Das europäische Christentum im Hochmittelalter

Pope

Aktives Mitglied
Ich möchte den Kreuzzugsstrang nicht weiter in Beschlag nehmen, daher ein Nebenstrang.

1. Meine Frage lautet, ob das vom Papst in Rom gepredigte Christentum um die Zeit des ersten Kreuzzuges Züge einer totalitären und autokratischen Ideologie trägt, die alles davor gewesene in den Schatten stellt.

totalitär, weil alle Lebensbereiche umfassend/umfassen wollend.
autokratisch, weil die Lehre zentral und von oben herab diktiert wurde, und selten Widerspruch und erst recht keine Alternativen tolerierte.

2. Inwiefern lässt sich eine Doppelmoral des Heiligen Stuhls und seiner Vertreter ausmachen, was belegen würde, dass sie opportunistisch und den göttlichen Prinzipien nach untreu handelten.

3. Ist jede Tat eines Menschen, der gläubig ist, entschuldbar? Oder gab es nicht zu jeder Zeit moralische Standards, deren Übertretung auch damals nicht mit dem Argument der eigenen Gottgefälligkeit zu entschuldigen war?

Ich hoffe auf Anregungen in diesen Fragen.
 
Seldschuk schrieb:
Interessante Fragestellung. Die Antworten dürften sehr heiss und kontrovers werden. Da freue ich mich schon drauf.

Ich würde mich lieber über kompetente Antworten freuen, aber ob da so viele kommen werden?

Die Fragestellung ist durchaus interessant, aber es ist nicht leicht, festzulegen, wann man bei einer Ideologie oder Religion von Doppelmoral sprechen kann.

Bei einem Individuum ist es noch verhältnismäßig einfach: Erklärt ein Moralprediger die monogame Ehe zum höchsten Gut und Ehebruch zum Verbrechen, hält sich aber neben seiner Ehefrau heimlich eine Geliebte, liegt Doppelmoral vor.
Lehrt er allerdings, die Ehe sei ein hohes Ideal, doch sei es unter gewissen Umständen gerechtfertigt, sich eine Konkubine zuzulegen, liegt keine Doppelmoral vor.

Wie ist das aber bei einer Institution? Wenn z. B. Vertreter A eine Maxime predigt (und sich daran hält), während Vertreter B sagt, die Maxime sei grundsätzlich völlig richtig, doch müsse man dies im Einzelfall auch mal anders auslegen?
 
@ Pope

Ich gehe mal davon aus, Pope, dass du all diese Fragen bereits für dich sebst beantwortet hast: der ominöse "Vatikan" mit seinen "blutrünstigen Päpsten" ist die Quelle allen Übels – wenn nicht sogar die Wurzel einer Weltverschwörung.

Deine so genannten Fragen sind lediglich verdeckte Anklagen.
 
Meine Antwort aus dem Bewertungsstrang ist hier etwas passender, wenn auch nicht wirklich der Diskussion dienlich.

Lieber Quijote, lieber Dieter. Es ist meine Überzeugung, dass wir durch christliche Erziehung äußerst subjektiven Wertvorstellungen unterliegen. Sobald man mal aus Europa heraus kommt, beisst sich diese gewaltig. Das Christentum ist nicht das Maß aller Dinge. Es ist eines von vielen objektiv gleichwertigen, religiösen Systemen.

Oder willst Du widersprechen, Dieter?
 
Pope schrieb:
Meine Antwort aus dem Bewertungsstrang ist hier etwas passender, wenn auch nicht wirklich der Diskussion dienlich.

Lieber Quijote, lieber Dieter. Es ist meine Überzeugung, dass wir durch christliche Erziehung äußerst subjektiven Wertvorstellungen unterliegen. Sobald man mal aus Europa heraus kommt, beisst sich diese gewaltig. Das Christentum ist nicht das Maß aller Dinge. Es ist eines von vielen objektiv gleichwertigen, religiösen Systemen.

Oder willst Du widersprechen, Dieter?
Dem stimme ich größtenteils zu, warum auch nicht? Ich stelle nur fest, dass das Christentum viele seiner Wertvorstellungen auch mit anderen Religionen und Weltanschauungen teilt. Wobei dies eingeschränkt werden muss, da es eine Menge christlicher Konfessionen gibt (ich schiele hier besonders auf einige recht extreme protestantische Gruppierungen*), die recht seltsame Vorstellungen haben, die mir als christlich geprägtem Mitteleuropäer weit fremder erscheinen, als was mir aus anderen nichtchristlichen Religionen und Weltanschauungen bekannt ist (um allerdings die Forenregeln nicht zu verletzen (Religion, aktuelle Politik) will ich das nicht weiter vertiefen!).

*Dies ist nicht antiprotestantisch gemeint! Das Augenmerk sollte auf einige und Gruppierungen liegen!
 
Pope schrieb:
Eine neue Wendung: War Europa im Hochmittelalter eine Theokratie?

Das verneine ich. M.E. ist die Anfangsphase der Ausbreitung des Islam eine Theokratie, d.h. ein theokratisches Reich indem der Kalif weltliches und religiöses Oberhaupt war. Das kann man nicht auf das Christentum übertragen, wenn ich da nur an den Investiturstreit denke, war die Macht der Päpste zwar enorm, doch nicht allumfassend.
 
Wenn man der Interpretation folgen will, dass die Einheit von staatlicher und geistlicher Gewalt Bedingung für eine Theokratie ist, dann ist das europäische Mittelalter eher ein Bruch mit theokratischen Traditionen, da die Kirche aus den Staaten Europas ausgegliedert war. Der Machtkampf zwischen Papst und Kaiser etwa, war ein Ringen um die Überwindung dieser "Schizophrenie" von politischer Trennung.

http://de.wikipedia.org/wiki/Theokratie

Dennoch ist der Vatikan heute die letzte theokratische Monarchie Europas ;)

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Interessant finde ich auch, wie Augustinus offenbar mit seiner Abhandlung vom Gerechten Krieg eigentlich Kriege beschränken, und nicht das Fundament einer kriegerischen Ausrichtung des Christentums ins Leben rufen wollte.

Im Anschluss an Cicero und Augustin hatte man die Lehre vom gerechten Krieg entwickelt, als Kriegsbegrenzungstheorie, indem sie die Kriegsberechtigung, die Kriegsgründe und -mittel dem Kriterium des Rechts unterwarf. Das war gerichtet gegen jenes archaische Kriegerethos, dem jeder Kampf gerade recht ist für Ehre, Ruhm und Beute.

http://www.spicken.de/jvfg/page.php?page=geschichte_geschichte_4c
 
Auf die rhetorischen Fragen zu Beginn gehe ich nicht ein, denn ich schließe mich bezüglich der Formulierung dieser Fragen sowohl Hyokkoses als auch Dieters Worten an...

Pope schrieb:
Wenn man der Interpretation folgen will, dass die Einheit von staatlicher und geistlicher Gewalt Bedingung für eine Theokratie ist, dann ist das europäische Mittelalter eher ein Bruch mit theokratischen Traditionen, da die Kirche aus den Staaten Europas ausgegliedert war. Der Machtkampf zwischen Papst und Kaiser etwa, war ein Ringen um die Überwindung dieser "Schizophrenie" von politischer Trennung.

Damit hast Du Deine Frage von vorher bereits selbst mit "Nein" beantwortet...

Pope schrieb:
Dennoch ist der Vatikan heute die letzte theokratische Monarchie Europas ;)

Wir befinden uns ja auch nicht mehr im Mittelalter, und hast Du bei dem Satz auch bedacht, daß da bspw. die Reformation/Gegenreformation und das 1. Vatikanische Konzil noch dazwischen liegen? :grübel:

Pope schrieb:
Interessant finde ich auch, wie Augustinus offenbar mit seiner Abhandlung vom Gerechten Krieg eigentlich Kriege beschränken, und nicht das Fundament einer kriegerischen Ausrichtung des Christentums ins Leben rufen wollte.

http://www.spicken.de/jvfg/page.php?page=geschichte_geschichte_4c

Natürlich ging es bei Augustinus noch um erlaubte Notwehr etc. ...
Leider macht der Verfasser bzw. machen die Verfasser einen entscheidenden Fehler; sie gehen von der spätantiken Lehre aus und ignorieren die Weiterentwicklungen der Lehre bis zum Hochmittelalter.
Anm.: Es stecken übrigens noch mehr Fehler in dem Artikel, aber das würde an der Stelle zu weit führen...
Zur besseren Verständlichkeit verweise ich nochmals auf einen früheren Beitrag von mir: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=117013&postcount=36
(er beinhaltet u.a. eine Aussage von Bernard de Clairvaux, die für die zu betrachtende Zeit relevant ist)

Mehr schreibe ich jetzt nicht dazu, empfehle aber eine Vertiefung ins Thema, bevor man Bewertungsmaßstäbe - gleich welcher Art - anlegt.

In diesem Sinne

Timo
 
timotheus schrieb:
Auf die rhetorischen Fragen zu Beginn gehe ich nicht ein, denn ich schließe mich bezüglich der Formulierung dieser Fragen sowohl Hyokkoses als auch Dieters Worten an...

Na dann, los geht's:

Dieter schrieb:
Ich gehe mal davon aus, Pope, dass du all diese Fragen bereits für dich sebst beantwortet hast: der ominöse "Vatikan" mit seinen "blutrünstigen Päpsten" ist die Quelle allen Übels – wenn nicht sogar die Wurzel einer Weltverschwörung.

Dieter schrieb:
Deine so genannten Fragen sind lediglich verdeckte Anklagen.

Um Euren Wunschvorstellungen gerecht zu werden, müsste ich ja ab sofort (besser noch rückwirkend) sämtliche Mittelalterstränge mit Verschwörungstheorien beleben. Ist es das, was ihr wollt? Oder sind das etwa nur so dahergeredete Totschlagargumente, die mich nicht weiter kümmern sollten?

Was Ihr eigentlich sagen wollt, ist "ich weiss es besser, daher erübrigen sich Deine Fragen". Auch ein guter Diskussionstil. Aber wenigstens ehrlicher und nicht unterstellend. Nun ja, Ihr seid ja auch nur Menschen. So, wie der Papst und der Herr von Puy, den ich mir mal unter die Lupe nehmen werde.

timotheus schrieb:
Damit hast Du Deine Frage von vorher bereits selbst mit "Nein" beantwortet...

Na sowas. Danke für den Hinweis.

Timotheus schrieb:
Natürlich ging es bei Augustinus noch um erlaubte Notwehr etc. ...
Leider macht der Verfasser bzw. machen die Verfasser einen entscheidenden Fehler; sie gehen von der spätantiken Lehre aus und ignorieren die Weiterentwicklungen der Lehre bis zum Hochmittelalter.
Anm.: Es stecken übrigens noch mehr Fehler in dem Artikel, aber das würde an der Stelle zu weit führen...
Zur besseren Verständlichkeit verweise ich nochmals auf einen früheren Beitrag von mir: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=117013&postcount=36
(er beinhaltet u.a. eine Aussage von Bernard de Clairvaux, die für die zu betrachtende Zeit relevant ist)

Man war sogar gezwungen Krieg zu führen? Sehe ich das richtig?

Timotheus schrieb:
Mehr schreibe ich jetzt nicht dazu

Deja vu :winke:
 
Pope schrieb:
Um Euren Wunschvorstellungen gerecht zu werden, müsste ich ja ab sofort (besser noch rückwirkend) sämtliche Mittelalterstränge mit Verschwörungstheorien beleben. Ist es das, was ihr wollt?

Nein, genau das ist es nicht!
Esoterische Verschwörungstheorien haben mit wissenschaftlicher historischer Betrachtung nun einmal nichts zu tun...

Pope schrieb:
Oder sind das etwa nur so dahergeredete Totschlagargumente, die mich nicht weiter kümmern sollten?

Auch das nicht; im Gegenteil.
Wolltest Du, daß wir Dir Antworten geben oder ging es nur darum, Deine Aussagen zu bestätigen?
Ersteres hast Du erhalten, zu Zweitgenanntem bin zumindest ich nicht bereit...

Pope schrieb:
Was Ihr eigentlich sagen wollt, ist "ich weiss es besser, daher erübrigen sich Deine Fragen". Auch ein guter Diskussionstil. Aber wenigstens ehrlicher und nicht unterstellend. Nun ja, Ihr seid ja auch nur Menschen. So, wie der Papst und der Herr von Puy, den ich mir mal unter die Lupe nehmen werde.

Was ich sagen will, ist "ich bin kein Mediävist und auch kein Kirchenhistoriker, also halte ich mich an die Fakten und bin mit Wertungen vorsichtig".
BTW: Klar, sind wir nur Menschen - Du nicht?

Aber gut, nehmen wir uns die Fragen vor...

Pope schrieb:
1. Meine Frage lautet, ob das vom Papst in Rom gepredigte Christentum um die Zeit des ersten Kreuzzuges Züge einer totalitären und autokratischen Ideologie trägt, die alles davor gewesene in den Schatten stellt.

totalitär, weil alle Lebensbereiche umfassend/umfassen wollend.
autokratisch, weil die Lehre zentral und von oben herab diktiert wurde, und selten Widerspruch und erst recht keine Alternativen tolerierte.

Der Begriff Totalitarismus ist gänzlich fehl am Platze, da er bei seiner Prägung (im 20. Jh.!!!) eine Gesellschaftsform beschrieb, die es so vorher noch nicht gegeben hatte.
Außerdem ist der Begriff bei Historikern, Politikwissenschaftlern u.a. selbst für die Anwendung auf "moderne" Diktaturen durchaus umstritten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Totalitarismus
Über die Anwendung des Begriffs Autokratie kann zwar diskutiert werden, aber auch dieser wird gewöhnlich von der mittelalterlichen Monarchie u.ä. mittelalterlichen Herrschaftsformen getrennt.
Selbst die Anwendung auf den Absolutismus des 17./18. Jh., der im Vergleich zu den traditionellen Herrschaftsformen des Mittelalters eine neue Qualität darstellt, ist nicht eindeutig.
http://de.wikipedia.org/wiki/Autokratie

Pope schrieb:
2. Inwiefern lässt sich eine Doppelmoral des Heiligen Stuhls und seiner Vertreter ausmachen, was belegen würde, dass sie opportunistisch und den göttlichen Prinzipien nach untreu handelten.

Zur Doppelmoral hatte sich Hyokkose bereits geäußert, weswegen ich an der Stelle auf seine Einwände diesbezüglich nochmals verweise.
Ich sehe mich auf jeden Fall außerstande, dies so allgemein festzulegen...

Pope schrieb:
3. Ist jede Tat eines Menschen, der gläubig ist, entschuldbar? Oder gab es nicht zu jeder Zeit moralische Standards, deren Übertretung auch damals nicht mit dem Argument der eigenen Gottgefälligkeit zu entschuldigen war?

Das Problem bei dieser Fragestellung ist, daß es zwar zu jeder Zeit moralische Standards gibt, diese aber nicht statisch sind - wie es die Fragestellung impliziert -, sondern sich im Laufe der Epochen mitunter erheblich verändern.
Und dies gilt gerade für das Verhältnis des Christentums zur Gewalt...

Pope schrieb:
Man war sogar gezwungen Krieg zu führen? Sehe ich das richtig?

Das würde ich leicht abgewandelt formulieren: man sah sich gezwungen, Kriege gegen den Unglauben (und das includiert insbes. gegen Ungläubige) zu führen.
Auch wenn Bernard de Clairvaux seine Worte nach dem 1. Kreuzzug vorbrachte, so widerspiegeln sie dennoch eindeutig diese Sichtweise:

Bernard de Clairvaux schrieb:
Man sollte Heiden natürlich ebensowenig töten wie andere Menschen, wenn es denn ein anderes Mittel gibt, ihre Einfälle abzuwehren und sie daran zu hindern, Gläubige zu unterdrücken. Aber es ist besser, sie umzubringen, als die Zuchtrute der Sünder über den Häuptern der Gläubigen schweben und die Gerechten Gefahr laufen zu lassen, daß auch sie ungerecht handelten.

Pope schrieb:

Mag sein :pfeif:
 
timotheus schrieb:
Nein, genau das ist es nicht!
Esoterische Verschwörungstheorien haben mit wissenschaftlicher historischer Betrachtung nun einmal nichts zu tun...
Da stimme ich dir zu! Dieser Thread ist eigentlich kein Geschichtsthread! Aber interessant ist er trotzdem, weil hypothetisch.


timotheus schrieb:
Der Begriff Totalitarismus ist gänzlich fehl am Platze, da er bei seiner Prägung (im 20. Jh.!!!) eine Gesellschaftsform beschrieb, die es so vorher noch nicht gegeben hatte.
Auch wenn der Begriff damals noch nicht existiert hatte, stimme ich eher dem Pope zu, dass der Papst totalitär herrschte, oder zumindest es sein vorhaben war (auch wieder hypothetisch)


timotheus schrieb:
Zur Doppelmoral hatte sich Hyokkose bereits geäußert, weswegen ich an der Stelle auf seine Einwände diesbezüglich nochmals verweise.
Ich sehe mich auf jeden Fall außerstande, dies so allgemein festzulegen..
Auch hier bin ich auf seiten Popes. Etwas predigen und dann genau das Gegenteil leben ist für mich Bigotterie sonst gar nichts. Sorry an die Katholiken unter uns!:friends:


timotheus schrieb:
Das Problem bei dieser Fragestellung ist, daß es zwar zu jeder Zeit moralische Standards gibt, diese aber nicht statisch sind - wie es die Fragestellung impliziert -, sondern sich im Laufe der Epochen mitunter erheblich verändern.
Und dies gilt gerade für das Verhältnis des Christentums zur Gewalt...
M.E. sind die moralischen Standards heute die gleichen wie damals und auch statisch, heute wie damals. Niemand bezweifelt, dass das Christentum heute anders zur Gewalt steht als damals, aber wir sehen heute, dass die christliche Komponente unendliches Leid über islamische Länder bringt. Das ist leider fakt. Um noch einmal auf die Statik zurückzukommen: Das N.T. hat genau den gleichen Inhalt wie zu Zeiten der Kreuzzüge? Ich zweifle nicht an der Frömmigkeit der kleinen Leute, dem Papst zu Zeiten der Kreuzzüge möchte ich dies absprechen.
Grüsse Seldschuk :winke:
 
Seldschuk schrieb:
Auch hier bin ich auf seiten Popes. Etwas predigen und dann genau das Gegenteil leben ist für mich Bigotterie sonst gar nichts.

Ähm... was hat denn Pope gesagt? Er hat eine Frage gestellt, und von Bigotterie hat er nichts geschrieben.

Es geht um die Frage nach der Doppelmoral, und dazu müßte festgestellt werden:
1. Was haben Gregor VII. und Urban II. gepredigt?
2. Wie haben sie gehandelt?

Da würde mich eine historisch kompetente Antwort interessieren.


Dieser Thread ist eigentlich kein Geschichtsthread!

Das sollte er aber sein; wenn nur Stammtischgeschwätz kommt, wird er dichtgemacht.
 
hyokkose schrieb:
Das sollte er aber sein; wenn nur Stammtischgeschwätz kommt, wird er dichtgemacht.

Ich finde aber schon, dass der historische Bezug durchaus gegeben ist. Es geht mir ja gerade um die Personen im 12. und 13. Jahrhundert, ihre Sichtweise, ihre Motive, ihre Taten.
 
Pope schrieb:
Ich finde aber schon, dass der historische Bezug durchaus gegeben ist. Es geht mir ja gerade um die Personen im 12. und 13. Jahrhundert, ihre Sichtweise, ihre Motive, ihre Taten.

Eben, eben.

Solange sich die Diskutanten nur ihre eigenen Vorstellungen von Moral um die Ohren hauen, bringt die Diskussion nichts.

Und leider hat - vielleicht außer Timotheus mit einem Zitat Bernhards von Clairvaux (der aber leider kein Papst war) - noch niemand Butter bei die Fische gebracht.
 
hyokkose schrieb:
Und leider hat - vielleicht außer Timotheus mit einem Zitat Bernhards von Clairvaux (der aber leider kein Papst war) - noch niemand Butter bei die Fische gebracht.

Richtig, was leider von meiner Seite zwei Wochen lang so bleiben wird. Ferien!
 
Ich erlaube mir, Hyokkoses Anmerkungen aufzugreifen...

hyokkose schrieb:
Es geht um die Frage nach der Doppelmoral, und dazu müßte festgestellt werden:
1. Was haben Gregor VII. und Urban II. gepredigt?
2. Wie haben sie gehandelt?

1. Gregor VII. war wie seine Vorgänger Reformpapst, Urban II. zählt zwar nicht mehr zu diesen, steht aber in deren Tradition.
Die Lehre der Reformpäpste ist diesbezüglich dermaßen eindeutig, daß selbst der sozialistische Historiker Walter Zöllner in seinem Buch "Die Geschichte der Kreuzzüge" meine in einem anderen Thema gemachte Darlegung (vgl. Link im Beitrag vom 14.04.2006 00:53) bestätigt, daß sie lehrten, daß der Kampf gegen die Bösen (Heiden) nicht Verfolgung derselben bedeute, sondern ein Gebot von Güte und Menschlichkeit sei. Damit dürfe die Kirche auch den Befehl geben zu kämpfen, zu verfolgen und gegebenenfalls Beute zu machen!
Wichtig ist dabei außerdem, daß im Hochmittelalter NICHT zwischen irdischem und himmlischem Jerusalem unterschieden wurde!
Anm.: Das ist übrigens das Fundament, auf welchem auch die Aussage des Bernard de Clairvaux aufbaut; und obgleich dieser kein Papst war, so war er dennoch als Apologet der Kreuzzüge eine Autorität seiner Zeit...

2. Dementsprechend ist das Handeln der Päpste daraus durchaus ableitbar.

Es zeigt sich also mE, daß die moralischen Standards keineswegs statisch sind, auch wenn die Heilige Schrift inhaltlich gleich geblieben sein mag - die Auslegung aber war schon einigermaßen anders als heutzutage!
 
timotheus schrieb:
Ich erlaube mir, Hyokkoses Anmerkungen aufzugreifen...



1. Gregor VII. war wie seine Vorgänger Reformpapst, Urban II. zählt zwar nicht mehr zu diesen, steht aber in deren Tradition.
Die Lehre der Reformpäpste ist diesbezüglich dermaßen eindeutig, daß selbst der sozialistische Historiker Walter Zöllner in seinem Buch "Die Geschichte der Kreuzzüge" meine in einem anderen Thema gemachte Darlegung (vgl. Link im Beitrag vom 14.04.2006 00:53) bestätigt, daß sie lehrten, daß der Kampf gegen die Bösen (Heiden) nicht Verfolgung derselben bedeute, sondern ein Gebot von Güte und Menschlichkeit sei. Damit dürfe die Kirche auch den Befehl geben zu kämpfen, zu verfolgen und gegebenenfalls Beute zu machen!
Wichtig ist dabei außerdem, daß im Hochmittelalter NICHT zwischen irdischem und himmlischem Jerusalem unterschieden wurde!
Anm.: Das ist übrigens das Fundament, auf welchem auch die Aussage des Bernard de Clairvaux aufbaut; und obgleich dieser kein Papst war, so war er dennoch als Apologet der Kreuzzüge eine Autorität seiner Zeit...

2. Dementsprechend ist das Handeln der Päpste daraus durchaus ableitbar.

Es zeigt sich also mE, daß die moralischen Standards keineswegs statisch sind, auch wenn die Heilige Schrift inhaltlich gleich geblieben sein mag - die Auslegung aber war schon einigermaßen anders als heutzutage!

Ok. Leuchtet alles ein. Trotzdem möchte ich die weltliche Komponente, der Ziele der Päpste, nicht vernachlässigen und nochmal betonen, dass das geistliche vom weltlichen sehr wohl differenziert betrachtet werden muss. Auch in dieser Zeit waren die (viele) Menschen machtgierig und machthungrig. Das gilt zumindest für diejenigen die gewisse Macht hatten und diese auszubauen versuchten. Grüsse Seldschuk:winke:
 
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