...die norwegische kirche eigenständig sei, also nach keinem wirklichen vorbild entstanden
Begriffe wie "Vorbild" (welche Quelle?) oder "Tochter" (meine Quelle) sind Interpretationen, über die man sicher diskutieren kann. Es ist auch nicht einfach, solche Begriffe zu operationalisieren, also zu beschreiben, worin der Vorbildcharakter besteht (Organisation? Bau? Personal? theologisch-liturgische Eigenheiten?).
Fest steht jedenfalls, dass der Prozess der Christianisierung im Falle Norwegens - im Unterschied zu Dänemark und Schweden - weniger von Süden her (Karolinger bzw. Ostfränkisches Reich) in Gang gebracht und gefördert wurde, sondern von Westen her. Ich zitiere nochmal eine andere Quelle (deBoor/Frenzel: Die Kultur Skandinaviens, Konstanz: Athenaion 1964):
"Hakon der Gute, dessen englische Erziehung wir schon erwähnt haben, ist der erste in einer Reihe christlicher Herrscher Norwegens, die von England ausgingen und von dort den Missionsgedanken mitbrachten. [Auch Olaf I. und II.] ... kamen von Westen und hatten auf westlichen Wikingerzügen den Wert einer geschlossenen kirchenlichen Organisation erfahren. Sie brachten englische Geistliche als ihre 'Gefolgschaftsbischöfe' mit, die ihre Arbeit unter oft gewalttätiger Hilfe des Königs durchführten. ..." (S. 29)
"Der geistige Zusammenhang [zwischen England und Norwegen] blieb lange gewahrt. Nicht nur Stavanger mit seinem englischen Heiligen [Suethonius/Swinthum] und englischen Bischof spricht dafür; viel wichtiger ist, daß sich die eigentümlichen Formen der norwegischen Holzkirchen aus den einfachen Langhausbauten des germanischen Tempels unter dem Eindruck des anglo-normannischen Kirchenstils zu der reichen Gliederung der entwickelteren Typen (Borgund, Fantoft) fortgebildet haben. Auch die schönsten Steinkirchen Norwegens, die Dome von Drontheim und Stavanger - um nur die bedeutendsten zu nennen - sind im Kern anglo-normannisch. ..." (S. 31 f.)
Die Autoren führen des Weiteren die Klöster an: "Die ersten Benediktinergründungen entstehen als Tochtersiedlungen englischer Klöster mit englischer Besetzung" (S. 32).
Sicher lockerte sich die Verbindung Norwegens mit England später, spätestens nachdem König Olaf Kyrre (1066-1093) damit begonnen hatte, eine eigenständige Kirchenprovinz aufzubauen und eigene Verbindungen zum Papsttum zu schaffen. Ein Meilenstein war dann 1153/54 die Errichtung des eigenen Erzbistums Nidaros/Trondheim, das neben fünf Suffraganbistümern auch die Faröer, Hebriden, Orkney-Inseln, Island und Grönland umfasste.