Nachwelt erhalten blieben. Ihnen sind auch die Klöster zu verdanken, die als kulturelle Zentren inmitten einer barbarisierten Bevölkerung weit ins Umland ausstrahlten. Dort gab es auch die ersten Schulen, die nicht nur Novizen, sondern auch Schüler von außerhalb der Klostermauern besuchten.

Der Untergang der römischen Zivilisation führte zu einem Niedergang des Wissens und der Kultur und bewirkte vielfach einen Rückfall in barbarische Verhältnisse. Diesen Prozess hielt die christliche Kirche zusammen mit der weltlichen Macht auf und legte zumindest die Fundamente für einen Wiederaufstieg.
 
@Dieter:
alles sehr schön zusammengefasst und erklärt, deshalb überwiegend Zustimmung.

Hier allerdings
Ganz im Gegenteil war die Kirche nach dem Zusammenbruch Westroms die Macht, die besonders nördlich der Alpen die Schriftlichkeit bewahrte und die Kenntnis und das Bewusstsein von Kultur, Bildung und Zivilisation inmitten einer barbarisch gewordenen germanischen Gesellschaft wach hielt und weitertrug.
sind ein paar zusätzliche Überlegungen meiner Ansicht nach nötig: verkürzt gesagt "das Christentum" befand sich noch zur Zeit des existierenden weströmischen Reichs in Konkurrenz zur heidnischen Philosophie/Bieldung/Rhetorik. Das bedeutet, dass man sich auf gelehrtem Niveau beharkte (z.B. contra Celsum usw.) -- und danach nutzte "die Kirche" in den Wirren der von dir richtig genannten Barbarisierung ihr (aus der Zeit als Staatsreligion resultierendes) "Bildungsmonopol", um dieses mit den eigenen Sichtweisen und Ideologien zu färben. (klar, einige gebildete Kirchenleute waren dagegen, dass die heidnischen Philosophen und Dichter verteufelt wurden)
 
Nun, mediterraner Bildung und Kultur, bitteschön. Anderes hieße, den Germanen jegliche Kultur und Bildung abzusprechen.

Leider sind von "germanischen" Dichtern und Denkern wenig bis nichts überliefert, aber das wenige zeigt doch mehr als nur Metsaufende , felltragende Barbaren .
 
und danach nutzte "die Kirche" in den Wirren der von dir richtig genannten Barbarisierung ihr (aus der Zeit als Staatsreligion resultierendes) "Bildungsmonopol", um dieses mit den eigenen Sichtweisen und Ideologien zu färben.
Man könnte auch sagen, dass "die Kirche" die Bildungsinhalte selektiert hat. Was tatsächlich oder vermeintlich zum Christentum nicht passte, wurde nicht mehr vermittelt.
 
Man könnte auch sagen, dass "die Kirche" die Bildungsinhalte selektiert hat. Was tatsächlich oder vermeintlich zum Christentum nicht passte, wurde nicht mehr vermittelt.

Was allerdings keine Sonderheit ist, sondern in gewisser Weise nachvollziehbar, vielleicht sogar legitim. Denn die Stoiker z. B. haben ja auch nicht die Schriften und Lehrinhalte der Epikureer tradiert, sondern ihre eigenen, und andersherum. Jede Gruppe tradiert das, was ihr am Herzen liegt oder wovon sie überzeugt ist. Warum sollte man da von der Kirche verlangen, dass sie das gesamte Wissensgut der Welt sammeln und weiter vermitteln sollte. Solch einem Anspruch konnte die Kirche natürlich nicht gerecht werden.

(Mir ist schon klar, dass hier niemand ausdrückl. so einen Anspruch an die mittelalterliche Kirche gestellt hat. Hab ich nur mal um der Verdeutlichung willen so formuliert.)
 
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