Custers Last Stand

Gneisenau

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George Armstrong Custer wurde am 24.04.1839 in Ohio als Nachkomme deutscher Einwanderer geboren. 1858 erhielt der patriotisch gesinnte junge Custer ein Stipendium für die Militärakademie West Point. Im amerikanischen Bürgerkrieg folgte ein kometenhafter Aufstieg, der den gerade 23-jährigen zum General und Kommandeur einer Kavalleriebrigade machte. Der junge Draufgänger wurde von der Nordstaatenpresse als Kriegsheld gefeiert. Mit seinem langen blonden Haar und seiner schillernden Uniform mit rotem Halstuch wußte sich Custer auch optisch als verwegener Soldat in Szene zu setzen. Zusammen mit seiner schönen Ehefrau Elizabeth wurde Custer zu einer gesellschaftliche Attraktion in den Salons von New York und Washington.

Nach dem Bürgerkrieg kam Custer in den Ebenen von Kansas und Colorado zum Einsatz. Im November 1867 gelang es Custer, mit seinem 7. Kavallerieregiment ein Cheyenne-Lager am Washita River zu umzingeln. Über einhundert Cheyenne, darunter viele Frauen und Kinder, wurden bei dem Angriff getötet, obwohl Custer vor der Attacke befohlen hatte, Nichtkombattanten zu verschonen. Das Massaker am Washita blieb Custers einziger Erfolg in den Plains, verschaffte ihm jedoch im Zusammenhang mit seinem Werk "My Life On The Plains", welches er auf Lesereisen im Osten vortrug, große Popularität. Presse und Öffentlichkeit feierten ihn als einen ritterlichen "Kavalier in Wildleder".

Am 17.05.1876 verließ Custer mit seiner 7. Kavallerie als Vorhut der Brigade von General Terry das Fort Abraham Lincoln im Dakota-Territorium. Ziel war das Yellowstone-Gebiet im südöstlichen Montana, wo die Hauptmacht der aufsässigen Plainsindianer vermutet wurde. Am Mittag des 25. Juni teilte Custer sein Regiment in drei Bataillone, um die im Tal des Little Big Horn lagernden Indianer anzugreifen. Was anschließend mit Custer und den von ihm geführten fünf Kompanien geschah, blieb aufgrund fehlender weißer Augenzeugen lange Zeit ungeklärt. So konnte es Custers Witwe mit Hilfe der Presse gelingen, aus der militärischen Niederlage am Little Big Horn einen nationalen Mythos zu machen. Der Autor Frederick Whittaker schrieb: "Da fielen sie, jeder Mann an seinem Platz, ohne zu schwanken, ohne zurückzuweichen, bis die letzte Patrone verschossen war." Custer avancierte zu einem nationalen Märtyrer, während die Schlacht zum zentralen Ereignis der Eroberung des Wilden Westens wurde.

Nach dem WW II begann Custers Demontage. In den populären Darstellungen zur Geschichte des Wilden Westens und der Plainsindianer trat ein Paradigmenwechsel ein. Nicht zuletzt der Krieg in Vietnam und das My-Lai-Massaker machten Custer und seine 7. Kavallerie zu Vollstreckern eines Völkermordes. Doch nach wie vor gilt Custer für große Teile der amerikanischen Gesellschaft als Nationalheld. Jedes Jahr ziehen Tausende Besucher, die meisten von ihnen Custer-Fans, an den Ort der Schlacht. Dieser wurde 1991 von "Custers Battlefield" in "Little Big Horn Battlefield" umbenannt, um den beteiligten Plainsindianern gerecht zu werden. Heute geben uns neuere Forschungen, bei denen sogar das Schlachtfeld hinsichtlich der Verteilung der abgefeuerten Geschosshülsen untersucht wurde, die Möglichkeit das Gefecht nachzuvollziehen. Dennoch ist und bleibt "Custers Last Stand" ein amerikanischer Mythos. Auch die US-Armee bewahrt die Tradition von Custers Truppe in Form des 7. Kavallerie-Regiments. Während des Irakkrieges war es Custers altes Regiment, welche im März 2003 als Vorhut der 3. Infanteriedivision Bagdad erreichte.

Gneisenau

George Armstrong Custer - Held oder Indianerschlächter? Eure Meinung ist gefragt.
 
Die Frage, wie Custer zu sehen ist, wird im allgemeinen recht eindeutig beantwortet, von Ausnahmen mal abgesehen. Custers Rezeption als äußerst ehrgeizig und erfolgsbedacht wird gestützt durch dessen Auftreten, u.a. im Bürgerkrieg, in dem er bereits verlustreiche, jedoch öffentlichkeitswirksame Gefechte führt. Seine Degradierung (wg Entfernung von seiner Einheit) stand seinen politischen Ambitionen im Weg, so daß sein Vorgehen noch rücksichtsloser wurde. Die Glorifizierung Custers und sein Image als Held geht vor allem auf seine Ehefrau Elizabeth (Libby) zurück, die drei Bücher über ihn schrieb. Kritisches zu Custer ist bereits von seinen Zeitgenossen mehr als reichlich bekannt und hat nichts mit Vietnam zu tun.

Auf http://www.pbs.org/weta/thewest/people/a_c/custer.htm findet sich eine Einschätzung Custers; der Seite ist nun nicht gerade vorzuwerfen, sie nehme übertrieben Partei für die Indianer. Ich bitte um Beachtung des Satzes: "Seine Niederlage am Little Bighorn verhalf Custer, der sonst als ein obskurer Militär aus dem 19. Jahrhundert betrachtet worden wäre, zur Position des Helden in zahllosen Liedern, Büchern und Gemälden."

Custer's blunders cost him his life but gained him everlasting fame. His defeat at the Little Bighorn made the life of what would have been an obscure 19th century military figure into the subject of countless songs, books and paintings. His widow, Elizabeth Bacon Custer, did what she could to further his reputation, writing laudatory accounts of his life that portrayed him as not only a military genius but also a refined and cultivated man, a patron of the arts, and a budding statesman.

Countless paintings of "Custer's Last Stand" were made, including one mass-distributed by the Anheuser-Busch brewing company. All of these paintings -- as did the misnomer "the Custer massacre" -- depicted Custer as a gallant victim, surrounded by bloodthirsty savages intent upon his annihilation. Forgotten were the facts that he had started the battle by attacking the Indian village, and that most of Indians present were forced to surrender within a year of their greatest battlefield triumph.


Gneisenau schrieb:
Nach dem Bürgerkrieg kam Custer in den Ebenen von Kansas und Colorado zum Einsatz. Im November 1867 gelang es Custer, mit seinem 7. Kavallerieregiment ein Cheyenne-Lager am Washita River zu umzingeln. Über einhundert Cheyenne, darunter viele Frauen und Kinder, wurden bei dem Angriff getötet, obwohl Custer vor der Attacke befohlen hatte, Nichtkombattanten zu verschonen. Das Massaker am Washita blieb Custers einziger Erfolg in den Plains, verschaffte ihm jedoch im Zusammenhang mit seinem Werk "My Life On The Plains", welches er auf Lesereisen im Osten vortrug, große Popularität. Presse und Öffentlichkeit feierten ihn als einen ritterlichen "Kavalier in Wildleder".

Es 'gelang' Custer nicht, ein Cheyenne-Dorf zu umzingeln. Dies fand statt als Teil einer Kampagne, und da Custer außerdem einer breiten Spur zu Black Kettles Dorf folgte, kann von einem 'Gelingen' im Sinne einer Leistung allerdings gar keine Rede sein.

Wie aus http://en.wikipedia.org/wiki/Battle_of_Washita_River ersichtlich, wurde bereits 1868 das folgende 'Gefecht' in US-Zeitungen als Massaker bezeichnet:

White reaction

From the beginning of December 1868 the nature of the attack began to be debated in the press, in the December 9 Leavenworth Evening Bulletin, a story mentioned that: "Gen. S. Sandford and Tappan, and Col. Taylor of the Indian Peace Commission, unite in the opinion that the late battle with the Indians was simply an attack upon peaceful bands, which were on the march to their new reservations".[50] The December 14 New York Tribune made the following comment: "Col. Wynkoop, agent for the Cheyenne and Arapahos Indians, has published his letter of resignation. He regards Gen. Custer's late fight as simply a massacre, and says that Black Kettle and his band, friendly Indians, were, when attacked, on their way to their reservation".[51] The scout James S. Morrison wrote Indian Agent Col. Wynkoop that twice as many women and children as warriors had been killed during the attack. The Fort Cobb Indian trader William Griffenstein told Lt. Col. Custer, the 7th U.S. Cavalry had attacked friendly Indians on the Washita, resulting in General Phillip Sheridan ordering Griffenstein out of Indian Territory, threatening to hang him if he returned.[52] The New York Times published a letter describing Custer as taking "sadistic pleasure in slaughtering the Indian ponies and dogs" and alluded to killing innocent women and children.[53]

Captain Frederick W. Benteen stated, in annotations to his personal copy of W.L. Holloway's Wild Life on the Plains and Horrors of Indian Warfare, that "Custer assembled the officers to inquire of each how many dead Indians each had seen; then what each had seen were added. They had all seen the same dead Indians" [emphasis in original].[45]

Die Verlustzahlen von Custer sind - wie dem Text zu entnehmen - ebenfalls im Sinne seines erfolgreichen Ansehens geschönt. Eine Übersicht der *später* anhand von Augenzeugen ermittelten Zahl der getöteten Indianer findet sich hier:
http://www.dailykos.com/story/2007/11/27/82513/716/5/414933
Hier wird ebenfalls beschrieben, daß Custer nicht nur der Vergewaltigung der gefangenen Indianerinnen keinen Einhalt gebot, sondern sich selbst jede Nacht eine Gefangene zuführen ließ.

http://nativenewsonline.org/history/hist1127.html
Dieser Link befaßt sich ebenfalls mit Washita (unterer Teil der Seite) und bietet weiterführende Links.


Gneisenau schrieb:
*Am 17.05.1876 verließ Custer mit seiner 7. Kavallerie als Vorhut der Brigade von General Terry das Fort Abraham Lincoln im Dakota-Territorium. Ziel war das Yellowstone-Gebiet im südöstlichen Montana, wo die Hauptmacht der aufsässigen Plainsindianer vermutet wurde.

'Aufsässig'??? Diese Wortwahl läßt ja nun nicht gerade anklingen, daß es hier um divergierende Interessenlagen einerseits seitens der indianischen Völker in diesem Gebiet, andererseits der USA ging. Nebenbei bestreitet es die Legitimität des Anspruchs der indianischen Völker, ihr Leben in ihrer Heimat selbstbestimmt zu führen und sich gegen die Landnahme zur Wehr zu setzen.

Was anschließend mit Custer und den von ihm geführten fünf Kompanien geschah, blieb aufgrund fehlender weißer Augenzeugen lange Zeit ungeklärt.

Daß weiße Augenzeugen schlecht zu befragen waren, ist ja offenkundig. Eine Recherche ergab jedoch etliche Treffer, in denen Berichte von am Greasy Grass anwesenden Indianern erwähnt und teils wiedergegeben werden. Diese Berichte von Personen, die aus Kulturen kamen, in denen Geschichte mündlich tradiert wurde, sind im allgemeinen äußerst korrekt. Es trifft jedoch zu, daß solche Berichte über geraume Zeit hinweg ignoriert und Berichte von Weißen allein als verläßliche Quellen angesehen wurden.
 
Ich denke, Custer war durchaus ein charismatischer Kommandeur, der eifrig an seiner eigenen Legende strickte. Einzelne seiner literarischen Produkte, "My life on the prairies" wurde von einigen Offizieren sehr kritisch betrachtet ("my lies on the prairies"). Custer war allerdings so etwas wie ein Medienstar und schon im Bürgerkrieg umgab er sich mit Reportern. Dass Custer überaus ehrgeizig und eitel war, berichteten viele Zeitgenossen. Mánche Historiker halten ihm zugute, dass er durchaus Verständnis für die Probleme der Indianer gehabt habe und von der Praxis der Indianeragenten angewidert gewesen sein soll.

Die 7. Kavallerie machte er innerhalb kurzer Zeit aus einer reichlich verlotterten Einheit zu einem der schlagkräftigsten reiterregimenter der US- Armee mit eigenem Regimentsmarsch (Garryowen).

Custer führte allerdings auch einen rücksichtslosen Guerillakrieg gegen die Indianer, wobei er weder vor Wortbruch zurückschreckte, um die Häuptlinge der Kiowas Lone Wolf und Satanta gefangenzunehmen. Custer griff dazu die Indianer als erster im Winter an, wo sie weniger beweglich waren. Erbeutete Ponys ließ er erschießen, um die Indianer zu treffen. Auch Black Kettle erwischte er im Winter, wobei der Angriff einem friedlichen Stamm galt, und Black Kettle hatte sich unter den Schutz der Staaten gestellt und eine US- Flagge gehißt. Er und seine Frau wurden erschossen, als sie zu verhandeln suchten.

Sein Vorgesetzter Sheridan ( "nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer") hielt im zugute, dass "er Black Kettle wie eine alte Nuss ausgelöscht" habe.

Am Little Big Horn fiel Custer am Ende seiner Fehleinschätzung zum Opfer. Er hatte die Ankunft von General Terry gar nicht abgewartet und allein losgeschlagen, wobei er die Kavalleriesäbel und Gatling MGs seiner Truppe zurückließ, um schneller voranzukommen. Beim Angriff auf die Dörfer der Sioux und Cheyenne teilte er seine Einheit auf, um dann zu erkennen, dass das Dorf und die Anzahl der Krieger viel größer war, als er geahnt hatte.

Militärisch zeigten Häuptlinge wie Sitting Bull, Gall und Crazy Horse, der zuvor schon General Crook am Rosebud geschlagen hatte, dass sie durchaus ernstzunehmende Gegner waren.

Archäologische Untersuchungen vor einigen Jahren haben übrigens die meisten Aussagen teilnehmender Indianer bestätigt. Über Custers Ende gab es verschiedene Versionen, und Rain in the Face wie Gall behaupteten ihn getötet zu haben. Der Minneconjou White Bull sagte aus, dass er gegen einen Offizier gekämpft habe. Im Kampf habe er nach einem herumliegenden Revolver gegriffen und Custer in den Kopf geschossen. "Long Hair" habe eine Lederjacke getragen und habe seine Haarpracht gestutzt. Red Horse sagte dagegen aus, ein unbekannter Santeekrieger habe Custer getötet.

Angeblich nahm ein Cheyenne Custers Zeigefinger als Andenken, und die Frauen der Cheyenne durchbohrten seine Ohrläppchen, damit er im nächsten Leben besser zuhöre, denn einige Häuptlinge hatten ihm die Vernichtung beim Bruch der Verträge prophezeit.

Eigentlich war es eher der "last stand" der Sioux und Cheyenne, denn als die Nachricht im Osten eintraf, (zum 100. Jubiläum der USA!) sprach man von einem Massaker und forderte die Vernichtung aller Indianer. Das traf zuerst die, die in den Reservaten geblieben waren und gar nicht an der Schlacht teilgenommen hatte. Bald wurde klar, dass die Black Hills verloren waren. Die Sioux sollten am Missouri angesiedelt werden, wogegen viele Indianer protestierten, da die Weißen das Land bereits ruiniert hatten. "Es gibt dort viele böse Menschen und bösen Whisky" sagte Red Cloud. dennoch wurden er und Spotted Tail mit Gewalt gezwungen, Verträge über die "Abtretung" der Black Hills zu unterschreiben.

Crazy Horse ergab sich schließlich den Weißen und wurde ermordet, Sitting Bull floh nach Kanada. Später trat er in der Wild Westshow von Buffalo Bill auf. Einen Teil seiner Gagen, den er nicht für sich selbst und seine Leute brauchte, verschenkte er an die Horden von Straßenkindern, die ihm überallhin folgten. Zu Anne Oakley sagte er, "die Weißen können alles herstellen, verstehen aber nicht, es gerecht zu verteilen."

Während der "Geistertanzbewegung" um 1890 wurde Sitting Bull und sein Sohn von der Indianerpolizei ermordet.

Bald darauf wurden die letzten freien Indianer am Wounded Knee aufgerieben, womit die Indianerkriege endeten.
 
Zitat Ingeborg: Die Frage, wie Custer zu sehen ist, wird im allgemeinen recht eindeutig beantwortet, von Ausnahmen mal abgesehen.

Es gibt keinen Offizier in der US-Armee, über den soviel geschrieben, diskutiert und gestritten wird. Von einer allgemein recht eindeutigen Beurteilung kann überhaupt keine Rede sein. Teilweise wird diese Diskussion von Emotionen beherrscht, was selten zu einem sachlichen und ausgewogenen Urteil führt. Stattdessen sehen wir eine Polarisierung, welche weder Custer noch seiner Epoche gerecht wird.

Zitat Ingeborg: Custers Rezeption als äußerst ehrgeizig und erfolgsbedacht wird gestützt durch dessen Auftreten, u.a. im Bürgerkrieg, in dem er bereits verlustreiche, jedoch öffentlichkeitswirksame Gefechte führt.

Custer war nicht mehr ehrgeizig oder erfolgsbedacht, als eine Vielzahl anderer Offiziere während des Bürgerkrieges bzw. der Indianerkriege. So diente Custer beispielsweise unter einem Grant, welcher seine Toten grundsätzlich nicht zählte, sowie unter einem Sheridan, der auf dem „Sheridan Ride" eine Spur der Verwüstung hinterließ und für den lediglich ein toter Indianer ein guter Indianer war. Der häufig erhobene Vorwurf, Custer habe sich am Little Big Horn aus blindem Ehrgeiz zum Angriff gegen die aufsässigen Plainsindianer entschieden, ist allenfalls teilweise zutreffend. Tatsächlich entsprach Custers Entscheidung zum Angriff am 23.06.1876 der damaligen Militärdoktrin und folgte den bisherigen Erfahrungen im Kampf gegen die Plainsindianer. Verhängnisvoll sollte nicht die Entscheidung zum Angriff an sich, sondern die Teilung seines Regiments in drei Bataillone werden.

Zitat Ingeborg: Seine Degradierung (wg Entfernung von seiner Einheit) stand seinen politischen Ambitionen im Weg, so daß sein Vorgehen noch rücksichtsloser wurde.

Custers angebliche politische Ambitionen sind umstritten und gelten keineswegs als historisch gesichert. Im Übrigen wurde Custer nicht degradiert, sondern für ein Jahr ohne Sold vom Dienst suspendiert.

Zitat Ingeborg: Die Glorifizierung Custers und sein Image als Held geht vor allem auf seine Ehefrau Elizabeth (Libby) zurück, die drei Bücher über ihn schrieb.

Die Glorifizierung Custers muss im Zusammenhang mit dem Mythos „Wilder Westen" gesehen werden. Mit dem Mythos „Wilder Westen" feiert sich die amerikanische Nation selbst, wie der jüngst von Steven Spielberg produzierte Fernseh-Mehrteiler „Into The West" einmal mehr beweist. Custer und seine Ehefrau Libby haben frühzeitig erkannt, dass der „Wilde Westen" Helden benötigt. Mit Hilfe des befreundeten James Gordon Bennett Jr, dem Besitzer des einflussreichen New York Herald, machte sich Custer zum Helden des Wilden Westens und wurde dabei zum Medienstar. Auf Lesereisen durch die Metropolen der Ostküste, bei welchem er sein Werk „My Life On The Plains" vortrug, erzielte Custer höhere Gagen als der berühmte Mark Twain. Für die amerikanische Öffentlichkeit war Custer schon lange vor der Schlacht am Little Big Horn zu einem Helden geworden. Mit Hilfe der Bennett-Presse machte seine Ehefrau nach Little Big Horn aus dem Helden Custer einen nationalen Märtyrer und bediente damit ein Bedürfnis der amerikanischen Nation.

Zitat Ingeborg: Kritisches zu Custer ist bereits von seinen Zeitgenossen mehr als reichlich bekannt und hat nichts mit Vietnam zu tun.

Unbeeindruckt von kritischen Stimmen waren für die amerikanische Öffentlichkeit über Jahrzehnte hinweg Custer und seine gefallenen Soldaten nationale Märtyrer. In dem 1941 gedrehten Spielfilm „They Died With Their Boots On" wurde Custer von Errol Flynn, Hollywoods Heldentypus schlechthin, gespielt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Abriss des Denkmals Custer. Den Anfang machte John Ford mit seinem Spielfilm „Fort Apache", in welchem Henry Fonda einen ebenso ehrgeizigen wie arroganten Offizier spielt, der seine Soldaten fahrlässig ins Verderben führt. Aber erst in den 60er und 70er Jahren kam es dann zu einem Paradigmenwechsel in den populären Darstellungen zur Geschichte der Plainsindianer, welcher auch Auswirkungen auf das Bild Custers in der Öffentlichkeit hatte. Dass dieser Paradigmenwechsel maßgeblich vom Vietnamkrieg beeinflusst wurde, ist jedem bekannt, der sich mit der Geschichtsschreibung über die Plainsindianer befasst hat. Heute scheint Custer in der um Political Correctness bemühten populären Darstellung im multiethnischen Amerika als Integrationsfigur ungeeignet.

Zitate Ingeborg:Es 'gelang' Custer nicht, ein Cheyenne-Dorf zu umzingeln. Dies fand statt als Teil einer Kampagne, und da Custer außerdem einer breiten Spur zu Black Kettles Dorf folgte, kann von einem 'Gelingen' im Sinne einer Leistung allerdings gar keine Rede sein. Wie aus ersichtlich, wurde bereits 1868 das folgende 'Gefecht' in US-Zeitungen als Massaker bezeichnet:
Die Verlustzahlen von Custer sind - wie dem Text zu entnehmen - ebenfalls im Sinne seines erfolgreichen Ansehens geschönt. Eine Übersicht der *später* anhand von Augenzeugen ermittelten Zahl der getöteten Indianer findet sich hier:
Daily Kos: State of the Nation
Hier wird ebenfalls beschrieben, daß Custer nicht nur der Vergewaltigung der gefangenen Indianerinnen keinen Einhalt gebot, sondern sich selbst jede Nacht eine Gefangene zuführen ließ.
hist1127
Dieser Link befaßt sich ebenfalls mit Washita (unterer Teil der Seite) und bietet weiterführende Links.

Offensichtlich siehst Du hier den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Die US-Armee und namentlich auch Custer benötigten damals in den Plains dringend einen militärischen Erfolg. Black Kattle und seine Cheyenne waren dabei ein leichtes Opfer, da sie selbst kriegerische Handlungen nicht erwartet hatten. Bei Washita wurde der dringend benötigte Erfolg erzielt, obwohl die Fakten, die mir übrigens wohl bekannt sind, eher für ein politisches und militärisches Desaster sprechen. Aber für weite Teile der amerikanischen Öffentlichkeit hatten der bewunderte Bürgerkriegsheld Custer und die US-Armee in den Plains einen wichtigen Schlachtensieg errungen. Allein diese gelungene Fiktion war maßgeblich für die US-Armee, für Sheridan und natürlich auch für Custer.

Zitat Ingeborg: Daß weiße Augenzeugen schlecht zu befragen waren, ist ja offenkundig. Eine Recherche ergab jedoch etliche Treffer, in denen Berichte von am Greasy Grass anwesenden Indianern erwähnt und teils wiedergegeben werden. Diese Berichte von Personen, die aus Kulturen kamen, in denen Geschichte mündlich tradiert wurde, sind im allgemeinen äußerst korrekt. Es trifft jedoch zu, daß solche Berichte über geraume Zeit hinweg ignoriert und Berichte von Weißen allein als verläßliche Quellen angesehen wurden.

Die Zuverlässigkeit solch mündlicher Überlieferungen ist jedem Militärhistoriker bekannt, der sich mit Kolonial- und Indianerkriegen auseinadergesetzt hat. Allerdings werden heute noch entsprechende mündliche Überlieferungen teilweise hartnäckig ignoriert. So feiert beispielsweise die mündliche Überlieferung des Hererovolkes die Schlacht am Waterberg als Sieg über die deutsche Schutztruppe. Da sich ein Erfolg der Herero am Waterberg jedoch nicht mit dem Vorwurf eines Völkermordes bzw. Vernichtungskrieges in Übereinstimmung bringen lässt, weigern sich etliche Autoren, die mündliche Überlieferung der Herero bei ihren Arbeiten mit zu berücksichtigen.

Bezüglich der Schlacht am Little Big Horn liefern die Aussagen indianischer Augenzeugen kein einheitliches Bild der Vorgänge. Dies stellte die meisten Historiker vor etliche Rätsel und trug mit zum Mythos Custer bei. Erst als man berücksichtigte, dass indianische Kombattanten gemäß ihres Einzelverständnisses nur das berichten, was sie individuell erlebten, ergab sich ein Gesamtbild, welches sich mit den Ergebnissen neuester Forschungen auf dem Schlachtfeld deckt.

Bei dieser Gelegenheit noch ein Lob für Scorpios fundierte und ausgewogene Darstellung.

Gneisenau
 
Ich sehe bei den "Schlachten" der Indianerkriege im Bezug auf die militärischen Leistungen der US-Army immer wieder eine reichliche Überschätzung, die daran liegen mag, dass die USA so gravierend wie wohl kaum ein anderer Staat einen Unterschied in der Zahl der Soldaten zwischen den Friedens- und Kriegszeiten hatte. Das zeigte sich dann auch im Bürgerkrieg und wie klein der Stamm der regulären Armee war, auf welchen dann die Truppen beider Parteien aufgebaut wurden. Bei einem so kleinen Heer musste die Vernichtung einer noch so kleinen Einheit, wir sprechen hier von Kompanien oder dergleichen, selbst wenn wir es jetzt auf die gesamte 7. Kavallerie übertrügen, eine Riesensensation darstellte. Bei Custer und Sheridan, das gebe ich zu, muss man die Karriere der beiden im Bürgerkrieg im Auge behalten. Die Kavallerie, die sich bald schon während des Krieges eher untereinander oder in Raids schlug, genoss durch die gewagte Art ihres Kampfes und die Charakterköpfe wie Sheridan oder J.E.B. Stuart auf der anderen Seite einen besonders herausragenden Ruf. Die Zerstörung der Infrastruktur des Gegners und der Nachschübe trug sicherlich dazu bei.
 
Die Kavallerie, die sich bald schon während des Krieges eher untereinander oder in Raids schlug, genoss durch die gewagte Art ihres Kampfes und die Charakterköpfe wie Sheridan oder J.E.B. Stuart auf der anderen Seite einen besonders herausragenden Ruf. Die Zerstörung der Infrastruktur des Gegners und der Nachschübe trug sicherlich dazu bei.

Wobei ich bei der US-Army des 19. Jahrhunderts mit dem Begriff Kavallerie ein bisschen Probleme habe. Eigentlich war es berittene Infanterie (Dragoner), die meist abgesessen kämpfte - kein Vergleich zu den meisten europäischen Pendants.
 
Bezüglich der Schlacht am Little Big Horn liefern die Aussagen indianischer Augenzeugen kein einheitliches Bild der Vorgänge.

Das hat aber nichts damit zu tun, dass es Indianer waren die Augenzeugenaussagen machten, sondern damit zu tun, dass jeder Mensch ein eigenes Bild der Situation herstellt. Das ist aus der Oral History sehr bekannt. Zehn Menschen die alle am gleichen Ort zur gleichen Zeit waren, erzählen zehn verschiedene Geschichten.

Es spielen da verschiedene Faktoren mit. Wann wurde die Befragung gemacht, wie wurden die Fragen ausgewählt, was für Zeugen werden ausgewählt usw.


Dies stellte die meisten Historiker vor etliche Rätsel und trug mit zum Mythos Custer bei. Erst als man berücksichtigte, dass indianische Kombattanten gemäß ihres Einzelverständnisses nur das berichten, was sie individuell erlebten, ergab sich ein Gesamtbild, welches sich mit den Ergebnissen neuester Forschungen auf dem Schlachtfeld deckt.

Das die Historiker, das erst spät zur Kenntnis nahmen, hat damit zu tun, das die Oral History mit Skepsis betrachtet wurde. Erst in neuerer Zeit wird diese Art von Geschichtsschreibung akzeptiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hat aber nichts damit zu tun, dass es Indianer waren die Augenzeugenaussagen machten, sondern damit zu tun, dass jeder Mensch ein eigenes Bild der Situation herstellt. Das ist aus der Oral History sehr bekannt. Zehn Menschen die alle am gleichen Ort zur gleichen Zeit waren, erzählen zehn verschiedene Geschichten.

Aus dem Hottentottenkrieg liegen uns allerdings eine ganze Reihe umfassender Darstellungen von Seiten der Nama vor. So wurde beispielsweise Cornelius, der Führer der Nord-Bethanier, nach seiner Kapitulation von deutschen Offizieren zu seinen Kriegszügen befragt. Dessen Schilderungen stehen den amtlichen Werken des deutschen Generalstabes bzw. den privaten Aufzeichnungen deutscher Kriegsteilnehmer in Nichts nach. Vergleichbare Darstellungen sind mir von den Plainsindianern nicht bekannt. Allerdings hatte Cornelius den Vorteil, dass er während des Hererofeldzuges auf deutscher Seite gekämpft und dabei die Kriegsführung der Schutztruppe hatte studieren können.

Gneisenau
 
Aus dem Hottentottenkrieg liegen uns allerdings eine ganze Reihe umfassender Darstellungen von Seiten der Nama vor. So wurde beispielsweise Cornelius, der Führer der Nord-Bethanier, nach seiner Kapitulation von deutschen Offizieren zu seinen Kriegszügen befragt. Dessen Schilderungen stehen den amtlichen Werken des deutschen Generalstabes bzw. den privaten Aufzeichnungen deutscher Kriegsteilnehmer in Nichts nach. Vergleichbare Darstellungen sind mir von den Plainsindianern nicht bekannt. Allerdings hatte Cornelius den Vorteil, dass er während des Hererofeldzuges auf deutscher Seite gekämpft und dabei die Kriegsführung der Schutztruppe hatte studieren können.

Gneisenau

Ich kenne weder die einen noch die andern Berichte. Nur wen ich das lese, was du da geschrieben hast, dann kommen mir doch die einen oder andern Zweifel an der Objektivität. Sieht mir sehr nach einseitiger Betrachtungsweise aus. Wie gesagt, ich kenn die Berichte nicht, da müsste ich mich zuerst einlesen. Um das historisch berurteilen zu können.
 
Es gibt keinen Offizier in der US-Armee, über den soviel geschrieben, diskutiert und gestritten wird. Von einer allgemein recht eindeutigen Beurteilung kann überhaupt keine Rede sein. Teilweise wird diese Diskussion von Emotionen beherrscht, was selten zu einem sachlichen und ausgewogenen Urteil führt. Stattdessen sehen wir eine Polarisierung, welche weder Custer noch seiner Epoche gerecht wird.

Historiker kommen bezüglich Custer vermutlich leichter zu anderen Ergebnissen als die 'Szene' der Wildwestbegeisterten etc, unter denen es in der Tat viele gibt, für die Custer (u.a.) noch heute als Held gilt und wo er eine Verehrung erfährt, die seiner 'Begabung' und seinen Leistungen nicht entspricht. Der Kreis der auf Heldenverehrung gepolten Custer-Afficionados ist selten zu einem sachlichen, geschweige denn ausgewogenen Urteil fähig und sieht alles, was auch nur zaghaft Kritik ins Spiel bringen möchte, als grob einseitig (der Splitter beim anderen und der Balken im eigenen....), als Affront und einer angeblichen political correctness geschuldet.

Mich stören deine Hinweise hierauf in diesem Zusammenhang auch beträchtlich, da ich deine Argumentation teils bei weißen US-Amerikanern kennengelernt habe, die auch heute noch der unerschütterlichen Meinung sind, die Indianer hätten ausgerotten gehört und es sei schade, daß dies nicht gelungen sei - bzw in leichter Abmilderung, die Indianer seien eben die Schwächeren mit unterlegener Bewaffnung und Kultur gewesen und hätten dem Fortschritt im Wege gestanden und weichen müssen.

So liegt es auch weniger an einem auf political correctness ausgerichteten Paradigmenwechsel, daß die Betrachtungsweise sich änderte. Es geht schlicht darum, daß bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die ursprüngliche Bevölkerung des Kontinents als dem Fortschritt hinderliche 'Wilde' angesehen wurde, denen man (Menschen)Rechte verweigerte. Daß hier allmählich eine Sichtweise durchdrang, die die Indianer als Menschen wahrnimmt, ist nur zu begrüßen. Ansätze hierzu zeigen sich jedoch bereits in einigen in den 50ern entstandenen Filmen (zb der Gebrochene Pfeil, der zwar auch nicht über jegliche Kritik in historischer Hinsicht erhaben ist, jedoch zumindest die auftretenden Indianer als Menschen darstellt).

Im übrigen liegt die Ära der political correctness - wie du sicher auch sehr wohl weißt - deutlich hinter den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Wer derart unzutreffende Zuordnungen vornimmt, wird sich gefallen lassen müssen, auf seine diesbezügliche Motivation hin befragt zu werden.

Ebenfalls nicht den Indianern, garantiert aber auch keiner political correctness anzulasten ist der Umstand, daß ab Ende der 60er Jahre ein paar Hollywoodfilme entstanden sind, die nur vordergründig die Thematik des Wilden Westens bearbeiten, jedoch realiter anhand dieser Thematik den Krieg in Vietnam und dessen Parameter darstellen bzw kritisieren wollen. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Filme zeichnen sich zwar - einerseits erfreulich - durch eine Darstellung der Indianer aus, die nunmehr davon ausgeht, es handelte sich um Menschen (nicht 'Wilde' oder gar Tiere), denen Unrecht geschehen ist, und erkennen auch Ansprüche auf die bewohnten Gebiete an, sind aber andererseits immer noch keine wirklichkeits- bzw detailgetreuen oder historisch korrekten Darstellungen (siehe zb Soldier Blue, in dem der Angriff auf das Dorf eine Allegorie auf My Lai ist und der ua den Angriff von einer regulären Armeeeinheit durchführen läßt, was historisch unkorrekt ist, jedoch den Intentionen sonst nicht hätte entsprechen können). Unter Indianern in den USA sind diese Filme daher nicht umstritten, sondern sie werden abgelehnt, sowohl in ihrer Intention als auch in ihrer Umsetzung.

Der von dir herangezogene Film von 1941 fällt andererseits in eine Zeit, in der die Eroberung des Westens und die Beseitigung der Indianer (noch) als schicksalhaft unabwendbar und notwendige Vorgehensweise betrachtet wurde. Zum anderen sind Filme aus der Zeit häufig ebenfalls mit einer immanenten politischen Botschaft zu verstehen, die im Zweiten Weltkrieg verortet werden muß. Sprich: die eigentliche Botschaft und Zielsetzung ist es, die Bereitschaft zum Krieg zu stärken und den Opferwillen ('They died with their boots on'...) zu fördern; der Schauplatz ist daher weniger wichtig, da die primäre Intention die Beförderung einer Botschaft ist. Denselben Zweck erfüllten zb in den 60er Jahren Filme über den Zweiten Weltkrieg.

Custer ist in der Tat als Integrationsfigur unbrauchbar - daß du dies überhaupt in Erwägung ziehen magst, befremdet doch einigermaßen. Natürlich ist Custer genau dafür nicht geeignet, außer du möchtest eine gesamte Gruppe der Bevölkerung von vorneherein ausschließen und beziehst die Integrationsbemühungen nur auf weiße Einwanderer.

Offensichtlich siehst Du hier den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Die US-Armee und namentlich auch Custer benötigten damals in den Plains dringend einen militärischen Erfolg. Black Kattle und seine Cheyenne waren dabei ein leichtes Opfer, da sie selbst kriegerische Handlungen nicht erwartet hatten. Bei Washita wurde der dringend benötigte Erfolg erzielt, obwohl die Fakten, die mir übrigens wohl bekannt sind, eher für ein politisches und militärisches Desaster sprechen.

Es wäre freundlich, wenn du beim Verfassen deiner Beiträge die netiquette einigermaßen im Auge behältst. Daß du andere Meinungen als deine als Holzwege wahrnimmst, bedarf keines weiteren Kommentars.

Es ist mE auch im militärischen Sinne nicht als positiv im Sinne eines leichten Sieges zu charakterisieren, wenn Menschen angegriffen werden, die sich um Frieden bemühen, Verträge eingegangen sind und auf deren Einhaltung achten, sich ferner in einem Gebiet befinden, daß ihnen zur Nutzung überlassen und zugesichert wurde. Im weiteren war es seinerzeit kein Geheimnis, wo sich die Winterdörfer der Southern Cheyenne und Arapaho befanden. Gerade weil es sich um ein Dorf 'friedlicher' Indianer handelte, führten deutlich sichtbare, breite Spuren dorthin. Eine weitere, frische Spur wurde von einer Gruppe Kiowa hinterlassen, die kurz vor Custer durchgezogen war. Ein nicht auf Kriegshandlungen eingerichtetes Dorf stellte auch weitaus weniger Wachen aus. Es 'gelang'???

Der nach deinen Worten dringend benötigte Erfolg wurde schon dadurch konterkariert, daß eine durch Verträge gebundene Gruppe der Cheyenne angegriffen wurde - somit war die Botschaft an andere, noch nicht 'befriedete' Gruppen, daß es sich nicht lohnt, Verträge einzugehen und sie einzuhalten, da man sich dadurch offenbar geradezu zur Zielscheibe machte. Dies war in der Tat ein militärisches sowie auch politisches Desaster (allerdings ein politischer Erfolg für diejenigen, die die konsequente und gründliche Ausrottung der Indianer forderten, da sie aus der resultierenden zögerlichen Haltung vieler Gruppen nach dem Washita entsprechenden Profit ziehen konnten).
Allein in der Verwendung von Begriffen wie 'leichter Sieg' und 'dringend benötigter Erfolg' in Bezug auf eine militärische Aktion, die einem 'Gegner' gilt, der bereits einen Friedensvertrag eingegangen ist, demnach keine gegen sich gerichteten Kriegshandlungen (mehr) erwartet und der angesichts der angerückten Soldaten noch Verhandlungsbereitschaft signalisiert anstatt konsequente Verteidigung zu betreiben, bricht sich ein erheblicher Zynismus Bahn, wenn man nicht noch deutlichere Charakteristika heranziehen möchte.

Es bringt auch nicht viel, Custer in Bezug auf Gleichgesinnte bzw 'noch Schlimmere' zu setzen, außer der Erkenntnis, daß sich Custer in einem Umfeld bewegte, in dem bestimmte Personen als der Ausrottung, allenfalls noch der kompletten Unterwerfung würdig gesehen wurden und das außerdem kaum Rücksichten gegenüber Untergebenen kannte und hohe eigene Verluste in Kauf nahm, sofern sich diese publizistisch positiv umsetzen ließen.

Von den Intentionen her handelt es sich hier mE um eine Aktion, die als Ethnozid angesehen werden muß, und zwar nicht aufgrund der Zahl der Todesopfer auf Seiten der Cheyenne, trotz des Umstandes, daß die Mehrzahl der Todesopfer Nichtkombattanten waren. Viel weitreichendere Konsequenzen hatte die Praxis, nicht nur die Pferdeherden der Überfallenen zu töten, sondern insbesondere die Vernichtung der Wintervorräte, der tipis und Haushaltsgegenstände, der Bekleidung und der Vorräte an bearbeiteten Häuten. Dies bedeutete, daß alle Personen, die den Überfall lebend überstanden und flüchten konnten, alle Habe und Vorräte verloren hatten, was unter den gegebenen Bedingungen im Winter den Tod weiterer Opfer verursachen mußte. Selbst wenn sich Flüchtlinge zu Verwandten in anderen Dörfern retten konnten, bedeutete dies, daß die dort vorhandenen Ressourcen auf mehr Personen verteilt werden mußten, so daß die Notlage eine noch breitere Basis bekam.

Zu deinen abschließenden, thematisch abweichenden Erörterungen möchte ich anmerken, daß es nicht angehen kann, eine Vorgehensweise zu absolutieren und Ethnozid zu negieren, weil es in Jahrhunderten oder auch Jahrzehnten einer darauf abzielenden Praxis in einem Fall dann doch zu einem militärischen Sieg der 'anderen Seite' kam. Mit anderen Worten: ein solcher einmaliger Sieg ist nicht mehr als ein punktuelles Ereignis in einer Folge jahrzehnte/jahrhundertelanger Unterwerfungsbemühungen. Wer ein derartiges punktuelles Ereignis heranziehen mag, um hierauf begründet anderen Geschichtsklitterung vorzuwerfen, weil sie dieses Ereignis nicht an prominenter Stelle ein- und allen anderen Ereignissen überordnen, trifft damit eher eine Aussage über eigene Standpunkte.
 
Was "Long Hair" Custer angeht, so ist er wohl als Idenfikationsfigur und "nationaler Held" reichlich demontiert worden. Interessanter erscheint mir die Frage, wie die militärischen und diplomatischen Fähigkeiten und Leistungen berühmter Kriegshäuptlinge wie Red Cloud, Sitting Bull, Crazy Horse, Cochise oder Geronimo zu bewerten sind.

Die Indianer hatten ein vom europäisch/ amerikanischen radikal abweichendes Kriegsethos. Die Vorstellung, ein Schlachtfeld zu behaupten, war den Indianern fremd. Ein Häuptling, selbst ein berühmter, genoss Ansehen und Autorität aufgrund seiner Leistungen, eine auf Befehl und Gehorsam basierende Autorität war allerdings nicht gegeben. Krieg wurde geführt um Weide- und Jagdrechte, um Pferde oder Gefangene zu erbeuten, um sich einen Namen zu machen. Oft galt es als ehrenvoller, einen Gegner nur mit einem Stock zu berühren, statt ihn zu töten. Es gab generationenlange Feindschaften zwischen verschiedenen Stämmen, die sich die Weißen nach dem Motto "divide et impera" zu Nutzen machten.

Eine Allianz verschiedener Stämme zuwege zu bringen und eine Truppe von Kriegern nicht nur zusammenzubringen, sondern sie auch zusammenzuhalten, war eine große diplomatische Leistung. Im Guerillakrieg zeigten Männer wie Red Cloud, Sitting Bull, Crazy Horse oder Cochise, dass sie keineswegs zu unterschätzen waren und durchaus das Prädikat "die beste leichte Kavallerie der Welt" verdienten.

So hatte Crazy Horse die Taktik und Kampfesweise der Amerikaner studiert. Die Kavalleristen waren gewohnt, in Formation zu kämpfen. In der Schlacht am Rosebud schlug Crazy Horse General "Three Stars" Crook. Mit ihren schnellen Ponys unternahmen die Sioux schnelle Angriffe, um die Amerikaner daran zu hindern, sich zu vereinigen und hielten sie so in der Defensive. Dabei bemühte sich Crazy Horse, seine Krieger niemals frontal ins Karabinerfeuer zu führen, sondern die Flanken anzugreifen, sie zur Verfolgung zu reizen und auf der ganzen Front zu beschäftigen.

Im März 1876 wurde Crazy Horse Dorf angegriffen. Es wurden zahlreiche Vorräte und Ponys erbeutet. Bei Nacht unternahm Crazy Horse einen Gegenangriff auf das Lager der Soldaten, obwohl es sehr kalt war und nur die wenigsten Indianer warme Kleidung besaßen. Crazy Horse konnte dabei fast alle Ponys wieder zurück erbeuten.
 
Dass ein Offizier ehrgeizig ist und an seiner Karriere arbeitet, wird man ihm fairerweise nicht vorwerfen können. Schon eher, wenn er übermäßig hohe eigene Verluste erleidet und für die Probleme und Leiden der eigenen Soldaten wenig Verständnis zeigt. Custer war ein eitler Selbstdarsteller, der im Grunde genommen sein Schicksal durch sträflichen Leichtsinn, Unterschätzung des Gegners und taktische Fehler selbst heraufbeschwor.

Doch Custer war mit seinem Stil über Jahre hinaus sehr erfolgreich, und er hatte durchaus auch einflußreiche Gönner in der Armee, die seinen Aufstieg forcierten. Seine verwegenen Attacken forderten hohe eígene Verluste, doch Custer schien genau der Kavallerieführer zu sein, den der Norden brauchte. Sozusagen ein zweiter J.E. B. Stuart, der sich natürlich auch gut für die Propaganda eignete.


Einen Helden, eine Ikone brauchte man aber auch nach dem Debakel am Little Bighorn. Zum einen lieferte das "Custermassaker" einen Vorwand, gleich ohne viel Federlesens ganz mit den Indianern Schluß zu machen, wobei der Zorn der Amerikaner tatsächlich zuerst die Indianer traf, die in ihren Reservationen geblieben waren. Die Regierung Grant steckte in einer Krise. Es hatte mehrere Korruptionsskandale gegeben, in die selbst der Bruder des Präsidenten verwickelt war. Der Indianerkrieg war bei näherer Betrachtung ein überaus schmutziger, dem jede Gloriole des Romantischen abging. Nun aber erwies sich der großangelegte Vernichtungsfeldzug gegen die Sioux und Cheyenne als ein peinlicher Flop, und das noch dazu zum 100 jährigen Jubiläum der USA. Da war es bequemer, von einem Massaker brutaler Wilder zu sprechen und Horrorgeschichten zu verbreiten. So hatte Rain in the Face Tom Custer prophezeit, dass er ihm das Herz aus der Brust schneiden werde, weil dieser ihn durch Verrat gefangengenommen hatte. Eine Prophezeiung, die Rain in the Face auf dem Schlachtfeld wahrmachte. Das war natürlich eine furchtbare Barbarei, verglichen mit dem mehr "zivilisierten" Vorgehen der Soldaten gegen Squaws und Alte.

Custer wurde so noch im Tod zu einer Ikone, und mit seiner Selbstinszenierung ist er letztlich noch Jahre über seinen Tod hinaus erfolgreich gewesen.


Es war schon vor dem Vietnamkrieg, dass Hollywood auch sympathische Indianer porträtierte, doch denke ich, dass die Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre schon zu einer größeren Bereitschaft führte, sich kritischer mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.

In den meisten bekannteren Western wie "Little Big Man" oder auch in einer Folge von "Dr. Quinn" erscheint Custer meist als eitel und skrupellos, doch die Glorifizierung von "Aughtie" wirkt heute noch nach, wie auf dieser amerikanischen Seite GEORGE CUSTER HOME PAGE


Ein Western "The Son of the Morning Star" (General Custers letzte Schlacht) zeichnet insgesamt ein eher positives Bild von Custer, wobei die Geschichte aus zwei verschiedenen Erzählperspektiven wiedergegeben wird. Und zwar Einmal aus "Libbys" Sicht und aus der einer Cheyennefrau.
 
Die Indianer hatten ein vom europäisch/ amerikanischen radikal abweichendes Kriegsethos. Die Vorstellung, ein Schlachtfeld zu behaupten, war den Indianern fremd. Ein Häuptling, selbst ein berühmter, genoss Ansehen und Autorität aufgrund seiner Leistungen, eine auf Befehl und Gehorsam basierende Autorität war allerdings nicht gegeben. Krieg wurde geführt um Weide- und Jagdrechte, um Pferde oder Gefangene zu erbeuten, um sich einen Namen zu machen. Oft galt es als ehrenvoller, einen Gegner nur mit einem Stock zu berühren, statt ihn zu töten. Es gab generationenlange Feindschaften zwischen verschiedenen Stämmen, die sich die Weißen nach dem Motto "divide et impera" zu Nutzen machten.

Eine Allianz verschiedener Stämme zuwege zu bringen und eine Truppe von Kriegern nicht nur zusammenzubringen, sondern sie auch zusammenzuhalten, war eine große diplomatische Leistung. Im Guerillakrieg zeigten Männer wie Red Cloud, Sitting Bull, Crazy Horse oder Cochise, dass sie keineswegs zu unterschätzen waren und durchaus das Prädikat "die beste leichte Kavallerie der Welt" verdienten.

So hatte Crazy Horse die Taktik und Kampfesweise der Amerikaner studiert. Die Kavalleristen waren gewohnt, in Formation zu kämpfen. In der Schlacht am Rosebud schlug Crazy Horse General "Three Stars" Crook. Mit ihren schnellen Ponys unternahmen die Sioux schnelle Angriffe, um die Amerikaner daran zu hindern, sich zu vereinigen und hielten sie so in der Defensive. Dabei bemühte sich Crazy Horse, seine Krieger niemals frontal ins Karabinerfeuer zu führen, sondern die Flanken anzugreifen, sie zur Verfolgung zu reizen und auf der ganzen Front zu beschäftigen.


Tatsächlich verfügten die Plainsindianer über eine hervorragende leichte Kavallerie. In dem Gefecht am Rosebud gelang es den Plainsindianern, die Vorzüge der leichten Kavallerie - Schnelligkeit und Beweglichkeit - auszuspielen. Mit ihrer Kampfkraft beeindruckten Crazy Horse und seine Plainsindianer General Crook derart, dass dieser seinen Vormarsch aufgab. Crooks Rückzug bedeutete praktisch das Ausscheiden seiner Abteilung aus dem Feldzug gegen die aufsässigen Plainsindianer. Als Folge von Crooks Rückzug konnten die Plainsindianer am Little Big Horn die Masse ihrer Krieger gegen Custer in das Gefecht werfen.

Als Jäger und Sammler waren die Plainsindianer gewohnt, in überschaubaren Gruppen zu leben, zu jagen und zu kämpfen. Am Little Big Horn waren neueren Schätzungen zufolge etwa. 6.000 bis 8.000 Plainsindianer versammelt, darunter etwa 1.500 bis 2.000 Krieger. Für die Plainsindianer war dies schon eine beachtliche Zahl und es bedeutete eine nicht geringe Leistung, soviel Menschen zusammenzubringen bzw. zusammenzuhalten.

Zitat Scorpio: Dass ein Offizier ehrgeizig ist und an seiner Karriere arbeitet, wird man ihm fairerweise nicht vorwerfen können. Schon eher, wenn er übermäßig hohe eigene Verluste erleidet und für die Probleme und Leiden der eigenen Soldaten wenig Verständnis zeigt. Custer war ein eitler Selbstdarsteller, der im Grunde genommen sein Schicksal durch sträflichen Leichtsinn, Unterschätzung des Gegners und taktische Fehler selbst heraufbeschwor.

Damals galt die Militärdoktrin, dass eine disziplinierte und gut bewaffnete Truppe auch einer vielfach stärkeren Eingeborenenstreitmacht überlegen sei. Dass dies nicht unbedingt zutreffen musste, zeigen sowohl das Gefecht am Rosebud als auch Custers Niederlage am Little Big Horn. Dass Custer der damals gültigen Militärdoktrin folgte, kann man ihm allenfalls mit Einschränkungen vorwerfen. Zudem hatten die in den vorangegangenen Kriegen gegen die Plainsindianer gemachten Erfahrungen gezeigt, wie schwer es war, sie zu finden bzw. zu überraschen. Eine erfolgreiche Bekämpfung der Plainsindianer war jedoch angesichts ihrer Schnelligkeit und Beweglichkeit ohne Überraschung nur schwer möglich. Am 25. Juni 1876 war es Custer - dank seiner Indianerscouts - gelungen, die aufsässigen Plainsindianer zu finden und unbemerkt in ihre Nähe zu gelangen. Aufgrund einer verloren gegangen Proviantkiste musste den Plainsindianern am Little Big Horn die Anwesenheit jedoch demnächst bekannt werden. Noch bestand allerdings die Möglichkeit zu einem überraschend vorgetragenen Angriff, selbst wenn die Nachricht über die Anwesenheit von Soldaten schon in das Indianerlager gelangt sein sollte. In Anbetracht der Kampfkraft seines Regimentes konnte ein solcher Überraschungsangriff auch bei feindlicher Übermacht zu einem Erfolg führen. Die Teilung seines Regiments in drei Bataillone muss jedoch als entscheidender taktischer Fehler angesehen werden.

Zitat Scorpio: Doch Custer war mit seinem Stil über Jahre hinaus sehr erfolgreich, und er hatte durchaus auch einflußreiche Gönner in der Armee, die seinen Aufstieg forcierten. Seine verwegenen Attacken forderten hohe eígene Verluste, doch Custer schien genau der Kavallerieführer zu sein, den der Norden brauchte. Sozusagen ein zweiter J.E. B. Stuart, der sich natürlich auch gut für die Propaganda eignete.


Die Überlegenheit der Konförderierten zu Beginn des Krieges lag u. a. auch an ihrer Kavallerie, wobei in diesem Zusammenhang natürlich der Name Stuart genannt werden muss. Die mangelnde Qualität der Unionskavallerie versuchte Custer u. a. durch Verwegenheit wett zu machen. Auf seine Art war Custer tatsächlich sehr erfolgreich.

Zitat Scorpio: Ein Western "The Son of the Morning Star" (General Custers letzte Schlacht) zeichnet insgesamt ein eher positives Bild von Custer, wobei die Geschichte aus zwei verschiedenen Erzählperspektiven wiedergegebenwird. Und zwar Einmal aus "Libbys" Sicht und aus der einer Cheyennefrau.

Ich kenne den Film unter dem Titel Custers Last Stand - General Gusters letzte Schlacht. Er bemüht sich um eine getreue Schilderung der damaligen Ereignisse. Interessant wird der Film insbesondere auch durch die angesprochene Erzählperspektiven. So überlässt es der sehr ausgewogen gestaltete Film jedem Zuschauer selbst, zu einem eigenen Urteil zu gelangen.

Gneisenau
 
Historiker kommen bezüglich Custer vermutlich leichter zu anderen Ergebnissen als die 'Szene' der Wildwestbegeisterten etc, unter denen es in der Tat viele gibt, für die Custer (u.a.) noch heute als Held gilt und wo er eine Verehrung erfährt, die seiner 'Begabung' und seinen Leistungen nicht entspricht. Der Kreis der auf Heldenverehrung gepolten Custer-Afficionados ist selten zu einem sachlichen, geschweige denn ausgewogenen Urteil fähig und sieht alles, was auch nur zaghaft Kritik ins Spiel bringen möchte, als grob einseitig (der Splitter beim anderen und der Balken im eigenen....), als Affront und einer angeblichen political correctness geschuldet.

Mich stören deine Hinweise hierauf in diesem Zusammenhang auch beträchtlich, da ich deine Argumentation teils bei weißen US-Amerikanern kennengelernt habe, die auch heute noch der unerschütterlichen Meinung sind, die Indianer hätten ausgerotten gehört und es sei schade, daß dies nicht gelungen sei - bzw in leichter Abmilderung, die Indianer seien eben die Schwächeren mit unterlegener Bewaffnung und Kultur gewesen und hätten dem Fortschritt im Wege gestanden und weichen müssen.

So liegt es auch weniger an einem auf political correctness ausgerichteten Paradigmenwechsel, daß die Betrachtungsweise sich änderte. Es geht schlicht darum, daß bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die ursprüngliche Bevölkerung des Kontinents als dem Fortschritt hinderliche 'Wilde' angesehen wurde, denen man (Menschen)Rechte verweigerte. Daß hier allmählich eine Sichtweise durchdrang, die die Indianer als Menschen wahrnimmt, ist nur zu begrüßen. Ansätze hierzu zeigen sich jedoch bereits in einigen in den 50ern entstandenen Filmen (zb der Gebrochene Pfeil, der zwar auch nicht über jegliche Kritik in historischer Hinsicht erhaben ist, jedoch zumindest die auftretenden Indianer als Menschen darstellt).

Im übrigen liegt die Ära der political correctness - wie du sicher auch sehr wohl weißt - deutlich hinter den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Wer derart unzutreffende Zuordnungen vornimmt, wird sich gefallen lassen müssen, auf seine diesbezügliche Motivation hin befragt zu werden. usw. usw. usw. usw. usw. usw.



Daß du andere Meinungen als Deine als Holzwege wahrnimmst, bedarf keines weiteren Kommentars.

Gneisenau
 
Ich kenne weder die einen noch die andern Berichte. Nur wen ich das lese, was du da geschrieben hast, dann kommen mir doch die einen oder andern Zweifel an der Objektivität. Sieht mir sehr nach einseitiger Betrachtungsweise aus. Wie gesagt, ich kenn die Berichte nicht, da müsste ich mich zuerst einlesen. Um das historisch berurteilen zu können.


Auch im Verband ihres Stammes kämpfend, waren die Plainsindianer Einzelkämpfer, welche gezielt denZweikampf suchten, vorzugsweise im Nahkampf. Entsprechend anspruchsvoll war es für einen Führer, eine größere Zahl von Plainsindianern im Kampf zu führen. Umso höher ist die glänzende taktische Führung von Crazy Horse am Rosebud einzuschätzen.

Die Erzählungen der Plainsindianer zu dem Gefecht am Little Big Horn beruhen auf dem Verständnis als Einzelkrieger, der nur das berichtet, was er individuell im Gefecht erlebt. So berichtete der Cheyenne Soldier Wolf, dass die Soldaten sich „närrisch verhielten und wie betrunken wirkten.“ Offensichtlich kam es bei den Soldier Wolf gegenüberstehenden Soldaten zu Fällen von Panik und lähmender Todesangst. Der Sioux Crow King dagegen berichtete, dass die Soldaten „wie tapfere Krieger bis zum letzten Mann kämpften.“ Solche Diskrepanzen in den Erzählungen der Plainsindianer führten dazu, dass diese Äußerungen lange Zeit nicht ernst genommen wurden. Allenfalls nahm die amerikanische Öffentlichkeit Aussagen wie die von Crow King zur Kenntnis, welche dem Custer-Mythos entsprachen.


Im Vorwort zum Generalstabswerk über den Hottentottnkrieg ist zu lesen: "Durch die Aussagen der inzwischen von dem Generalstabsoffizier des Etappenkommandos, Major Maerker, vernommenen Hottentotten-Großleute ist es möglich geworden, das Bild der Ereignisse auf seiten der Aufständischen wesentlich zu vervollständigen und zu beleben." Es muß den Sachbearbeitern der Kriegsgeschichtlichen Abteilung I des Großen Generalstabes als Verdienst angerechnet werden, dass die betreffenden Aussagen bei der Erstellung des Generalstabswerkes berücksichtigt wurden. Nicht zuletzt dadurch wird das Generalstabswerk den militärischen Leistungen der Nama vollauf gerecht und zu einer wertvollen historischen Quelle.

Nachfolgend zwei Äußerungen von Cornelius, welche das Verständnis und die Beobachtungsgabe dieses Nama-Kapitäns zeigen:

"Ich war sehr im Druck, meine Vorhut und Nachhut waren schon mit dem Feind im Kampf, ich wich nun aus dem Fischfluß nach Westen aus, in einen Seitenfluß hinein und in einem großen Bogen kamen wir wieder in den Fischfluß." Bericht über die Kämpfe im Fish-River-Canyon, Juni 1905

"Die deutsche Truppe hatte mich schon so umstellt, daß ich gar nicht mehr wußte, wie ich mich retten sollte. Die Truppe hat sich aber wohl von den Kanonen nicht trennen wollen, daher kam sie nur langsam vorwärts, und ich konnte mich retten. Der Weg dort ist furchtbar steil und es ist ein wahres Wunder, daß die Deutschen die Kanonen überhaupt so weit mitbekommen haben." Bericht über das Gefecht bei der Gersdorff-Höhe am 03.07.1905

Es ist schon bemerkenswert, dass diese Darstellungen in das Generalstabswerk aufgenommen wurden. Denn Cornelius beschreibt dabei, wie er einerseits dank seinem militärischen Geschick den deutschen Kommandeuren immer wieder ein Schnippchen schlagen konnte, andererseits den deutschen Offizieren aber auch selbst Fehler unterlaufen sind. Seine Schilderungen zeigen u. a. dass es sich bei dem „Gewinnen der Oranje-Linie“ seitens der Schutztruppe im Sommer 1905 weniger um einen Erfolg als vielmehr um einen Fehlschlag gehandelt hat.

Gneisenau
 
Es gibt ein recht lesenswertes, heute leider vergriffenes, deutschsprachiges Buch über den Kampf der Sioux, Cheyenne und Apachen: Jürgen Misch, "Der letzte Kriegspfad". Der Autor berichtet dabei u. a. vom Angriff des Bataillions von Major Marcus Reno. Renos Leute wurden durch vier mit modernsten Repetiergewehren ausgerüsteten Krieger auf- und in die defensive gehalten, die diese offenbar von Indianerhändlern erworben hatten. Einige der Überlebenden von Renos Männern behaupteten später steif und fest, dass ein Weißer auf Seiten der Indianer gekämpft habe.
 
Es gibt ein recht lesenswertes, heute leider vergriffenes, deutschsprachiges Buch über den Kampf der Sioux, Cheyenne und Apachen: Jürgen Misch, "Der letzte Kriegspfad".

Das habe ich auch mal gelesen. Ist allerdings aus der dtv-Junior-Reihe und insofern wohl nur als (guter) Einstieg geeignet und nicht für´s wissenschaftliche Arbeiten. Gibt´s übrigens bei zvab zur Zeit ab 7.- €.

ZVAB - Juergen Misch, "Der letzte Kriegspfad Der"
 
Ich denke, in einem Punkt war Custer sehr modern, nämlich in Punkto Kriegführung und Medien. Er war wohl einer der ersten, wenn nicht der erste Kommandeur, der Interviews gab und sozusagen gleichzeitig sein eigener Pressechef war.
 
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